Titel: H. Tresca's Versuche über die Erwärmung und Formveränderung der Schmiedestücke beim Schmieden.
Fundstelle: Band 251, Jahrgang 1884, S. 97
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H. Tresca's Versuche über die Erwärmung und Formveränderung der Schmiedestücke beim Schmieden. Mit Abbildungen. Tresca, über Erwärmung und Formänderung geschmiedeter Stücke. In zwei in den Comptes rendus, 1883 Bd. 96 S. 1821 und Bd. 97 S. 222 erschienenen Artikeln veröffentlicht H. Tresca die Ergebnisse zahlreicher Versuche, welche die Kenntniſs von den beim Schmieden auftretenden Erscheinungen um Einiges bereichern. Die gefundenen Resultate lassen sich folgendermaſsen zusammenfassen. Die beim Schmieden in Folge Wirkung des Schlages entwickelte Wärme hängt von der Form der Ambos- und Hammerbahn, sowie von der Stärke des Schlages ab. Diese Wärme-Entwickelung konnte bei Versuchen mit kalten Schmiedestücken bei Einwirkung ebener, scharfkantiger Hammer- und Ambosbahn deutlich sichtbar gemacht werden und es zeigte sich der Ort der gröſsten Wärme-Entwickelung mit jener der gröſsten Materialbewegung zusammenfallend, woraus zu folgern ist, daſs der Fluſs des Materials als unmittelbare Ursache der Wärme-Entwickelung erscheint. Bei genügend kräftigen Schlägen und genügend groſsem Querschnitte der Probestücke konnte man 0,8 der angewendeten Schlagarbeit als Wärme nachweisen. Die Versuche wurden bei Aufwand von 20,75 bis 110mk Schlagarbeit an besonders vorbereiteten Kupfer- und Eisenprismen durchgeführt. Die im Querschnitte rechteckigen Prismen wurden an den Seitenflächen geebnet, blank gescheuert und mit einer dünnen Wachsschicht überzogen. Sowohl die Bahn des Ambosses, als jene des Hammers war eben und scharfkantig und waren beide Bahnen symmetrisch gestellt. Je ein Schlag genügte, um die Einwirkung verfolgen zu können. Zu beiden Seiten der Stabachse entstanden gleich geformte Einkerbungen mit ebener Basis. Die Aenderung in der Breite ist nicht bedeutend und wird von Tresca in den betreffenden Rechnungen vernachlässigt; gröſser ist die Längenänderung. Auſser diesen zwei Aenderungen konnte man äuſserlich wahrnehmen, daſs das Wachs an bestimmten Stellen schmolz, und es erfolgte dieses Schmelzen in regelmäſsigen Figuren. Fig. 1., Bd. 251, S. 97 Fig. 2., Bd. 251, S. 97 Fig. 3., Bd. 251, S. 97 Fig. 4., Bd. 251, S. 97 Die Textabbildungen 1 bis 4 zeigen in den schraffirten Theilen jene Stellen der Seitenflächen der Probestücke aus Eisen, an welchen in Folge der Einwirkung des Schlages eine solche Erhitzung eintrat, daſs der Wachsüberzug schmolz. Tresca dachte sich nun diese Schmelzfläche als die Basis eines Cylinders, dessen Höhe der Breite (Querdimension) des Schmiedestückes entspricht. Die Massentheilchen dieses Cylinders muſsten nun sämmtlich bis zur Temperatur des geschmolzenen Wachses erwärmt worden sein und Tresca bestimmte die zu dieser Erwärmung nöthige Arbeit auf folgende Weise: Die Schmelzfläche F, als Basisfläche des Cylinders, mal der Querdimension b des Schmiedestückes, als Höhe des Cylinders, gab das Volumen; dieses mit der Dichte δ, der Wärmecapacität C und endlich der Temperaturdifferenz (t – t0) multiplizirt, liefert die aufgenommene Wärmemenge = FbδC(t – t0). Multiplizirt man dieselbe noch mit dem Arbeitsäquivalent einer Wärmeeinheit, so erhält man die in Wärme umgesetzte Arbeit A' = 425 FbδC(t – t0). Die gesammte Schlagarbeit ist gleich dem Hammergewichte mal der Fallhöhe oder A = GH und der Quotient A' : A ergibt jene Arbeitsmenge, welche für die eigentliche Formänderung verloren ging, hingegen das Schmiedestück erhitzte. Wie aus nachstehender Tabelle ersichtlich ist, unterscheidet Tresca jene Schmelzfläche, welche vom äuſseren Rande begrenzt ist (I), und die wirkliche Schmelzfläche (II), führt beide in die Rechnung ein und erhält daher auch zwei verschiedene Angaben für den Werth A' : A; der erste ist zu groſs, wie dies ohne Zweifel aus der Zahl 1,37 hervorgeht, da A' : A nie gröſser als 1 werden kann. Die ganze Methode der Bestimmung erscheint nicht genau genug und lieſse sich durch eine calorimetrische Messung, z.B. mit dem Siemens'schen Calorimeter, jedenfalls vortheilhaft ersetzen. Versuchsmaterial Eisen. Schlag-arbeitA qc Schmelz-fläche Quer-dimension Volumen Temperatur-differenz In Wärmeumges. Arbeit A' Verhältniſs A' : A Schmelz-figur mk I II I II I II I II      20,75 1,00 0,10 1,8 1,80 0,18 45 28,43   2,84 1,370 0,137      30,75 1,05 0,19 1,8 1,89 0,34 45 29,85   5,408 0,970 0,175 Fig. 1      40,75 1,00 0,32 1,8 1,80 0,58 45 28,43   9,10 0,70012 0,223 Fig. 2      50,75 1,30 0,65 1,8 2,342 1,17 45 36,965 18,489 0,72813 0,364115      60,75 1,10 0,681 1,8 1,983 1,23 45 31,276 19,42 0,515 0,320 Fig. 3 70 1,30 0,82 1,8 2,34 1,48 45 36,967 23,3810 0,52814 0,33416 Fig. 4 80 1,50 0,98 1,8 2,70 1,764 45 42,65 27,8011 0,533 0,34717 Nach Tresca liegt es in der Natur der Versuche, daſs die gerechnete Arbeitsmenge geringer ausfällt; denn einerseits muſs die Fortpflanzung der Wärme im Inneren des Metalles, wegen seiner Leitungsfähigkeit, leichter vor sich gehen als gegen auſsen, wo man nur jene Theile in Betracht ziehen kann, welche bis auf die Schmelztemperatur des Wachses erwärmt wurden; andererseits geht Arbeit verloren für die Erwärmung der Unterlage und des Hammers, sowie zur Erzeugung der Erschütterungen. Immerhin konnte für Eisen das Verhältniſs A' : A = 0,8 aufgestellt werden, während es für besser leitende Metalle geringer ausfällt, wie dies aus folgender Aufstellung bestätigt wird, wobei Kupferprismen als Versuchsstücke dienten: Schlag-arbeit A Schmelz-fläche Quer-dimension Volumen Temperatur-differenz In Wärmeumges. Arbeit A' Verhält-niſs A' : A 45 0,95 2,00 1,90 52   31,9018   0,70819 60 1,00 2,50 2,50 52 42,00 0,700 70 1,50 2,00 3,00 52 50,37 0,720 Die Berechnung der Tabellen erfolgte bei Annahme der Werthe: für Eisen 425 δC = 425 × 7,8 × 0,0001058 = 0,351 für Kupfer 425 δC = 0,323. In den Originaltabellen lauten die mit den Notenziffern 1 bis 19 markirten Zahlen folgendermaſsen: 1) 0,44. 2) 2,04. 3) 1,99. 4) 1,74. 5) 32,22. 6) 31,33. 7) 37,46. 8) 5,37. 9) 18,18. 10) 23,78. 11) 27,63. 12) 0,698. 13) 0,636. 14) 0,535. 15) 0,358. 16) 0,340. 17) 0,666. 18) 31,66. 19) 0,704. Fig. 5., Bd. 251, S. 99 Im Weiteren bietet der Artikel eine Besprechung der Formänderung, welche durch Aetzen angeschliffener Flächen sichtbar gemacht werden kann. Abbildungen fehlen. Beim Eindringen der Ambos- und Hammerbahn in das Prisma bleiben die unmittelbar an den Bahnen befindlichen Flächen eben und sind an jedem Rutschen verhindert. Der äuſsere Rand gegen die Seitenfläche hin zeigt eine Anschwellung und die Verlängerung des Schmiedestückes ist dadurch bedingt, daſs durch die Einwirkung des Schlages aus einem prismatischen Theile des Schmiedestückes von der Höhe h0 und Länge l0 ein Stück von der Länge l1 gebildet wird, wie es in Fig. 5 in a bis h dargestellt erscheint. Tresca fügt über die Formveränderung theoretische Betrachtungen bei und gelangt für die Verstreckung und für den Arbeitsaufwand zu Gleichungen, von welchen jene für den Arbeitsaufwand lautet: A = 2k.2ab (h0h), wobei k ein nicht angegebener Erfahrungscoefficient, a die constante halbe Breite der Ambosbahn, b die Länge der Einkerbung, nahezu übereinstimmend mit der Breite des Schmiedestückes, welche als constant betrachtet wurde, h0 die halbe ursprüngliche Höhe, h die halbe schlieſsliche Höhe des Schmiedestückes vorstellen. Mithin sind nur A und h variabel und bezeichnet Tresca auch ausdrücklich h als die einzige Variable (vgl. a. a. O. Bd. 96 S. 1826). Die Gleichung ist die einer Geraden, welche besagt, daſs die aufzuwendende Arbeit der Zusammendrückung proportional ist, was aber der Erfahrung widerspricht. Tresca behauptet zwar, daſs die Versuche dies bestätigten; es erscheint jedoch unmöglich, daſs unter sonst gleichen Umständen dieselbe Arbeitsgröſse ein Schmiedestück von 100mm Höhe auf 50mm und ein zweites von 51mm auf 1mm Höhe zusammenschlägt, wie es nach der obigen Gleichung möglich sein würde, weil 100 – 50 = 51 – 1 = 50 den gleichen Werth von A liefern müſste. Auch die obigen Tabellen weisen manche Fehler auf. Alle mit einer Notenziffer versehene Zahlen sind durch Nachrechnen richtig gestellt worden und die Abweichungen vom Originalwerthe unter den Tabellen aufgeführt. In einer anderen Tabelle wurde die gerechnete Verlängerung l1 mit der gemessenen verglichen. Es ist l1 =2a + 2x, wenn a die halbe Breite der Hammer- und Ambosbahn, x die auf einer Seite entstandene Verlängerung bedeutet; der Werth x kann niemals negativ werden, wie dies aus der Tabelle folgen würde, denn in der 1. und 2. Zahlenreihe erscheint 2a + 2x kleiner als 2a. Wahrscheinlich sollen die Werthe 16,93 und 19,16 bezieh. 16 und 18,5 lauten. Höhe des Schmiedestückes Breite vor Versuch2h0 nach Versuch2h der Hammer-u. Ambosbahn2a der Einkerbung 2a + 2x Gerechnet Gemessen 40 20 10   6,93 6,0 40 16 10   9,16   8,5 40 10 10 23,80 24,0 40 18 20 35,16 34,0