Titel: Anwendung von Stahlguss an Stelle von Schmiedestücken aus Stahl oder Eisen.
Fundstelle: Band 252, Jahrgang 1884, S. 127
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Anwendung von Stahlguſs an Stelle von Schmiedestücken aus Stahl oder Eisen.Nach einem Vortrage von William Parker, Chefingenieur des Lloyd, gehalten in der Frühjahrs-Versammlung 1883 des Iron and Steel Institute (vgl. Iron, 1883 Bd. 21 S. 398); mitgetheilt von Gustav Schmidhammer in Witkowitz in der Oesterreichischen Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen, 1884 S. 138 und 163. Parker, über Anwendung von Stahlguſs statt Schmiedestücken. Das Bestreben, groſse Schmiedestücke von schwieriger Gestalt, wie sie besonders als Constructionstheil von Schiffen oder Schiffsmaschinen vorkommen, durch Stahlguſs zu ersetzen, macht sich auch bei uns in hervorragender Weise bemerkbar und es dürfte nicht ohne Interesse sein, die Ansichten der englischen Ingenieure und Erzeuger über diesen Gegenstand zu vernehmen. Die Art und Weise, wie Lloyd's Register of Shipping diese Angelegenheit behandelt, zeigt, daſs die Sache in England spruchreif geworden. Mehrere groſse Stahlfirmen reichten bei dieser Gesellschaft um die Bewilligung ein, bei Schiffen, welche in Lloyd's Register eingetragen werden sollten, Constructionstheile aus Guſsstahl verwenden zu dürfen. Auf Grund dieses Ansuchens wurde eine Commission eingesetzt, welche unter Beiziehung von gewiegten Fachmännern der Stahl- und Schmiedeisen-Industrie als Sachverständige die umfassendsten Studien und Versuche vornahm und schlieſslich zu dem Resultate gelangte, daſs Stahlguſs an Stelle von Schmiedestücken aus Eisen oder Stahl zugelassen werden könne, wenn die von der Commission festgesetzten Bedingungen – Festigkeits- und Specialproben – erfüllt würden. Parker gibt nun die Resultate der Studien über die Erzeugung der Stahlgüsse bei verschiedenen Fabrikanten, wie sie in England geübt wird, sowie die Ergebnisse vorgenommener Versuche und Proben und einige praktische Daten bekannt. Drei groſse Stahlfirmen wurden besonders namhaft gemacht und deren Methoden und Anschauungen näher beleuchtet, und zwar Jessop and Sons in Sheffield, Spencer and Sons in Newburn-on-Tyne und die Steel-Company of Scotland in Glasgow. Verfasser wundert sich über die verschiedenen Anschauungen, welche in den Erzeugungsmethoden dieser drei Firmen ihren Ausdruck finden. Auf den Werken von Jessop ist man der Ansicht, daſs Stahl von ganz bestimmter Zusammensetzung nöthig sei und daſs dies sowie eine vollkommene Homogenität des Materials in einem groſsen Guſsstücke nur mittels Tiegelguſsstahl zu erreichen sei. Da das Material, welches in jedem Tiegel eingetragen wird, von vollkommen bestimmter Zusammensetzung ist, so erhalte man auch einen Stahl von ganz bestimmter Zusammensetzung. Wenn dagegen Stahl in groſsen Massen im Siemens-Martin- Ofen geschmolzen werde, so erreiche man nicht jene Homogenität, welche für gewisse Constructionstheile erforderlich sei, noch genügende Freiheit von inneren Spannungen. – Bei Spencer ist sowohl der Tiegelguſs, als auch der Guſs aus dem Siemens'schen Ofen in Gebrauch und es ist bei der Wahl des Prozesses nur die Gröſse der Guſsstücke ausschlaggebend. – Bei der Steel-Company steht nur der Siemens'sche Ofen für jede Art von Guſsstücken in Anwendung. Jessop und Spencer stimmen in der Ansicht überein, daſs die zur Erlangung der nöthigen Festigkeit und Zähigkeit, sowie der Dichte und Fehlerlosigkeit der Guſsstücke nothwendige Zusammensetzung des Stahles nur durch groſse Sorgfalt in der Wahl der verwendeten Materialien erzielt werden könne. Auf den Werken der Steel-Company wird der Prozeſs von Terre-Noire angewendet. Das Metall wird in einem Siemens'schen Ofen geschmolzen, indem ein Bad aus an Mangan reichem Roheisen und Stahlabfällen gebildet wird. Nach und nach werden vorgewärmte Stahlabfälle zugesetzt, bis das Metallbad einen der verlangten Härte entsprechenden Kohlenstoffgehalt aufweist. Schlieſslich wird eine entsprechende Menge von Ferromangansilicid zugesetzt, welches dichte und blasenfreie Güsse zu erzielen gestattet. Sodann wird das Metall in eine Pfanne abgestochen und auf gewöhnliche Weise in die Formen gegossen. Während des Prozesses trachtet man, so viel als möglich jedwede Oxydation hintanzuhalten. Da die Steel-Company viel Stahlbleche erzeugt, so hat sie eine genügende Menge weicher Stahlabfälle von bestimmter Qualität und ist daher nicht gezwungen, Erze zu benutzen. Die Verwendung von Ferromangansilicid statt des bloſsen Ferrosilicides wird für vortheilhafter gehalten und zwar aus folgendem Grunde: Wenn nur Ferrosilicid angewendet wird, so wird ein Theil des Siliciums durch die geringen Mengen des vom Metalle absorbirten Sauerstoffes oxydirt und bildet ein bei Stahlschmelzhitze noch schwer schmelzbares Silicat; dieses wird im Metallbade suspendirt bleiben und der Stahl wird nach dem Erkalten „kurz“ und spröde, was durch nachträgliches Ausglühen nicht beseitigt werden kann. Bei Anwendung von Ferromangansilicid wird eine Mangan haltige, leicht schmelzbare, dünnflüssige Schlacke gebildet, welche an die Oberfläche des Bades steigt, wodurch ein vollkommen schlackenfreies Metall erhalten wird. Abgesehen von dem Prozesse, welcher zur Erlangung des flüssigen Metalles angewendet wird, sind noch eine Menge anderer Schwierigkeiten beim Gieſsen selbst, wenn nicht ganz einfache Formen zu erzeugen sind, zu überwinden. Da das geschmolzene Metall eine hohe Temperatur hat, so wird die Contraction bei der Abkühlung eine bedeutende sein, wodurch nicht nur die Trichterbildung stark hervortritt, da man bei Stahlgüssen Nachgüsse nicht anwenden kann, sondern es wird auch die Gefahr des Anreiſsens der Guſsstücke in den Formen in gleichem Maſse erhöht und die Formen müssen dementsprechend nachgiebig construirt werden; andererseits müssen sie fest genug sein, um dem Drucke des flüssigen Metalles widerstehen zu können und um nicht ausgewaschen zu werden. Die hohe Temperatur des flüssigen Stahles macht es auch schwer, einen Formsand zu finden, welcher genügend unschmelzbar ist und sich in chemischer Beziehung vollkommen neutral verhält. Eiserne Guſsformen sind aus diesen Gründen ganz unanwendbar. Weiters begegnet die Frage des Ausglühens verschiedenen Anschauungen. Jessop hält das vorsichtige und allmähliche Auskühlen für das einzige Mittel, das molekulare Gleichgewicht und Freiheit von inneren Spannungen zu erreichen. Ein nachträgliches Glühen erzeuge groſse Ungleichmäſsigkeiten, da die äuſseren und dünneren Partien des Guſsstückes viel rascher erhitzt würden, wodurch Spannungen auftreten, welche durch noch so sorgfältiges nachträgliches Auskühlen nicht ganz beseitigt werden könnten. Alle anderen Stahlerzeuger sind jedoch der gegentheiligen Ansicht; das Auskühlen in den Formen könne nicht gleichmäſsig genug vorgenommen werden und gerade der Widerstand, welchen die Form der Contraction entgegensetze, rufe molekulare Spannungen hervor; daher halten sie zu deren Beseitigung das sorgfältige Ausglühen der Guſsstücke für unumgänglich nothwendig. Das Ausglühen erfolgt durch ein langsames Erhitzen bis zur hellen Rothglut, bei welcher Temperatur das Guſsstück eine Zeit lang belassen und hierauf langsam und gleichmäſsig erkalten gelassen wird. Pourcel in Terre-Noire legt neben dem Ausglühen groſses Gewicht auf das Härten der Guſsstücke in Oel, um ihnen gröſsere Zähigkeit zu geben. Bei der Abkühlung groſser Guſsstücke mit sehr wechselnden Querschnitten werden nicht nur Spannungen auftreten, sondern es wird in der Krystallisation eine groſse Verschiedenheit sich bemerkbar machen, welche durch bloſses Ausglühen nicht beseitigt werden kann. Das Härten in Oel wird hier von groſsem Vortheile sein. Einmaliges Härten wird ein feineres Korn erzeugen und jede Wiederholung desselben den Stahl mehr und mehr amorph machen. Es wurden, um dies zu veranschaulichen, vier Proben von einem Guſsstücke aus Terre-Noire herausgeschnitten. Diese Probestücke wurden verschieden behandelt: Nr. 1 nicht ausgeglüht, Nr. 2 einfach ausgeglüht, Nr. 3 ausgeglüht und in Oel gehärtet, Nr. 4 ausgeglüht und zweimal in Oel gehärtet, und ergaben folgende Resultate: Probe-Nr. Zugfestigkeit Dehnung auf 127mm Länge 1      5050,8k/qc           16 Proc. 2 5208,3 17 3 6079,2 17 4 6472,9 15 Der Bruch zeigte sich nach jedem Ausglühen und Härten feiner und dichter. Daſs in Folge der Contraction und der daraus entstehenden Spannungen auch bei Guſseisenstücken Risse und Brüche vorkommen, ist eine trotz der langjährigen Erfahrungen nicht zu beseitigende Thatsache; ja selbst bei Schmiedeisenfabrikaten kommen ähnliche Brüche vor, wie z.B. Sprünge und Risse im Centrum groſser schmiedeiserner Kuppelungswellen, welche dadurch entstehen, daſs die äuſseren Partien früher abkühlen, dadurch starr werden, in Folge dessen der Contraction der später abkühlenden inneren Theile nicht mehr nachgeben, wodurch das Metall in der Achse aus einander gezogen wird. Es wird nicht ohne Interesse sein, einige in England mit Erfolg ausgeführte Stahlgüsse anzuführen; es sind dies Sternframes (Steven), Ruder, Kreuzköpfe und Kurbelwellen, wie sie bei Handelsschiffen angewendet werden, ausgeführt nach Cook und Mylchreest's Patent von den oben genannten 3 Werken. Es wurden etwa 17 Steven erzeugt, von denen die schwersten 6600k wogen; Kurbelwellen nach Dickinson's bezieh. Turton's Patent mit einem Durchmesser von 420mm wurden von Jessop bezieh. von Spencer ausgeführt. Nach Dickinson's Patent sind die Kurbelblätter und Zapfen (webs und pins) aus einem Gusse, während der Körper der Welle aus Schmiedeisen besteht. Nach vorgenommenen Proben erwies sich der Guſs als vollkommen fehlerfrei und verläſslich. Die Wellen nach Turton's Patent sind aus zwei verschraubten Guſsstücken zusammengesetzt. Mit diesen sind jetzt über ein Dutzend Seedampfer ausgestattet, von denen einige einen Weg von etwa 93000km (über 50000 Meilen) gemacht haben und allem Anscheine nach vollkommen unversehrt sind. Weiters waren Locomotivachsen und Wellen bei der North-British-Eisenbahn seit mehr als 2 Jahren in Betrieb und weisen bis heute keinerlei Zeichen von Schadhaftigkeit auf. Man beklagte sich schon lange über die geringe Widerstandsfähigkeit der schmiedeisernen Wellen und trachtete zuerst die Methoden der Erzeugung zu verbessern; endlich suchte man ein besseres Material, als welches der Stahl anerkannt wurde. Die groſsen Wellen können nur von wenigen bedeutenden Werken, welche die nöthigen Arbeitsmaschinen für so groſse Stücke besitzen, ausgeführt werden und diese vertreten oft die verschiedensten Ansichten in Betreff des Materials und der passendsten Methode. Die Erfolge, welche mit den von den verschiedenen Hütten erzeugten Stahlwellen erzielt wurden, sind der beste Beweis von der Richtigkeit der Ideen, welche die Constructeure geleitet haben. Mit Ausnahme der von Spencer und Jessop erzeugten sind alle übrigen Stahlwellen geschmiedet, da allgemein anerkannt wird, daſs die mechanische Bearbeitung die Zähigkeit und daher auch die Verläſsichkeit des Stahles steigere. Sir Joseph Whitworth hat die Ansicht ausgesprochen, daſs man das Maximum der Zähigkeit erreichen würde, wenn man den flüssigen Stahl unter einem groſsen Drucke, z.B. 3000k/qc, erkalten lassen würde. Da dies bei groſsen Güssen in der Praxis nicht erreichbar ist, so schlägt er eine möglichst weitgehende chemische Bearbeitung vor. Pourcel behauptet, daſs man durch mechanische Behandlung des Stahles dieselben Resultate erziele. Alle Uebrigen stimmen darin überein, daſs die mechanische Bearbeitung von groſsem Einflüsse auf den Stahl sei. Die Wellen, welche Krupp erzeugt, scheinen aus einem harten Stahle zu sein, d.h. einem Stahle, welcher bedeutendere Härtung annimmt, Parker hat einige Krupp'sche Wellen in den Zapfen anreiſsen gesehen, wenn sie, warm gelaufen, mit kaltem Wasser abgekühlt wurden, und, wie Parker selbst erfahren hat, lieferten Bruchstücke von Krupp'schen Wellen vorzügliche Drehmeiſsel. Whitworth gebraucht vorzugsweise einen Stahl von 6300k/qc Festigkeit und 30 Proc. Dehnung auf 50mm Körnerabstand. Sharp in Bolton zieht einen Stahl von 4700 bis 5500k/qc Festigkeit vor. Vickers and Sons in Sheffield, welche jetzt wohl die meisten Wellen erzeugen, verwenden einen ganz weichen Stahl von nur 3780k/qc Festigkeit und es ist ihnen bis heute nur eine einzige gebrochen. Der weiche Stahl besitzt in Folge seiner Zähigkeit eine gröſsere Widerstandskraft als der harte und kann daher die Stöſse, welche bei Schiffsmaschinen so häufig vorkommen, leichter aushalten. Bei Versuchen bezüglich der Härte des anzuwendenden Materials hat es sich gezeigt, daſs in der Praxis die Durchbiegung bei gegebener Belastung für verschiedene Härtegrade bis zur Erreichung der Elasticitätsgrenze als gleich gelten kann und daſs nach Ueberschreitung der Elasticitätsgrenze bis zu den bei den Versuchen noch angewendeten Belastungen die Durchbiegungen nicht viel von einander abweichen. Um die Eigenschaften des Stahles auf sicherer Basis nachweisen zu können, wurden Versuche in verschiedener Richtung an Eisen, gegossenem und geschmiedetem Stahl vorgenommen und deren Resultate tabellarisch zusammengestellt. Daraus ersieht man, daſs die gröſste Festigkeit der Stahlguſsproben jene des Schmiedeisens in jedem Falle übersteigt, während die Dehnung auf 50mm Länge in beiden Fällen ziemlich gleich bleibt; der geschmiedete Stahl zeigt bedeutend höhere Ziffern. Stahlguſs weist im Durchschnitte um ein Drittel höhere, geschmiedeter Stahl jedoch 3mal so hohe Resultate auf als Schmiedeisen. Die Biegeproben sprachen ebenfalls für die Anwendung von Stahl und zeigen, daſs Stahlguſs zum mindesten ebenso verläſslich ist als Schmiedeisen. Bei den Schlagproben hielten geschmiedete Stahlstäbe 23, 19 und 23 Schläge aus, ohne zu brechen, während zwei bei 16 und 17 Schlägen brachen. Schmiedeisen brach bei 12,1, 4 und 4 Schlägen. Stahlguſsproben hielten 13, 9 und 19 Schläge aus. Die Torsionsversuche gaben dasselbe Qualitätsverhältniſs wie die Biegeproben. Die Probestücke wurden so lang als möglich gemacht und man nahm nur gesunde Stäbe vor. Zur Bestimmung der Dehnung wurden möglichst groſse Markenentfernungen gewählt, doch von 50 zu 50mm auch Körner geschlagen. Um den Einfluſs der Bearbeitung nachzuweisen, wurden von J. Neilson in Mossend Versuche gemacht. Die einzelnen Probestücke wurden demselben Guſsblocke entnommen und gewalzt oder ausgeschmiedet und zwar mit verschiedenen Graden der Bearbeitung: Grad der Bearbeitung Festigkeit Ver-mehrung Dehnungauf 203mm Ver-mehrung k/qc Proc. Proc. Proc. Ingotstahl nicht bearbeitet 3716,7 10 Auf ¼ des ursprünglichen Quer-    schnittes herabgeschmiedet 5055,5 36 11   10 Auf ⅕ des ursprünglichen Quer-    schnittes gewalzt 4819,3 30 23 130 Gewöhnliche Bleche desselben Ein-    satzes auf 22mm ausgewalzt 4252,3 26 Die anderen Versuche, bei welchen Guſsblocke von der Dicke von 380 bis herab zu 25mm (15 bis 1 Zoll engl.) auf 12mm,7 (½ Zoll) ausgewalzt wurden, zeigen geringe Differenzen in der Festigkeit; die Dehnung jedoch steigt mit dem Grade der Bearbeitung. Wird die Bearbeitung jedoch fortgesetzt und von 12 auf 6mm herabgewalzt, so steigt die Festigkeit unverhältniſsmäſsig mehr und zwar in vorliegendem Falle von 4094,8 auf 4567,4k/qc. Dies scheint seinen Grund in der geringeren Temperatur zu haben, bei welcher das Walzen vorgenommen wurde, da dünne Bleche viel rascher abkühlen als dicke. Die Specialproben, welche von den Inspektoren des Lloyd's Register angewendet werden, bestehen bei Steven, Ruderrahmen und anderen groſsen Guſsstücken, bei denen dies zulässig erscheint, in Fallproben. Die Guſsstücke werden nämlich auf 13m in die Hohe gezogen und auf einen harten ebenen Boden fallen gelassen. Dann werden sie auf der ganzen Oberfläche abgeklopft. Auch bei diesen Proben zeigt sich der Stahlguſs dem Schmiedeisen mindestens ebenbürtig, während geschmiedeter Stahl, beide weit übertrifft. Nach den bis jetzt gemachten Erfahrungen hält man einen Stahl von 4700k/qc Festigkeit, welcher sich bei einer Dicke von 31mm mit einem Radius von 44mm auf 90° zusammenbiegen läſst, für Stahlgüsse am geeignetsten; es ist aber nicht ausgeschlossen, daſs auch ein Stahl von gröſserer Härte als geeignet erscheinen kann. In der diesem Vortrage folgenden Besprechung zeigte es sich, daſs die Anwendung der Stahlgüsse bei den Fachleuten vielen Sympathien begegnet; Spencer stellt sogar den Werth von Stahlgüssen höher als den von Stahlschmiedestücken, indem er als ungünstige Faktoren das „Aufschmieden“, das ungleichmäſsige Erkalten groſser Stücke und die beim Schmieden auftretenden Spannungen im Materiale anführt, welche nicht vermieden werden können. Walker sagt, daſs die Trichterbildung für Güsse unschädlich gemacht werden könne, wenn die Formen so construirt werden, daſs die Trichter dort auftreten, wo sie dem Guſsstücke nicht schaden. Als Gegner der Stahlgüſse tritt Putnam von Darlington auf, indem er einen Fall erzählt, daſs er einen Hebel, wie sie bei Dampfhämmern angewendet werden, aus Stahl bestellte und dieser am ersten Tage entzwei brach. Auch macht er sich anheischig, groſse Schmiedestücke billiger und besser herzustellen, als es einem Stahlfabrikanten aus Stahl möglich sei. Parker sucht diesen Einwurf zu entkräften, indem er feststellt, daſs der Stahlfabrikant, welcher den Hebel geliefert, über den Zweck desselben nicht unterrichtet und daher auſser Stande war, das für den gegebenen Fall entsprechende Material zu wählen. Was das Ausglühen betrifft, so scheinen Alle derselben Ansicht zu sein und es werden von verschiedenen Seiten die schwerwiegendsten Gründe angeführt. Selbst Hall (in Firma Jessop and Sons), dessen Ansichten nach Parker's Vortrag mit den Anderen in Widerspruch zu stehen scheinen, behauptet, daſs sie die Stahlgüsse jederzeit ausglühen, jedoch vorher gar nicht erkalten lassen, denn dies wirke erfahrungsgemäſs nachtheilig. Hall führt an, daſs von seiner Firma gegossene Stahlkurbelwellen über 100000 Meilen gemacht hätten, ohne zu brechen; ebenso habe er schon im J. 1881 Steven und Ruder für eine Yacht aus Stahl gegossen und diese Stücke hätten sich bewährt. Rilley (Steel-Company of Scotland) erwähnt, daſs die Guſsstücke, wenn man sie in den Formen erkalten lieſs, sprangen, weshalb sie jetzt so heiſs als möglich aus den Formen genommen und in einen Glühofen eingesetzt werden. Sir William Siemens hält das Ausglühen ohne vorheriges Erkaltenlassen für das Vortheilhafteste. Das Härten in Oel habe groſse Vortheile. Er schreibt die guten Resultate einer raschen Oberflächenkühlung zu, wodurch auf die inneren Partien ein gewisser Druck ausgeübt werde, was für die Festigkeit und Zähigkeit des Materials günstig wirke. Weiters spricht er die Ansicht aus, daſs ein verhältniſsmäſsig weicher Stahl verläſslicher sei als ein zu harter, da groſse Maschinentheile mit geringer Beanspruchung gerechnet werden und es besser sei, das Material gebe früher nach, ehe es zum Bruche käme. In Betreff der mechanischen Bearbeitung stimmt Rilley mit den Resultaten Parker's überein, indem er behauptet, daſs nicht das absolute Bearbeitungsverhältniſs ausschlaggebend sei, sondern daſs bemerkenswerthe Erhöhungen in der Festigkeit und Zähigkeit des Materials erst in den letzten Stadien der Bearbeitung auftreten, bei verhältniſsmäſsig geringen Dimensionsveränderungen. In Parker's Vortrag wurde über die Verwendung des Bessemerstahles zu Stahlgüssen nichts erwähnt; Hall spricht sich auch gelegentlich der Besprechung direkt gegen die Brauchbarkeit des Bessemerprozesses aus; diesem entgegnet nun Sir Henry Bessemer. Er gibt zu, daſs der Prozeſs, wie er für Schienen und ähnliche Waaren geführt wird, ein für Stahlgüsse unbrauchbares Material liefere. Doch habe W. D. Allen durch die Anwendung einer Rührvorrichtung (vgl. 1882 243 * 398) und Zusatz von Spiegeleisen erzielt, daſs die Gase aus dem Metallbade entfernt werden können, und es seien Hunderte von Güssen erzeugt worden, welche vollkommen blasenfrei waren. Auch Walker bestätigt, daſs er ganz vorzügliche Güsse aus Bessemerstahl gesehen habe und Allen wirft Parker vor, daſs er den Bessemerstahlprozeſs bei seinen Versuchen zu wenig berücksichtigt habe, obwohl dieser besonders für groſse Guſsstücke ganz vorzüglich sei. Auch wirke die Rührvorrichtung vollkommen entsprechend. (Vgl. auch Allen's Vortrag über Bessemerstahl in Engineering 1883 Bd. 35 S. 439.) „Wenn wir nun“ – so schlieſst G. Schmidhammer sein Referat – diese auf englisches Material sich beziehenden Schlüsse mit unseren heimischen Verhältnissen vergleichen, so werden wir zwar sehen, daſs der Qualitätsunterschied zwischen Eisen und Stahl bei uns nicht so groſs ist, daher die englischen Stahlartikel mit solchen aus englischem Schmiedeisen leichter concurriren können; jedenfalls aber gebührt unserem Stahle dasselbe Vertrauen, welches in das englische Fabrikat gesetzt wird. Der Kostenpunkt wird aber bei uns noch weit günstiger in die Wagschale fallen. Von maſsgebendem Einflüsse scheint mir aber die Einrichtung unserer Hüttenwerke zu sein; denn so groſse Schmiedestücke, wie sie beim Schiffsbaue vorkommen, dürfte kein einziges Werk in der Lage sein, zu erzeugen. Dieselben Stücke in Stahlguſs auszuführen, bedarf es aber keiner besonderen Einrichtung und dieser Umstand, der uns von einem englischen Monopole befreien würde, sollte nicht unbeachtet gelassen werden. Daſs der Bessemerstahl nicht ohne weiteres zu verurtheilen ist, zeigen viele gelungene Ausführungen. So wurde im Sommer 1882 in Neuberg ein Anker mit 500k Gewicht aus Bessemerstahl erzeugt, welcher in der Triester Ausstellung sich befand und hierauf von der k. k. Kriegsmarine nach vorgenommenen Proben als vollkommen entsprechend übernommen wurde. Es würde keiner Schwierigkeit unterliegen, auch weit gröſsere Stücke aus Stahlguſs herzustellen.