Titel: Neuheiten in der Explosivstoff-Industrie und Sprengtechnik.
Autor: Oscar Guttmann
Fundstelle: Band 252, Jahrgang 1884, S. 153
Download: XML
Neuheiten in der Explosivstoff-Industrie und Sprengtechnik. (Fortsetzung des Berichtes Bd. 251 S. 118.) Patentklasse 78. Mit Abbildungen auf Tafel 11. Neuheiten in der Explosivstoff-Industrie und Sprengtechnik. Ein von Michalowski „Bergmannspulver“ (Poudre des mineurs) benanntes Sprengmittel wurde durch eine Commission der Société de l'Industrie Minérale in Saint-Etienne in dem Glimmerschieferbruche von Quatre-Aygues geprüft. Das Pulver besteht nach der Revue industrielle, 1884 S. 44 bezieh. dem Génie civil, 1883/4 Bd. 4 S. 233 aus 50 Th. chlorsaurem Kali, 5 Th. Braunstein, 45 Th. Kleie. Die beiden letzteren werden mit der wässerigen Lösung des Kaliumchlorates vermischt und das Ganze getrocknet. Statt Kleie kann man auch Sägespäne, Gerberlohe u.s.w. verwenden; jedoch fürchtet Michalowski selbst, daſs die harzigen Bestandtheile mit dem Kaliumchlorate eine gefährliche Mischung geben würden. Die mit Dynamit Nr. 1 vergleichsweise ausgeführten Versuche haben eine angeblich gleich groſse Sprengkraft ergeben, wenngleich das Michalowski'sche Pulver mehr Trajectionsarbeit verrichtete. Das „Bergmannspulver“ ist sehr voluminös, muſs deshalb verstampft werden, was angeblich gefahrlos sein soll. Ohne auf die nach der Zusammensetzung dieses Pulvers und nach den Verhältnissen, unter welchen die Versuche ausgeführt wurden, etwas zweifelhafte Gröſse seiner Sprengkraft näher einzugehen, sei nur die schon oft gebrachte, bei Pulvern mit so hohem Gehalte von chlorsaurem Kali doppelt nothwendige Warnung wiederholt, daſs das Verstampfen von Sprengladungen höchstens mit hölzernen Ladstöcken gefahrlos sein kann und daſs zahlreiche Unglücksfälle dies doch schon genügend erwiesen haben. Die Société la Panclastite in Paris (Oesterreichisch-Ungarisches Patent Nr. 2450 vom 13. December 1883) gibt eine Anzahl neuer Sprengmittel an, welche als Grundlage Asphalt, Theer u. dgl. in Verbindung mit verschiedenen Salzen haben und von denen ein Theil direkt, ein anderer indirekt explodirbar ist, während manche beide Eigenschaften besitzen. Doppeltwirkend ist folgendes Pulver: 10 Th. chlorsaures Kali oder Natron, 5 Th. Bleinitrat, 5 Th. salpetersaures Kali oder Natron, 2½ Th. trockenes Gaspech, 2½ Th. fettes Gaspech. Um diese Mischung brisanter und alkalisch zu machen, fügt man noch 1 Th. übermangansaures Kali und 2 Th. Natriumcarbonat oder Bicarbonat hinzu. Zuerst werden die Oxyde in einer Mischtrommel gemengt und sodann das Pech zugesetzt. Zum gewöhnlichen Gebrauche wird nur Trockenpech verwendet, zur Herstellung von Körnern Wasser der Benzol u. dgl. zugesetzt; zu Patronen nimmt man das fette Pech und rollt die Masse auf einem Tische zur entsprechenden Form. Ein besonders gutes doppeltwirkendes Pulver soll zusammengesetzt sein aus 80 Th. chlorsaurem Kali, 10 Th. Trockenpech, 10 Th. fettem Peche. Eine andere Mischung besteht aus: 40 Th. Bleinitrat, 40 Th. Kaliumnitrat, 10 Th. Trockenpech, 10 Th. fettem Peche. Wird bei dieser letzteren Mischung nur Bleinitrat verwendet, so entsteht ein indirekt explodirbarer Sprengstoff; wird dagegen bloſs salpetersaures Kali genommen, so erhält man nur einen direkt explodirbaren; der erstere soll, mit einem Zündhütchen freiliegend entzündet, wie Dynamit, Schieſswolle u. dgl. wirken. Wir haben es hier offenbar mit dem in jüngster Zeit stark angepriesenen „Panclastite“ zu thun; die nächste Zeit wird wohl auch praktische Versuche zum Beweise der erwähnten Eigenschaften liefern. Jul. Pichler und Alfr. Fels in Wiener-Neustadt (* D. R. P. Nr. 25833 vom 24. Mai 1883) haben ein Verfahren zur Herstellung von Schwarzpulver angegeben, nach welchem die einzelnen Bestandtheile in einer Trommel gemischt werden, durch deren einen Achsstummel eine Brause gesteckt ist, während der andere auf einem Stufenlager ruht. Durch die Brause strömt Wasser oder auch Salpeterlösung ein und in der Trommel befindliche Kugeln besorgen die Mischung. Die Masse wird sodann in einem Doppelkessel, welcher mit Sicherheits- und Druckreducirventil versehen, sowie um Stopfbüchsen drehbar ist, mit Dampf gekocht bezieh. abgedampft und sodann in einer mit Dampf erwärmten Trockenpfanne zur Gänze getrocknet.Referent hat dieses Verfahren in ausgebildeterer Weise seit Jahren in Anwendung; ebenso arbeiten eine englische und eine österreichische Fabrik. Pichler und Fels haben von diesem auf bekannten Prinzipien und Apparaten beruhenden Verfahren und z. Th. auch von den Bezugsquellen durch den Referenten selbst Kenntniſs erlangt und die „Erfindung“ scheint ihnen sonach nicht schwer gefallen zu sein, da z.B. auch der Duplikator eine genaue Copie des von ihm verwendeten Apparates ist.O. G. Die Firma Curtis und Harvey in London bringt eine von C. W. Curtis erfundene neue Gattung von Sprengpulver-Patronen in Verkehr. Eine nähere Beschreibung derselben ist im Engineering and Mining Journal, 1883 Bd. 36 S. 366 nicht gegeben; sie sind wasserdicht gemacht und auf die Ladung wird eine Zündpatrone aufgesetzt, welche selbst geschlossen und mit Schieſspulver geladen ist. Dadurch soll erreicht werden, daſs die Patronen gegen Funken, Feuchtigkeit u.s.w. geschützt sind, während in gewissem Sinne der Ladung ein Initialimpuls gegeben wird, also eine Art Detonation erfolgt. Unter dem Namen „Braunes prismatisches (Cacao-) Pulver“ wird von den Vereinigten Rheinisch-westfälischen Pulverfabriken in Hamm a. d. Sieg und von der Pulverfabrik Düneberg ein insbesondere für Kriegszwecke bestimmtes Pulver hergestellt, auf welches schon im vorigen Jahre (vgl. 1883 249 460) hingewiesen wurde. Referent bemerkte damals, daſs es im Aussehen gewissen Gattungen böhmischer Braunkohle gleiche, und die nun bekannt gewordene Thatsache, daſs zur Herstellung Cacao (wahrscheinlich die an Oel ärmeren Schalen) mit verwendet werden, macht dies erklärlich. Die genaue Zusammensetzung und das Erzeugungsverfahren werden bisher geheim gehalten. Mit diesem Pulver wurden nach einem Berichte des Engineer, 1884 Bd. 57 S. 160 im Januar d. J. in Spezia vergleichende Versuche gegenüber dem Progressivpulver von Fossano vorgenommen, welches letztere für das bei den Proben in Verwendung gekommene Armstrong'sche 100t-Hinterladergeschütz besonders hergestellt war. Das Geschütz ist 26 Kaliber lang, wiegt sammt der Lafette 102460k, diese allein 41000k. Die Versuche haben erwiesen, daſs dieses braune prismatische Pulver, insbesondere das von Hamm, für Ladungen über 100k mit groſsem Vortheile zu verwenden ist. Während beim Pulver von Fossano die lebendige Kraft für jede Atmosphäre Gasdruck bei steigender Ladung fällt, steigt sie bei dem braunen Pulver sehr bedeutend; dies entspricht also der Regel „geringer Spannung im Rohre bei groſser lebendiger Kraft“ am besten. Gleich gute Resultate wurden schon früher auf den Schieſsplätzen von Meppen und Essen damit erzielt. Das braune prismatische Pulver scheint dem Bedürfnisse der neueren Ballistik gut zu entsprechen, wonach, unbeschadet der erzielten Anfangsgeschwindigkeit und lebendigen Kraft, ein die Rohre möglichst wenig beanspruchendes, minder brisantes Pulver für groſse Geschütze gewünscht wird. Dem gleichen Bestreben entsprangen auch die Versuche, den Schwefelgehalt herabzumindern (vgl. 1883 249 459). Dem braunen Pulver wird geringe Rauchbildung nachgerühmt und es soll, im Freien verbrannt, nicht explodiren, welche stets nur für kleinere Mengen richtige Thatsache durch seinen Cellulosegehalt erklärlich ist. Max Hasse und Comp. in Berlin (* D. R. P. Kl. 58 Nr. 24903 vom 11. Mai 1883) haben eine hydraulische Prismapulverpresse construirt, deren Einrichtung aus Fig. 10 bis 14 Taf. 11 ersichtlich ist (vgl. auch 1882 245 * 407). Statt, wie bei den englischen Pressen in der Mitte, sind hier die Preſscylinder d seitwärts an den Ständern angebracht und dienen zum Heben und Senken der Kolben c, mit welchen der Querbalken a und mit diesem die oberen Stempel b verbunden sind. Die an dem Querbalken e eingesetzten Unterstempel f erhalten ihre Bewegung auf zweierlei Art: durch direkten Wasserdruck zum Pressen der Prismen, indem beim Aufgange des Querbalkens a durch die Schleife e der Zugstange h das Querstück e und mit diesem die unteren Stempel f gehoben werden und die fertigen Prismen herausstoſsen, welche der Füllschieber sodann vor sich herrückt. Die Wirkungsweise dieses letzteren ist aus dem Vertikalschnitte Fig. 12 auch ohne Erklärung verständlich. Nachdem die Presse vollkommen selbstthätig wirken soll, ist ein ebenso sinnreicher, als umständlicher Mechanismus erforderlich gewesen. Das an der Innenseite des Ständers A befindliche Steuerungsventil V (vgl. auch 1884 251 * 53) ist mit einem Accumulator in Verbindung und besteht aus 4 Ventilen (vgl. Fig. 14), welche durch die unterhalb befindlichen Spiralfedern geschlossen erhalten werden, sobald sie nicht durch das Hebelparallelogramm i gehoben sind, was nicht früher geschehen kann, als bis der Hebel an einem Ventile selbst seinen Stützpunkt findet, dieses also schlieſst. Das Hebelwerk sitzt an der Achse k, welche auſserhalb des Ständers den eigentlichen Steuerungsmechanismus trägt und zwar einen Hebel l, mit dem Gewichte m belastet, verbunden mit dem Hebel n. Der Hebel l wird durch den Winkelhaken o am Hebel p am Ausschlagen gehindert, q ist ein Katarakt, welcher der durch ein Gewicht am Hebel s belasteten Stange r ein Hinderniſs entgegensetzt, dessen Dauer – und damit die Preſsdauer – durch ein fein einstellbares Ventilchen geregelt wird. Durch den Winkelhaken t wird der Hebel s in seiner höchsten Stellung festgehalten. Es ist leicht einzusehen, wie durch die Anschläge t1, s1, p1 und n1 die ganze Steuerung vor sich geht. Es unterliegt keinem Zweifel, daſs die hier geschilderte Hasse'sche Presse die höchst mögliche Leistung, nämlich ununterbrochenen, selbstthätigen Betrieb ermöglicht. Als Nachtheile stehen ihr entgegen: der umständliche Mechanismus, die schwierige Instandhaltung dadurch, daſs der Unterstempel-Querbalken in 10 kleine Pressen aufgelöst ist, deren jeder Kolben gedichtet werden muſs, ferner die starke Inanspruchnahme als Stützpunkte der Ventile und ihrer Sitze, endlich die gegenüber den Rotationspressen um nichts verminderte Gefährlichkeit.Die ganze hydraulische Pressung wurde auf eine sehr einfache Weise von Otto Rost in Budapest (Oesterreichisch-ungarisches Patent Nr. 2616 vom 6. December 1883) gelöst. Statt zweier Preſskolben (oben und unten) hat er lediglich einen unten, oben einen verschiebbaren, im Augenblicke der Pressung jedoch feststehenden Holm mit den Gegenstempeln, welche ganz wenig über dem Form tische stehen und sonach die Luft heraustreten lassen; dagegen ist aber der Formtisch beweglich und wird so lange mitgehoben, bis die Pressung erfolgt, wodurch man nun selbstthätig den Druck von beiden Seiten erreicht. Zu bemerken ist, daſs eine gröſsere Anzahl von nach diesem Prinzipe gebauten Ziegelpressen in der von Rost geleiteten Anlage seit Jahren ausgezeichnet arbeitet und daſs er jetzt, im Vereine mit dem Referenten, eine solche Presse eigens für die Pulverfabrikation ausführen wird. Derartige Pressen gestatten mit Leichtigkeit, 200 Prismen auf einmal herzustellen, und sie kosten nur um weniges mehr als gewöhnliche hydraulische Pressen. Die elektrische Beleuchtung in Pulverfabriken scheint sich einbürgern zu wollen. Die Pulverfabrik OchtaVgl. Bericht über die Pariser elektrische Ausstellung: von Filipp Heß. (Wien 1883.) läſst in origineller Weise das Licht einer auſserhalb stehenden Bogenlichtlampe von einer Sammellinse auffangen und leitet die so erzeugten parallelen Strahlen in Röhren fort, um sie an der zu beleuchtenden Stelle durch andere Linsen wieder zerstreuen zu lassen. Soll das Licht abgezweigt werden, so sind in den Hauptstrang geneigte Glasplatten mit theilweiser Zinnfolienbelegung aufgestellt, von denen der erforderliche Theil Licht in einen Seitenstrang zurückgestrahlt wird, während der Rest durch den unbelegten Theil weiter wandert. Die kgl. englische Fabrik von Waltham Abbey (vgl. 1883 249 457), die Fabriken von Wakefield und Comp. in Gatebeck und W. Güttler in Reichenstein (Schlesien) hatten bisher Glühlichtlampen, welche in Strahlschirmen auſserhalb der Gebäude angebracht waren. Neuerdings hat man in Waltham Abbey, wie im Engineer, 1884 Bd. 57 S. 160 berichtet wird, auch die Körn- und Sortirhäuser mit elektrischem Lichte versehen, welche sonst wegen des massenhaft erzeugten Pulverstaubes künstliches Licht überhaupt nicht vertrugen. Man hat hierzu die schon früherVgl. Friedr. Wächter: Die Anwendung der Elektricität für militärische Zwecke. (Wien 1883. A. Hartleben.) empfohlene Isolirung durch Wasser gewählt, indem die Glühlampe in einer zweiten Kugel steckt und zwischen beiden fortwährend Wasser kreist, um die Lampe zu kühlen; der Verlust an Licht soll hierbei sehr gering und die Leistungsfähigkeit dieser Häuser verdoppelt sein. Gegen das Zerbrechen der äuſseren Kugel müſste wohl auch noch gesorgt werden. Die freiwillige Zersetzung von Sprenggelatine wurde schon öfters beobachtet und auch General Abbot theilte im Anhange zu seinem Berichte über unterseeische Sprengungen (New-York 1883) mit, daſs sämmtliche von seinen Versuchen übrig gebliebene Sprenggelatine, ohne hoher Temperatur ausgesetzt gewesen zu sein, einer Zersetzung unterlag. Einen gleichen Fall beobachtete Ch. E. Munroe (Journal of the American Chemical Society, 1884 Bd. 6 S. 13) bei einer kleineren Menge Sprenggelatine, welche freiliegend in einem Räume von gleichmäſsiger Temperatur und Trockenheit, in Paraffinpapier und Packpapier eingehüllt, aufbewahrt war. Nach einem Jahre, im Winter, gab die Masse nitröse Dämpfe ab, welche das Papier angriffen, hatte an Volumen zugenommen und die Auſsenseite des Papieres war mit kleinen Krystallen bedeckt. Sofort in Wasser geworfen, zeigte sich die Masse zerreiblich und war nach kurzer Zeit zertheilt. Der Camphergeruch verschwand, das Wasser bekam gelbe Farbe, reagirte stark sauer und zeigte Spuren von Untersalpetersäure, aber nicht von Salpetersäure. Beim Abdampfen der filtrirten Flüssigkeit krystallisirte Oxalsäure in Menge aus und beim Abdampfen auf dem Wasserbade der Mutterlauge ergab sich eine Zucker ähnliche Masse, welche mit Fehlinq'scher Lösung die Glucose-Reaction zeigte. Das Paraffin war unverändert, das Papier wurde in Flocken wieder gewonnen, wodurch die Suche nach der Cellulose der Collodiumwolle unmöglich wurde. Trotz eifriger Untersuchung wurden Glycerin, Nitroglycerin oder Schieſswolle nicht gefunden. Es ist zweifellos, daſs diese Zersetzung eine Folge von freier Säure, wahrscheinlich in der Collodiumwolle, war. Daraus jedoch im Allgemeinen auf die Neigung der Sprenggelatine zu freiwilliger Zersetzung zu schlieſsen, wäre ein groſser Fehler. Auch bei Dynamit hat es in den ersten Jahren seiner Erzeugung nicht an solchen Erscheinungen gefehlt, welche die reichere Erfahrung und aufmerksamere Arbeit späterer Zeit vollständig verschwinden machte. Eine Explosion beim Baue des James Watt Dock in Greenock durch Einstampfen einer eingezwängten Tonite-Patrone mit einer Metallstange erinnert nur zweckmäſsig daran, daſs schon wiederholt Explosionen von Schieſswolle, Dynamit, ja selbst von Pulver vorkamen, wenn die Ladung im Bohrloche allzu unsanft auch nur mit einem hölzernen Ladstocke verstampft wurde. Eine ähnliche Lehre folgt aus einer Explosion in der Pulverfabrik von Chilworth, in welcher ein Arbeiter den auf der Kollermühle angebackenen Pulverkuchen nicht nach Vorschrift mit warmem Wasser abwusch, sondern nach oberflächlichem Begieſsen mit kaltem Wasser mittels einer kupfernen Krücke abkratzte. Eine andere Explosion in der Pulverfabrik von John Hall und Sohn in Furnace, wahrscheinlich durch einen Funken aus dem Dampfkessel der Trockenhausheizung entstanden, hat in dieser alten und deshalb noch eng zusammengerückten Fabrik groſse Zerstörungen angerichtet. Im Schornsteine der Feuerung war wohl eine Wasserbrause angebracht, allein der Schornstein selbst schon 2 Jahre lang nicht gereinigt worden. An Attentaten durch Dynamit war die jüngste Zeit sehr reich. Obzwar es vernünftig ist, in einer Fachzeitschrift diese Sache nicht weiter zu berühren, so sei doch der minutiösen Arbeit der englischen Explosiv-Inspectoren Majendie und Cundill gedacht (Parlamentsbericht vom 17. November 1883), mit welcher dieselben die Attentate auf die unterirdische Eisenbahn Londons vom 30. Oktober 1883 aufklärten. Durch Aufgraben und Sieben der Oberfläche, durch Prüfung mit dem Mikroskope und im Laboratorium und durch die sorgfältigste Beobachtung der unbedeutendsten Einzelheiten konnten sie feststellen, daſs in beiden Fällen die etwa lk Dynamit betragende Ladung in einem Zinkgefäſse verwahrt war und mittels Zündschnur von Bickford, Smith und Comp. gezündet wurde, daſs in dem einen Falle (Station Praed-Street) ein auf dem beschädigten Zuge befindlicher Reisender das Höllenwerkzeug herabwarf, welches zu früh losging, in dem zweiten Falle aber (Station Charing Cross) von einem vorher an der Explosionsstelle vorbeigefahrenen Zuge aus das Geschoſs geworfen wurde. Im ersten Falle wurden 62 verletzte Personen ermittelt, im zweiten wurde bloſs der Bahnkörper beschädigt. Die Sprengung von Ofensäuen hat eine Bereicherung dadurch erfahren, daſs in einer Dresdener Metallwaarenfabrik die „Sau“ eines zum Verzinken verwendeten Kessels, im Gewichte von etwa 4000k, in eine Grube versenkt, und durch mit Zündschnur gezündete gebohrte Einzelschüsse von 250 bis 280g Dynamitladung zertheilt wurde. (Nach der Eisenzeitung', 1884 S. 101.) General Abbot hat neuerdings nach dem Engineering and Mining Journal, 1884 Bd. 37 S. 26 Tonite, California-Schieſswolle und sogen. Rackarock zum Gegenstande von Versuchen unter Wasser gemacht, wie er dies schon früher mit verschiedenen anderen Sprengmitteln gethan. Tonite und Schieſswolle sind bekannt (vgl. 1883 249 456); beide stammten aus der Fabrik der Tonite Powder Company in San Francisco. Rackarock ist einer der von Herrn. Sprengel erfundenen Sprengstoffe. Das gelieferte Tonite bestand aus 52,5 Th. Schieſsbaumwolle und 47,5 Th. Bariumnitrat. Die California-Schieſswolle wurde von der Fabrik angegeben mit 89,6 Proc. Trinitrocellulose, 10,4 Proc. Dinitrocellulose; ferner hielt sie die Säureprobe bei 121° durch 28 Minuten aus und entzündete sich in langsam steigender Temperatur bei 185°; sie wurde in losem Zustande eingeliefert. Das Rackarock wird in zwei Theilen versendet, deren jeder für sich nicht explosiv ist. Der eine Theil besteht aus Patronen von künstlich roth gefärbtem chlorsaurem Kalium, der andere Theil ist Nitrobenzol; letzteres befindet sich in einem Eimer aus verzinktem Eisenbleche, die Patronen an einer Federwage in einem Drahtkorbe liegend, tauchen in das Nitrobenzol, bis die Gewichtszunahme etwa ein Drittel beträgt. Das so gebildete Explosiv ist eine feste, rothe Masse von 1,7 Eigengewicht, verknistert schwer durch Hammerschlag und entzündet sich selten auf Holz. Eine freie oder wenig eingeschlossene Ladung ist durch ein Zündhütchen von 1g,5 Knallquecksilber-Füllung nicht zur Explosion zu bringen und selbst in einem Bohrloche in Holz, mit Schlamm besetzt, ist die Explosion nur theilweise. Von einem Springfield-Gewehre beschossen, entzündet sich die Patrone bloſs. Gewöhnliche Reibung scheint darauf ohne Einfluſs zu sein. Die Handhabung wäre sonach eine sehr sichere und Versuche beim Gesteinssprengen durch General Newton haben sehr gute Erfolge geliefert, wenn nicht die Verwendung eines besonders starken Initialimpulses ein Hinderniſs böte und die einzelnen versuchsweise erzeugten Proben nicht unter einander bedeutende Gütenunterschiede zeigten, was bei der rohen Herstellungsweise wohl erklärlich ist. Die Leistung in horizontaler Richtung unter Wasser der hier erwähnten, sowie verschiedener anderer Sprengmittel ist aus nachstehender Tabelle ersichtlich (vgl. Abbot 1882 246 47): Nitroglycerin-gehalt Horizontale WirkungDynamit Nr. 1 = 100 Dynamit Nr. 1   75 100 Schieſsbaumwolle   87 Dualin 111 Rendrock   20   78       „   40   94       „   60   95 Dynamit Nr. 2   36   83 Vulkan Powder Nr. 1   30   78 Nitroglycerin-gehalt Horizontale WirkungDynamit Nr. 1 = 100 Vulkan Powder Nr. 2   35   82 Mica Powder Nr. 1   52   83     „        „      Nr. 2   40   62 Nitroglycerin 100   81 Hercules Powder Nr. 1   77 106      „           „       Nr. 2   42   83 Electric Powder Nr. 1   33   69       „           „      Nr. 2   28   62 Designolle'sBrugère's Chlorat-Pulver   68  81 Sprenggelatine   89 117 Tonite   81 California-Schieſswolle   87 Rackarock   86 Ein als „Rackarock Special“ bezeichnetes Präparat hat als Flüssigkeit Nitrobenzol mit 12 bis 16 Proc. Pikrinsäure, je nach der Güte des ersteren; – bei den Versuchen hat es sich jedoch nur als gleichwerthig mit dem einfachen „Rackarock“ erwiesen. Der Oesterreichische Ingenieur- und Architektenverein in Wien (vgl. Wochenschrift, 1884 S. 128 bez. Oesterreichische Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen, 1884, Vereinsmittheilungen Nr. 1 S. 4) hatte ein Comité (Berichterstatter Generaldirektor E. Heyrowsky) entsendet, welches die geeignetste Methode zur Erprobung der im Bergbaue verwendeten Explosivstoffe ausfindig machen sollte. Die Versuche wurden auf dem Trauzl'schen Brisanzmesser vorerst mit den Dynamiten der Nobel'schen Fabriken ausgeführt. Dieselben haben folgende genaue Zusammensetzung: Neudynamit Nr. I 64,5 Proc. Gelatineöl 97,5 Nitroglycerin  2,5 Collodiumwolle = 62,90 Nitroglycerin   1,61 Collodiumwolle 35,5 Proc. Zumischpulver 75 Kalisalpeter24 Holzmehl  1 Soda = 26,62 Kalisalpeter   8,52 Holzmehl   0,35 Soda –––––– 100,00. Neudynamit Nr. II 45 Proc. Gelatineöl =   43,88 Nitroglycerin    1,12 Collodiumwolle 55 Proc. Zumischpulver =   41,25 Kalisalpeter  13,20 Holzmehl    0,55 Soda –––––– 100,00. Neudynamit Nr. III 14 Proc. Nitroglycerin = 14,0 Nitroglycerin 86 Proc. Zumischpulver 70 Natronsalpeter15 Schwefel14 Holzkohle  1 Soda = 60,2 Natronsalpeter 12,9 Schwefel 12,0 Holzkohle   0,9 Soda ––––– 100,0. Das österreichische Ackerbau-Ministerium hat zu den Versuchen 2t Przibramer Raffinirblei und 2t Raibler Rührblei beigestellt, wie überhaupt die Versuche sowohl von diesem, wie vom Kriegsministerium in jeder Weise unterstützt wurden. Die Trauzl'sche Bleiprobe ist bekannt (vgl. 1882 246 * 190. 1883 250 * 120). Die Detonation wurde durch Zündhütchen von 0g,5 Füllung bewirkt und sodann der Hohlraum gemessen, auf welchen der Laderaum von 15cc ausgedehnt wurde (dieser ist also abzuziehen). Folgende Resultate wurden erzielt: Neudynamit Nr. I Neudynamit Nr. II Neudynamit Nr. III Sprenggelatine Przibra-mer Blei RaiblerBlei Przibra-mer Blei RaiblerBlei Przibra-mer Blei RaiblerBlei Przibra-mer Blei RaiblerBlei 1243 1178 895 815 460 420 1290 1260 1247 1163 880 820 470 425 1290 1150 1200 1220 880 808 470 420 1250 1125 1249 1169 895 845 465 440 1120 1075 1219 1160 895 870 465 420 1260 1350 1214 1188 870 845 470 425 1870 1275 Im Mittel Cubikcentimeter: 1229 1181 886 834 466 425 1347 1206 Mit Ausnahme der Sprenggelatine sind die erhaltenen Resultate sehr gut brauchbar. Bei dieser war es klar, daſs der Initialimpuls zu gering genommen wurde. Weitere Versuche mit stärkeren Zündhütchen, sowie mit Schlagpatronen von 4g Neudynamit Nr. I (in diesem Falle bei nur 16g Ladung) hatten denn auch vollständige Explosion zur Folge, welche bei der stark Campher haltigen Sprenggelatine mit gewöhnlichen Zündhütchen selbst bei so kleinen Ladungen sonst nicht zu erreichen ist. Es wurden erzielt: Sprenggelatine Przibramer Blei Raibler Blei 16g Gelatine, 4g Neu-dynamit Nr. I0g,5 Zündhütchen 20g Gelatine2g Zündhütchen 16g Gelatine, 4g Neu-dynamit Nr. I0g,5 Zündhütchen 20g Gelatine2g Zündhütchen 1975 1915 1740 1760 1705 1790 1690 1790 1710 1800 1590 1740 2035 1885 1880 1735 1965 1740 1565 1690 1800 1835 1075 1635 Im Mittel Cubikcentimeter: 1865 1827 1725 1735 Die Ergebnisse mit Sprenggelatine zeigen ziemliche Unregelmäſsigkeit und das Comité fand deren Ursache darin, daſs die Bleikörper für ein so kräftiges Sprengmittel zu klein sind, welches nahezu 30 Procent des Körpers ausbaucht. In der hierüber entstandenen Auseinandersetzung meinte Bergrath v. Curter, daſs das Blei durch wiederholtes Umschmelzen eine Verminderung seiner Festigkeit erfahren hat, während Oberbergrath Exeli die verschiedene Temperatur beim Gieſsen als von gröſserem Einflüsse bezeichnete. Mit diesen auch von uns schon gewürdigten Bedenken sind aber deren noch nicht alle erschöpft. Wie ersichtlich, haben die beiden zur Verwendung gelangten Bleigattungen wesentlich verschiedene Ausbauchungen erfahren, was eine Folge ihrer verschiedenen Härte ist. Es wird also bei Versuchen in der Praxis nothwendig sein, jedesmal mit einem Normaldynamite zu vergleichen. Unsere Bedenken über die Verwendung der Bleiprobe bei minder brisanten Dynamiten, wie es solche ja mit nahezu gleicher oder ganz gleicher Sprengkraft wie die Nobel'schen gibt, werden durch die in Aussicht gestellten weiteren Versuche wohl auch bestätigt werden, wie es ja z.B. erwiesen ist, daſs die Sprengkraft der einzelnen Nobel'schen Dynamite nicht in dem durch die Versuche beobachteten Verhältnisse zu einander steht. Zur Vergleichung von Dynamiten derselben Gattung ist die Trauzl'sche Bleiprobe entschieden tauglich, jedenfalls die verläſslichste und bequemste der bekannten Methoden. Der Haupteinwand gegen die theoretische Erprobung eines jeden Sprengmittels wird immer der sein, daſs jede Gesteinsgattung andere hervorstechende Eigenschaften besitzt, welche theils vermieden, theils ausgenützt werden, daſs die Sprengmittel diesen Eigenschaften in verschiedener Weise gerecht werden und daſs es sonach geradezu unmöglich wird, Sprengmittel verschiedener Art auf experimentellem Wege zu vergleichen. Für den Bergbau wird stets nur eine Gegenüberstellung der Kosten mit Rücksicht auf Bohrung, Ladung und Hauwerk als richtiger Maſsstab dienen können, welcher in jedem Falle besonders zu ermitteln sein wird. Ch. E. Munroe veröffentlicht im Journal of the American Chemical Society, 1884 Bd. 6 S. 7 eine neue pyrographische Methode zur Prüfung der Güte von Schieſspulver. Bekannt ist die Prüfung auf weiſsem Papiere und ebenso die von Chabrier auf Jodstärkepapier (vgl. 1874 214 249); doch macht bei letzterer die Herstellung gleichmäſsiger Färbung und das allmähliche Verblassen derselben zu groſse Schwierigkeiten. Munroe verwendet nun blausaures Eisenpapier, wie es zum bekannten Vervielfältigungsverfahren benutzt wird; die bei der Verbrennung entstehenden Schwefelalkalien und Thiosulfate zerstören die blaue Farbe und bewirken gelbe und weiſse Flecke. Ein Stück solchen Papieres, 15 bis 20cm im Quadrate, wird angefeuchtet und auf eine Platte von Glas oder Kupfer gelegt. Ein abgestumpfter Bleikegel von 3cc Inhalt wird an der Spitze mit dem Finger geschlossen, mit Pulver gefüllt und auf das Papier umgestürzt, wodurch ein kegelförmiges Häufchen entsteht, das durch einen glühenden Draht entzündet wird. Das Papier bleibt 30 Secunden der Einwirkung des Rückstandes ausgesetzt und wird dann sofort mit flieſsendem Wasser gewaschen. War das Pulver gut gemengt, so sind die Flecken klein und ganz gleichmäſsig über die Oberfläche vertheilt, so daſs das Papier nur ein lichteres Blau mit einzelnen Flecken und wenigen Streifen zeigt. Bei schlecht gemengtem Pulver sind die Flecken groſs, von unregelmäſsiger Gestalt und Vertheilung. Wird noch nicht vollständig gemengtes Pulver (Mühlen-Kuchen) so geprüft, so sind, je nach der gröſseren oder geringeren Vollkommenheit der Mengung, die Verbrennung schneller oder langsamer, die Rückstandstheilchen klein und umhergeschleudert, oder groſs und nahe beim Pulverherde. Das blausaure Eisenpapier bereitet Munroe durch getrenntes Auflösen in dunklen Flaschen von 35g,44 (1¼ Unzen) rothem Blutlaugensalze in 283cc,5 (10 Unzen) Wasser und von 71g (2½ Unzen) citronensaurem Eisenoxydammoniak in 170cc,1 (6 Unzen) Wasser, schüttet die zweite Lösung zur ersten, schüttelt gut durch und verwahrt das Ganze verschlossen und dem Lichte nicht ausgesetzt; in einer Dunkelkammer wird das Papier mit einem reinen Schwämme sorgfältig bestrichen und getrocknet. Gefäſs und Schwamm müssen unmittelbar vor und nach der Operation gut gereinigt werden. Für die Zwecke dieser Probe werden die trockenen Blätter durch 4 oder 5 Stunden starkem Sonnenlichte, sodann 5 Minuten lang flieſsendem Wasser ausgesetzt und mit Filterpapier abgetrocknet, so daſs sie nur feucht erscheinen. Oscar Guttmann.

Tafeln

Tafel Tafel 11
Tafel 11