Titel: Ueber die Darstellung des Magnesiums; von Dr. Joh. Walter.
Autor: Joh. Walter
Fundstelle: Band 252, Jahrgang 1884, S. 337
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Ueber die Darstellung des Magnesiums; von Dr. Joh. Walter. J. Walter, über die Darstellung des Magnesiums. Im Jahresbericht der chemischen Technologie, 1865 S. 2 findet sich eine Zusammenstellung der verschiedenen Vorschläge für die Bereitung des Magnesiums. Nach Marquardt ist es bei der Messingfabrikation schon vorgekommen, daſs man statt Galmei aus Unkenntniſs Dolomit anwendete, und doch ist Messing, in diesem Falle eine Legirung von Kupfer und Magnesium, entstanden. Da die Möglichkeit der Darstellung des Magnesiums durch Destillation von Magnesia mit Kohle in Zinköfen, gestützt auf diese Angabe, immer wieder in der Literatur u.a. auftaucht, so hielt ich es (vor etwa 4 Jahren) der Mühe werth, einmal bezügliche Versuche anzustellen. Nach den Ansichten Weldon'sJournal of the Society of Chemical Industry, 1883 S. 368 (vgl. D. p. J. 1884 251 422). wäre auch diese Reduction nicht ausführbar, da hier dieselben Verhältnisse wie beim Aluminium vorliegen. Bei der Verbrennung des Magnesiums werden 74900c nach der Gleichung Mg + O = MgO entwickelt. Die Reduction könnte nach einer der folgenden beiden Reactionen erfolgen: entweder nach der Gleichung 2MgO + C = 2Mg + CO2, welche erfordert 2 × 74900 = 149800c, während die Bildungswärme der Kohlensäure bloſs 97000c beträgt; oder nach der Gleichung MgO + C = Mg + CO, wozu 74900c nöthig sind und die Verbindung von C + O = CO nur 29000c liefert. Diese von Weldon für das Aluminium – in derselben Weise, wie ich es hier für das Magnesium gethan habe – zusammengestellten Betrachtungen sind aber wie die daraus gefolgerte Behauptung: daſs die Reduction eines Oxydes nur dann erfolge, wenn die Verbindungswärme dieses Elementes mit Sauerstoff kleiner ist als jene des Reductionsmittels mit Sauerstoff, nicht stichhaltig. Freilich erklärt Weldon die gegentheiligen Beweise auf andere Art, so die Reduction des Natriums aus seinem Carbonate mittels Kohle durch eine vorhergehende Dissociation. Doch dieser Erklärung gegenüber hat F. Fischer (1884 251 422) einen Gegenbeweis angeführt, indem er die Beobachtung mittheilt, daſs die Zersetzung von Wasserdampf durch Kohlenstoff schon bei einer Temperatur erfolgt, bei welcher von einer Dissociation noch nicht die Rede sein kann, nämlich bei 300 bis 350°. Zur Erzielung der nöthigen Temperaturen bediente ich mich bei meinen einschlägigen Versuchen eines Perrot'schen Gasofens.Diese so bequemen und praktischen Oefen finden sich in den Laboratorien Deutschlands recht wenig verbreitet; in der Schweiz und in Frankreich erfreuen sich dieselben einer ziemlich ausgedehnten Verwendung, nicht bloſs für Laboratoriumsversuche, sondern besonders in den Werkstätten der Edelmetallarbeiter zum Schmelzen des für die Zwecke der Uhren- und Bijouterie-Industrie verwendeten Goldes und Silbers, wofür dieselben auch von Perrot in Genf construirt wurden. Die erste Reihe von Versuchen stellte ich bei niederer Temperatur, heller Rothglut, in einem Tiegel mit aufgekittetem Deckel an. Das Magnesium wurde in Form von Oxyd, Carbonat und verkohlter weinsaurer Magnesia verwendet, der Kohlenstoff als Ruſs, Holz- oder Zuckerkohle beigefügt. Hierbei wurde eine Verflüchtigung des Magnesiums nicht beabsichtigt; doch wäre dies der Beobachtung doch nicht entgangen, da der obere kleinere Ofendeckel, welcher sich in der Mitte des groſsen befindet, durch ein eingefaſstes Glimmerblatt ersetzt war. Hätte also etwa Verdampfung des reducirten Metalles stattgefunden, so wäre die Verbrennung desselben im Ofenraume aufgefallen; dies war nicht der Fall und auch im Erhitzungsrückstande lieſs sich kein Magnesium finden. Eine zweite Versuchsreihe wurde mit denselben Materialien bei höchster Weiſsglut angestellt; hierbei hätte das reducirte Magnesium verdampfen müssen. Die hierfür benutzte Vorrichtung war aus zwei in einander stehenden und bis auf eine kleine Oeffnung verkitteten Tiegeln so zusammengesetzt wie die kleinen Zinkdestillirapparate, welche man hier und da einmal benutzt, um sich von Eisen freies Zink zu verschaffen. Durch den Boden des oberen Tiegels war ein Loch gebohrt und ein Thonrohr so eingeschliffen, daſs es einerseits bis oben unter den fest aufgekitteten Deckel des oberen Tiegels, andererseits bis fast auf den Boden des unteren Tiegels reichte. Der obere Tiegel wurde gefüllt und der höchstmöglichen Temperatur ausgesetzt; der untere blieb ziemlich kalt, was sich durch die Stellung der Tiegel und die Regulirung des Gas- und Luftzutrittes leicht erreichen läſst. Obgleich ich nun hier dieselben und zum Theile noch günstigere Bedingungen hatte als in einem Zinkofen, so gelang es doch nicht, reducirtes Magnesium zu erhalten, weder in dem unteren Tiegel als destillirtes, noch in dem oberen als nicht verflüchtigtes Metall. Der Vorschlag Marquart's, das Magnesium in Zinköfen darzustellen, ist also unter den von mir eingehaltenen einfachen, in Zinköfen herrschenden Bedingungen, nicht ausführbar; vielleicht würde es in einem elektrischen Schmelzofen, wie derselbe von C. W. Siemens (1882 246 * 463) zum Metallschmelzen versucht wurde, möglich sein. Eine solche Schmelzarbeit könnte jedoch nicht zu den billigsten metallurgischen Operationen gehören; besser dürfte es sein, die Elektricität als elektrolytisches Mittel zu verwerthen. (Vgl. auch F. Fischer 1882 246 * 28.) Indem ich die Schluſsfolgerung Marquart's experimentell widerlegt habe, gedenke ich doch nicht dessen Beobachtung anzuzweifeln. Bei der älteren Darstellung von Messing wurden nicht die fertigen Metalle, wie jetzt, verwendet, sondern Rohkupfer mit Galmei und Kohle zusammengeschmolzen. Hierbei herrschen nun ganz andere Verhältnisse und es wäre wohl möglich, daſs unter diesen die Reduction des Magnesiums stattgefunden hat; doch es lag nicht in meiner Absicht, eine Magnesiumlegirung zu erhalten, aus welcher das Metall nicht leicht oder gar nicht abzuscheiden wäre, weshalb ich diese Möglichkeit nicht weiter verfolgt habe.