Titel: Ueber die neueren Rostschutzverfahren.
Fundstelle: Band 254, Jahrgang 1884, S. 161
Download: XML
Ueber die neueren Rostschutzverfahren. Mit Abbildungen auf Tafel 12. Ueber die neueren Rostschutzverfahren. W. Arthur in Cowes, England (* D. R. P. Kl. 48 Nr. 27160 vorn 9. Oktober 1883) behandelt Eisen und Stahl, um es mit einem schützenden Ueberzuge zu versehen, mit überhitztem Dampfe und Kohlenwasserstoffen. Der dazu verwendete Ofen hat über dem durch Züge k (Fig. 15 und 16 Taf. 12) mit dem Schornsteine S verbundenen Feuerraume B eine Retorte C sowie einen Ueberhitzer F, welcher durch Rohr s mit dem Verdampfapparate G verbunden ist. Die mit einer Schutzhülle zu überziehenden Gegenstände werden zunächst durch Waschen, Reiben oder Klopfen gereinigt und sodann auf einem leichten Rahmen oder, wenn sie schwer sind, auf einer auf Rollen, Kugeln oder Walzen laufenden Platte in die Retorte geschoben. Sobald die Stücke zur Rothglut gebracht sind, wird durch Rohr b, Ueberhitzer F und Rohr w Wasserstoffgas in die Retorte gelassen, welches die Oberfläche der Eisenstücke von allen noch etwa vorhandenen Unreinigkeiten säubern und so für die Einwirkung der späteren Gase und Dämpfe vorbereiten soll. Hierauf wird der Wasserstoffgasstrom abgestellt und nun durch Rohr c, Ueberhitzer F, Verdampfapparat G und Röhren l sowie m Dampf in die Retorte gelassen, unter dessen Wirkung die Eisenoberfläche sich mit einer Oxydschicht überzieht. Aus einem Behälter wird Erdöl u. dgl. durch Rohr e und f nach dem Verdampfapparate G geführt und gelangt von da aus in Dampfform zusammen mit dem überhitzten Dampfe ebenfalls durch Rohr l und m in die Retorte. Hier wirkt der Kohlenwasserstoff auf die bereits oxydirte Oberfläche des Eisens und bildet eine gleichmäſsige Schutzhülle, welche atmosphärischen Einflüssen, Säuren o. dgl. widersteht und deren Härte und Dauerhaftigkeit von der Länge der Behandlung abhängt. Man kann auch erst den Dampf, dann dampfförmige Kohlenwasserstoffe einführen und so abwechselnd fortfahren, bis die Schutzhülle in gewünschter Stärke erzielt ist. Oder man kann den Dampf durch das Rohr n in das Ueberhitzungsrohr w am Boden der Retorte leiten und Oel oder Naphta durch das Rohr g von oben her einführen. Die Flüssigkeit fällt dann zunächst auf die geneigte Platte h, auf welcher dieselbe bereits theilweise verdampft, während der Rest über die Schräge auf den Boden der Retorte herabgleitet und zwar so nahe dem Vorderende, daſs eine schnelle und vollkommene Vergasung gesichert ist. Nach Bedarf kann man auch durch Rohr a atmosphärische Luft und durch Rohr b Kohlensäure eintreten lassen. Die bei dem Verfahren gebildeten Gase entweichen durch das bei O in Wasser tauchende Rohr N. Bei Ausführung des früher angegebenen Verfahrens von Bower (vgl. 1879 233 83. 1880 237 332. 1881 242 * 44. 1882 245 * 292) beträgt nach einer Mittheilung im Stahl und Eisen, 1884 S. 98 der tägliche Kohlenverbrauch in einem Ofen, dessen Heizkammer 4m Länge bei 1m,5 Breite und Höhe hat, etwa 1t. Es werden aber auch Heizkammern bis zu 11m Länge und 1m,8 Höhe und Breite ausgeführt. Das Verfahren eignet sich namentlich für Guſseisen, während der von Barff (vgl. 1880 236 * 301) empfohlene Wasserdampf vortheilhaft für Schmiedeisen verwendet wird. Der Preis eines Ofens stellt sich auf etwa 10000 M., kleinere Oefen kosten 5000 bis 6000 M. Das Gewicht eines Einsatzes ist von der Beschaffenheit der zu behandelnden Gegenstände abhängig und schwankt in den Grenzen von 300 bis 1200k, je nachdem dieselben leicht und sperrig oder voll sind, oder ein Aufeinanderschichten in groſser Zahl gestatten. In den beiden ersteren Fällen dauert eine Behandlung 3 bis 3½ Stunden, so daſs 6 Ladungen in 24 Stunden ein Ausbringen von 1300k sogen. inoxydirter Waare ergeben, während in letzterem Falle die Dauer 5 bis 5½ Stunden beträgt und in 4 Einsätzen etwa 4800k für Ofen und Tag erzielt werden. Die Kosten für Löhne, Unterhaltung der Oefen und Amortisation bleiben hierbei stets gleich, während der Kohlenverbrauch in den ersten Fällen 600, im letzten 800k für 24 Stunden beträgt. Unter Annahme eines Durchschnittsverbrauches von 700k Kohlen ergibt sich folgende Kostenberechnung: 700k Kohlen, 20 M. für 1t 14 M. Löhne 14 Zinsen und Amortisation   8 ––––– Zusammen 36 M. Die Selbstkosten betragen demnach bei einem mittleren Ausbringen von 3t in 24 Stunden 12 M. für 1t gußeisener Waaren. Die Inoxydation schmiedeisener Stücke ergibt ein gleiches Ausbringen; sie erfordert aber mehr Kohlen. Bei einer Durchschnittsleistung von 3t in 24 Stunden kostet daher die Behandlung von 1t Schmiedestücken nach dem Barff'schen Verfahren 14,70 M. Dieses sogen. Inoxydiren des Eisens ist weit billiger als das Verzinken; die dünne Schicht von magnetischem Eisenoxyd ist gegen Säuren widerstandsfähiger als Zink. Ferner können die Oefen der Gröſse der Gegenstände entsprechend hergestellt werden, während mit dieser die Schwierigkeit der Behandlung in dem Zinkbade wächst. Auch ist es schwierig, dieses stets gleichmäſsig flüssig zu erhalten und zu reinigen, wenn dasselbe groſse Abmessungen erhält. Die Ausbesserungen des eisernen Kessels und des Ofens verursachen oft empfindlich lange Betriebsstörungen. Zudem verursacht das Verzinken eine namentlich für dünne Bleche erhebliche Gewichtsvermehrung ohne entsprechende Erhöhung der Festigkeit und der Tragfähigkeit; die Vermehrung des Gewichtes durch die Inoxydation ist dagegen verschwindend gering und die Festigkeit bleibt unverändert.In dieser Hinsicht sei auf die Versuche hingewiesen, welche Prof. C. Bach zur Feststellung eines etwaigen Einflusses des Bower und Barff'schen Rostschutzverfahrens auf die Festigkeit von Schmied- und Guſseisen in der Materialprüfungsanstalt am Polytechnikum in Stuttgart angestellt hat. Diese Versuche, welche in der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, 1884 Bd. 28 S. 507 ausführlicher mitgetheilt sind, erstreckten sich auf 48 Guſs- und Schmiedeisenrundstäbe von nahe 20mm Durchmesser und lieferten das auch erwartete Hauptergebniſs, daſs der Einfluſs des Rostschutzverfahrens sich auf die Wirkungen beschränkt, welche überhaupt das Ausglühen zur Folge hat. Hinsichtlich der Haltbarkeit der Oberflächenschicht bei hoher Belastung wurde festgestellt, daſs sich dieselbe an Schmiedeisenstäben durchschnittlich bei einer Spannung von 2012k/qc löste (Abspringen kleiner Blättchen), daſs dagegen bei den Guſseisenstäben ein Lösen der Schicht selbst bei der Bruchbelastung nicht eintrat. Danach unterliegt es wohl keinem Zweifel, daſs die Inoxydation künftig für die meisten Anwendungen das Verzinken verdrängen wird. Auch für Kochgeschirr soll sich das Verfahren bewähren (vgl. Welter 1883 250 * 24). Die Zerstörung von Alterthümern aus Eisen führt E. Krause (Industrieblätter, 1884 S. 322) auf den Einfluſs von Chlorverbindungen zurück. Das durch den Chlorgehalt des Bodens zuerst gebildete Eisenchlorür wird durch den aus der Luft hinzutretenden Sauerstoff höher oxydirt und durch Zwischenstufen in Eisenoxydhydrat bezieh. in basisches Eisenchloridsalz umgewandelt. Dieses Oxydsalz überträgt, indem es sich zu Oxydulsalz reducirt, Sauerstoff an das zunächstliegende Eisen und bewirkt schlieſslich die Corrosion stärkerer Metallschichten. Dieser Prozeſs wiederholt sich bis zur Zerstörung des Gegenstandes. Das bisher übliche Tränken der Gegenstände mit Schellack, Kautschuklösung, Erdöl u. dgl. kann den beabsichtigten Zweck nicht erfüllen, wenn nicht die Eisenchlorürlösung, welche oft in kleinen Tropfen, sogen. Dunstperlen, an die Oberfläche tritt, entfernt wird. Krause empfiehlt daher die eisernen Alterthümer mit destillirtem Wasser zu behandeln, bis kein Eisen mehr in Lösung geht, dann zu trocknen und erforderlichenfalls mit Harzlösung zu tränken.

Tafeln

Tafel Tafel
									12
Tafel 12