Titel: Ueber die Klärung von trübem Flusswasser.
Autor: Lueger
Fundstelle: Band 254, Jahrgang 1884, S. 233
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Ueber die Klärung von trübem Fluſswasser. Mit Abbildungen. Lueger, über die Klärung von trübem Fluſswasser. Sehr viele Gewerbe, z.B. chemische Fabriken, Papiermühlen, Holzstofffabriken u. dgl., bedürfen in groſsen Mengen und zu verschiedenen Zwecken eines vollständig abgeklärten, oder, wie man gewöhnlich zu sagen pflegt, eines reinen Betriebswassers. Nur selten steht dieses Wasser in der erforderlichen Menge aus Quellen oder als Grundwasser zu Gebot; in der Regel muſs dasselbe aus offenen Bächen oder Flüssen entnommen und, da dieses in Regenzeiten oder durch mechanische Verunreinigungen vielfach getrübt ist, einer künstlichen Reinigung nach den verschiedenartigsten Methoden unterzogen werden. Man leitet zu diesem Zwecke das getrübte Wasser durch Schwämme, Wolle, Kohle, Cellulose, poröse Gesteine, Sand u. dgl. Von jeder neu auftauchenden Methode zur Klärung wird wenigstens einmal Gebrauch gemacht, um sich von deren Zweckmäſsigkeit zu überzeugen, und in den meisten Fällen verläſst man dieselbe wieder mit getäuschten Erwartungen. Nicht immer ist es die Schuld des vorgeschlagenen Reinigungsverfahrens, wodurch die Hoffnungen der Industriellen zu nichte gemacht werden; doch geht sehr häufig die klare Vorstellung über die nothwendigen Vorbedingungen einer Wasserreinigung verloren durch die übertriebenen Anpreisungen der Vorzüge, welche eine Methode vor der anderen in Anspruch nimmt, und durch die unberechtigte Annahme, daſs möglicherweise einmal ein Filter erfunden werden könnte, welches die im Wasser enthaltenen Unreinigkeiten theilweise oder ganz aufzehrt. Dieser Annahme müssen wir zuerst entgegentreten. Es gibt kein Filter, wie immer dasselbe sonst geartet sein möge, welches eine andere Wirkung hat, als die im zugeleiteten Wasser enthaltenen Unreinigkeiten im Filter selbst zurückzuhalten. Wenn z.B. in 1cbm zugeleitetem Fluſswasser 1k sandige und schlammige Bestandtheile enthalten sind und nun dieses Wasser über ein Filter flieſst und dasselbe klar verläſst, so bleibt eben mit Naturnotwendigkeit für je 1cbm Wasser 1k Schmutz im Filter zurück, ganz einerlei, ob letzteres aus Wolle, Kohle, Sand, Cellulose oder was immer welchem Materiale besteht. Aufgezehrt kann im Filter nichts werden. Dabei soll natürlich nicht gemeint sein, daſs durch chemische Wirkung-Veränderungen oder Umwandelungen der sogen. organischen Substanz, der Riechstoffe u. dgl. nicht mehr oder weniger bewirkt werden können; nur kann von einer eigentlichen Aufzehrung, einem spurlosen Verschwinden, nicht die Rede sein. Jedes Filter wird mithin nach dem Grade der Verunreinigung des zugeführten Betriebswassers mehr oder weniger rasch mit Schmutz beladen und muſs deshalb von Zeit zu Zeit wieder gereinigt werden- die Möglichkeit leichter und billiger Reinigung gebrauchter Filter ist der Werthmesser für deren zweckmäſsige Einrichtung und nur diese entscheidet in Verbindung mit dem Verzinsungsaufwande für die erstmalige Anschaffung und den Unterhaltungskosten über den Vorzug, welchen ein Verfahren vor dem anderen verdient. Alle Anpreisungen, welche für irgend ein Filter die Möglichkeit in Aussicht stellen, trübes Wasser ohne Auswechselung des Filtermaterials dauernd zu klären, sind schwindelhaft und sollten von vorn herein unbeachtet bleiben (vgl. 1880 236 145). Das Wesen der Filtration besteht darin, daſs die im trüben Wasser enthaltenen Unreinigkeiten sich an der Oberfläche, welche das Filtermaterial darbietet, festsetzen, an derselben anhaften. Erfahrungsgemäſs kann sich eine solche Ausscheidung der Trübungen vollziehen, wenn während der Dauer derselben das Wasser eine bestimmte, sehr geringe Geschwindigkeit nicht überschreitet; auſserdem erfolgt die Ausscheidung auch dann, wenn die vom trüben Wasser zu durchströmenden Wege enger sind als die Querschnitte der kleinen Körper, welche die Trübung veranlassen. Die letztgenannten Ausscheidungen erfolgen alle an der äuſseren, die erstgenannten an der inneren Oberfläche des Filtermaterials; die Anordnung des letzteren wird mithin wesentlich von der Beschaffenheit der Wassertrübung abhängig. Um sich ein deutliches Bild von dem Vorgange der Filtration machen zu können, soll zunächst ein ideales Sandfilter gedacht werden, dessen einzelne Körner Kugeln gleichen Durchmessers entsprechen. Das Filter habe eine rechteckige Oberfläche F = a × b und die kleinen Sandkugeln seien in einer Höhe h über dem Siebe S aufgeschüttet (vgl. Fig. 1). Die Oeffnung des Weges, durch welchen das trübe Wasser in das Innere des Filters eindringen kann, findet man durch die Bestimmung der freien Zwischenräume zwischen den einzelnen, auf der Eintrittsfläche F gelagerten Kugeln. Da F aus einem Rechtecke von der Länge a und der Breite b besteht, so können, wie sich unter Berücksichtigung von Fig. 2 ergibt, der Länge nach \frac{a}{d}, der Breite nach \frac{2\,b}{\sqrt{3\,d}}, also auf die ganze Fläche \frac{2\,a\,b}{\sqrt{3\,d^2}} Kugeln gelegt werden, wenn d den Durchmesser einer solchen kleinen Sandkugel bedeutet, Die Anzahl der auf der Fläche F liegenden Sandkugeln ist mithin: m=\frac{1,15\,a\,b}{d^2}=1,15\,\frac{F}{d^2}. Fig. 1., Bd. 254, S. 234 Ist z.B. F= 1qm, der Durchmesser einer Kugel d = 0m,0005 (wie bei feinkörnigem Sande), so wird m = 4600000, d.h. es liegen auf dem Quadratmeter nahezu 5 Millionen solcher kleiner Sandkörner. Legt man einen Horizontalschnitt durch die gröſsten Kreise dieser Kugeln, so ergibt sich die Fläche, durch welche kein Wasser in das Filter einzutreten vermag, d.h. die von den undurchdringlichen Sandkugeln versperrte Fläche; zieht man dieselbe von der Gesammtfläche F ab, so bleibt die engste Eintrittsfläche für das trübe Wasser übrig. Die gröſsten Kreise der m Kugeln, welche auf der Fläche F liegen, haben, aber einen Flächeninhalt von ¼ m σ d2; sie messen also zusammen: ¼\ (1,15\times F\times 3,14)=0,9\,F. Fig. 2., Bd. 254, S. 234 Es steht mithin für den Eintritt eine Fläche von F – 0,9 F = 0,1 F zur Verfügung, ganz gleichgültig, welchen Durchmesser die Kugeln haben mögen. Die Fläche eines einzelnen Zwischenraumes ist aber notwendigerweise = (0,1 F : 2m) = 0,04 d2, also lediglich abhängig von dem Durchmesser der Kugeln, wie aus Fig. 2 unmittelbar ersichtlich ist. Für den vorhin angenommenen Durchmesser von 0m,0005 würde ein einzelner Zwischenraum demnach eine Oeffnung von 0,04 × 0,00052 = 0qm,00000001 darbieten; alle das Wasser trübenden Körper, welche mehr als 0qmm,01 Querschnitt haben, würden von vorn herein auf der äuſseren Fläche F des Filters zurückgehalten. Bei sehr trübem Wasser müſste deshalb die gröſste Menge aller im Wasser schwebenden Stoffe auf der Fläche F liegen bleiben, weil ja nur ganz wenige einen kleineren Querschnitt als 0qmm,01 haben; diese treten sodann in das Innere des Filters, um dort anzuhaften. Es ist mit anderen Worten naturgemäſs, daſs bei dem Sandfilter gleichmäſsigen Kornes die gröſste Verunreinigung an der Eintrittsfläche F angehäuft wird, und in der That läſst sich dies auch bei allen Filtern klar nachweisen bezieh. genau beobachten. Man kann durch eine weitere einfache Rechnung ermitteln, wie groſs die Oberfläche aller Sandkörner ist, welche sich in dem Räume F × h befinden. Die Zahl der in der Fläche F enthaltenen Kugeln wiederholt sich nämlich so oft, als die Tetraëderhöhe \sqrt{2/3\,d} in der Höhe h multiplicirt erscheint; nennen wir dieselbe n, so wird n=1,15\,\frac{F}{d^2}\ \frac{h\,\sqrt{3}}{d\,\sqrt{2}}=1,41\,\frac{F\,h}{d^3}. Hieraus ermittelt sich die Oberfläche aller Sandkörner zu: A=n\,\pi\,d^2=4,44\,\frac{F\,h}{d}. Für den seither beispielsweise angenommenen Durchmesser von 0m,0005, für F = 1qm und h = 1m würde: n = 11280000000 und A = 8880qm. Der Absatz der Trübung nach Durchdringung der obersten Kugelschicht kann sich also auf mehr als 11 Milliarden Sandkörnchen vertheilen und eine Oberfläche von 8880qm belegen. Man darf, angesichts dieser enormen Zahlen, nicht erstaunt sein, wenn in der Regel nur ein ganz kleiner Theil der Sandkörnchen Schlammablagerungen empfängt, welche für uns zunächst wahrnehmbar werden. Der Zwischenraum zwischen allen Sandkugeln im cubischen Raume F × h ergibt sich, wenn der Cubikinhalt derselben von F × h abgezogen wird. Der Cubikinhalt der Sandkugeln ist aber = ⅙ (n π d3) = ⅙ (1,41 π Fh) = 0,73 Fh; mithin ist jener des mit Wasser erfüllten Zwischenraumes = 0,27 Fh. Nimmt man h = 1m, so wird derselbe = 0,27 F und diese Gröſse stellt sodann den mittleren Wasser durchlassenden Querschnitt dar; dieser ist also beinahe 3mal so groſs als der engste Durchfluſsquerschnitt (die Eintrittsfläche), welchen wir früher zu 0,1 F berechnet haben. Aus dem Gesagten folgt, daſs das Durchflieſsen des trüben Wassers zwischen den Sandkugeln sich mit wechselnder Geschwindigkeit vollzieht; die letztere erreicht am engsten Querschnitte ihren höchsten Werth und es wird deshalb dort das geringste Maſs der Trübung hängen bleiben. Das gröſste Maſs der Trübung wird in den zwischen zwei auf einander folgenden engsten Querschnitten gelegenen Einbuchtungen an den Kugeloberflächen anhaften und, weil dadurch mehr und mehr eine Klärung des von oben nach unten strömenden Wassers bewirkt wird, in der Nähe der Filteroberfläche ein relatives Maximum von Ablagerung bilden. Durch das andauernde Anhaften der Schlammtheilchen, welche von unmeſsbar kleiner körperlicher Gröſse sind, wird die Oeffnung des Weges, welcher dem eindringenden trüben Wasser vorbehalten ist, allmählich mehr und mehr verengt und schlieſslich so klein, daſs wenig mehr durchzuflieſsen vermag; damit ergibt sich mit der Zeit ein Zustand in der oberen Filterlage, bis auf einige Centimeter unter der Oberfläche, welchen man „die Verstopfung des Filters“ benennt. Diese Verstopfung tritt lediglich wegen des allmählichen Schlusses der Einströmungsöffnungen an der obersten Filterfläche ein, ohne daſs dieser Zustand in solchem Maſse auf gröſsere Tiefe in das Filter hinein sich erstrecken würde. Sobald man die erste Verunreinigung abgehoben hat, vermag der unterhalb liegende Sand das Filtriren von Neuem aufzunehmen; derselbe ist aber jetzt schon nicht mehr so rein wie anfänglich, denn durch die erste Filtration sind auch an diesem – wenn auch verhältniſsmäſsig wenige – Schlammtheilchen haften geblieben. Die Verunreinigung der Sandkörneroberfläche durch die Trübung nimmt von oben nach unten rasch ab; aber sie erstreckt sich nach und nach auf die ganze Tiefe des Filters, wenn die Filtration durch dasselbe Material fortgesetzt wird. In Bezug auf ein solches ideales Filter ist ohne weiteres klar, daſs dasselbe um so leichter rein gehalten werden kann, je gröber die im trüben Wasser enthaltenen fremden Körpertheilchen sind; würden diese z.B. alle einen gröſseren Querschnitt als die zwischen den einzelnen Sandkörnchen verbleibenden Durchfluſsöffnungen haben, so könnten sie überhaupt in das innere Filter nicht eintreten, müſsten also über der obersten Fläche liegen bleiben. In solchem Falle kann die Geschwindigkeit des zwischen den einzelnen Sandkörnchen durchflieſsenden Wassers gesteigert werden, ohne daſs die Klarheit des aus dem Filter tretenden Wassers darunter leidet; es wird der Sand überhaupt nur an der obersten Schicht verunreinigt, während das Innere des Filters vollkommen rein bleibt. Der ganze Vorgang der Reinigung des Filters hat sich daher nur auf die Wegnahme der obersten Sandschicht zu erstrecken; nachdem dies geschehen, ist das Filter wieder frisch. Bestehen umgekehrt die mechanischen Beimengungen im trüben Wasser aus auſserordentlich kleinen Körperchen, so wird deren Eintreten in das Innere des Filters ohne Schwierigkeit erfolgen und die Verunreinigung der obersten Fläche in weniger hohem Maſse stattfinden; dagegen erstreckt sich dieselbe in das Filter hinein und zwar um so tiefer, je gröſser die Durchfluſsgeschwindigkeit ist, je weniger Zeit also das Wasser hat, seine Trübungen schon in den obersten Schichten den Oberflächen der Sandkörner abzugeben. Bei verhältniſsmäſsig groſser Weite der Zwischenräume zwischen den Sandkörnern und auſserordentlich feiner Trübung des Wassers kann überhaupt eine richtige Ablagerung der trübenden Körperchen nur bei auſserordentlicher Tiefe des Filters und, wenn diese nicht vorhanden ist, überhaupt nicht erfolgen. In der That sehen wir denn auch häufig in der Praxis, daſs gewisse Sandarten bestimmten Kornes, welche man gewöhnlich nur in Lagen von 1m Mächtigkeit zum Filtriren benutzt, auſser Stande sind, feinere Trübungen des Wassers zu beseitigen, man mag die Durchfluſsgeschwindigkeit noch so sehr herabziehen. Theoretische Betrachtung und Erfahrung stimmen hier zusammen: Es gibt für bestimmte Trübungen des Wassers und eine festgesetzte Mächtigkeit der filtrirenden Sandschicht Grenzwerthe für den Durchmesser des Sandkornes und die Durchfluſsgeschwindigkeit die in gegenseitiger Abhängigkeit stehen, bei deren Ueberschreitung aber eine Klärung des Wassers überhaupt nicht mehr durchführbar ist. Für den Umstand, daſs man bei den meisten in Anwendung befindlichen Sandfiltern der filtrirenden Schicht etwa 1m Mächtigkeit gibt, liegt ein stichhaltiger Grund nicht vor, wenn man sich nicht etwa dabei beruhigen will, daſs eben dieses Maſs sich bei den in der Praxis gemachten Erfahrungen als ein fast immer ausreichendes bewährt hat. Es ist vielmehr unbestritten und natürlich, daſs man die Klärung um so vollkommener erreicht, je dicker man die Filterschicht nimmt. Was nun seither über das ideale Sandfilter gesagt wurde, gilt für alle Filtrationen durch gleichmäſsiges, feinkörniges Material, also für gepulverte Kohle, für poröse Steine u. dgl. nahezu vollständig, wenn man beachtet, daſs vermöge der nicht ganz runden Form der Körner das Anhaften der Trübung erheblich erleichtert wird. Für Schwämme, Wolle, Cellulose und ähnliche Filterstoffe kann der Vorgang rechnungsmäſsig nicht verfolgt werden; allein auch bei solchen Filtern lagern sich zunächst die gröberen Bestandtheile des trüben Wassers oben auf und die feineren Trübungen haften erst an den vielen tiefer liegenden Fasern und Härchen, welche sodann in von oben nach unten abnehmendem Maſse beschmutzt werden. Alle diese Filterstoffe müssen, wie eingangs erwähnt, nach einigem Gebrauche wieder gereinigt werden und lediglich die Kosten dieser Reinigung, die Anschaffung und Erneuerung der Filtereinrichtungen entscheiden für die Beschaffung der einen oder anderen Filtrationsmethode. Die Erfahrung lehrt uns, daſs bis jetzt auſser dem Sande andere Filtermaterialien, trotz der umfassendsten Versuche, für die Klärung groſser Wassermengen durchschlagende Erfolge noch nicht erringen konnten. Vielleicht ist die in neuerer Zeit an verschiedenen Orten in Verwendung gekommene Filtration von C. Piefke in Berlin (vgl. * D. R. P. Kl. 12 Nr. 15741 mit Zusätzen Nr. 21702 und 25740) mit auf Drahtsieben liegender Cellulose berufen, an manchen Orten die Sandfiltration zu ersetzen; die zweckmäſsige Anordnung dieses Filters berechtigt zu guten Erwartungen; doch fehlen bis jetzt eingehende Berichte über die Kosten des Verfahrens bei Durchleitung gröſserer Wassermengen. Allen diesen künstlichen Filtrationsmethoden gegenüber hat jedoch die Sandfiltration den groſsen Vortheil, daſs dieselbe unbedingt jederzeit zum Ziele führt und daſs der Aufwand für die erste Anlage und die Unterhaltungskosten sich leichter als bei jeder anderen Methode berechnen lassen. Wir wenden uns deshalb im Folgenden jenen Untersuchungen zu welche zur Einrichtung einer zweckmäſsigen Sandfiltration erforderlich und unerläſslich sind, ohne damit ein unbedingtes Vorurtheil gegen andere Methoden auszusprechen; es soll im Gegentheile hier ausdrücklich betont werden, daſs in manchen Fällen wegen theurer Sandbeschaffung, mangelnden Platzes o. dgl. andere Filtrationsmethoden unumgänglich sind und deshalb zweckmäſsigerweise zur Anwendung gelangen können. Vor der Anlage eines Sandfilters sind in der Regel drei Faktoren gegeben, mit welchen zu rechnen ist: 1) die zu filtrirende Wassermenge und ihre Beschaffenheit, 2) die Art des zur Verfügung stehenden Filtersandes, 3) die übliche Mächtigkeit der Sandschicht, durch welche filtrirt wird und die in der Regel 1m beträgt. Der letztgenannte Werth ist, wie bereits erwähnt, lediglich deswegen allgemein angenommen, weil alle seitherigen Erfahrungen darauf beruhen; wissenschaftlich zu begründen ist diese Festsetzung der Schichtdicke nicht. Die Aufgabe, welche zu lösen ist, verlangt die Beantwortung folgender Fragen: 1) Ist der vorhandene Sand geeignet, das zugeleitete trübe Wasser bestimmter Art überhaupt zu klären? 2) Bei welcher Druckhöhe erfolgt diese Klärung vollständig? 3) Welche Gröſse erhält die gesammte Filterfläche für eine bestimmte zu filtrirende Wassermenge? Die Fragen 2 und 3 können nur dann in Betracht kommen, wenn die Frage 1 bejaht werden kann, was aber bei genügender Schichtdicke stets möglich ist. Man gelangt zu der Lösung der Aufgabe durch einen einfachen Versuch. Stellt man nämlich einen Kasten von Holz oder Blech von der Form Fig. 3 und 4 her, so kann zu der Abtheilung F trübes Wasser zugeleitet und aus dem Räume C filtrirtes Wasser mittels Hahn A abgelassen werden. Die Abtheilung F besitze einen Ueberlauf U, welcher breit genug ist, um die Annahme constanter Wasserhöhe in derselben mit genügender Annäherung zu gestatten; in dieser Abtheilung F befinde sich ferner das zu erprobende Filtermaterial in einer Höhe h auf dem Siebe S aufgelagert. Fig. 3., Bd. 254, S. 238 Fig. 4., Bd. 254, S. 238 Läſst man nun durch den Hahn A Wasser austreten, so wird der Wasserspiegel in der Abtheilung C sinken und das Maſs der Absenkung H wird proportional der Arbeit sein, welche das Wasser beim Durchgange durch das Filter verrichtet. (Ist Q die durchgeflossene Wassermenge, so ist γQH die verrichtete Arbeit des Wassers und diese ist äquivalent der Arbeit im Filter, bestehend aus der Ueberwindung der Reibungswiderstände, den Aenderungen der lebendigen Kraft u. dgl.) Für eine bestimmte Trübung des Wassers in F gibt es aber eine entsprechende Stellung des Hahnes A, bei welcher das filtrirte Wasser jenen Klarheitsgrad erreicht hat, welcher für bekannte Zwecke erforderlich ist; wäre der Hahn weiter geöffnet, so würde mehr Wasser ausflieſsen; dasselbe wäre aber nicht mehr klar, sondern getrübt. Diese Stellung des Hahnes läſst eine bestimmte Wassermenge Q entweichen und, sobald Q gemessen ist, können die obigen Fragen beantwortet werden. Die Frage 1 erledigt sich dadurch, daſs überhaupt bei irgendwelcher Stellung des Hahnes A klares Wasser erhalten werden kann. Die Frage 2 kann beantwortet werden durch Messung des Höhenunterschiedes H zwischen dem Wasserspiegel in der Abtheilung F und jenem in der Abtheilung C. Die Frage 3 löst sich aus der Proportion Q : Ft = V : xT, worin bedeuten: t die bis zum Auslaufe der Menge Q durch den Hahn verstrichenen Secunden, T die Anzahl Secunden, innerhalb welcher die zu filtrirende Wassermenge V gebraucht wird, F die Wasserfläche des trüben Wassers im Versuchsfilter, d.h. die Querschnittsfläche der Sandschüttung, endlich x die gesuchte Gröſse der gesammten Filterfläche. Es ergibt sich unmittelbar: x=\frac{V\,F\,t}{Q\,T}, womit die Aufgabe im Allgemeinen gelöst wäre, sofern der Sand in der That Wasser von der Klarheit ergibt, wie dieselbe gewünscht wird. Es kommen jedoch noch zwei Umstände in Betracht: die allmähliche Verstopfung und der Betrieb des Filters. Der letztere erfordert bei nach und nach enger werdenden Durchfluſsöffnungen zwischen den Sandkörnern eine gröſsere Druckhöhe H; man darf dieselbe bei den üblichen Filterconstructionen, bei welchen der Sand durch allmählich gröber werdende Unterlagen in Kies übergeht, nicht höher als auf etwa 1m,2 steigern, bei ganz feinem Sande nicht einmal auf diese Höhe, wenn das Filter nicht verderben soll. Bei einer derartigen Druckhöhe kommt nämlich das Gewicht des Wassers auf den Filtersand so zur Wirkung, daſs die auf der obersten Schicht liegenden Schlammtheilchen u. dgl. mit dem Sande zusammengepreſst werden, wodurch sich alsbald die Durchgangswege für das zu filtrirende Wasser schlieſsen. Sobald für den Wasserdurchgang nahe an 1m Druckhöhe erforderlich ist, wird es Zeit, das Filter auszuschalten und die oberste Schlammschicht zu entfernen, wodurch dann die Poren wieder geöffnet werden. Der Vorgang kann an dem VersuchsapparateIn ganz ähnlicher Weise hat Ingenieur Samuelson in Hamburg einen solchen Apparat zur Untersuchung der für das Elbewasser anzuwendenden künstlichen Filtration angewendet. (Vgl. A. Samuelson: Sandfiltration und constante Wasserversorgung. (Hamburg 1882. Voß.) leicht studirt und für jede besondere Art von Sand und Zuleitungswasser der Grenzwerth von H ermittelt werden. Auch die allmähliche Verstopfung des Filters läſst sich an dem kleinen Probeapparate erkennen. Zu diesem Zwecke lasse man eine ganz bestimmte Menge trüben Wassers M durch das Filter flieſsen und bestimme von derselben Menge M durch Ablagerung in einem Glasgefäſse die im Zuleitungswasser vorhandene Verunreinigung. Während die Gröſse M das Filter durchströmt, muſs dieselbe ganz das gleiche Maſs Verunreinigung dem Filter mittheilen, welches die Ablagerung im Glasgefäſse zeigt; nur wird dabei ein Theil in das Innere des Filters eindringen, während der andere Theil an der Oberfläche F liegen bleibt, Nimmt man deshalb die oberste Sandlage sammt der Verunreinigung ab und scheidet durch Waschung mit reinem Wasser den Sand von derselben, so wird sich ein geringeres Maſs an Trübung ergeben als im Glasgefäſse; der Unterschied bezeichnet die Schlammmenge, welche in das Innere des Filters gedrungen ist. Die Verunreinigung der Oberfläche des Filters und die in das Innere des Filters eindringende Beschmutzung sind nach dem Gesagten leicht aus einander zu halten; auch ist von vorn herein klar, daſs die erstere Art der Verunreinigung viel leichter beseitigt werden kann als die letztere. Im ersteren Falle wird einfach die oberste Schicht des Filtermaterials abgehoben, im zweiten muſs das ganze Filtermaterial gewaschen oder durch neues ersetzt werden. Je mehr man deshalb für irgend eine Wassertrübung die erste Art der Ablagerung begünstigen und die zweite vermeiden kann, um so passender ist der als Filter dienende Sand. Mit dem beschriebenen Versuchsapparate kann man dies gründlich erforschen. Theoretisch unumstöſslich ist der Satz, daſs die Ablagerung aller im Wasser schwebenden Stoffe an der Filteroberfläche unbedingt erreicht wird, wenn die Querschnittsabmessungen dieser Stofftheilchen erheblicher sind als die Wegöffnungen zwischen den einzelnen Sandkörnchen. Je kleiner und zahlreicher aber die kleinen Körper sind, welche die Trübung des Wassers veranlassen, desto engerer Wege bedürfen dieselben zu ihrer Zurückhaltung; ist also eine feine Wassertrübung auszuscheiden, so eignet sich hierfür ein feiner Sand und umgekehrt. Da überdies bei feinem Sande die Oberfläche der Sandkörnchen zunimmt, so ist den weniger in das Innere des Filters eindringenden Trübungen reichlichere Gelegenheit zum Anhaften geboten; alle diese Umstände verhüten jede tiefgehende Verunreinigung des Filters. Auch durch gröberen Sand von entsprechender Schichtdicke kann das Ziel, die vollständige Beseitigung jeder Wassertrübung, erreicht werden; man muſs zu diesem Zwecke nur die Filtrationsgeschwindigkeit entsprechend vermindern. In diesem Falle lagert sich aber die Trübung des Wassers hauptsächlich im Inneren des Filters ab und verdirbt dasselbe rascher der ganzen Schichttiefe nach, was mit Rücksicht auf Ersparniſs an Reinigungskosten verhütet werden sollte. Im Uebrigen ist ganz zweifellos, daſs die Fähigkeit eines Filters, das durchgeleitete Wasser vollkommen zu klären, in allen Fällen um so gröſser wird, je feiner der zur Filtration verwendete Sand, gegebenenfalls auch, je geringer die bei einer bestimmten Sandart angewendete Filtrationsgeschwindigkeit ist. Bei genügend groſser Mächtigkeit der gröberen Sandschicht kann ein Faktor den anderen vollständig ersetzen, d.h. man kann jede Trübung bei geringer Geschwindigkeit und groſser Schichtdicke im Filter ebenso beseitigen, wie man dies durch Anwendung ganz feinen Sandes zu thun vermöchte. Im Allgemeinen aber wäre die Verwendung feinen Sandes deshalb vorzuziehen, weil dabei die tiefer gehenden Beschmutzungen des Filters verhütet werden. Praktisch liegen nun die Dinge etwas anders. Die Kosten des Betriebes und die Schwierigkeiten desselben steigern sich bei einem aus feinem Sande bestehenden Filter sehr bedeutend und erreichen schon bei einer mittleren Korngröſse von 0mm,3 ein Maſs, durch welches die Filtration praktisch unmöglich gemacht wird. Man müſste bei noch feinerem Sande die Filter unter Umständen täglich ein oder mehrere Mal reinigen, was absolut undurchführbar ist. Es wird deshalb auch dann, wenn feiner Sand billig und leicht beschafft werden kann, nicht immer vortheilhaft sein, sich dessen zu bedienen. Die Erfahrung lehrt, daſs jeder Wassertrübung eine Sandart von bestimmter Korngröſse entspricht, bei welcher die Filtration zum billigsten Preise bewirkt werden kann; durch den angegebenen Versuch kann man dieses Verhältniſs erforschen. In den meisten vorkommenden Fällen liegt jedoch die Sache so, daſs man in der Nähe des Ortes, an welchem trübes Wasser geklärt werden soll, überhaupt keine Wahl bei dem anzuwendenden Sande hat, sondern eine ganz bestimmte Sorte desselben zu verwenden gezwungen ist. Es gibt sodann nur 2 Faktoren, über welche man frei verfügen kann: die Schichtdicke des Filters und die Filtrationsgeschwindigkeit bezieh. das von diesen Annahmen abhängige Gefälle H. Eine vollkommene Klärung ist auch in diesem Falle immer möglich, aber nur durch eine Vermehrung der Schichtdicke auf ein höheres als das normale Maſs von 1m. Da die Gröſse der erforderlichen Filterfläche und die Durchfluſsgeschwindigkeit in gegenseitigem Abhängigkeitsverhältnisse stehen, so daſs die erstere wächst, wenn die letztere abnimmt und umgekehrt, so wird auch hier der Versuch allein die zusammengehörigen vortheilhaftesten Verhältnisse bei der Wahl erkennen lassen. Wenn Sandfilter einen schlechten oder gar keinen Erfolg ergeben, so ist daran nur die unrichtige Anlage, der Mangel einer wohlverstandenen und gründlichen Voruntersuchung die Ursache. Kein Auftraggeber oder Unternehmer sollte versäumen, vor endgültiger Anlage von Sandfiltern sich an dem beschriebenen kleinen Apparate vorher über die anzuwendenden Maſse u. dgl. zu unterrichten:, es ist dies die einzige Möglichkeit, sich vor Schaden zu bewahren. Jedes Filter kann dadurch geschont werden, daſs man dem zugeführten Wasser seine gröbsten Bestandtheile, die hauptsächlichste Trübung, durch Ablagerung vor der Filtration entzieht; wenn sich also gröſsere Ablagerungsbehälter billig herstellen lassen, so ermöglichen dieselben einen vortheilhafteren Betrieb. Man sieht an den groſsen Binnenseen des Festlandes, welche nichts Anderes als groſse Ablagerungsräume vorstellen, daſs dieselben das zuflieſsende trübe Wasser der Bäche und Flüsse nahezu vollständig abklären; in gleicher Weise, im Verhältnisse der Gröſsen, sind auch die Abklärungsbehälter wirksam; sie vermindern die Trübung, wenn dadurch auch selten oder nie die Filtration ganz entbehrlich gemacht wird. Ein unbedingtes Erforderniſs für eine gute Filtration ist ein gleichmäſsiges Korn des Sandes, wie dasselbe bei der theoretischen Untersuchung angenommen und bei den praktischen Folgerungen vorausgesetzt wurde. Sand von ungleichem Korne gestattet die Ausfüllung der Zwischenräume zwischen Körnern von gröſserem Durchmesser durch kleinere Körnchen; durch die abwärts gerichtete Bewegung des Wassers werden diese feineren Körner mehr und mehr in die Zwischenräume der gröberen eingeschwemmt und dadurch wird das Filter alsbald zu einer nahezu undurchlässigen Masse verdichtet. Sand von gleichmäſsigem Korne dagegen bleibt lose und lagert sich nahezu ebenso wie eine Menge gleich groſser Kugeln. Guter Filtersand hat ein unregelmäſsiges unsauberes Ansehen und es dürfen in demselben gröbere Körner als die normalen wohl vorhanden sein; niemals aber sollten feinere darin vorkommen. Selbstverständlich muſs guter Filtersand auch vollkommen rein von thonigen Beimengungen sein und; sollte deshalb vor der Verwendung stets mit ganz reinem Wasser gründlich gewaschen werden. Es gilt heutzutage als eine feststehende Erfahrung, daſs gröſsere Wassermengen am besten durch Sandfilter zu reinigen sind; diese Art der Wasserreinigung, welche in England fast ausnahmslos zur Anwendung gelangt, verschafft sich in Folge dessen auch auf dem Festlande allerwärts Eingang. Mit Rücksicht hierauf darf wohl angenommen werden, daſs durch die vorstehenden grundlegenden Erläuterungen vielen Gewerbetreibenden ein Dienst erwiesen ist, indem denselben ein Weg gezeigt wurde, auf welchem sie mit unbedingter Sicherheit des Erfolges zum Ziele gelangen können. Die technischen Einzelheiten der Filteranlagen sind so allgemein bekannt, daſs ein näheres Eingehen auf dieselben hier nicht nöthig erscheint; die vorgeführten allgemeinen Untersuchungen dürften jedoch auch manchem mit der Sache selbst schon bekannten Fachmanne einige neue Gesichtspunkte darbieten. Mit der Erfahrung stimmen obige Betrachtungen vollkommen überein. Lueger.