Titel: Neuheiten in der Explosivstoff-Industrie und Sprengtechnik.
Fundstelle: Band 255, Jahrgang 1885, S. 337
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Neuheiten in der Explosivstoff-Industrie und Sprengtechnik. (Patentklasse 78. Fortsetzung des Berichtes Bd. 254 S. 110.) Mit Abbildungen auf Tafel 24. Neuheiten in der Explosivstoff-Industrie und Sprengtechnik. Th. Nordenfelt in London und V. A. Meurling in Christianstad, Schweden (D. R. P. Nr. 30676 vom 21. August 1884) haben ein Verfahren zur Herstellung eines Baumwolle haltigen Schiefspulvers angegeben: Vor Allem wird eine kohlige Substanz aus Baumwolle, Holzfaser o. dgl. erzeugt, indem letztere in lockerem Zustande in ein Gefäſs gebracht und ein Strom Chlorwasserstoffgas hindurchgeleitet wird, wodurch die Faser bald brüchig wird; schlieſslich treibt man den Chlorwasserstoff durch einen Luftstrom aus. Der Schwefel wird unter gelinder Erwärmung auf dem Wasserbade in Schwefelkohlenstoff bis zur Sättigung gelöst, wobei, eine Wasserschicht auf letzterem die Verdunstung hindert. Mit dieser Schwefellösung wird die gepulverte Faserkohle in einem geschlossenen Gefäſse mit Rührvorrichtung innig vermengt und der Schwefelkohlenstoff durch Abdampfen und Abkühlen verjagt und wiedergewonnen. Die so vom Schwefel gänzlich durchdrungene Faserkohle kann ohne Gefahr fein vermählen, sodann mit in Wasser gelöstem Salpeter durch eine Rührvorrichtung vermengt und schlieſslich das Wasser verdampft werden, worauf das Pulver in der gewöhnlichen Weise weiter verarbeitet wird. Nordenfelt und Meurling's Vorschlag ist ein Schritt weiter in dem Bestreben der Neuzeit, die Bestandtheile des Schieſspulvers als Lösungen zu verarbeiten; ob jedoch dieses Verfahren im Groſsen ausführbar sein wird, ist fraglich. Abgesehen von der Gesundheitsschädlichkeit und hohen Feuersgefahr ist die Mengung eine sehr kostspielige, nachdem viel Schwefelkohlenstoff in die Luft gehen wird; es ist auch wahrscheinlich, daſs sich Chlorwasserstoffgas mit dem Wassergehalte der Pflanzenfaser zu flüssiger Salzsäure verbinden wird, was eine umständliche Reinigung der kohligen Substanz zur Folge haben muſs, wenn nicht das Pulver einen hohen Grad von Gefährlichkeit erhalten soll. Die Verkohlung bezieh. Zerkleinerung der Faser durch Chlorwasserstoff ist von Interesse, wenngleich sie nur eine Veränderung des auch bei Herstellung der Nitrohydrocellulose angewendeten Girard'schen Verfahrens der Behandlung von Baumwolle mit Schwefelsäure ist, bei welchem gleichfalls die Baumwolle verkohlt, ein in diesem Falle unliebsamer Umstand, den man möglichst zu verhindern sucht. Zu den vielen Stoffen, hauptsächlich organischen Ursprunges, deren Nitrirung schon versucht wurde, ist nun ein neuer hinzugekommen. Friedr. W. Gilles in Köln (D. R. P. Nr. 27969 vom 14. April 1883) will nämlich Nitromelasse durch Nitrirung der gewöhnlichen Melasse und der Rückstände nach der Entzuckerung der Melasse herstellen und zwar in zwei Formen: als feste und als flüssige Nitromelasse. In beiden Fällen ist das Mischungsverhältniſs ungefähr dasselbe wie bei der Nitroglycerin-Erzeugung, nämlich 380g Melasse, 1000g rauchende Salpetersäure und 2000g concentrirte Schwefelsäure. Für die feste Nitromelasse wird die Melasse ohne weitere Vorbereitung mit den Säuren vermischt, das Ganze in Wasser geworfen und erst kalt, dann warm ausgewaschen; es entsteht ein Niederschlag von grauer, gelber oder weiſslicher Farbe, welcher unvermittelt als Sprengstoff benutzt werden kann. – Zur Herstellung flüssiger Nitromelasse bedarf die Melasse besonderer Vorbereitungen. Gilles gibt nämlich an, daſs die feuchte Melasse für die Verarbeitung zu Nitromelasse so zusammengesetzt sein soll, daſs das Verhältniſs zwischen Kohlenstoff und Sauerstoff (den Sauerstoff des Wassers mitgerechnet) annähernd 2: 3 betrage, die Melasse also eine Zusammensetzung von etwa 34 Th. Kohlenstoff, 54 Th. Sauerstoff und 12 Th. Wasserstoff, Stickstoff und Salzen habe. Da nun die Melassen fast nie von gleicher Zusammensetzung sind, so wird gewöhnlich, nach vorhergegangener chemischer Untersuchung, eine Verbesserung derselben vorzunehmen sein. Enthält die Melasse zu wenig sowohl von Kohlenstoff, wie von Sauerstoff, so wird sie in offenen Gefäſsen mit Bleisuperoxyd und Schwefelkohlenstoff gemischt und soll dann unter zeitweiligem Umrühren gähren, wobei die Temperatur 130° nicht überschreiten darf. Nach beendigter Gährung, welche bei 50 bis 70° Wärme 20 bis 24 Stunden dauern soll, zapft man die überstehende flüssige Masse ab und nitrirt dieselbe; der feste Rückstand soll nach dem Auswaschen Bleiglanz liefern. Die Mengen des verwendeten Bleisuperoxydes und Schwefelkohlenstoffes richten sich natürlich nach dem Betrage der zu ersetzenden Stoffe. Fehlt Sauerstoff allein, so ist um so viel mehr Bleisuperoxyd zu nehmen, als nöthig ist, um das Verhältniſs zwischen Kohlenstoff und Sauerstoff richtig zu stellen; es kann jedoch auch der Sauerstoff ohne Anwendung von Schwefelkohlenstoff unmittelbar zugeführt werden, indem der Sauerstoff, auf bekannte Weise entwickelt, bei 0,14 bis 3at Druck in die Melasse geleitet wird, welche sich in geschlossenen Behältern befindet. Die flüssige Nitromelasse ist – alles nach Gilles' Angabe – gelb, siedet, langsam erwärmt, bei 180 bis 200°, detonirt zwischen 220 bis 250° und kann von allen bekannten Saugstoffen aufgenommen werden. S. R. Divine in Loch-Sheldrake, Nordamerika (D. R. P. Nr. 29665 vom 5. December 1883) tränkt trockenes chlorsaures Kali, das in Patronen von Tuch, Papier oder ähnlichen porösen Stoffen gefüllt ist, mit dem Schweröle des Kohlentheeres in solchem Verhältnisse, daſs hierdurch ein Sprengstoff entsteht. Da jedoch die Menge des Schweröles allein nicht genügend ist, um die Saugfähigkeit des chlorsauren Kalis vollständig in Anspruch zu nehmen, so setzt Divine dem Schweröle vorher Schwefelkohlenstoff oder eine andere leicht flüchtige Flüssigkeit in genügender Menge hinzu und läſst nach erfolgter Aufsaugung den Schwefelkohlenstoff an der Luft verdunsten. Um den Sprengstoff empfindlicher zu machen, fügt er noch 1 bis 3 Procent vom chlorsauren Kali fein gepulverten Schwefel hinzu, welcher in dem Schwefelkohlenstoffe vorher gelöst wurde. Die Absicht, den Schwefel in Gestalt einer Lösung in Schwefelkohlenstoff dem Pulver beizubringen, tritt jetzt mehrfach auf; jedoch ist das Arbeiten mit so leicht flüchtigen und entzündlichen Körpern stets sehr gefährlich, besonders, wenn – wie Divine es denkt – chlorsaures Kali und Schweröl (Schwefel-Schwefelkohlenstoff-Bad) getrennt versendet und die Patronen am Verwendungsorte hergestellt werden sollen. Ein Apparat zur Darstellung von Nitroglycerin von Dr. C. D. A. Schroeder in Dresden-Neustadt (* D. R. P. Nr. 29130 vom 28. December 1883) besteht aus einem Behälter G1 (Fig. 1 Taf. 24), aus welchem abgemessene Mengen Glycerin in das Gefäſs G2 flieſsen; das Glycerin läuft nach Abschluſs des Zufluſshahnes h – durch beim Hahne h1 eintretende gepreſste Luft beschleunigt – durch Hahn h2 und einen Rohransatz in ein weiteres Rohr r, welches am Boden einer umgestürzten Flasche N aus Glas o. dgl. ausmündet. Durch dasselbe Rohr r tritt auch gepreſste Luft ein, welche das Glycerin zerstäubt und mit letzterem gemischt durch das mit dem Trichter T in das Rohr R eingegossene Säuregemisch aufsteigt. Die Säuredämpfe entweichen durch dasselbe Rohr R in die Thonrohrleitung V, von wo die Dämpfe abgesaugt und zur Verdichtung in einen Thurm geleitet werden. Das Nitrirgefäſs N steht in einem blechernen Kühlschiff K, dem aus einem Behälter W stetig mit Eis gekühltes Wasser zuflieſst. Das Gefäſs N ist in Fig. 1 mit einem eingeschliffenen Glashahne geschlossen, in Fig. 2 aber mit Kautschukschlauch S und Klemme O, über welcher eine kurze Quecksilbersäule Q die Zerstörung durch die Säure verhindert. Der Apparat bietet wenig Neues. Die Zuführung des Glycerins von unten, zerstäubt durch gepreſste Luft, ist von C. Kurtz schon früher (vgl. 1879 234 * 389) angegeben worden. Die Verwendung von Glasgefäſsen hat manche Uebelstände im Gefolge. Von unterrichteter Seite erhielt Referent einige Mittheilungen über das Himly-Pulver (vgl. 1883 248 510), wonach ein und derselben Sendung solchen Sprengpulvers Proben entnommen und von 3 Chemikern untersucht wurden; es enthielt dasselbe in 100 Th. nach: Emmerling P. Lohmann 3. Chemiker Chlorsaures Kali 45,50 33,50 62,50 Salpetersaures Kali 34,38 48,78 25,00 Steinkohlenpech 20,12 17,72 12,50 Diese Ungleichheit in der Zusammensetzung dürfte jedenfalls darin ihren Ursprung haben, daſs bei der Erzeugung des Himly-Pulvers durch das Steinkohlenpech sich Klumpen bilden, welche mit den übrigen Bestandtheilen sich begreiflicherweise nicht innig vermengen. In neuerer Zeit werden die meisten direkt explodirbaren Stoffe, welche nur zu Sprengzwecken dienen sollen, nicht so sorgfältig gemengt, als dies beim Schwarzpulver der Fall ist. Man entschuldigt diese hauptsächlich wegen der Billigkeit beliebte Erzeugungsweise damit, daſs ja im Bohrloche stets gröſsere Mengen (von 100g aufwärts) verwendet werden und daſs eine nicht ganz gleiche Zusammensetzung sich durch die groſse Masse hindurch ausgleiche, – mit Unrecht; denn zweifellos würden diese Sprengmittel durch eine innigere Mengung bedeutend gewinnen. Das Himly-Pulver soll etwa um die Hälfte stärker als Schwarzpulver – eine Folge des hohen Gehaltes an chlorsaurem Kali – und trotzdem ziemlich sicher zu handhaben sein, was von einer Commission von Fachleuten bestätigt wurde; immerhin muſs betont werden, daſs auch dieses wie jedes Pulver durch Hammerschläge detoniren wird. In der Pulverfabrik von F. C. Dickson und Comp. in Blackbeck fand am 26. Juli 1884 die Explosion durch Blitzschlag eines Körnhauses statt. Auch in diesem Falle (vgl. 1884 251 121) kam der Blitz ohne vorherige Anzeichen, schlug zuerst in eine 800m entfernte Lärche, sodann in eine 230m entfernte Eiche und entlud sich schlieſslich im Körnhause. Dieses war aus Holz erbaut, hatte ein Wellblechdach und war mit einem Blitzableiter versehen, welcher aus zwei Auffangstangen bestand, die mit einem Kupferseile unter einander und mit der Erdplatte verbunden waren. Oberst A. Ford, welcher die Untersuchung pflegte und eifrig den Standpunkt der Londoner Blitzableiter-Conferenz vertritt, hatte viele Mühe, um diesen Fall zu erklären. Er fand, daſs das Kupferseil in scharfen Ecken, statt in Bögen gekrümmt war, daſs ein Verbindungsseil von der Maschine weg mit dem Hauptseile nicht zusammengelöthet, sondern dessen Enden nur herumgewickelt wurden, daſs die Leitung nur auf dem Dache lag und nicht genügend damit verbunden war und daſs die Erdplatte zu kleine Abmessungen hatte. Ford meint nun, daſs, nachdem auf dem Wege von der Eiche zum Körnhause keine Blitzspur gefunden wurde, nachdem nicht anzunehmen ist, daſs ein Blitzschlag von solcher Kraft, um eine groſse Eiche zu fällen, von einem zweiten gefolgt wurde, der so unbedeutend war, daſs an den Bäumen und der Erde ringsum kein Schaden geschah, die Explosion nur durch einen „Rückschlag“ zu erklären sei. Die nicht durch Löthung hergestellte Verbindung habe den elektrischen Strom nicht vollständig weiter leiten können, die Maschine sei allmählich wie ein Condensator geladen worden, bis die Explosion entstand; – oder durch den Widerstand in der unvollkommenen Verbindung sei ein Funke übergesprungen, welcher den feinen Pulverstaub in der Luft des Körnhauses entzündete. Die letztere Annahme ist wahrscheinlicher; es ist aber nicht nothwendig, daſs der Funke gerade an dieser Stelle entstanden sei, da ja ein in der Nähe der Leitung befindlicher Nagel auch einen Funken erzeugen kann. Wir haben schon einmal erklärt, daſs der Franklin'sche Blitzableiter in seiner gegenwärtigen Verwendungsweise für Explosivstofffabriken geradezu Gefahren mit sich bringt und es ist durch die bisherigen Erfahrungen die Annahme berechtigt, daſs dieses Körnhaus ohne Blitzableiter selbst mit dem Blechdache eher der Gefahr entgangen wäre, da die ringsum dicht stehenden hohen Bäume ihren alten Ruf als gute Blitzableiter bewährt haben. So lange man nicht im Stande ist, jeden kleinsten Theil eines Gebäudes verläſslich mit der Leitung zu verbinden und diese selbst unter allen Umständen wirksam zu machen, in so lange ist – nach Ansicht des Referenten – der gesetzliche Blitzableiter-Zwang, wie er in England besteht, unklug. Vielleicht werden die Zenger'schen Blitzschutzvorrichtungen, welche Hauptmann Heß bei Versuchen im Kleinen als sehr zweckentsprechend fand, für die Anwendung im Groſsen brauchbar werden. In der Pulverfabrik von Shortridge und Wright in Worsborough Dale explodirte am 15. Oktober 1884 eine Kollermühle, wobei der Vorarbeiter seinen Tod fand. In dieser Fabrik war es üblich, daſs nach beendigter Incorporirung der Arbeiter durch zwei Glockenschläge dem Maschinisten das „Achtung“-Zeichen gab, welcher die Maschine abstellte, wenn der Arbeiter noch einen Glockenschlag führte; in der Zwischenzeit ging der Arbeiter in die Mühle, kehrte mit einer Bürste die Beschickung während des Ganges zusammen und machte so einen zusammenhängenden „Kuchen“. Kollermühlen arbeiten nur dann verhältniſsmäſsig ungefährlich, wenn die Pulverschicht, über welche die Läufer gehen, möglichst gleichmäßig ist und das Heben und Auffallen der schweren Läufer vermieden werden kann. Es ist zweifellos, daſs durch das Zusammenkehren des Pulvers, während die Mühle in Gang ist, die Läufer wellenförmige Bewegungen machen müssen, welche unter Umständen stark genug sein können, um Explosionen hervorzurufen, wie dies thatsächlich auch hier der Fall war. Prof. Hanns Hoefer in Leoben hat die Leistung der Häuer beim Handbohren zum Gegenstande eingehender, jedoch nicht beendeter Untersuchungen gemacht, über welche in der Oesterreichischen Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen, 1884 S. 603 ff. berichtet ist. Es hängt bekanntlich die Arbeit des Häuers wesentlich davon ab, in welcher Richtung das Bohrloch getrieben wird, und naturgemäſs wird die Leistung bei senkrecht abwärts gerichteten Löchern am gröſsten, bei senkrecht aufwärts gerichteten am kleinsten sein. Angenommen nun, es werden mehrere Bohrlöcher in demselben Gesteine, unter denselben Schichtenverhältnissen, mit gleichen Werkzeugen getrieben, so wird es jedenfalls zweckmäſsiger sein, die Arbeit des Häuers unmittelbar zu messen, statt dies an der Wirkung im Gesteine zu thun; dies wird aber zur Notwendigkeit, sobald die Gesteinsverhältnisse auch nur einigermaſsen wechseln. Hoefer hat nun einen sogen. Schlagindicalor hergestellt, dessen Anordnung aus Fig. 3 und 4 Taf. 24 ersichtlich ist. Eine Bufferfeder B im Gehäuse C ist mit einer Eisenplatte D geschlossen, hat nach abwärts eine gut geführte Stange E, nach oben einen Ambos F, in dessen Mitte sich eine Vertiefung befindet; in dieser Oeffnung ist ein Zapfen leicht drehbar, der an Stelle des Meiſsels das untere Ende der Bohrerstange G bildet. Unter dem Ambosse greift ein bei H gelagerter ungleicharmiger Hebel J ein, welcher eine Führung K und K1 und an dieser einen Stift L aus Blei befestigt hat; dieser schreibt senkrechte Linien auf einem Streifen Papier M, welcher sich zwischen zwei stehenden, mit Drahtschnurtrieb verbundenen Walzen N und N1, wovon der eine nach jedem Schlage mit Handkurbel gedreht wird, ab- und aufwickelt. Durch Fallenlassen von Gewichten aus 1m Höhe auf die Bohrerstange erhält man einen nach Meter-Kilogramm eingetheilten Maſsstab. Wird nun das Maſs der Häuerschläge durch ihre Anzahl in der Minute getheilt, so erhält man die thatsächliche Häuerleistung für die Secunde. Je nachdem das Bohlenstück A, auf welchem der Indicator ruht, verschiedene Neigung erhält, kann die Häuerleistung bei den verschiedensten Bohrerneigungen bemessen werden. Aus den mit diesem Schlagindicator angestellten Versuchen ergab sich, daſs ein mittelguter Häuer mit einem 2k,42 schweren Fäustel bei jedem Schlage 4mk,24 und in jeder Secunde 6mk,28 Arbeit verrichtete, wenn das Bohrloch senkrecht nach abwärts gerichtet war. In den verschiedenen Neigungen leistete ein Häuer: Bohrerneigung Nach abwärts Nach aufwärts Grad 90 60 30 0 15 30 Secundliche Leistung Proc. 100 76,1 61,6 49,7 37,6 32,2 Aus diesen Ergebnissen berechnet Hoefer auch, daſs die Arbeit mit stoſsenden Handbohrmaschinen nicht vortheilhaft sei, nachdem die Leistung an denselben, nach Abzug der Wirkungsverluste, jedoch ungerechnet die Aufstellungszeit, beim senkrechten Abwärtsbohren nur 6mk,4 in der Secunde gegenüber 6mk,28 des Häuers beträgt und bei der durchschnittlichen Bohrerneigung von 40° 4mk,15 des Häuers ihr gegenüber stehen, wobei die Mehrleistung durch die Nebenarbeiten groſsentheils aufgewogen werde. Eine weitere Versuchsreihe ergab, daſs zum Abbohren von je 1cm in der festen, feinkörnigen Grauwacke im Heiligenberger Schachte von Przibram, wo die Versuche stattfanden, bei 24mm mittlerer Meiſselschneide ein Arbeitsaufwand von 255mk,1, an der Bohrerbahn zur Wirkung gelangt, nothwendig war und zu einer anderen, bekannt festen Grauwacke im Franz-Josef-Schachte 504mk,5 erforderlich wurden. Man beschäftigt sich noch zu wenig mit der wissenschaftlichen Prüfung der innig zusammenhängenden Bohr- und Sprengarbeit beim Bergbaue. Eine vernunftgemäſse Beobachtung aller Erscheinungen würde wesentlich zur ordentlichen Regelung der Lohnverhältnisse und damit zur besseren Ertragsfähigkeit der Gruben beitragen. Prof. Hoefer bemüht sich seit längerer Zeit in dieser Richtung, allein zur vollständigen Lösung solcher Fragen bedarf es viel Zeit und Geld, welche dem Staate leichter zur Verfügung stehen als Privaten. Auch Prof. R. v. Rziha hat in einem jüngst gehaltenen, in der Wochenschrift des Oesterreichischen Ingenieur- und Architektenvereins, 1884 S. 331 abgedruckten Vortrage über die bedauerliche Thatsache gesprochen, daſs man in Bezug auf die Gewinnungsarbeiten des Gesteines sich in vieler Hinsicht noch rein auf dem Standpunkte des Handwerkes befinde und daſs dem groſsen Umfange dieser Arbeiten ein sehr spärliches wissenschaftliches Erkennen gegenüber stehe. Der Vortragende versuchte, in die Frage einiges Licht zu bringen, welchen Widerstand die Erdarten und Gesteine ihrem Abbruche entgegensetzen, und hält als richtigen Maſsstab hierfür die zur Lösung des Gesteines aufgewendete Arbeit, deren Kenntniſs eine wissenschaftliche Beurtheilung der Gewinnungsarbeiten, Anregung zum Studium der menschlichen Arbeitsmaschine, Beziehungen zu den Festigkeitsuntersuchungen und in praktischer Hinsicht einen Fortschritt im Baue von Arbeitsmaschinen für die Gesteinslösung, sowie hinsichtlich der Erzeugung von Sprengmitteln als Gewinn brächte. Für die Schlagarbeit findet Rziha bei einer gröſsten Hubhöhe von 2m als äuſserste Grenze eine Endgeschwindigkeit von 8m,9. Es ist nämlich die Schlagarbeit nicht nur das Product aus Fäustelgewicht und Hubhöhe, sondern es kommt hierzu die vom Arbeiter dem Fäustel mitgetheilte lebendige Kraft. Die Schlagwirkung muſs sonach mit 2Qh ausgedrückt werden, wobei Q das Fäustelgewicht, h die Hubhöhe ist und angenommen wird, daſs der Arbeiter beim Niederschlage die gleiche Arbeit leistet wie beim Heben, da er ja das Fäustel nicht einfach fallen läſst, sondern demselben noch eine gewisse Kraft verleiht. Die durchschnittliche tägliche Arbeitsleistung eines Menschen nimmt Rziha mit 130000mk an, die Lösungsarbeit für solches Material, bei welchem Trockenbagger verwendet werden können, mit 65000 bis 100000mk auf 1cbm, die Leistung von 1k Pulver mit 35000mk und von 1k Dynamit mit 100000mk (Roux und Sarraux fanden als theoretische Wirkung 242335 bezieh. 547250mk). Hieraus wird gefolgert, daſs unter Umständen die Gewinnungsarbeit im Tunnel- und Stollenbaue vortheilhafter durch maschinelle Ausbohrung zu bewerkstelligen sei. Rziha hat zu diesem Zwecke eine Maschine geplant, welche einen Stollen von 2m,1 Durchmesser ausbohrt und durch Wasserdruck betrieben werden soll. Bekanntlich wurde auch bei den Versuchsarbeiten im unterseeischen Tunnel zwischen Calais und Dover eine Tunnelbohrmaschine mit Luftdruck in der Kreide verwendet (vgl. 1883 247 471. 249 * 77) und zur Herstellung von sogen. Ueberhauen sind in Deutschland gleichfalls Kernbohrmaschinen gebraucht. Für die verschiedenen Bodenarten gibt Rziha nachstehende Annahme als Gewinnungsfestigkeit: Stichboden 10000, Hackboden 20000, gebräches Gestein 65000, Sprenggestein 1. Kategorie 113000, 2. Kategorie 185000, 3. Kategorie 257000mk auf 1cbm. Nach dem Vortragenden sollen die Messungsergebnisse beim Bohren nicht auf je 1cc Bohrloch, sondern auf je 1qc Bohrlochsfläche bezogen werden; er nimmt nun an, daſs die mittlere Bohrfestigkeit auf 1qc von Sprenggestein 1. Kategorie 2000, 2. Kategorie 5000, 3. Kategorie 8000mk beträgt. Sowohl Hoefer, der die erstere Ansicht vertritt, als auch Rziha, dürfte entgegengehalten werden können, daſs mit der wachsenden Breite der Bohrerschneide die Schlagwirkung um so weniger zur Geltung kommen wird, je weiter das getroffene Gestein vom Schlagmittelpunkte entfernt ist; also wird stets die Leistung nach Cubikcentimeter Bohrloch im Vergleiche zur Bohrlochsfläche entscheidend sein müssen.

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