Titel: Ueber Neuerungen an Kälteerzeugungsmaschinen.
Autor: v. I.
Fundstelle: Band 256, Jahrgang 1885, S. 69
Download: XML
Ueber Neuerungen an Kälteerzeugungsmaschinen. Patentklasse 17. Mit Abbildungen auf Tafel 6. Ueber Neuerungen an Kälteerzeugungsmaschinen. Im Anschlusse an die letzten Besprechungen über Neuerungen an Eismaschinen (vgl. 1884 252 * 328.* 367) mögen folgende Erscheinungen Besprechung finden. Adam Neubecker in Offenbach a. M. und Hugo Nehrlich in Berlin (* D. R. P. Nr. 28235 vom 17. Oktober 1883) wenden die in Fig. 6 und 7 Taf. 6 dargestellte Vorrichtung zur Vermeidung von Gasverlusten bei Compressionspumpen für Kaltdampfmaschinen an. In die lange Stopfbüchse der Kolbenstange bezieh. in den Zwischenraum zwischen den beiden Kolbendichtungen ist eine Kammer eingeschaltet, in welcher etwa durch die Kolbenstange mitgerissene oder durch die Undichtheiten der Kolbenpackung übergetretene Ammoniakdampftheilchen sich ansammeln können. Um nun ein Austreten dieser Dämpfe durch den vorderen Theil der Stopfbüchse ab und somit einen Ammoniakverlust zu vermeiden, ist in der Kammer c atmosphärischer Druck hergestellt, so daſs weder ein Bestreben der Ammoniakdämpfe vorliegt, nach auſsen zu entweichen, noch die atmosphärische Luft durch die Stopfbüchse in die Vorkammer c treten kann. Es wird dies dadurch erzielt, daſs die in der Kammer c sich ansammelnden Ammoniakdämpfe mittels einer mit der Kolbenstange verbundenen kleineren, einfachwirkenden Saug- und Druckpumpe d abgesaugt und der Druckleitung durch das Rohr e wieder zugeführt werden. Den Abschluſs der Kammer c bildet eine elastische Wellenplatte f (ähnlich den Manometerplatten). Wird der Druck in der Kammer c gröſser als der äuſsere atmosphärische Druck, so wird die Platte gehoben und das Rohr g kommt mit der Pumpe d und der Kammer c in Verbindung. Wird jedoch in der Kammer c genau Atmosphärendruck hergestellt, so schlieſst die Platte das Rohr g und verhindert ein weiteres Ansaugen von Dämpfen, welches die Erzeugung einer theilweisen Luftleere in der Kammer c zur Folge haben würde. – Die Idee der Herstellung atmosphärischen Druckes in der Stopfbüchsenkammer c scheint empfehlenswerth; nur dürfte das Dichthalten des Hilfspumpencylinders d gegen den Hauptcylinder, in welchem abwechselnd Drucke von ungefähr 2at bis 10 oder 12at herrschen, Schwierigkeiten bieten, sowie die Anordnung der Hilfspumpen mit Ventilen, Ventilkästen, Federn u. dgl. in so kleinem Maſsstabe die Anlagekosten beträchtlich erhöhen. (Vgl. Fr. Schaefer 1884 254 * 417.) C. Linde in Wiesbaden (* D. R. P. Nr. 29005 vom 10. Juli 1883, Zusatz zu Nr. 1250, vgl. 1877 224 * 172) hat folgende Neuerungen an meiner Kälteerzeugungsmaschine angebracht. Während früher die in der Sperrkammer der Stopfbüchse enthaltene Absperrflüssigkeit dem höchsten in der Maschine vorkommenden Drucke ausgesetzt war und das durch die Sperrflüssigkeit aufgesaugte Ammoniak, sobald es durch die Kolbenstange b (Fig. 2 Taf. 6) etwa ins Freie mit fortgerissen wurde, verdampfte und daher verloren war, sucht Linde diesen Uebelstand jetzt dadurch zu beseitigen, daſs er durch eine von der Maschine mitangetriebene kleine Pumpe P reine Absperrflüssigkeit, z.B. Glycerin, im Ueberschusse in die Brille der Stopfbüchse schafft, welche sodann durch die Kolbenstange b in die Sperrkammer angesaugt wird. Der Ueberschuſs an reinem, Glycerin läuft durch das Rohr i in das Sammelgefäſs a zurück. Auſserdem läſst sich die Sperrkammer s durch die Pumpe P mit Absperrflüssigkeit speisen, so daſs etwaige in Folge schlechten Dichthaltens der inneren Stopfbüchsenringe zu reichlich übertretende Ammoniakdämpfe durch die stetig kreisende Absperrflüssigkeit aufgenommen werden. Zur Wiedergewinnung des auf diese Weise aufgenommenen Ammoniaks sowie zur Reinigung (Rectification) des Glycerins wird ein ununterbrochen und selbstthätig wirkender „Rectificationsapparat“ an das Glycerinsammelgefäſs S (Fig. 3 Taf. 6) angeschlossen. Die in das Innere zweier concentrischer, lothrechter Rohre w aus dem Glycerinsammelgefäſse S durch das Rohr o bezieh. aus der Sperrkammer s durch das Rohr r eintretende Ammoniak haltige Flüssigkeit wird durch Abdampf oder durch das aus den Condensationstöpfen der Dampfleitung oder Dampfmaschine entnommene Wasser, welches in dem äuſseren der beiden concentrischen Rohre von oben nach unten kreist, erwärmt und dadurch das in ihnen enthaltene Ammoniak abdestillirt; letzteres wird durch das mit der Saugleitung im Verbindung stehende obere Rohr des T-förmigen Verbindungsstückes m abgesaugt, während das gereinigte Glycerin in das zweite lothrechte Rohr k überflieſst, wo es durch kaltes, im äuſseren, concentrischen Rohre von unten nach oben kreisendes Wasser abgekühlt und sodann dem Sammelgefäſse a (Fig. 2) wieder zugeführt wird. Durch einen am Behälter S angebrachten, mit gleichförmiger Geschwindigkeit sich drehenden, und mit einer Kerbe versehenen cylindrischen Hahn werden in gleichen Zeitabschnitten bestimmte gleiche Mengen von Flüssigkeit aus dem Behälter S in den Rectificationsapparat hinübergeführt. Zur Verhütung von Ueberhitzungen bei der Pressung wendet Linde ferner eine Combination eines in die Ammoniakdruckleitung eingeschalteten und mit flüssigem Ammoniak gefüllten Gefäſses mit einem Regulirventile an, dessen Ventilkegel mit einer von dem im Gefäſse herrschenden; Drucke beeinfluſsten, gewellten Metallplatte durch eine Stange fest verbunden ist, so daſs etwaige in der Druckleitung eintretende Temperatursteigerungen ein gröſseres Oeffnen des Regulirventilkegels und dadurch ein stärkeres Ueberströmen flüssigen Ammoniaks in den Verdampfungsapparat bewirken, wodurch die Ursache der Temperatursteigerung, Ammoniakmangel im Verdampfungsapparate, beseitigt wird. Um das in Ammoniakpumpen vom Ammoniak mitgerissene Oel, überhaupt die Schmierflüssigkeit, wieder zu gewinnen und dieselbe von dem flüssigen Ammoniak abzuscheiden, ehe letzteres in den Verdampfer gelangt, schaltet A. Osenbrück in Hemelingen (* D. R. P. Kl. 27 Nr. 29765 vom 4. Januar 1884) zwischen den Condensator und den Saugraum der Pumpe einen Oelabscheidungsapparat ein, in dessen Sammelgefäſs sich das mit Ammoniak gesättigte Oel von dem flüssigen Ammoniak durch das specifische Gewicht trennt, sodann durch ein am Boden des Gefäſses befindliches Rohr, in welches ein Hahn oder ein selbstwirkendes Schwimmerventil eingeschaltet ist, in ein mit Dampfschlange geheiztes Destillationsgefäſs geleitet und durch die Saugkraft der Ammoniakpumpe in ein oberhalb angeordnetes Scheidegefäſs befördert wird, aus welchem das gasförmige, durch die Destillation aus dem Oele ausgetriebene Ammoniak der Pumpe zuströmt, während das von Ammoniak befreite Oel wieder in die Sperrkammer der Stopfbüchse zur Schmierung gelangt. Dem Prinzipe nach sehr ähnlich der Vacuum-Eismaschine von Windhausen (1884 252 * 369) ist folgende Vacuummaschine von Friedr. Reese in Dortmund (* D. R. P. Nr. 29286 vom 16. Februar 1884). In dem Raume A (Fig. 1 Taf. 6) wird durch die Luftpumpe B eine beträchtliche Luftleere hergestellt. In der oberen Hälfte von A befindet sich ein Gefäſs J, welches durch ein Ablaufrohr K mit dem möglichst tief unter demselben stehenden Gefäſse L verbunden ist. In die untere Hälfte von A mündet ein Rohr M als Fortsetzung eines Wasserstrahlapparates S. Wird nun durch einen seitlichen Stutzen s der untere Theil des Gefäſses A mit einer zu kühlenden Flüssigkeit (Salzlösung) bis zur Linie N gefüllt, durch die Luftpumpe in A eine hohe Luftleere erzeugt und der Hahn G einer Druckwasserleitung geöffnet, so wird durch den Strahlapparat S die unten im Gefäſse A und in den Röhren F befindliche Salzlösung in Umlauf versetzt und durch das in eine Brause endigende Rohr M in fein vertheiltem Zustande nach A zurückgeschafft. In Folge der hier herrschenden Luftleere verdunstet ein Theil des Wassers rasch, wodurch die am Boden von A befindliche Salzlösung abgekühlt wird. Die entstandenen Wasserdämpfe werden durch concentrirte, aus dem Gefäſse H durch das Rohr v gleichfalls in zerstäubtem Zustande eintretende Schwefelsäure (oder irgend eine andere den Wasserdampf begierig absorbirende Flüssigkeit) aufgenommen, worauf die so gebildete schwache Lösung aus dem Sammelgefäſse J durch das Rohr K in das Gefäſs L abflieſst. Durch Stellung des Hahnes G sowie durch Regelung des Zuflusses der concentrirten Schwefelsäure läſst sich eine ununterbrochene Abkühlung der durch die Rohre F kreisenden, ihrerseits den Raum E abkühlenden Salzlösung bewirken. Die Nachtheile dieser Construction, bestehend in der Erhitzung des Raumes A durch den Absorptionsprozeſs der Wasserdämpfe durch die Schwefelsäure, ferner in der fortwährenden Verdünnung der Salzlösung durch das bei G zutretende reine Wasser und die dadurch erhöhte Gefahr der Eisbildung im Raume A selbst, sowie endlich in der Schwierigkeit der Herstellung des Kreislaufes in den Rohren F bei langen Kellerleitungen allein durch den Wasserstrahlapparats scheinen einer häufigen Anwendung dieses Maschinenprinzipes hinderlich sein zu müssen. Zur Vergröſserung der Verdunstungsoberflächen im Refrigerator bringt Fried. Reese (* D. R. P. Nr. 29711 vom 20. Februar 1884, Zusatz zu Nr. 29 286) cylindrische, käfigförmig gebildete Gefäſse an, welche mit porösen Massen (Kokes, Scherben, Steinen o. dgl.) gefüllt sind und sowohl bei der Absorptionsflüssigkeit, als auch der verdunstenden Salzlösung eine längere Verdunstungsdauer bezwecken. Denselben Erfolg sollen auch terrassenförmig über einander gestellte Schalen oder spiralförmig aufgewundene bezieh. concentrisch angeordnete Bleche, Platten oder Gewebe erzielen. Schlieſslich sei noch auf einige Vorrichtungen zur Herstellung krystallhellen Eises, sogen. Klareis, hingewiesen (vgl. W. Richter 1884 252 * 370). Die Gesellschaft für Linde's Eismaschinen in Wiesbaden (* D. R. P. Nr. 26 981 vom 10. Juli 1883) läſst in die Eiszellen ihrer sogen. Klareisgeneratoren lanzettförmige Flossen einhängen, welche gemeinsam an einem über jede Zellenreihe hingehenden Winkeleisen t, dem „Flossen-träger“ (Fig. 4 und 5 Taf. 6), befestigt sind. Zu beiden Seiten des Kastens ist je ein ⊔-Eisen x angeordnet, welches um einen nahe am Ende des Kastens liegenden Zapfen d drehbar ist. Durch einen Kurbelmechanismus und Pleuelstange wird auf beide ⊔-Eisen eine schwingende Bewegung übertragen, welche sich auch auf die in die ⊔-Eisen eingehängten Flossenträger und somit auf die Flossen in den Eiszellen überträgt, wodurch in letzteren das Wasser in Bewegung erhalten wird. Da jedoch die Flossenträger frei auf den ⊔-Eisen aufliegen, ist eine Verschiebung desselben gegen den Drehpunkt hin möglich. Beim Einsetzen einer neuen Zellenreihe werden sämmtliche übrigen Reihen vorgeschoben, die Flossenträger rücken somit dem Drehpunkte d immer näher. Da der Ausschlag der schwingenden ⊔-Eisen gegen den letzteren hin stetig abnimmt, so wird auch, entsprechend der wachsenden Gefrierzeit der Zellen, die Bewegung des Wassers in den Zellen eine immer geringere sein. In der Nähe von d werden die Flossenträger mit den Flossen aus den Zellen entfernt und es findet von dieser Stellung bis zur Endstellung der Zellenreihe das vollständige Ausfrieren der Zellen statt. Die auf diese Weise erhaltenen Blöcke sind, abgerechnet einen innersten trüben Kern, völlig durchsichtig und ist daher die angeführte Construction als eine recht zweckmäſsige zu bezeichnen. Weniger empfehlenswerth erscheint dagegen eine Anordnung von Oscar Kropf in Nordhausen (* D. R. P. Nr. 28230 vom 16. Februar 1884), welcher von einer Saug- und Druckpumpe das in den Eiszellen enthaltene Wasser durch ein unter sämmtlichen Zellen einer Reihe hinführendes, mit den letzteren durch Ansätze in Verbindung stehendes Rohr abwechselnd absaugen und wieder hineindrücken läſst, wodurch allerdings eine sehr lebhafte Bewegung des Wassers erzielt wird. Die Schwierigkeiten des Dichthaltens der Zellenböden gegen die Ansatzstutzen des anschlieſsenden Rohres, sowie die Unmöglichkeit, ein Einflieſsen der im Eiserzeuger enthaltenen Salzlösung in das Hauptrohr beim Herausheben der gefrorenen Zellen zu vermeiden, lassen diese Einrichtung für die praktische Anwendung als unvortheilhaft erscheinen. Zur Herstellung von Klareis wendet A. Schwirkus in Berlin (* D. R. P. Nr. 30081 vom 18. März 1884) einen Zusatz von Kalkwasser zur Auflösung der im Gefrierwasser enthaltenen Kalksalze, sowie eine guſseiserne, luftdicht verschlossene, mit Rührrad versehene Trommel an, aus welcher die im Wasser enthaltenen Gase (Luft, Kohlensäure u. dgl.) mittels besonderer Luftpumpe abgesaugt werden, worauf nach Oeffnung eines Lufthahnes das auf diese, Weise gereinigte Wasser durch den äuſseren Luftdruck in die Gefrierzellen geschafft wird. – Diese Einrichtung bedingt besondere Anschaffungs- und Betriebskosten für die Luftpumpe und die sonstigen Apparate, wodurch die Herstellungskosten des Klareises beträchtlich erhöht werden. v. I.

Tafeln

Tafel Tafel 6
Tafel 6