Titel: Ueber Fortschritte in der Bierbrauerei.
Fundstelle: Band 256, Jahrgang 1885, S. 456
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Ueber Fortschritte in der Bierbrauerei. Ueber Fortschritte in der Bierbrauerei. Dem stenographischen Protokolle der 3. ordentlichen Generalversammlung des Vereins Versuchs- und Lehranstalt für Brauerei in Berlin, welches die Wochenschrift für Brauerei, 1885 S. 265 ff. veröffentlicht, entnehmen wir folgende Mittheilungen. Die Bedeutung des Hopfens für die Haltbarkeit des Bieres ist nach M. Hayduck bedingt durch einen Stoff, der die Entwickelung und Gährthätigkeit der Spaltpilze hemmt, und durch den Gehalt an Gerbstoff, durch welchen aus der Würze die Eiweiſsverbindungen zum gröſsten Theile gefällt werden. Hefe wird durch den Hopfen nicht beeinfluſst; im Gegentheile wirkt der Hopfen auf die Biergährung sehr nützlich, indem derselbe die Entwickelung schädlicher Spaltpilze hindert und auſserdem Nährstoffe enthält, welche die Hefe aufnehmen kann. Dagegen besitzt der Hopfen eine überaus nachtheilige Wirkung für gewisse in den Gährungsgewerben häufig auftretende Arten von Spaltpilzen, welche bekanntlich zu Nebengährungen Veranlassung geben und im Brauereibetriebe sehr schädlich wirken können. Die Bacterien feindliche Wirkung des Hopfens, in Verbindung mit dessen völliger Unschädlichkeit für die Hefe, ist jedenfalls die für die Brauerei wichtigste Eigenschaft des Hopfens. Wenn man die Temperatur beim Maischen möglichst lange auf 62° hält und Bedacht nimmt, auch die Gährungstemperatur möglichst hoch zu wählen (bei 50° oder nur wenige Grad tiefer), bekommt man fast immer eine reine Milchsäuregährung. Es findet eine sehr reichliche Entwicklung von Milchsäurebacterien statt und die entstandene Säure ist fast frei von flüchtigen Säuren. Der zu den Versuchen verwendete Hopfen wurde mit kaltem Wasser angestellt, zum Sieden erhitzt, 5 Minuten bei Siedetemperatur erhalten, nach dem Erkalten durch Auspressen von der Flüssigkeit getrennt und diese zum Versuche verwendet. Die Malzmaische wurde ebenfalls durch Auspressen von den Trebern getrennt und die trübe Flüssigkeit unfiltrirt, um die Milchsäurebacterien nicht zu entfernen, mit oder ohne Zusatz von Hopfenauszug bei einer Temperatur von 50° oder doch nicht weit unter dieser Temperatur zur Milchsäuregährung angestellt. Auf 1l Maische entsprechen 2g Hopfen ungefähr der Menge, welche in einem Lagerbiere vorhanden ist; aber es gibt auch Biere, welche mehr Hopfen enthalten; namentlich die englischen Biere zeichnen sich durch groſsen Hopfengehalt aus. Bei dieser Versuchsreihe ergab sich, daſs die antiseptische Wirkung des Hopfens annähernd ebenso groſs ist, wenn man zu 1l Würze den Auszug von 2g oder von 30g Hopfen hinzusetzte. Wenn kein Hopfen der Maische hinzugefügt wurde, trat eine normale, sehr starke Milchsäuregährung ein, während bei einem Zusätze schon von 2g Hopfen die Milchsäuregährung fast ganz gehemmt war. Wenn man noch geringere Mengen nahm und bis 0g,5 Hopfen herunterging, dann war allerdings die antiseptische Wirkung nicht mehr so vollkommen; es wurde eine etwas stärkere Säuremenge nachher gefunden, aber immer noch eine weit geringere, als wenn der Hopfen ganz fehlt. Demnach muſs der Hopfen in der That einen Bestandtheil enthalten, welcher in hohem Grade Bacterien feindlich wirkt. Es zeigte sich ferner, daſs es für die antiseptische Wirkung des Hopfens gleichgültig ist, ob derselbe kürzere oder längere Zeit mit der Flüssigkeit gekocht wird. Diese auffällig erscheinenden Ergebnisse sind durch die Thatsache erklärbar, daſs der antiseptisch wirkende Stoff im Hopfen in beträchtlicher Menge enthalten, aber nur in äuſserst geringer Menge in Wasser löslich ist. 1g Hopfen auf 100cc Wasser genügt schon, um eine gesättigte Lösung dieses Stoffes herzustellen und durch Vermehrung der Hopfenmenge läſst sich der Gehalt des antiseptisch wirkenden Stoffes in der Flüssigkeit nicht wesentlich erhöhen. Ebenso ergibt sich, daſs schon ein verhältniſsmäſsig kurzes Kochen hinreicht, um eine gesättigte Lösung des antiseptischen Stoffes herzustellen, und daſs ein längeres Kochen in dieser Hinsicht nutzlos ist. Es wurde ferner Hopfen in der angegebenen Weise mit Wasser ausgezogen, dieser dann zum zweiten und zum dritten Mal ausgezogen; aber in allen drei Fällen ergab sich fast genau dieselbe antiseptische Wirkung, so daſs der einmal benutzte Hopfen in dieser einen Beziehung für die Brauerei immer noch verwerthbar sein würde. Die antiseptische Wirkung des mit Wasser ausgezogenen Hopfens war genau dieselbe wie die Wirkung des mit Würze bereiteten Hopfenauszuges. Die verschiedenen Hopfen besitzen nicht ein gleiches antiseptisches Vermögen und waren es durchaus nicht die feinen Hopfensorten, welche in dieser Hinsicht den Vorzug verdienen. Der wilde Hopfen zeigte sich in dieser Beziehung nicht schlechter als der feinste Spalter oder Saazer Hopfen. Ungeschwefelter und geschwefelter Hopfen zeigten keinen besonderen Unterschied. Dagegen zeigt der Hopfen um so weniger antiseptische Wirkung, je älter derselbe wird. Hopfenextracte mögen in anderer Beziehung von groſsem Nutzen sein, indem dieselben vielleicht dem Biere die richtige Bitterkeit mittheilen; aber in Beziehung auf die antiseptische Wirkung stehen sie zurück. Es ist dies wohl dadurch zu erklären, daſs bei der Darstellung der Extracte, namentlich dem Einkochen u.s.w., die wirksamen Stoffe eine chemische Veränderung erleiden. Das ätherische Oel des Hopfens hat auch nicht eine Spur von antiseptischer Wirkung. Wenn man der angewendeten Versuchsflüssigkeit einen Zusatz ätherischen Hopfenöles gab, welcher weit stärker ist, als er jemals im Biere sein kann, so wurde die Milchsäuregährung nicht im allergeringsten gehemmt. In dieser Hinsicht ist also das ätherische Oel unwirksam und es hat bei der Bierbereitung keinen anderen Zweck, als dem Biere ein Aroma zu ertheilen, und auch in dieser Beziehung hat das ätherische Oel eine meist nur geringe Bedeutung, denn bei dem üblichen Verfahren wird die Würze mit dem Hopfen so lange gekocht, daſs das ätherische Oel sich fast vollständig verflüchtigt. Hayduck ist es auch bei noch so häufig wiederholten Versuchen nicht gelungen, den Bitterstoff vom Harze zu trennen; er ist daher zu der festen Ueberzeugung gelangt, daſs das Harz selbst der bittere Stoff im Hopfen ist. Er hat den Hopfen mit Aether behandelt, das nach Entfernung des Aethers bleibende Harz mit 90procentigem Alkohol ausgezogen und dann durch Fällung mit Wasser zwei harzige Producte von einander trennen können. Während der ganze Harzrückstand eine weiſse Masse darstellt, kann man durch Auflösung in Alkohol und theilweises Fällen mit Wasser zwei Stoffe von einander trennen, nämlich ein weiches, fast flüssiges und ein festes Harz. Der Gerbstoff wird aus dem mit Aether erschöpften Hopfen dargestellt, indem man den Hopfen mit verdünntem Alkohol auszieht und mit einer Bleilösung fällt. Hierdurch wird der Gerbstoff vollständig niedergeschlagen und kann derselbe aus diesem Niederschlage leicht rein dargestellt werden. Die Versuche ergaben, daſs eine gesättigte wässerige Lösung dieser Substanzen ebenso wirkt wie ein Hopfenauszug. Daher ist gar kein Zweifel, daſs dem Hopfenharze die antiseptische Wirkung des Hopfens zuzuschreiben ist. Ob es das feste Harz allein ist, oder ob auch das weiche Harz dieselbe Eigenschaft besitzt, ist schwer zu entscheiden, weil eine vollständige Trennung der Harze sehr schwierig ist. Es ist zwar verhältniſsmäſsig leicht, das feste Harz in reinem Zustande zu gewinnen; aber es ist sehr schwer, das weiche Harz von allen Spuren des festen zu befreien. Wenn man das weiche Harz auskocht, so ist immer noch denkbar, daſs gewisse Mengen darin enthaltenen festen Harzes in Lösung gehen und daſs dieses die eigentliche antiseptische Wirkung ausübt. Jedenfalls wurde aber gefunden, daſs, wenn beide Harze mit heiſsem Wasser behandelt werden, sich eine überaus geringe Menge auflöst; aber diese Menge ist hinreichend, um der Flüssigkeit einen äuſserst bitteren Geschmack zu geben und die Milchsäuregährung in derselben Weise zu hemmen wie ein Hopfenauszug. Der Gerbstoff hat selbst in erheblich gröſseren Mengen, als derselbe im Biere vorkommen kann, keine Spur von antiseptischer Wirkung. Seine Bedeutung liegt nur darin, daſs der Gerbstoff aus der Würze einen gewissen Antheil von Eiweiſsstoffen niederschlägt, welche im weiteren Verlaufe des Betriebes leicht zu einem Verderben des Bieres Veranlassung geben können. Endlich enthält der Hopfen noch einen in Wasser leicht löslichen, nicht bitter schmeckenden Extractstoff, welcher nothwendig in der Würze und im Biere enthalten sein muſs. Derselbe vermag die Milchsäuregährung in keiner Weise zu hemmen. Von den mit Aether erschöpften und nicht mehr bitter schmeckenden Hopfen kann man eine noch so groſse Menge haben, ohne daſs auch nur die allergeringste antiseptische Wirkung von dem mit Aether ausgezogenen und entbitterten Hopfen ausgeübt wird. Es ist also wohl kein Zweifel vorhanden, daſs nur das bittere Harz, welches in Aether und Alkohol in groſser Menge, in Wasser in sehr geringer Menge löslich ist, die Bacterien widrige Wirkung hervorbringt. In einer Flüssigkeit, in welcher eine starke Buttersäuregährung vorhanden war, konnte eine Hefegährung nach Zusatz einer ganz geringen Menge Hefe sich nicht entwickeln. Aber bei einem Vergleichsversuche, in welchem dieselbe Buttersäuregährung stattfand, während die Flüssigkeit genau die gleiche Hefemenge enthielt, fand gerade das Umgekehrte statt, als ein geringer Hopfenzusatz gemacht wurde. Die Buttersäuregährung wurde zum Stillstande gebracht und die alkoholische Hefegährung kam zur vollständigsten Entwickelung. Hierdurch ist also bewiesen, daſs der Hopfen dem Buttersäurefermente gegenüber gerade dieselbe Wirksamkeit ausübt wie gegenüber dem Milchsäurefermente. Bei Zusatz von etwas Hopfenabkochung wurde auch die Fäulniſsgährung zum Stillstande gebracht und die Hefe konnte sich entwickeln. Bei Versuchen mit Essigbacterien war die Essiggährung um so stärker, je mehr Hopfenauszug die Flüssigkeit enthielt. Schon mit bloſsem Auge konnte man dies sehen; denn bekanntlich bilden die Essigbacterien eine Decke auf der Flüssigkeit und diese Decke war um so stärker, je gröſser der Hopfenzusatz war. Möglich ist es, daſs die Essigbacterien in ähnlicher Weise wie die Hefezellen Nutzen von den Bestandtheilen des Hopfens ziehen, daſs sie gewisse Stoffe desselben zu ihrer Ernährung verwenden können und daſs in Folge dessen die Essiggährung eine um so kräftigere ist, je mehr Hopfen die Flüssigkeit enthält. Aber mag dies der Fall sein oder nicht; jedenfalls scheint durch diesen Versuch erwiesen, daſs der Hopfen die Essiggährung nicht zu hemmen vermag und daſs im Allgemeinen der Hopfen nicht für alle in der Brauerei vorkommenden Bacterien ein Gift ist. Es ist daher von groſser Wichtigkeit, die einzelnen Bacterien genau auf dieses Verhalten zu studiren, damit der Brauer weiſs, was er vom Hopfen in dieser Hinsicht zu erwarten hat. M. Delbrück (a. a. O. S. 273) empfiehlt eine Mischung der Hopfensorten, da Hayduck gezeigt hat, daſs feiner Geschmack und desinficirende Kraft keineswegs gleichmäſsig in verschiedenen Hopfensorten vorhanden sind. – Noback und Rösicke berichten, daſs erfahrungsgemäſs bei Verwendung eines weichen Brauwassers viel weniger Hopfen erforderlich ist als bei hartem Wasser (vgl. 1885 255 * 165). Deinhardt (vgl. 1884 251 * 34) verwendete zu seinen Versuchen über das Hopfenkochen ein bei 85° hergestelltes Malz und Würzen von 12,5 Proc. Er erwähnt dies, weil Biere, mit hoch abgedarrtem Malze erzeugt, bedeutend stärker gehopft werden können, ohne den vollmundigen Geschmack einzubüſsen, als die mit leichter gedarrtem Malze. Um die geringste Hopfengabe zu finden, ging Verfasser von Zeit zu Zeit um 7g auf 1hl fertiger Würze zurück, damit sich die Trinker nach und nach an den süſseren Geschmack gewöhnen sollten. Diese Mindergabe konnte nun bis zu 160g auf 1hl fortgeführt werden; dies würde einer einmaligen 1½stündigen Hopfenabkochung von 240g entsprechen. Die Biere wurden indessen als zu süſse bezeichnet und Deinhardt nahm an, daſs das überhaupt die geringste zulässige Gabe ist. Er ging nun, um die höchste Hopfengabe zu finden, in derselben Art aufwärts und konnte diese Steigerung bis zu 305g für 1hl fortführen. Die Biere wurden sämmtlich 1½ Stunden gekocht und hatten einen sehr strengen, kräftigen, aber doch noch prickelnd bitteren Geschmack; dieselben wurden, als sie 6 Wochen lagerten, allseitig als zu bitter bezeichnet. Nach 5 Monaten war der Geschmack dieser Biere ein vollständig anderer geworden: das strenge, prickelnde Bittere war einem aromatischen kräftigen Hopfenbitter und einem volleren Malzgeschmacke gewichen. Bei lange andauerndem Lagern und vielleicht durch eine Einwirkung des Alkoholes geht ein Theil des Hopfenharzes in aromatische Producte über, während ein anderer Theil sich als Bodensatz niederschlägt und vielleicht auch einen Theil der Hopfenbittersäure mitreiſst. Um nun die kürzeste Kochdauer zu finden, ging Verfasser zurück bis auf ¾ Stunden und fand, daſs der Geschmack bei mehrmaligem Kochen besser wurde, daſs er ein kräftiger, prickelnder war, jedoch demjenigen von 1½ Stunden mit Hopfen gekochten Bieren nachzustellen war. Bei 2½ Stunden hatten die Biere einen widerwärtig bitteren, aromalosen, rauhen Geschmack. Ein 2 Stunden gekochtes Bier aber ähnelte in seinem bitteren Geschmacke ganz dem von den hohen Hopfengaben herrührenden. Deinhardt glaubt, daſs man zuerst eine Zeit lang kochen müsse, um den zu weichen, fast ölig schmeckenden Hopfengeschmack der Würze durch Verflüchtigung zu entziehen, dann aber auch, daſs man nicht zu lange kochen dürfe, damit der Zerfall der Stoffe Hopfenharz und Hopfenbitter nicht zu weit geht. Man wird auf dem Wege der mehrmaligen Hopfenabkochung die gröſstmöglichste Hopfenausbeute erzielen können, neben dem gewünschten aromatisch kräftigen Hopfengeschmacke. Bei der nachfolgenden Besprechung werden von einigen Seiten ungünstige Erfahrungen mit dem mehrmaligen Auskochen des Hopfens berichtet. Andere verwenden mit Erfolg nach zweimaligem Sieden den Hopfen vom Lagerbiere zum zweiten Sude des Schankbieres, oder sie lassen den Braunbiersud darüber laufen. In England wird das wiederholte Kochen des Hopfens bereits in groſsartigem Maſsstabe ausgeführt und zwar in der Form, daſs man nicht zur Erzeugung der feinsten Qualitäten immer wieder den Hopfen von den vorhergehenden Gebräuen auskocht sondern daſs man den Hopfen, welcher zu der starken Hopfengabe bei Bereitung des Ale, besonders des Export-Ale, benutzt worden ist, demnächst für die Hopfengabe beim Porter verwendet. Dieser Gebrauch ist heute thatsächlich in England allgemein verbreitet. Dies führt auf den Gedanken, daſs das Wiederauskochen des Hopfens gewiſs einen praktischen Werth haben dürfte, daſs man aber nicht im Stande sein wird, hochfeine Biere zu erzeugen, wenn man bis aufs Aeuſserste die Bestandtheile des Hopfens ausnutzt. Malz berichtet über günstige Ergebnisse, welche er mit der von Hansen in der Carlsberger Brauerei rein gezüchteten Hefe erzielt hat. Die Biere der von Hansen gezüchteten Hefe Nr. I klären sich sehr langsam und bedürfen einer langen Lagerzeit, leisten aber in Hinsicht auf die Haltbarkeit Auſserordentliches. Nr. II klärt sich sehr schnell, ist aber nur für Biere, welche keinen langen Transport zu erdulden haben, zu empfehlen. Delbrück glaubt, daſs in Carlsberg, wie in jeder anderen Brauerei, die Hefe verschieden ausfällt, daſs also die einzelnen Sendungen unter einander verschieden gewesen sind und daſs sich dadurch die verschiedenartigen Urtheile über diese Hefe erklären. Es ist aber auſserordentlich schwierig, aus einzelnen Zellen Hefe zu züchten, und würde Delbrück es für sehr viel wichtiger halten, wenn jeder Brauer jeden Augenblick selber im Stande wäre, seine Hefe von den Zellen, die er nicht haben will, wieder zu reinigen. Wenn man z.B. einen Zeug nur einen kurzen Augenblick auf 50° erwärmt, so ist es möglich, daſs die uns unangenehmen Hefezellen abgetödtet werden und die anderen noch so viel Lebenskraft haben, daſs, wenn wir denselben geeignete Nahrung und passende Temperatur geben, sich nur die guten Zellen entwickeln und die anderen weit überholen. Ulrich hat mit der reinen Hefe gute, Andere haben zweifelhafte Erfolge erzielt. Francke (a. a. O. S. 282) erörtert die Frage, ob der ungenügende Bruch des Bieres auf die Beschaffenheit der Gerste zurückzuführen ist. Ein schlechter Bruch beim Fassen ist meist auf eine mangelhafte Ernährung der Hefe zurückzuführen. Besonders wichtig ist, nur abgelagertes Malz zu verwenden. Es ist von verschiedenen Seiten berichtet worden, daſs im letzten Jahre ein Malz, welches in frischem Zustande zur Bierbereitung vollkommen untauglich war, nach 6 bis 8 wöchentlichem Lagern sich ganz vorzüglich dazu geeignet hat, daſs, wenn vorher kein Zeugwechsel helfen wollte, jetzt mit derselben Hefe eine sehr gute Gährung erhalten wurde. Es ist ja auch eine ganz alte Erfahrung der Brauerwelt, daſs abgelagertes Malz sich am besten zum Brauen eignet, und es unterliegt keinem Zweifel, daſs während des Lagerns eine Umwandlung im Malze vor sich geht, über die wir freilich noch sehr wenig wissen. Das Malz wird mürbe, die Verzuckerungsfähigkeit nimmt zu und vielleicht ist auch die Vermuthung nicht ausgeschlossen, daſs durch den gröſseren oder geringeren Säuregehalt, den jedes Malz besitzt, auch noch eine langsame Peptonisirung des Eiweiſs stattfindet und daſs dadurch ein älteres, länger gelagertes Malz zur Gährung und zur Ernährung der Hefe tauglicher wird als ein frisch von der Darre kommendes. Versuche haben ergeben, daſs gerade die mährischen Malze im letzten Jahre schwer verzuckern, so daſs man bei den Extractbestimmungen selbst nach ¾ Stunden noch eine Stärkereaction mit Jod bekommt, daſs dagegen bei den schlesischen Malzen die Verzuckerung bedeutend schneller vor sich geht, da schon in 20 bis 25 Minuten jede Reaction auf Stärke vollkommen verschwunden ist. Es scheint daher gerade beim Gebrauche frischer mährischer Malze groſse Vorsicht beim Aufmaischen geboten, um nicht durch Kleister- oder Dextrintrübungen in groſse Verlegenheit zu kommen. So beobachtete auch Kempe (a. a. O. S. 235) eine Stärketrübung, welche mit zu den nachtheiligsten Störungen gehört. Noback hat die Beobachtung gemacht, daſs alles abgelagerte Malz Feuchtigkeit in der Hülse aufgenommen hat. Jeder, welcher mit sehr jungem Malz gearbeitet hat, wird wissen, daſs die Treber beim Abläutern von einem jungen, frisch gedarrten Malze ganz anders aussehen wie von einem alten. Wenn man nämlich frisch gedarrtes Malz in die Quetsche oder Mühle bringt, so werden die sehr feinen Theilchen der Hülsen zerrieben und bilden also nicht mehr eine so gute Filterschicht, so daſs man seine Plage hat, die Würze von einem frischen Malze richtig aus dem Läuterbottiche herunter zu bekommen. Bei Verwendung alten Malzes laufen die Würzen schneller und blanker herunter. Wir wissen, daſs, wenn die Würze länger auf den Trebern liegt, wenn der Läuterprozeſs länger dauert, sehr leicht die Neigung zur Säurebildung im Bottiche vorhanden ist. Auch Rösicke hat beobachtet, daſs der Bruch in diesem Jahre anfangs ein nicht so guter wie in früheren Jahren war, daſs aber mit dem Aelterwerden des Malzes die Gährung und namentlich der Bruch sich besserte. Die Gährung wird immer schlechter, wenn man im Herbste aufhört, mit altem Malze zu arbeiten, und namentlich kennzeichnet sich dies durch die Verschlechterung des Bruches. Das Waschen der quellreifen Gerste ist nach Reinicke durchaus nöthig, denn wenn die Reinlichkeit in der Brauerei als oberster Grundsatz gilt und wenn nachgewiesen ist, daſs die Gerste sehr schmutzig ist, so ergibt sich ganz von selbst die Nothwendigkeit, daſs die Gerste gewaschen werden muſs. Früher ist vielfach versucht worden, die trockene Gerste zu waschen, aber überall mit schlechtem Erfolge, da die Schmutztheilchen an der trockenen Gerste sehr fest sitzen und es einer eingehenden Bearbeitung mit Bürstensystemen und eines lange anhaltenden Waschens bedarf, um von der trockenen Gerste den Schmutz herunterzubekommen. Wenn dagegen die Gerste fertig geweicht ist, so ist der Schmutz locker geworden und durch eine leichte Spülung zu beseitigen. Dazu kommt, daſs die geweichte Gerste das Runzelige verloren hat, welches sie trocken besitzt; die Vertiefungen sind ausgeglichen und es bleibt nur die Mittelrinne. Ein weiterer Grund, die Gerste nicht vor dem Einweichen zu waschen, liegt darin, daſs, wenn der Waschprozeſs sich in jeder Weise bewähren soll, durch denselben nicht nur der Schmutz weggeschafft werden muſs, der von vornherein an der Gerste haftet, sondern vor allem auch die klebrigen, übelriechenden Substanzen, welche sich während der Quelldauer bilden; diese aber werden mit entfernt, wenn das Waschen erst am Ende der Weichdauer stattfindet. Die Gerste verliert, nachdem sie gewaschen ist, das Schlüpfrige, das sie sonst an sich hat, und an Stelle des bekannten Weichgeruches tritt ein frischer, gesunder Geruch. Dieser Unterschied bleibt während der ganzen Dauer bestehen, so daſs man bei Haufen, welche 5 bis 6 Tage alt sind, unterscheiden kann, ob sie gewaschen sind oder nicht. Auch von anderen Seiten wird die Nothwendigkeit des Waschens der Gerste anerkannt. Der Vorstand des Vereins Versuchs- und Lehranstalt für Brauerei in Berlin (a. a. O. S. 293) empfiehlt folgende Normenbestimmungen über den Handel mit Gerste, namentlich bezüglich der Keimfähigkeit: „1) Klagen bezüglich der Keimfähigkeit sind zulässig innerhalb 8 Tagen nach Empfang der Waare. 2) Es ist eine bestimmte, in Procent keimfähiger Körner auszudrückende Keimfähigkeit zu verbürgen. Der Käufer hat das Recht, die Waare zur Verfügung zu stellen, sobald die zugesicherte Keimfähigkeit um 5 Proc. oder mehr unterschritten wird. 3) Stimmen die Behauptungen des Verkäufers und Käufers über die Keimfähigkeit nicht überein, so entscheidet das Gutachten des Laboratoriums des Vereins „Versuchs- und Lehranstalt für Brauerei in Berlin“. 4) Das Gutachten ist in der Weise einzuholen, daſs von der Waare vor Zeugen, den Handelsgebräuchen gemäſs, eine Durchschnittsprobe gezogen und von derselben 0k,5 versiegelt dem Vereinslaboratorium übersendet wird. Dieses gibt sein Gutachten nach angestelltem Keimversuch ab.“ Diese sowie die folgenden Vorschläge über den Einkauf von Hopfen werden angenommen: „1) Klagen bezüglich der Schwefelung des Hopfens sind zulässig innerhalb 10 Tagen nach Empfang der Waare. 2) Es liegt die Zusicherung vor, daſs der Hopfen nicht geschwefelt sei. 3) Nimmt der Käufer entgegen der Bürgschaft an, daſs der Hopfen geschwefelt sei, so entscheidet ein Gutachten des Laboratoriums des Vereins „Versuchs- und Lehranstalt für Brauerei in Berlin“. 4) Das Gutachten ist in der Weise einzuholen, daſs von der Waare vor Zeugen, den Handelsgebräuchen gemäſs, eine Durchschnittsprobe gezogen und von derselben 0k,25 versiegelt dem Vereinslaboratorium übersendet wird. Dieses gibt sein Gutachten nach vorgenommenen Analysen ab.“ Nach Mittheilung von Gregory hat sich die Zimmer'sche Würzeschleuder (1884 251 * 167) insofern bewährt, als das damit hergestellte Bier sich durch gleichmäſsige Gährung und Haltbarkeit auszeichnet; dieselbe hat aber bis jetzt noch den Fehler, daſs sie zu viel Schaum erzeugt. Das Rothwerden des Weiſsbieres, wird nach Delbrück durch Kugelbacterien von der Form der Sarcina veranlaſst. Wenn er nicht fürchtete, daſs der Hopfen gegen die Sarcina wirkungslos ist, würde er vorschlagen, bei Weiſsbier einen Hopfen zu versuchen, welcher reich ist an desinficirender Kraft, ohne zu starke Bitterkeit zu verursachen, und dann vielleicht den Hopfen schon etwas früh beim Maischprozesse zuzugeben. Zwischen der untergährigen und der Weiſsbier-Brauerei besteht ja der Unterschied, daſs bei der Untergährung der ganze Maischprozeſs ohne Zusatz von Hopfen verläuft, und letzterer erst hinzukommt, wenn gesiedet werden soll, während in der Weiſsbierbrauerei, wo auch mit 2 Maischen gearbeitet wird, der Hopfen schon während des Maischprozesses hinzugesetzt wird. Dies geschieht deshalb, weil man die Erfahrung gemacht hat, daſs schon während des Maischprozesses Säuerung eintritt. Diese Säuerung ist bei obergährigem Biere so sehr gefährlich, weil viel weniger Hopfen gegeben wird, die Gährung bei höherer Temperatur verläuft und weil die Würze gar nicht gekocht wird. Man setzt nun den Hopfen erst dann zu, wenn die Maische schon auf 40° kommt. Delbrück schlägt vor, den Hopfen vorher mit Wasser anzusieden, diesen Hopfenabsud mit kaltem Wasser zu vermischen und gleich beim ersten Einmaischen hinzuzufügen, um von vorn herein die Entwickelung der Bacterien auszuschlieſsen. Es empfiehlt sich ferner, den gequellten Weizen zu waschen, um denselben von Bacterien zu befreien. Von anderen Seiten wird hervorgehoben, daſs es wichtig sei, das Weiſsbier so schnell als möglich vom Kühlschiffe herunterzunehmen und die Hefe häufig zu wechseln. Die Beurtheilung des Brauwassers ist nach Delbrück (a. a. O. S. 296) noch unsicher. Es ist nicht zu bezweifeln, daſs in einzelnen Fällen das Wasser wirklich von schädlichem Einflüsse gewiesen ist; es kommen aber auch zahlreiche Fälle vor, wo das scheinbar schlechte Wasser einen solchen Einfluſs nicht ausgeübt hat und wo ein ganz schlechtes Trinkwasser ein vorzügliches Bier lieferte. Der Chemiker wird in den seltensten Fällen eine bestimmte Aussage dahin abgeben können, daſs das Wasser ein schlechtes Bier geben müsse, oder als die Ursache dieser oder jener Erscheinung zu betrachten sei. Es bleibt in einem solchen Falle nichts übrig, als vorzuschlagen, einen Versuchssud zu machen, normales Wasser zu nehmen und daneben auch mit dem fraglichen Wasser einen Sud auszuführen, die Gährung verlaufen zu lassen und sich daraus ein Urtheil zu bilden. Wasser, welches organische Stoffe, Ammoniak, Salpetrigsäure u. dgl. enthält, kann zur Entwickelung von Bacterien Veranlassung geben. Gewisse Bacterien freilich werden vom Hopfen so abgeschwächt, daſs sie nicht zur Geltung kommen; aber es könnte sein, daſs ein Wasser andere Bacterien enthält, für welche der Hopfen kein Gift ist und die wirklich auf den Brauprozeſs schädlich wirken. Hier sind also weitere Versuche und Erfahrungen nöthig. Nach Noback kann ein Brauwasser sich vollkommen eignen zur Erzeugung von Münchener Bieren, während ein zweites Wasser sich zur Bereitung von Pilsener Bier eignet. Wenn es sich um die Erzeugung der feinsten Bier-Arten handelt, so ist es nicht möglich, mit Münchener Wasser Biere von dem typischen Pilsen er Charakter und mit Pilsener Wasser Biere von dem typischen München er Charakter zu brauen. Das harte Wasser, welches in München zur Bierbrauerei verwendet wird, wirkt schon von vorn herein, weil es hart ist, viel weniger auslaugend auf das Gerstenkorn als das weiche Pilsener Wasser (vgl. 1882 245 232). Kommt die Gerste nun von dem Quellstocke in die Tenne, so wird das Wasser mitgehen; je 100k geweichter Gerste enthalten 40 bis 45k Wasser, führen mithin eine Menge mineralischer Bestandtheile mit sich, welche in dem Gerstenkorne, wenn es Malz wird, bleiben und für den Gährprozeſs eine Art mineralischer Nahrung bilden, die aber auch schon beim Brauprozesse von groſsem Einflüsse sein werden. Es ist eine alte Erfahrung, daſs man, um 1hl Bier zu erzeugen, 2hl Wasser braucht. Eine gewisse Menge bleibt ja in den Trebern zurück; immerhin kann man sagen, daſs die Menge mineralischer Bestandtheile, welche das Wasser enthält, im Biere potenzirt auftritt, und daſs die mineralischen Bestandtheile des Wassers auf den Charakter des Bieres von groſsem Einflüsse sein müssen. Noback stellt nun in dieser Beziehung – wenngleich wir ja heute hunderttausende gute Biere haben, von denen sich nur wenige unmittelbar einander gleichstellen lassen – doch 3 oder 4 Typen auf: 1) das Bier, wie es heute in Berlin gebraut wird, 2) das Münchener, 3) das Wiener, 4) das Pilsener Bier. Die drei Typen: München, Wien, Pilsen sind mit auf den Wassergehalt zurückzuführen. Von anderer Seite wird dem Brauwasser ein solcher Einfluſs nicht eingeräumt. Nach Gregory kann man mit demselben Wasser 3, ja 5 Sorten Bier brauen (vgl. 1877 224 217. 1880 238 437).