Titel: F. van Rysselberghe's Telephoniren auf grosse Entfernungen.
Fundstelle: Band 257, Jahrgang 1885, S. 62
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F. van Rysselberghe's Telephoniren auf groſse Entfernungen. Mit Abbildungen. F. van Rysselberghe's Telephoniren auf groſse Entfernungen. Obwohl Graham Bell schon im J. 1877, also zur Zeit des ersten Auftretens des Telephons, zwischen New-York und Boston (400km) telephonirte, wird doch das Telephoniren auf groſse Entfernungen wesentlich erschwert, wenn die Telephonleitung an demselben Gestänge mit gewöhnlichen Telegraphendrähten geführt ist. Ist sie von diesen Drähten nicht weit entfernt, so erzeugt das Arbeiten in den letzteren in dem Telephone ein Geräusch, welches das Verständniſs der gesprochenen Worte sehr erschwert. Als Abhilfe dagegen ist – jedoch ohne genügenden Erfolg – vorgeschlagen worden, die Lautwirkung des Telephons so kräftig zu machen, daſs sie die fremden Geräusche merklich überwiegt. Die Benutzung zweier Drähte als Hin- und Rückleitung ferner vermindert zwar die Inductionswirkung beträchtlich, weil die Telegraphirströme in den beiden Telephondrähten entgegengesetzt gerichtete und sich daher ausgleichende Inductionsströme erregen. Dennoch verschwindet das durch die Induction hervorgebrachte Geräusch auch dabei nicht vollständig, weil die Telephondrähte sich nicht in ganz gleicher Entfernung von jedem Telegraphendrahte befinden werden. Man hat deshalb günstigere Verhältnisse dadurch zu beschaffen gesucht, daſs man die Telephonleitungen nicht parallel spannt, sondern in langgezogenen Schraubenlinien um einander herum führt, indem man ihre Stellung an den Stangen oder Säulen in gewissen Entfernungen längs der Leitungsrichtung wechselt (vgl. auch Oesterreich 1883 248 * 330). Weiter versuchte man die Inductionswirkung der neben einander hinlaufenden Drähte durch die Einschaltung von Inductoren zu beseitigen, deren zwei Rollen im entgegengesetzten Sinne, wie die parallel gespannten Drähte, auf einander inducirend wirkten. Fig. 1., Bd. 257, S. 63 Auf noch anderem Wege ging F. van Rysselberghe (vgl. 1883 249 * 260) vor. Anfänglich schaltete er die Telephone F (Fig. 1) in eine mit Morse betriebene Telegraphenleitung ein, legte einen Elektromagnet M1 von mindestens 500 Ohm Widerstand zwischen die Batterie B und den Arbeitscontact des Tasters T und einen zweiten Elektromagnet M2 zwischen den Taster und die Leitung und benutzte zugleich einen Condensator C von zwei Mikrofarad Capacität, welcher einerseits mit der Achse des Tasters T, andererseits mit der Erde verbunden wurde. Später hat F. van Rysselberghe nachgewiesen, daſs der Fernsprecher F, anstatt wie in Fig. 1 in die Telegraphenleitung L selbst eingeschaltet zu werden, besser mittels eines Condensators mit derselben verbunden werden könne. Bei einer solchen Schaltung ist dann das Telephon von dem anderen Telegraphenapparate ganz getrennt und der durch den Telegraphenapparat (z.B. einen Morseschreibapparat, wie S in Fig. 1) zur Erde führende Stromweg schwächt die Lautwirkung des Telephons keineswegs, wenn der Widerstand auf diesem Stromwege mindestens 1000 Ohm beträgt. Die gleichzeitige Benutzung desselben Drahtes zum Telephoniren und für den Morsebetrieb war so fast noch einfacher gelöst, als bei den bis zum J. 1877 zurückreichenden (vgl. 1882 245 231) älteren Versuchen. Bei dem Telegraphiren auf groſse Entfernung ist man indessen genöthigt, zwei Drähte zu benutzen, damit man nicht in der einen Leitung Alles mithöre, was auf einer anderen, benachbarten gesprochen wird. Wenn es sich nun dabei darum handelt, die Theilnehmer an den Fernsprechnetzen zweier verschiedener Städte durch Vermittelung einer solchen zweidrähtigen Verbindungsleitung mit einander zum Sprechen zu verbinden, so entspringt eine neue Schwierigkeit daraus, daſs die Verbindungsleitung zweidrähtig ist, während die Theilnehmer durch einfache Drähte an das städtische Telephonnetz angeschlossen zu werden pflegen. Auch diese Schwierigkeit ist durch Benutzung eines Inductors als Uebertragen (vgl. 1883 250 * 346. 1884 252 * 23) schon vor längerer Zeit überwunden worden. Fig. 2. Fig. 3., Bd. 257, S. 64 F. van Rysselberghe benutzt dazu nach der Revue universelle, 1885 Bd. 17 S. 228 in etwas abweichender Form die in Fig. 2 und 3 skizzirte Schaltungsweise. Die Morseapparate der Telegraphenämter A1 bezieh. A2 Taster T nebst Batterie B und Schreibapparat S – sind in der bereits erwähnten Weise mit den Vorkehrungen gegen die Inductionswirkungen – nämlich den beiden Elektromagneten M1 und M2 von je 500 Ohm Widerstand und dem Condensator C von je 2 Mikrofarad Capacität – ausgerüstet und in gewöhnlicher Weise in die Leitung L1 bezieh. L2 eingeschaltet. Diese beiden Leitungen bilden zugleich die zweidrähtige Verbindungsleitung zwischen den beiden Telephonnetzen der zwei Städte; doch sind diese Leitungen nicht zu einer Schleife vereinigt, sondern sie enden jenseits des letzten Amtes A1 bezieh. A2 in jeder Leitung L1 oder L2 an der einen Belegung eines kleineren Condensators c1 oder c2 von nur ½ Mikrofarad Capacität und von der anderen Belegung dieser Condensatoren führen die Leitungen L3 bezieh. L4 nach dem Vermittelungsamte des Fernsprechnetzes der nach dieser Seite hin gelegenen Stadt und schlieſsen sich in diesem Amte an die beiden Enden n1 und n2 der einen Rolle des zur Uebertragung zu benutzenden Inductors U an, deren Mitte e zur Erde abgeleitet ist; die zweite Rolle n dieses Inductors U ist mit dem einen Ende an Erde gelegt und wird in die Leitung N desjenigen Theilnehmers eingeschaltet, welcher mit einem Theilnehmer des Fernsprechnetzes der anderen Stadt in ein Gespräch treten will oder soll; hinter dem Fernsprecher F des ersteren Theilnehmers führt die Leitung N ebenfalls zur Erde. Haben nun die Telephonströme in der Leitung L1 L2 z.B. die durch die an diese Leitungen gesetzten Pfeile angedeuteten Richtungen, so treten in die Leitungen L3 und L4 Ströme von der ebenfalls durch Pfeile an L3 und L4 in Fig. 2 und 3 angegebenen Richtung; diese Ströme haben in den Rollentheilen n1 e und n2 e übereinstimmende Richtung und wirken daher in gleichem Sinne inducirend auf die Rolle w, weshalb der in der Anschluſsleitung N inducirte Strom die Richtung besitzt, welche die an N und deren Erdleitungen gezeichneten Pfeile angeben. Auf diese Weise werden durch U nicht nur die mittels eines in die Leitung L1 L2 eingeschalteten Telephones gehaltenen Gespräche in die Leitung N übertragen und in dem Telephon F (Fig. 3) vernehmbar gemacht, sondern umgekehrt überträgt U auch das, was gegen das letztere Telephon gesprochen wird, in die Leitung L1 L2.