Titel: Die Verwendung von Stahl zu Brückenbauten in Nordamerika.
Fundstelle: Band 257, Jahrgang 1885, S. 350
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Die Verwendung von Stahl zu Brückenbauten in Nordamerika. Krohn, über Verwendung von Stahl zu Brücken u. dgl. Wie R. Krohn in der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, 1885 S. 382 berichtet, hat bei nordamerikanischen Brückenbauten Fluſseisen vielfach Verwendung gefunden und sind die Erfahrungen, welche bisher mit diesem Materiale gemacht wurden, durchweg gute. Diese günstigen Ergebnisse sind in erster Linie der peinlichen Sorgfalt zuzuschreiben. mit welcher die betreffenden Ingenieure bei Auswahl des Materials zu Werke gehen, sowie dem Entgegenkommen der Hüttenwerke, welche den strengen Anforderungen der Bauingenieure bereitwilligst nachzukommen suchen. In den älteren Lieferungsbedingungen war die Herstellungsweise des Fluſseisens meist freigestellt; sowohl Bessemerstahl wie Martinstahl sollten zugelassen werden. In den neueren Lieferungsheften ist meist von vornherein die Verwendung von Martinstahl ausbedungen. Allgemein]st die Vorschrift, daſs von jeder Hitze ein kleiner Probeblock gegossen werden soll, welcher sofort zu einem Rundeisen von 20mm Durchmesser auszuwalzen ist. Für jede Hitze wird am Versuchsstabe wenigstens die Elasticitätsgrenze, die Bruchgrenze und die Dehnung ermittelt. Wenn dieser Probestab den Anforderungen des Bedingungsheftes nicht genügt, so wird der ganze Posten verworfen. Die Anforderungen werden verschieden gestellt, je nach der Verwendung des Stahles. Nachstehend sind die gebräuchlichsten Bedingungen wiedergegeben. Stahl in gedrückten Constructionstheilen, in Bolzen und Walzen, soll wicht weniger als 0,34 Proc. Kohlenstoff, sowie höchstens 0,1 Proc. Phosphor enthalten. Der Probestab von 20mm Durchmesser soll um den eigenen Durchmesser bis zu 180° kalt gebogen werden können, ohne Spuren eines Risses zu zeigen. Die Elasticitätsgrenze soll zwischen 35 und 42k/qmm, die Bruchfestigkeit zwischen 56 und 63k/qmm liegen. Der Probestab soll auf einer Länge von 200mm eine Dehnung von mindestens 15 Proc. und eine Quercontraction von mindestens 25 Proc. aufweisen. Für gezogene Constructionstheile und Nieten darf der Stahl höchstens 0,25 Proc. Kohlenstoff und 0,1 Proc. Phosphor enthalten. Ein Probestab von 20mm Durchmesser soll um den eigenen Durchmesser entweder bis 180° und wieder zurück, oder bis 360° kalt gebogen werden können, ohen Spuren eines Risses zu zeigen. Die Elasticitätsgrenze soll zwischen 28 und 35k/qmm, die Bruchgrenze zwischen 49 und 56k/qmm liegen. Die Dehnung soll auf einer Länge von 200mm mindestens 18 Proc. und die Quercontraction mindestens 40 Proc. betragen. Die Guſsblöcke werden vor dem Auswalzen entweder unter dem Dampfhammer, oder in Vorwalzen verdichtet. Die Augenstäbe werden nach der Bearbeitung – nach dem Ausschmieden der Augen – ausgeglüht. Alsdann wird jeder einzelne Zugstab eingespannt, bis zu 14k/qmm belastet und die Dehnung desselben gemessen. Der aus dieser Dehnung zu berechnende Elasticitätsmodul muſs zwischen 19500 und 21000 liegen. Trotz der groſsen Sorgfalt, welche bei der Auswahl des Materials aufgewendet wird, vermeiden vorsichtige Ingenieure, solche Constructionstheile, welche unmittelbar den Stöſsen der bewegten Last ausgesetzt sind, in Stahl herzustellen. Für die Fahrbahnconstruction ist meistens – auch bei Brücken, deren Hauptträger aus Stahl bestehen – Schmiedeisen verwendet. Für genietete Theile wird vorgeschrieben, daſs die Nietlöcher, welche in Schmiedeisen sämmtlich auf volle Weite gelocht werden, in Stahlstäben mit einem um 25 Proc. kleineren Durchmesser zu stoſsen sind und alsdann auf richtiges Maſs nachgebohrt werden sollen. In Folge des erhöhten Preises des so geprüften Stahles gewähren die Stahlconstructionen bei Anwendung des gleichen Sicherheitscoefficienten nur bei gröſseren Spannweiten, bei welchen das Eigengewicht einen wesentlichen Einfluſs auf die Spannungen hat, den Schmiedeisenconstructionen gegenüber eine nennenswerthe Ersparung. Kleinere Brücken werden fast immer in Schmiedeisen hergestellt.