Titel: Ueber Neuerungen an Kleindampfmaschinen.
Fundstelle: Band 259, Jahrgang 1886, S. 57
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Ueber Neuerungen an Kleindampfmaschinen. (Patentklasse 14. Fortsetzung des Berichtes S. 1 d. Bd.) Mit Abbildungen im Texte und auf Tafel 1, 4. ff. Ueber Neuerungen an Kleindampfmaschinen. 2) Vom Dampferzeuger getrennte Maschinen: a) mit einem Cylinder. Kleine schnell laufende Maschinen mit einem Cylinder, welche in der Grundform den groſsen Maschinen mehr oder weniger gleichen, sind namentlich in Nordamerika viel verbreitet. So findet sich im Scientific American, 1882 Bd. 47 * S. 246 eine von der Taylor Manufacturing Company in Chambersburg, Pa., gebaute, unter dem Namen Tiger Stationary Engine eingeführte kleine liegende Maschine dargestellt. Dieselbe hat eine Grundplatte und auſserdem einen kräftigen Balken zwischen Cylinder und Kurbellager und ist mit gewöhnlichem Muschelschieber und Pickering'schem Regulator versehen. – Eine von A. L. Ide in Springfield, 111., gebaute, als Ide-Engine eingeführte Maschine ist im Scientific American Supplement, 1884 * S. 6759 beschrieben. Dieselbe ruht mit dem sehr hohen Balken, an welchen der Cylinder frei schwebend angebolzt ist, unmittelbar auf dem Unterbaue. Zur Steuerung dient ein unter dem Cylinder befindlicher Kolbenschieber, zu dessen Bewegung eine von dem Excenter in Schwingung versetzte Hilfswelle unter der Geradführung angebracht ist. Der Regulator ist am Schwungrade angeordnet und bewirkt eine Quer Verschiebung des Excenters. Besondere Sorgfalt ist auf die Schmierung aller sich reibenden Theile verwendet. Nach dem Techniker, 1883 * S. 209 ist in Fig. 1 Taf. 4 eine von D. N. Melvin entworfene und von J. Beggs und Comp. in New York gebaute stehende Maschine abgebildet, welche gleich den Maschinen von Vallet (vgl. 1879 232 * 6) sowie von Lane und Reynolds (vgl. 1885 255 * 411) als Woolf'sche Maschine mit einem Cylinder aufzufassen ist. An den Kolben ist ein Rohr angegossen, welches mittels Stopfbüchsenpackung abgedichtet ist. Die Pleuelstange greift an einen im Kolben liegenden Zapfen J an, so daſs die ganze Maschine sehr niedrig ausfällt. Mittels langer Schrauben M können die Lagerschalen des Zapfens J nachgestellt werden. Welle und Kurbelzapfen sind aus Stahl, die Kurbelscheiben aus Guſseisen, die Lagerfutter aus Babbits-Metall (vgl. 1880 236 347). Die Maschine soll etwa 230 Umdrehungen in der Minute machen. Sehr leichte Maschinchen für Torpedoboote u. dgl. werden von C. Ahrbecker und Sohn in London gebaut. Im Engineering, 1879 Bd. 28 * S. 264 ist eine solche Maschine mit 63mm Cylinderdurchmesser und 76mm Hub beschrieben, welche sammt dem aus einem 23m langen gewundenen Rohr bestehenden Dampferzeuger 20k,5 und ohne denselben nur 9k,6 wiegt (vgl. Braby 1885 258 234). Dieselbe arbeitet mit 10at,5 Spannung, soll 500 Umdrehungen in der Minute machen und dabei eine Leistung von 4e liefern. Eine nach denselben Grundsätzen gebaute Compoundmaschine ist später unter den mehrcylindrigen Maschinen besprochen. Die Coalbrookdale Ironworks Company in Coalbrookdale, Shropshire, baut einfach wirkende Maschinen nach dem Entwürfe von Elwell und Parker, welche, unter der Bezeichnung Electric eingeführt, hauptsächlich zum Betriebe der von derselben Firma gebauten Dynamomaschinen bestimmt sind. Fig. 2 Taf. 4 veranschaulicht nach Iron, 1884 Bd. 24 * S. 374 die Anordnung derselben. Wie daraus ersichtlich, stimmt diese Anordnung des einen Cylinders in der Hauptsache mit der bei den bekannten Dreicylindermaschinen überein, denen gegenüber sie sich jedoch durch die gröſsere Einfachheit auszeichnet. Allerdings ist ja mit 3 Cylindern und drei um 120° verstellten Kurbeln ein gleichmäſsigerer Antrieb und eine gleichmäſsigere Geschwindigkeit während jeder Kurbeldrehung zu erreichen. Wenn aber eine Maschine, wie die in Rede stehende, 500 Umdrehungen in der Minute macht, so wird selbst bei mäſsig groſsem Schwungrade die Gleichmäſsigkeit des Ganges während einer Umdrehung kaum etwas zu wünschen übrig lassen. Der Cylinder ist, für sich gegossen, in den die Welle tragenden Kasten eingesetzt und mit Stahlblech umkleidet. Zur Steuerung dient ein aus drei Eingen zusammengesetzter Kolbenschieber ohne Liderung. Der Abdampf tritt zunächst in den Kasten und entweicht aus diesem bei b. Der Cylinderdeckel trägt einerseits den Regulator mit wagerechter Spindel, andererseits einen Kolbendrosselschieber, dessen Spindel unmittelbar mit dem Regulator in Verbindung steht. Die Eintrittsöffnungen für den Dampf erscheinen für so groſse Geschwindigkeiten etwas eng. Die Schmierung wird wie bei der Maschine von Westinghouse (1882 246 * 349) u.a. in der Weise bewirkt, daſs der Kasten bis zu einer gewissen Höhe mit Wasser und darauf schwimmender Oelschicht gefüllt wird, in welch letztere die Kurbel bei jeder Umdrehung eintaucht, wodurch allerdings ein nicht unerheblicher Widerstand hervorgerufen wird. Ein Theil des umhergespritzten Oeles gelangt durch die Höhlungen a zu den Wellenlagern, welche nach auſsen durch je eine halbe Stopfbüchse abgedichtet sind, und von diesen zurück in den Kasten. Das Oel wird aus einem bei o auf das Dampfrohr aufgeschraubten Schmierapparate in den Dampf eingeführt. R. Holtz in Ovelgönne bei Ottensen (* Erl. D. R. P. Nr. 21023 vom 20. Juni 1882) hat die an sich nicht neue Anordnung einer stehenden doppelt wirkenden Maschine, welche in Fig. 3 und 4 Taf. 4 dargestellt ist, für Kleinmotoren verwendet. Die Kolbenstange geht durch den oberen Cylinderdeckel und ist durch ein Querstück T mit zwei Stangen F verbunden, welche am unteren Ende eine Kurbelschleife tragen. Zur Steuerung dient hier ein auf die Kurbelwelle aufgekeilter Scheibenhahn S, welcher in ein an das Gestell angegossenes cylindrisches Gehäuse eingeschlossen ist. Der Dampf strömt in der Richtung der Welle durch E zu und, nachdem er im Cylinder gewirkt hat, durch die Höhlung des Hahnes in das Ausströmrohr A. Maschinen mit schwingendem Cylinder sind für Kleindampfmotoren verschiedentlich benutzt. C. Jacobsen in Stockholm (* D. R. P. Nr. 24450 vom 12. Mai 1883) hat eine Anordnung gewählt, welche im Wesentlichen mit derjenigen der bekannten Schmid'schen Wassermotoren (vgl. 1875 215 * 15) übereinstimmt; nur ist die Kurbelwelle und die Drehachse des Cylinders senkrecht gestellt, so daſs die Maschine zum unmittelbaren Antriebe lothrechter Wellen geeignet ist. Die Zapfenlager des Cylinders sind festgelegt und dafür ist das die Zuström- und Abströmkanäle enthaltende Guſsstück, an dessen Hohlfläche der Cylinder hin- und hergleitet, verschiebbar gemacht. Bei der in Fig. 5 bis 7 Taf. 4 veranschaulichten schwingenden Maschine von A. W. Harrison in Abergavenuy, England (* D. R. P. Nr. 22070 vom 25. Juli 1882), dient ein in gewöhnlicher Weise durch ein Excenter bewegter Schieber I zur Steuerung, welcher zwischen einem feststehenden Kanalgehäuse A und dem schwingenden Cylinder gleitet und dabei durch Knaggen L, welche auf A aufgeschraubt sind, geradlinig geführt wird. Die Kanalmündungen auf den Dichtungsflächen, wie auch die durchgehenden Kanäle im Schieber verlaufen concentrisch zur Drehachse des Cylinders. Die beiden Einströmkanäle B und B1 in A sind durch einen Längskanal mit einander vereinigt und treten durch die Schieberkanäle J und J1 abwechselnd mit den Cylinderkanälen H und H1 in Verbindung. Dasselbe gilt von den Ausströmkanälen C und C1, für welche im Schieber entweder schräg durchgehende Kanäle, wie bei K1, oder einseitig erweiterte Kanäle, wie bei K, angeordnet sind. Die beiden kegelförmigen Drehzapfen F des Cylinders laufen in Bronzebüchsen. Durch Verschraubung derselben sowie mit Hilfe einer Stellschraube S kann eine genaue Einstellung des Cylinders erreicht werden, so daſs der Schieber dicht, doch mit sehr geringer Reibung zwischen den Dichtungsflächen gleitet. Zwischen Schieber und Zylinder findet eine aus der hin- und hergehenden und der drehenden zusammengesetzte schleifende Bewegung statt, welche ein Dichtbleiben an dieser Stelle begünstigt. Auf der anderen Seite des Schiebers ist ein Einschleifen von Rillen nicht ausgeschlossen, doch bei genauer Einstellung des Andruckes nicht zu befürchten. Nach dem Engineer, 1884 Bd. 58 * S. 356 wird die Maschine stehend mit unten liegender Kurbelwelle, der Cylinder zwischen zwei Böcken hängend, angeordnet und erhält etwa halbe Füllungen. Dieselbe soll nach mehrjährigem Betriebe bei 4at,2 Dampfspannung am Schieber noch vollkommene Dichtung und kaum zu bemerkende Abnutzung gezeigt haben. Die Maschine mit schwingendem Cylinder von Paul Schnitze in Berlin (* D. R. P. Nr. 18377 vom 15. October 1881, vgl. 1882 245 * 279) soll sich für kleine Leistungen bis zu 2e gut bewährt haben. Für gröſsere Leistungen soll nach dem Zusatzpatente * Nr. 20026 vom 12. Mai 1882 die Anordnung in der Weise umgekehrt werden, daſs der Cylinder festliegt, dagegen der früher festliegende, den Drehzapfen bildende Körper mit den Dampfkanälen eine schwingende Bewegung erhält und als Steuerhahn dient. Bei einer Maschine von H. Tenting und F. Salomon in Paris (* D. R. P. Nr. 28037 vom 14. Februar 1884 mit Zusatz * Nr. 31573 vom 18. November 1884 und * Nr. 32563 vom 23. Januar 1885) wird die Steuerung durch den Kolben selbst bewirkt, indem derselbe auſser seiner hin- und hergehenden Bewegung auch eine Schwingung um seine Längsachse ausführt. Fig. 8 bis 11 Taf. 4 zeigen die neueste Anordnung. Die Welle geht quer durch den Cylinder hindurch, welcher an dieser Stelle mit einer seitlichen rechteckigen Kammer versehen ist, um der Kurbel genügend Raum zu gewähren. Der Kolben (vgl. Fig. 11) besteht aus zwei cylindrischen, geliderten Theilen D, welche durch einen Körper D1 von ringausschnittförmigem Querschnitte (vgl. Fig. 9) verbunden sind. Dieser Körper D1 enthält die Kanäle C und C1 für die Dampfeinströmung, welche in der Längenmitte von der Oberfläche ausgehen und andererseits der eine in den Raum V, der andere in den Raum V1 führen. Ferner ist der Körper D1 mit einem langen Schlitze versehen, in welchen ein auf der Welle befestigtes Excenter K (Fig. 9) eingreift; durch letzteres erhält der ganze Kolbenkörper bei seiner geradlinigen Bewegung eine geringe Drehung um seine Längsachse, wobei die Mündungen der Kanäle C und C1 abwechselnd den beiden Oeffnungen S und S1 im Cylinder gegenüber treten und dadurch der Dampf abwechselnd den beiden Cylinderenden zugeführt wird. Die Dampfausströmung findet allein durch die Oeffnungen a (Fig. 8) statt, welche von den beiden Kolbenkörpern am Ende ihres Einwärtsganges frei gelegt werden. Die Compression beginnt daher gleich nach der Bewegungseinkehrung, was sowohl bezüglich der Dampfausnutzung, wie zur Vermeidung von Stöſsen sehr vortheilhaft ist. Zur Uebertragung der Bewegung vom Kolben auf die Welle wurde ursprünglich eine Kurbelschleife benutzt, welche jedoch jetzt durch eine Pleuelstange ersetzt ist. Damit die letztere nicht zu kurz ausfalle, ist der Cylinder nach der einen Seite hinreichend lang ausgeführt. Um die drehende Bewegung des Kolbens zu ermöglichen, ist die Pleuelstange, wie in Fig. 11 dargestellt, an einen mit dem Kolben verbundenen Kugelzapfen angehängt. – Das erste Zusatzpatent betrifft auch eine Anordnung, bei welcher die beiden Kolbenkörper D verschiedene Durchmesser haben und eine Dampfvertheilung nach Woolf'schem Systeme bewirkt wird. (Fortsetzung folgt.)