Titel: Schrauben- und Dampfumsteuerung für Locomotiven.
Autor: M.
Fundstelle: Band 262, Jahrgang 1886, S. 62
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Schrauben- und Dampfumsteuerung für Locomotiven. Mit Abbildungen auf Tafel 5. Schrauben- und Dampfumsteuerung für Locomotiven. Um dem Locomotivführer die Handhabung der Steuerung, welche besonders beim Verstellen während schneller Fahrt groſse Kraftanstrengung erfordert, zu erleichtern, wird schon seit langer Zeit für schwere Maschinen statt des Umsteuerhebels eine Schraubenspindel zur Bewegung der die Coulisse hebenden oder senkenden Stange verwendet. Im letzten Jahrzehnte sind auch verschiedene Dampfumsteuerungen aufgetaucht, bei welchen die Expansionskraft des Dampfes durch eine Flüssigkeitsbremse gehemmt und so auch die Feststellung der Steuerung in jedem beliebigen Punkte ermöglicht wird.Vgl. Stirling 1876 219 * 108. Pennsylvania-Eisenbahn 1882 244 * 179. Henszey 1882 244 * 264. Diese Umsteuerungen haben jedoch den Uebelstand, daſs die Umstellung der Steuerung bei kalter Maschine, wenn also kein gespannter Dampf vorhanden ist, entweder gar nicht, oder nur mühsam nach Umstellung einer Auslösevorrichtung bewerkstelligt werden kann. Die in Fig. 1 bis 4 Taf. 5 dargestellte und bei der französischen Paris-Lyon-Mittelmeer-Eisenbahn seit dem J. 1880 an mehr als 1000 Locomotiven ausgeführte Anordnung ist von diesem Fehler vollständig frei und damit sowie ihrer Einfachheit und Handlichkeit halber allen anderen Dampfumsteuerungen überlegen. Wie aus der Gesammtanordnung Fig. 1 hervorgeht, ist die Stange T, welche die Verdrehung der Steuerwelle bewirkt, in der üblichen Weise an der Spindelmutter befestigt und kann unmittelbar jederzeit mit Hilfe des Kurbelrades R von Hand verstellt und letzteres dann mittels der Falle f gegen Selbstdrehung gesichert werden. Gleichzeitig ist jedoch die Mutter M mit den zwei excentrisch eingesetzten Kolbenstangen t eines Dampfcylinders D verbunden, welcher durch die längs der Schraubenspindel bis zur verlängerten Nabe des Kurbelrades R geführte Schieberstange s gesteuert wird. Wird das Kurbelrad R vorwärts gedreht, so verschiebt sich dasselbe zunächst etwas nach vorwärts und bewegt hierdurch den Steuerschieber in derselben Richtung, wodurch hinter dem Kolben Dampf eintritt und auf die Spindelmutter in der gewünschten Richtung einen Zug ausübt. Ganz ähnlich wird bei umgekehrter Drehung des Kurbelrades R der Schieber nach links verschoben und auf die Mutter M ein Druck ausgeübt. Ist der Dampfdruck so geregelt, daſs die Zugkraft des Kolbens gerade den Widerstand der Steuerung überwindet, so hat der Führer nichts weiter zu thun, als durch die Drehung der Spindel dem Bewegungsbestreben der Mutter zu folgen, und thatsächlich wird dies so vollständig erreicht, daſs ein schwacher Anstoſs an das als Schwungrad thätige Kurbelrad R genügt, um vollständig umzusteuern, während selbstverständlich eine mäſsige Bremsung des kreisenden Rades R die Spindelmutter zum Stillstande bringt, da das Gewinde weitaus nicht steil genug ist, um eine Drehung lediglich unter dem Zuge des Umsteuerkolbens zuzulassen. Die Einzelheiten der Vorrichtung sind aus Fig. 2 bis 4 ersichtlich. Die zur Steuerung erforderliche Verschiebung des Kurbelrades wird dadurch bewerkstelligt, daſs dasselbe nicht fest auf der Spindel S sitzt, sondern auf einem steilen Gewinde und die Spindel S erst dann mitnimmt, wenn ein von der Radnabe vorstehender Zahn z an einen Vorsprung a der Spindel anstöſst. Diese Vorsprünge, von denen einer bei der Rechtsdrehung, der zweite bei der Linksdrehung in Wirksamkeit tritt, sind so angeordnet, daſs der Hilfskolben bereits umgesteuert ist, wenn die Spindel bei der Drehung mitgenommen wird. Aus Fig. 4 ist das Druckverminderungsventil ersichtlich, bestehend aus einem kleinen Durchgangsventile, welches mit einem durch Federspannung belasteten Kolben verbunden ist. Das Ventil stellt sich selbstthätig so ein, bis der Dampfdruck oberhalb desselben so weit vermindert ist, daſs der Federspannung das Gleichgewicht gehalten wird; die Federspannung wird durch eine mittels Gegenmutter versicherte Stellschraube vom Führer so lange (auf ungefähr 3at) gestellt, bis der oben geschilderte Zustand völliger Ausgleichung erreicht ist. Eine übermäſsige Spannung würde selbstverständlich die Wirkung der Einrichtung vernichten. Bei neuen Ausführungen wird statt des unter der Feder spielenden Kolbens eine federnde Platte aus concentrisch gewelltem Messingblech verwendet, was sich vollständig bewährt, da nur Bewegungen von einigen Millimeter vorkommen. M.

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