Titel: E. Bertrand's Apparat zur Bestimmung des Brechungsvermögens fester Körper.
Fundstelle: Band 263, Jahrgang 1887, S. 130
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E. Bertrand's Apparat zur Bestimmung des Brechungsvermögens fester Körper. Mit Abbildung. Bertrand's Bestimmung des Brechungsvermögens fester Körper. Zur schnellen, genügend sicheren Bestimmung des Brechungsvermögens von flüssigen und festen Körpern, welche in vielen Fällen, besonders bei der Prüfung von Edelsteinen auf ihre Echtheit, von hohem Werthe sein kann, ist von E. Bertrand nach dem Génie civil, 1886 Bd. 9 * S. 44 ein sogen. Refractometer construirt worden, welches gestattet, den Brechungsindex durch einfache Ablesung ohne weitere Rechnung zu bestimmen. Die Wirkung des Apparates beruht auf dem zuerst von Wollaston aufgestellten Prinzipe, den Brechungsindex durch die Ermittelung des Grenzwinkels für die totale Reflexion zu bestimmen. Aehnliche nach demselben Gesichtspunkte schon früher construirte Apparate sind das Refractometer von Abbé (vgl. 1874 213 * 481) und das Totalreflectometer von F. Kohlrausch (vgl. 1878 228 * 425. 229 * 260), welche beide noch in der dritten Decimale genaue Werthe geben, während die Genauigkeit bei dem vorliegenden Apparate nur bis in die zweite Decimale geht. Der Vortheil des neuen Apparates liegt nach Bertrand in der Leichtigkeit mit der sowohl feste, wie flüssige Körper untersucht werden können. Textabbildung Bd. 263, S. 130 Der Apparat besitzt eine Länge von 50mm und einen Durchmesser von 25mm und besteht im Wesentlichen aus drei in einander schiebbaren Röhrensystemen, nämlich dem Okular A, der an ihrem unteren Ende kegelförmig verengten Röhre B und einer dritten Röhre C, welche durch die unter einem Winkel von 30° gegen die Achse des Apparates gerichtete kupferne Platte D abgeschnitten ist. Das Okular hält an seinem äuſseren Ende eine Crownglaslinse K von 20mm Durchmesser und 40mm Brennweite eingeschraubt und ist in der Röhre B verschiebbar, welche letztere an ihrem anderen Ende eine Glasplatte E von 8mm Durchmesser trägt, in deren Mitte sich 80 Theilstriche in einem Abstande von je 0mm,1 und von 10 zu 10 numerirt befinden. In einem kreisrunden Ausschnitte der Platte D ist eine halbkugelförmige Linse L aus stark brechendem Flintglas von 5mm Radius befestigt, deren Mittelpunkt in der Achse des Apparates liegt, während ihre ebene Oberfläche mit der äuſseren Oberfläche der Platte D zusammenfällt. Durch die Oeffnung F, welche durch eine matte Glasplatte verschlossen ist, kann Licht von der der Linse gegenüber liegenden Seite in den Apparat eintreten. Soll nun der Apparat in Gebrauch genommen werden, so wird die mittlere Röhre B so verschoben, daſs die Platte E sich im Brennpunkte der Linse L befindet. Wenn nun das Brechungsvermögen einer Flüssigkeit bestimmt werden soll, so bringt man einen Tropfen derselben auf die ebene Oberfläche der Linse L. Die durch F in den Apparat einfallenden Strahlen werden bei ihrem Eintritte in die Linse L gebrochen und erreichen die Oberfläche der Flüssigkeit. Ein Theil der Strahlen dringt in den Tropfen ein, ein anderer, dessen Einfallswinkel gröſser ist als der Grenzwinkel der totalen Reflexion, wird zurückgeworfen und erhellt den unteren Theil der Glasplatte E, während der obere Theil dunkel bleibt. Da der Grenzwinkel abhängig ist von der Gröſse des Brechungsvermögens, so ist die Linie zwischen hellem und dunklem Felde auf der Platte E für jeden Index eine bestimmte. Die den einzelnen Theilstrichen entsprechenden Werthe sind durch Versuche mit Körpern von bekanntem Brechungsvermögen ermittelt und in einer Tabelle zusammengestellt. Bei der Untersuchung von festen Körpern wird ein Stück derselben mit einer ebenen, polirten Fläche auf die Linse L gelegt und zwischen beide eine Flüssigkeit gebracht, deren Brechungsexponent gröſser ist als der des zu untersuchenden festen Körpers. Die totale Reflexion findet dann einerseits statt an der Grenzfläche zwischen der Flüssigkeit und dem zu untersuchenden festen Körper, andererseits an der Ebene zwischen der Flüssigkeit und der Linse L. Es werden daher zwei Linien auf der Glasplatte E entstehen, deren Verwechselung aber ausgeschlossen ist, da der Brechungsexponent der angewendeten Flüssigkeit vorher bestimmt werden muſs. Bertrand empfiehlt als Flüssigkeit das Dibromnaphtylphenylaceton, dessen Index gleich 1,7 ist, also gröſser als derjenige der meisten festen Körper. Um es vollkommen flüssig zu machen, setzt er demselben einige Tropfen Bromnaphtalin zu, wodurch der Brechungsexponent nur wenig herabgedrückt wird. Wenn von Bertrand als besonderer Vorzug dieses Apparates die Einfachheit des Arbeitens mit demselben im Vergleiche zu der alten allgemein üblichen Newton'schen Methode hervorgehoben wird, so darf betont werden, daſs die erwähnten älteren Apparate von Abbe und Kohlrausch für Flüssigkeiten ebenfalls ein leichtes Arbeiten, daneben aber genauere Ablesungen gestatten. Für rein praktische, keine zu groſse Genauigkeit verlangende Messungen, insbesondere zur Untersuchung fester Körper, ist der Bertrand'sche Apparat bequem und für solche Zwecke zu empfehlen.