Titel: Telephonverbindung zwischen Paris und Brüssel und F. van Rysselberghe's telephonischer Uebertrager.
Fundstelle: Band 264, Jahrgang 1887, S. 270
Download: XML
Telephonverbindung zwischen Paris und Brüssel und F. van Rysselberghe's telephonischer Uebertrager. Mit Abbildungen. F. van Rysselberghe's telephonischer Uebertrager. Ueber die kürzlich dem Betriebe übergebene Telephonverbindung zwischen Paris und Brüssel, hat Director Berthon der Société generale des téléphones nach der Revue industrielle, 1887 S. 149 in einer Sitzung der Sociélé des Ingénieurs civils folgende Mittheilungen gemacht. Auf der 320km langen Linie ist ein doppelter Leitungsdraht von 3mm Dicke aus Siliciumbronze gespannt, welcher 2,4 Ohm Widerstand auf 1km, also im Ganzen nur 1500 Ohm besitzt. Dieser doppelte Leiter hängt auf denselben Stangen wie die Telegraphendrähte und zur vollständigen Unterdrückung der Inductionswirkungen aus den letztgenannten Drähten sind noch besondere Vorkehrungen getroffen. Die erzielten Ergebnisse sind in Folge des geringen elektrischen Widerstandes der Linie vorzüglich.In Uebereinstimmung mit den Ergebnissen der in Nordamerika angebellten Rysselberghe'schen Versuchen über die Tragweite des Telephons (vgl. 887 263 * 586).Die Stimme wird kräftiger wiedergegeben als auf dem Pariser Stadtnetze. Die Siliciumbronze wird aus zuvor hergestelltem SiliciumkupferUeber das Verhalten des Siliciumkupferdrahtes vgl. 1882 245 74.erzeugt, d.h. indem man das Kupfer durch Silicium vom Sauerstoffe befreit (desoxydirt); die geringste Spur von Kupferoxydul vermag das elektrische Leitungsvermögen beträchtlich zu vermindern. Das so behandelte Kupfer erreicht einen jedes andere Kupfer übertreffenden Grad von Leitungsvermögen. Das Siliciumkupfer läſst sich dann leicht in Siliciumbronze überfuhren, deren Zugfestigkeit weit gröſser ist, während ihr Leitungsvermögen nur um ein wenig geringer ist. Zu diesem Zwecke läſst man auf ein Gemenge von Kupfer und Fluorsilicat von Kali eine Legirung von Natrium und Zinn wirken, welches Lazare Weilter, der Erfinder der Siliciumbronze, étain sodé nennt (vgl. 1884 253 479. 254 492.) Die Siliciumbronze läſst sich leicht zu Draht ziehen. Man kann daraus Drähte herstellen, deren Leitungsvermögen von 97 bis 99 Proc. von jenem des reinen Kupfers, bei einer Zugfestigkeit von 45k auf 1qmm, bis herab zu 20 Proc., bei 110 bis 115k/qmm, betragen kann. Die Festigkeit des Kupfers beträgt nur 28k/qmm (vgl. 1884 253 134. 254 494. 1885 256 422). Bei Vergleichung der Siliciumbronzedrähte mit Stahldrähten findet man, daſs ein 2mm dicker Draht, welcher 25k auf 1km wiegt und einen elektrischen Widerstand von 40 Ohm auf 1km besitzt, durch einen Siliciumbronzedraht von 1mm,1 Dicke ersetzt werden kann, dessen Gewicht bei dem nämlichen Widerstände von 40 Ohm nur 0k,45 für 1km beträgt. Der Bronzedraht von 3mm Stärke, welcher auf der Linie Paris-Brüssel benutzt worden ist, hat bei 2,4 Ohm Widerstand 45k/qmm Zugfestigkeit und wiegt etwa 63k für 1km. Die Inductionsströme, welche in den beiden Drähten der Leitung durch Ströme in den anderen Leitungen hervorgerufen werden, haben an sich in beiden Drähten gleiche Richtung, also entgegengesetzte Richtung, wenn man den Stromweg als ein Ganzes ansieht. Allein diese Ströme heben sich dennoch nicht ganz auf, weil die beiden Drähte nicht gleich weit von den Telegraphenleitungen entfernt sind und deshalb die in denselben erregten Inductionsströme ungleiche Stärke besitzen. Um nun auch den übrig bleibenden Unterschied beider Ströme zu vernichten, hat man bei der neuen Leitung die beiden Drähte an jeder Telegraphenstange gekreuzt, so daſs die beiden Drähte in je zwei auf einander folgenden Zwischenräumen zwischen zwei Telegraphenstangen ihre Lage gegen die sämmtlichen Telegraphendrähten vertauschen (vgl. 1883 248 330. 1885 257 63. 1887 263 586). Dadurch hat man eine völlige Vernichtung der Inductionsströme erreicht. Die Herstellungskosten der Leitung belaufen sich auf ungefähr 80000 M.; dies ist eine groſse Auslage, während die Einnahme gering sein wird, obgleich der Preis von 2,40 M. für 5 Minuten Sprechen hoch genug erscheint. Das F. van Rysselberghe'sche Verfahren (vgl. 1883 249 * 260. 1885 257 * 62) erstrebt die Mitbenutzung der Telegraphendrähte für die Telephonie. Dasselbe hat in Amerika, besonders zwischen New-York und Chicago, gute Erfolge ergeben (vgl. auch 1887 263 586). Es wird auch zwischen Rouen und Havre (140km) sowie zwischen Paris und Reims (160km) angewendet; im ersteren Falle arbeitet es wenig befriedigend, im letzteren ziemlich gut. Es soll auch zwischen Paris und Lille zur Anwendung kommen und auf der Börse in Paris stellt man mehrere Sprechzellen her für die telephonische Verbindung mit Troyes, Rouen und Havre. Bei der in Belgien durchgeführten Mitbenutzung der Telegraphenleitungen für eine telephonische Verbindung der Telephonnetze verschiedener Städte mit einander wird aus zwei Telegraphendrähten eine in sich geschlossene Drahtleitung hergestellt und es müssen die Gespräche aus dieser Doppelleitung mittels eines Ueberträgers in die aus einfachen Drähten bestehenden Anschluſsleitungen der einzelnen Theilnehmer der Stadttelephonnetze übertragen werden. Den von F. van Rysselberghe dazu angewendeten Uebertrager hat Oberingenieur J. Kareis in Wien in einem im Niederösterreichischen Gewerbevereine gehaltenen Vortrage (vgl. Wochenschrift, 1886 * S. 445) näher beschrieben. Dieser Translator oder Uebertrager U (Fig. 1) ist ein Inductor. Die Inductionsspule besteht aber aus zwei Theilen A und B, welche gegen einander senkrecht gelegt sind; die schädliche Wirkung oder Behinderung, welche die einzelnen Drahtwindungen solcher Apparate auf einander ausüben, wird durch solche Anordnung wesentlich vermindert. Bei v1 und v2 münden die von den Condensatoren C1 und C2 kommenden Drähte d1 und d2Die Drähte d1 und d2 sind nicht mit den fürs Telephoniren zu einer Schleife verbundenen Telegraphenleitungen L1 und L2 verbunden, sondern enden an der einen Belegung zweier Condensatoren C1 und C2, die ran Rysselberghe „Separateurs“ nennt und welche die Aufgabe haben, das Eintreten der Telegraphirströme aus L1 und L2 in den Uebertrager zu verhüten.ein; der Draht windet sich auf den Spulen A und B in Form einer Rolle, deren Enden bei a bezieh. b heraustreten; die beiden letzteren Punkte vereinigen sich und schlieſsen so den Kreis der Primären Rollen. Die secundären Rollen, deren Windungen sich auf den inneren Theilen der Spulen befinden, endigen in D und E. Von D geht der einfache Draht F zum Theilnehmer, geht über dessen Hörapparate und zur Erde, worauf diese den Stromkreis nach der Erdleitung am Uebertrager und nach E schlieſst. Fig. 1., Bd. 264, S. 271Fig. 2., Bd. 264, S. 271Zu bemerken wäre noch, daſs die Drahtrollen der Inductionsspule ihre Aufgabe wechseln, je nachdem der Strom, welchen sie übertragen sollen, ankommt oder abgeht. Für den ankommenden Strom von der anderen Station sind die dünndrähtigen Rollen die primären:, für den vom Theilnehmer aus nach der anderen Station abgehenden sind es die dickdrahtigen. Während die Telephonströme hierbei den Gang der Telegraphenapparate nicht beirren, kann dies von den zum Rufen benutzten galvanischen Strömen nicht behauptet werden. F. van Rysselberghe hat daher den Anruf- und den Meldeapparat so construirt, daſs die Ströme des ersteren trotz ihrer relativen Stärke die Telegraphenapparate, über welche sie gehen, nicht beeinflussen, dagegen energisch genug wirken, um den äuſserst sinnreich gedachten Rufempfänger in Thätigkeit zu setzen und so von dem Begehren nach einem Gespräche aus einer Stadt in die andere Kunde zu bringen. Die schematische Verbindung zweier Städte S und S1, für welche zwei der zwischen denselben laufenden Telegraphendrähte L1 und L2 zum Telephoniren benutzt werden, ergibt sich aus Fig. 2. Dieselbe zeigt die Verbindung der Apparate in S, welcher jene in S1 vollständig gleicht. Um die aus der Erde E kommenden Geräusche zu meiden, bedient man sich beim Telephoniren der Doppelleitung L1, L2. In den Telegraphenstationen sind die mit diesen Linien verbundenen Telegraphenapparate mit den Anti-Inductionsapparaten (vgl. 1885 257 * 62) versehen; ihre Ströme können auf die bei a1 und a2 abzweigende Telephonleitung 1, 2 nicht übertreten, denn es liegen die Condensatoren C1 und C2 dazwischen. Was nun aber die Telephongespräche betrifft, so gehen dieselben in Form der Inductionswellen, wohl etwas – jedoch unbedeutend – geschwächt durch die Condensatoren aus einer Station nach der anderen. Wäre ein Theilnehmer anstatt mit einer Doppelleitung 1, 2 mit einer einfachen Verbindungsleitung an das Telephon-Vermittlungsamt angeschlossen, so müſste dies mittels des oben beschriebenen Ueberträgers geschehen.