Titel: Neuerungen in der Giesserei.
Autor: Stn.
Fundstelle: Band 267, Jahrgang 1888, S. 397
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Neuerungen in der Gieſserei. Neuerungen in der Gieſserei. Ueber den Mitis-Guſs veröffentlicht C. Ledebur in Stahl und Eisen, 1888 S. 85, eine Abhandlung. Nach derselben ist der Erfinder des Mitis-Gusses P. Nordenfelt in London. Derselbe führte die Erzeugung zuerst in Schweden ein. Als Zusatz benutzte er 0,05 bis 0,1 Proc. Aluminium. Hierdurch soll nach Angabe des Erfinders die Schmelztemperatur des Schmiedeeisens um 160 bis 280° C. erniedrigt werden. Ledebur stellt dies als unglaublich hin, gibt vielmehr für die Wirkung des Aluminiumzusatzes folgende Erklärung: Schmilzt man Kohlenstoff-armes Schweiſseisen im Tiegel, so wird unfehlbar zunächst ein Sauerstoff-reiches Metall entstehen. Denn alles Schweiſseisen enthält – anfänglich als mechanische Beimengung – Eisenoxydul als Hauptbestandtheil der in keinem Schweiſseisen fehlenden Schlacke; beim Schmelzen ist also reichliche Gelegenheit zur Lösung von Eisenoxydul (in welcher Verbindung wohl zweifellos aller Sauerstoff des Fluſseisens auftritt) gegeben. Schmilzt man nun das Eisen in Graphittiegeln, so wird allerdings durch deren Kohlenstoffgehalt ganz allmählich die Ausscheidung des Sauerstoffes bewirkt werden können; es ist dazu lange anhaltende Ueberhitzung nothwendig, und die Folge der Zerstörung des gelösten Eisenoxyduls durch Kohle ist eine unausgesetzte Entwickelung von Kohlenoxydgas. Rascher und ohne Gasentwickelung wird die Ausscheidung vor sich gehen, wenn man einen Körper hinzufügt, welcher in der betreffenden Temperatur kräftiger als Kohle auf das Eisenoxydul wirkt und dessen Sauerstoffverbindung nicht gasförmig, sondern flüssig ist. Mangan oder Silicium würden hierzu brauchbar sein; das chemische Verhalten des Aluminiums macht es jedoch in hohem Grade wahrscheinlich, daſs dieses noch geeigneter zur Erreichung des Zweckes sein wird. Denn auch Manganoxydul und Kieselsäure können bekanntlich bei Gegenwart von Eisen durch Kohle in hoher Temperatur zerlegt werden, Aluminiumoxyd aber nicht oder doch weit schwieriger als jene. Die Kohlenoxydgasbildung wird also durch den Aluminiumzusatz sofort aufgehoben. Das Metall wird ruhig. Die gröſsere Dünnflüssigkeit des Metalles nach dem Aluminiumzusatze läſst sich verschieden erklären. (Vgl. 1887 266 306.) Setzt man zu geschmolzener, an Kupferoxydul oder Zinnoxydul reicher Bronze etwas Phosphorkupfer oder Phosphorzinn, so wird die vorher ziemlich dickflüssige Legirung plötzlich dünnflüssiger. Man erklärt diese Erscheinung dadurch, daſs die gelöst gewesenen, durch den Phosphorzusatz zerstörten Sauerstoffverbindungen an und für sich das Metall dickflüssig machten, ihre Ausscheidung also die Entstehung eines dünnflüssigeren Zustandes zur Folge hat, ohne daſs ein gröſserer Phosphorgehalt in der Bronze selbst zurückzubleiben braucht. Gute Phosphorbronze pflegt nur einige Hundertstel Procente Phosphor zu enthalten. Die gleiche Erklärung scheint aber auch für die Wirkung des Aluminiumzusatzes zulässig zu sein. Im Uebrigen wird ein Metall, welches beim Flieſsen unausgesetzt Gase entwickelt, sich aufblähen, dickflüssiger erscheinen, zumal in dünneren Querschnitten, als ein ruhig flieſsendes Metall. Auſserdem kommt in Betracht, daſs jene Kohlenoxydgasbildung als Folge der Einwirkung von Kohlenstoff auf Eisenoxydul stets, wie sich leicht berechnen läſst, mit einem Wärmeverbrauche verbunden ist, der sich um so höher beziffert, mit je höherer Temperatur das entstehende Kohlenoxydgas entweicht, während umgekehrt zur Zerstörung des Eisenoxyduls durch Aluminium jedenfalls weniger Wärme verbraucht, als durch die Oxydation des Aluminiums gewonnen wird. Ob aber dieser Wärmegewinn ausreichend ist, eine erhebliche Temperatursteigerung des Metalles zu bewirken, läſst sich mit Sicherheit kaum behaupten, da man weder genaue Ziffern für die Verbrennungswärme des Aluminiums noch für die specifische Wärme des Eisens in jener Temperatur besitzt. Die Annahme, daſs das Aluminium das im Eisen befindliche Eisenoxydul, welches eben die Ursache der Dickflüssigkeit ist, zerstört, wird auch von anderer Seite bestätigt. So sind Versuche in dieser Richtung im Engineering and Mining Journal, 1887 Bd. 44 S. 314, mitgetheilt. Danach blieb Martin-Eisen mit einem Gehalt von 0,064 Proc. Aluminium, 0,024 Proc. Silicium und 0,01 Proc. Mangan in den Formen ruhig, während ein Eisenmanganzusatz unruhige und löcherige Güsse ergab. Es darf also als zweifellos angesehen werden, daſs Aluminium in manchen Fällen Mangan und Silicium zu ersetzen vermag. Der allgemeineren Verwendung tritt aber einstweilen der Preis noch entgegen. Die Aluminium- und Magnesiumfabrik zu Hemelingen bei Bremen liefert 1k Eisenaluminium mit 10 Proc. des letzteren für 6 M. Nach The Iron Age vom 22. December 1887 S. 13 zeigten Aluminiumfluſseisenproben mit 0,11 Proc. Al, 0,29 Proc. C, 0,074 Proc. Si, 0,013 Proc. S, 0,037 Proc. P und einer Spur Mn folgende Festigkeitseigenschaften: ungeglüht geglüht Elasticitätsgrenze 19,36k    14,86k Bruchfestigkeit 37,94   37,17 Querschnittsverminderung 10,25 Proc.   41,35 Proc. Längenausdehnung   9,00 28,7 mit 0,33 Proc. Al, 0,28 Proc. C, 0,22 Proc. Si, 0,012 Proc. S, 0,058 Proc. P: ungeglüht geglüht Elasticitätsgrenze 18,73k Bruchfestigkeit 40,24 Querschnittsverminderung 19,95 Proc. Längenausdehnung 18,75 mit 0,12 Proc. Al, 0,10 Proc. C, 0,06 Proc. Si: ungeglüht geglüht Elasticitätsgrenze 17,94k 15,47k Bruchfestigkeit 35,88 32,77 Querschnittsverminderung 37,10 Proc. 60,10 Proc. Längenausdehnung 27,70 38,00 H. Wedding macht in Stahl und Eisen, 1888 S. 8 auf das Patent Kl. 31 * Nr. 41680 vom 22. Februar 1887 von Alexander E. Outerbridge in Philadelphia aufmerksam, wonach Gewebe, Gräser, Blätter und ähnliche organische Körper dadurch in Guſseisen abgeformt werden können, daſs man ihre Unebenheiten mit feingepulverter Kohle ausfüllt und darauf in einem Gefäſs mit Kohlenpulver langsam anwärmt und zuletzt sehr stark und andauernd glüht. Derartig behandelte Körper, z.B. Mouſselin, hinterlassen eine nur bei sehr hoher Temperatur unter freiem Luftzutritt verbrennbare Kohle; in der Löthrohrflamme z.B. erscheint dieselbe unverbrennlich. In Folge dessen und weil sie in Berührung mit flüssigem Guſseisen Gase nicht entwickeln, geben sie die schärfsten Abgüsse, was für Kunstguſs von erheblichem Werthe ist. Nach Wedding's Ansicht haben diese verkohlten Stoffe aber auch für die Fluſseisenerzeuger Interesse, weil es möglich ist, dieselben durch Formen zu spannen und dadurch eine Theilung der Blöcke ohne Weiteres zu bewirken. Da ferner die verkohlten Stoffe schlechte Wärmeleiter sind, auch nur geringe Dicke haben, so ist es möglich, daſs sich die im Eisen enthaltenen Gasblasen, gerade wie bei der Eisbildung an den verkohlten Fäden ansammeln und wenn sie nicht aufsteigen, so doch dort festgehalten werden. Denkt man sich also eine groſse Form von quadratischem Querschnitt durch 2 solcher gekreuzter verkohlter Gewebe, welche parallel den Wänden eingespannt sind, in 4 kleinere Formen zerlegt, so werden sich die Gase in den 4 zusammenstehenden Ecken derselben ansammeln, das Blockinnere aber freilassen. Auf dieselbe Weise lassen sich nach Wedding Blöcke mit losem centralem Kern, welcher die Gasblasen aufnimmt, gieſsen. (?) Aus der in Stahl und Eisen geführten Polemik über die Wanzenbildung auf Roheisen und die Kügelchenbildung in Roheisen und Guſsstücken sei hervorgehoben, daſs B. Platz die Wanzen nicht als eine Ausscheidung im Sinne einer Saigerung, oder gar im Eisen vorgebildete specifisch leichtere oder leichtflüssigere Verbindungen von Si-, P- und S-Metallen u. dgl., sondern als Verbrennungsproducte aus der obersten Schicht des geschmolzenen Roheisens betrachtet, welche dadurch entstehen, daſs zunächst die leichtest oxydirbaren Bestandtheile: Si und Mn in Berührung mit Luft schnell verbrennen und die Oberfläche des flüssigen Eisens als dunkle Haut überziehen. Diese Haut wird nun von dem sich noch bewegenden Eisen zerrissen und zusammengedrängt, wodurch wieder eine andere Schicht Eisen frei wird, welche in derselben Weise oxydirt wird. Dieser Vorgang ist unter dem Namen „Spiel“ bekannt. Würde man das geschmolzene Eisen auf gleichbleibender Temperatur erhalten und seine Oberfläche fortwährend erneuern, so wäre in kurzer Zeit das Eisen durch seine ganze Masse hindurch entsilicirt und entmanganisirt, mit anderen Worten: es würde derselbe Vorgang wie im Puddelofen und in der Bessemerbirne kurz nach dem Einschmelzen bezieh. Eingieſsen des Eisens stattfinden. Ist nun die zuerst entstehende Oxydhaut hinreichend stark geworden, so daſs ein Zerreiſsen derselben nicht mehr möglich ist, so geht doch der Verbrennungsprozeſs weiter, ergreift das darunter befindliche, von Si und Mn befreite Eisen und oxydirt dieses, wobei Mn2O3 als Sauerstoffträger dienen kann. Eisenoxydoxydul tritt in die bereits gebildete Verbindung ein und vermindert dadurch den ursprünglichen Gehalt an SiO2 und Mn3O4 bedeutend herab, und zwar proportional dem Gehalte des Eisens an diesen beiden Körpern. Hierbei entsteht eine an Oxyden reiche basische Sehlacke., welche befähigt ist: 1) ähnlich wie beim Thomasprozeſs reichliche Mengen von P zu oxydiren und aufzunehmen und 2) den C des Eisens zu verbrennen und CO zu bilden, das dann in dem erstarrenden Eisen die bekannten Vertiefungen erzeugt. So erklärt es sich, daſs die Vertiefungen um so gröſser werden, je reicher an Oxiden die Wanzen sind, also desto gröſsere Mengen von CO gebildet werden können. Die Kügelchen im Roh- und Guſseisen entstehen nur dann, wenn Hohlräume vorhanden sind, in welche hinein beim Erstarren des Eisens krystallisirende Verbindungen desselben aussaigern und zu tropfenartigen Kügelchen zusammenflieſsen. Stn.