Titel: Ueber die Bestimmung des Silbergehaltes in Silber-Kupferlegirungen; von Dr. Heinrich Rössler in Frankfurt a. M.
Autor: Heinrich Röſsler
Fundstelle: Band 267, Jahrgang 1888, S. 570
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Ueber die Bestimmung des Silbergehaltes in Silber-Kupferlegirungen; von Dr. Heinrich Röſsler in Frankfurt a. M. Röſsler, Bestimmung des Silbergehaltes in Silber-Kupferlegirungen. Es wird vielen Lesern dieses Journales gewiſs angenehm sein, etwas Genaues über die Analyse von Silber-Kupferlegirung zu hören und über die Möglichkeit, den Silbergehalt auf zuverlässige Weise ganz genau zu bestimmen. Die Analysirmethode für Silber an und für sich (wir meinen die auf den Münzen ausschlieſslich eingeführte Gay-Lussac'sche nasse Silberprobe) ist so ausgezeichnet in Bezug auf Genauigkeit und auch für jeden gelernten Probirer so leicht auszuführen, daſs man in der That eine Uebereinstimmung bis auf das Tausendtheil verlangen kann. Auch muſs die Legirung, welche in einer guten Scheide- oder Legiranstalt geschmolzen wird, auf das Tausendtheil richtig sein, jedenfalls aber nicht mehr als ein Tausendtheil von dem angegebenen Gehalt abweichen. Es ist hierbei vorausgesetzt, daſs von der betreffenden Legirung eine Tiegelprobe genommen worden ist, d.h. ein kleiner Theil aus der flüssigen Masse im Tiegel. Ganz anders aber verhält sich die Sache, wenn man aus einem geschmolzenen Stück Legirung oder aus einer gewalzten Platte Aushiebe macht und deren Gehalte bestimmt. Da hört die Uebereinstimmung der Gehalte sofort auf, denn ein solches Stück zeigt, wenn auch sein Durchschnittsgehalt genau richtig ist, an verschiedenen Stellen ganz verschiedene Zusammensetzung. Es liegt dies darin, daſs sich die in eine Form ausgegossene geschmolzene Legirung im Erstarren entmischt und dann im Inneren ganz andere Gehalte ergibt als an der Oberfläche, eine Erscheinung, die in der Wissenschaft unter dem Namen Liquation bekannt ist und zuerst von Levol (Annales de chim. et de phys. Bd. 31 S. 193 und Bd. 39 S. 163) ausführlich studirt und erklärt worden ist. Nur eine Legirung, nämlich die von 718 Silber und 282 Kupfer, zeigt keine Liquation, d.h. in einer solchen Plansche haben alle Theile denselben Gehalt. Als Regel gilt dann, daſs alle höher haltigen Planschen im Inneren feiner und alle niederhaltigen Planschen im Inneren geringer als an der Oberfläche sind, und auſserdem findet man auch die verschiedenen Stellen an der Oberfläche etwas verschieden. Diese Differenzen sind desto gröſser, je dicker die Planschen sind, und können bei einem schweren Barren 10 Tausendtheile und mehr ausmachen. Bei einem Gehalt von 800, der ja jetzt für die deutsche Silberwaarenindustrie vorzugsweise wichtig ist, wird also der Durchschnittsgehalt eines Barrens, Zaines oder einer Stange immer etwas höher sein, als die Aushiebproben zeigen, was sich beim Umschmelzen und Tiegelprobennehmen jedesmal herausstellen muſs. Bei den bei den Silberarbeiten am meisten vorkommenden Dimensionen ist die gröſste Differenz 3 bis 4 Tausendtheile. Ganz besonders lehrreich sind die Resultate einer groſsen Reihe von Untersuchungen, welche in jüngster Zeit von der Berliner Münze an Münzzainen und Münzen aus dem Verkehr aller Länder ausgeführt worden sind. Münzzaine, d.h. lange dünne Platten vom Gehalt 833, wurden auf ihre ganze Länge an den beiden Seiten, Kanten und in der Mitte der Fläche ausgehauen. Dabei zeigten sich die Gehalte in der Mitte 835 bis 836, an den Kanten aber 830 bis 831. Der berechnete Durchschnitt kam genau auf 833 wie die Tiegelprobe. Ebenso waren die Gehalte, welche von den verschiedenen Stellen je eines Münzstückes, französischen, englischen und deutschen Ursprunges, gefunden wurden, verschieden, und zwar waren immer die Aushiebe aus der Mitte höher, die vom Rande zum Theil höher, zum Theil geringer als der Durchschnitt. Die gröſsten Differenzen betrugen 6 Tausendtheile in ein und demselben Münzstücke.