Titel: Dr. O. v. Ritgen, Neueres auf dem Gebiete des Blitzableiterwesens.
Autor: O. v. Ritgen
Fundstelle: Band 269, Jahrgang 1888, S. 208
Download: XML
Dr. O. v. Ritgen, Neueres auf dem Gebiete des Blitzableiterwesens. (Fortsetzung des Berichtes Bd. 265 S. 145.) v. Ritgen, Neueres auf dem Gebiete des Blitzableiterwesens. Im Anschlusse an den Aufsatz „Plan, Ausführung und Veranschlagung der Blitzableiter“ in D. p. J, 1887 265 145 ff., sei hier über einige seitdem auf diesem Gebiete erfolgte Veröffentlichungen berichtet. Der Zweck jenes Aufsatzes bestand in erster Linie darin, die wichtigsten theoretischen Gesichtspunkte darzulegen, von welchen Bauleitende bei Prüfung und Richtigstellung vorgelegter Entwürfe für Blitzableiteranlagen auszugehen haben werden. Die dort ausgesprochene Ansicht, daſs die Bauleitenden selbst in der Regel eine solche Prüfung vorzunehmen genöthigt wären, weil die von den Verfertigern eingereichten Entwürfe in vielen Fällen nach einem gewissen Herkommen ohne theoretische Begründung abgefaſst seien, hat inzwischen durch die Ausführungen eines im Metallarbeiter, 1887 Nr. 48, 49 und 50, erschienenen Artikels „Das Blitzableiter-Unwesen“ eine ausdrückliche Bestätigung erfahren. Mit Recht wird darin hervorgehoben, daſs der Schmied, der Schlosser, der Klempner, der Dachdecker in sehr vielen Fällen ganz auf eigene Faust, ohne Zuratheziehung sachverständiger Techniker, solche Anlagen ausführen, was selbstverständlich zu Unzuträglichkeiten führt, daſs aber ein noch gröſserer Schaden für das Blitzableiterwesen im Wirken jener Installateure liegt, welche sich mit Vorliebe „Fachleute“ nennen, mit dem Heiligenschein des unantastbaren Wissens umgeben, jeder Belehrung unzugänglich sind, indem sie sich auf die groſse Zahl der von ihnen eingerichteten Anlagen berufen, aber weder die erforderlichen theoretischen Kenntnisse noch im mindesten wirkliche elektrotechnische Praxis besitzen. Selbst wissenschaftlich vorgebildete Architekten können leicht von solchen Halbwissern, die ihre in selbstbewuſster Weise vorgetragenen Darlegungen reichlich mit Kunstausdrücken aus dem Gebiete der Elektrotechnik auszustatten verstehen, getäuscht werden, sofern sie es versäumt haben, sich durch besonderes Studium mit diesem den bautechnischen Wissenschaften sonst ferner liegenden Gebiete vertraut zu machen. Die Schwierigkeit liegt eben darin, daſs dabei Kenntnisse aus der Elektricitätslehre nothwendig sind, letztere aber bisher noch nicht zu den bautechnischen Fächern gerechnet wurde, und daſs andererseits die Lehrer und Kenner der Elektricitätslehre meist nicht genügend mit der Technik vertraut sind. Dies ist auch der Grund, weshalb geeignete Persönlichkeiten, denen die Beaufsichtigung der Ausführung neuer und der Prüfung vorhandener Blitzableiteranlagen mit vollem Vertrauen übertragen werden könnte, sehr schwer zu finden sind. Mit der Einführung des elektrischen Beleuchtungswesens und der Telephone wird vielleicht eine Brücke geschlagen, welche einen lebhafteren Wechselverkehr bautechnischer und elektricitätswissenschaftlicher Bestrebungen vermittelt. Einstweilen können wir aber nur den Rath wiederholen, durch eigenes Studium sich zu helfen, fügen ferner aber den hinzu, soweit angängig berufene elektrotechnische Firmen, welche unter Mitwirkung wissenschaftlich gebildeter Elektrotekten arbeiten, und von welchen man vielfach ohnedies die Materialien und Zubehörstücke für Blitzableiteranlagen bezieht, auch mit der Einrichtung zu betrauen. Zur Bestätigung des Vorstehenden möge hier weiter bemerkt werden, daſs die hier vertretene Ansicht auch in den Kreisen der Gas- und Wasserfachtechniker getheilt wird, wie nachfolgende Stelle aus dem Jahrgange 1887 Bd. 9 Heft 7 der Zeitschrift Der Gastechniker abgedruckten Aufsatze über „Vorkehrungen zum Schütze gegen Blitzgefahr“ von A. Herricht beweisen möge. Es heiſst dort auf S. 156: „Immer werden die vorherrschenden speciellen Verhältnisse ausschlaggebend für die Anordnung und Ausführung einer Blitzableiteranlage sein. Es lassen sich freilich wohl im Allgemeinen gültige Normalien für die zu Blitzableitern zu verwendenden Materialien geben, nicht aber ist es möglich, für ganze Anlagen stets gültige Regeln aufzustellen.“ Und weiter: „Vor und während der Ausführung von Blitzschutzvorrichtungen ist eine lange Reihe mannigfacher Umstände in Erwägung zu ziehen, und derartige Arbeiten, wenn sie ihrem Zwecke auch wirklich in allen Fällen entsprechen sollen, dürfen durchaus nicht dem nächsten Schlossermeister oder Dachdecker übertragen werden, sondern nur Männern, die sich speciell damit befassen, oder solchen, welchen man gründliche Kenntnisse elektrischer Erscheinungen zutrauen kann. Wir betonen diesen Umstand ausdrücklich deshalb, weil dagegen nur zu häufig gesündigt wird. „Wir könnten für die Richtigkeit dieser Bemerkung eine groſse Anzahl wohlbeglaubigter Beispiele anführen, in welchen der Blitz gröſsere und geringere Schäden verursacht hat, trotzdem die betreffenden Objekte mit sogen. Blitzableitern versehen waren; bei näherer Untersuchung solcher Fälle stellte sich immer ein groſser Fehler heraus, ein Fehler, der die ganze Anlage nur zu häufig zu einer Blitzgefahr statt zu einer Blitzschutzvorrichtung machte. „Gerade der Umstand, daſs das Blitzableiterwesen von jeher und besonders gegenwärtig zum gröſsten Theile in nicht sachverständigen Händen sich befindet, hat es verschuldet, daſs die segensreiche Franklin'sche Erfindung bisher nicht die ihr gebührende Verbreitung gefunden hat.“ Wenn bei der nachgewiesenermaſsen stark vermehrten Gewitterhäufigkeit und bei dem Umstände, daſs nach Berechnungen des Prof. Karsten die durch Blitzschäden jährlich in der Provinz Schleswig-Holstein erwachsenden Kosten sich auf etwa 300000 M. belaufen, für ganz Deutschland aber auf 7 bis 8 Millionen Mark geschätzt werden müssen, das öffentliche Interesse sich der Blitzableiterfrage mehr als bisher wird zuwenden müssen, so mag es freudig begrüſst werden, daſs gegenwärtig zahlreiche Vereine von Architekten und Ingenieuren wie von Gas- und Wasserfachleuten sich mit der Aufgabe befassen, allgemein gültige Bestimmungen darüber aufzustellen, wie weit der vom Standpunkte des Blitzschutzes der Gebäude so wünschenswerthe Anschluſs der Blitzableiter an die Röhrensysteme städtischer Gas- und Wasserleitungen u.s.w. in Rücksicht auf die Sicherheit der letzteren zu gestatten sei. Bekanntlich ist in Folge einer vom Sächsischen Ingenieur- und Architekten verein ausgegangenen Anregung der Anschluſs der Gebäudeblitzableiter an die Gas- und Wasserleitungen bei Gelegenheit des im J- 1887 zu Hamburg abgehaltenen Verbandstages deutscher Architekten- und Ingenieurvereine unter die Berathungsgegenstände für das Verbands-Jahr 1887/88 aufgenommen worden. Wenn schon der Antrag des erstgenannten Vereines mit Entschiedenheit dahin gerichtet ist, daſs solche Anschlüsse nicht nur gestattet, sondern sogar vorgeschrieben werden sollen, so dürfte doch eine allgemeine Einigung über diese Frage keinesfalls ohne vorherige Ueberwindung groſser Schwierigkeiten zu Stande kommen. Es wird daher diese Frage wohl länger in der Schwebe bleiben, als es zu wünschen wäre, und dürfte es von Interesse sein, hier etwas eingehender über das Geschichtliche der zur Lösung dieser Frage gepflogenen Verhandlungen sowie über den weiteren hierüber vorliegenden Stoff zu berichten. Zunächst wird es nicht überraschen, wenn gerade der Sächsische Ingenieur- und Architektenverein dem Verbände den Vorschlag zum Austrage dieser Angelegenheit dringend ans Herz legte, denn auch das königl. sächsische Ministerium ist es gewesen, welches schon im J. 1882 den ersten Schritt that durch Verbreitung der in seinem Auftrage von der königl. sächsischen technischen Deputation bearbeiteten Schrift: „Gemeinfaſsliche Belehrung über die Anlegung von Blitzableitern u.s.w.Vgl. 1887 265 216. Dem bauenden Publikum sowie Behörden und sonstigen Interessenten wurden dadurch leichtfaſsliche Aufklärungen über die wichtigsten in Betracht kommenden theoretischen Gesichtspunkte ebenso wohl wie eine Art Instruction für die praktischen Ausführungen zugänglich gemacht. Als nun jener sächsische Verein beim Verbandstage 1887 der deutschen Architekten und Ingenieure die Lösung der Frage auf dem Wege gemeinsamer Arbeit anregte, begründete er seine Anträge in nachstehender Denkschrift:Vgl. Mittheilungen des Verbandes deutscher Architekten- und Ingenieurvereine, 1887 Nr. 10 S. 34 ff. „Die nach den Ergebnissen statistischer Erhebungen von Jahr zu. Jahr (seit 1850 auf das Dreifache) gestiegene Blitzgefahr hat in gröſseren Städten immer häufiger die Frage aufwerfen lassen, ob nicht die von berufener Seite als wirksamste Erdleitungen bezeichneten Wasser- und Gasleitungssysteme durch Anschluſs der Blitzableitungen an dieselben für den Schutz von Leben und Eigenthum nun thatsächlich auch nutzbar gemacht werden können. So weit diese Frage eine vorläufige Beantwortung von Seiten der zuständigen städtischen Behörden gefunden hat, ist dieselbe in Folge des Widerspruches der zu Rathe gezogenen Gas- und Wasserfachmänner eine ablehnende gewesen; ja es haben früher stillschweigend geduldete Anschlüsse aus Anlaſs jenes lebhaften Widerspruches hier und da neuerdings entfernt werden müssen. „Gleichwohl haben sich die Stimmen derer gemehrt, welche die Nützlichkeit und Nothwendigkeit des erwähnten Anschlusses anerkennen, und in mehreren städtischen Verwaltungen ist die Angelegenheit neuerdings in einem von Hause aus nicht gegnerischen Sinne in Erwägung gezogen worden. „Die Wahrscheinlichkeit, daſs hiernach an verschiedenen Orten demnächst Entschlieſsungen gefaſst werden, welche die Sicherheit der Bevölkerung auf längere Zeit beeinflussen müssen, gab dem Sächsischen Ingenieur- und Architektenvereine Veranlassung, seinerseits nach Kräften zur Klärung der bezüglichen Meinungen mit beizutragen und dem Urtheile der Theoretiker, welches in vorurtheilsvoller Weise oft ohne Weiteres als unpraktisch zurückgewiesen wird, dasjenige von Technikern zur Seite zu stellen, an deren Beherrschung der in Frage kommenden praktischen Aufgaben ebenso wenig zu zweifeln ist, wie an ihrem Verständnisse für die von Seiten der Physiker gegebene Begründung des Vorschlages, die Blitzableiter an die städtischen Rohrnetze anzuschlieſsen. „Eingehende Berathungen des Gegenstandes unter specieller Berücksichtigung der von gas- und wasserfachmännischer Seite erhobenen Bedenken haben den genannten Verein dazu geführt, sich für den Anschluß auszusprechen, und in der Voraussicht, unter der Mehrzahl der Techniker Deutschlands die gleiche Auffassung zu finden bezieh. entstehen zu sehen, zu einer Meinungskundgebung der Technikerschaft in der in Rede stehenden Angelegenheit Anregung zu geben.“ Demnächst werden auſser den erwähnten im Auftrage des königl. sächsischen Ministeriums erschienenen Broschüren folgende einschlägliche Schriften besonders hervorgehoben: Verhandlungen in der königl. preußischen Akademie der Wissenschaften, 1876 bis 1880. MelsensDes paratonnères u.s.w.“, 1877. „Report of the lightning rod conference“, 1881. Töpler,„Ueber einige Experimente zur Blitzableiterfrage“, Elektrotechnische Zeitschrift, 1884, und „Die Blitzgefahr“. Herausgegeben im Auftrage des Elektrotechnischen Vereines, Berlin 1886. „Aus dem Studium der einschlägigen Literatur,“ fährt dann die Denkschrift fort, „geht hervor, daſs bei der Begründung der empfohlenen Einrichtung weder Lücken gelassen, noch Behauptungen aufgestellt worden sind, welche nicht durch die jetzt in groſsem Maſsstabe möglichen und auch aasgeführten Experimente und durch die an Entladungen atmosphärischer Elektricität gemachten Beobachtungen gedeckt würden. „Dagegen muſs von den seitens der Gegnerschaft erhobenen Zweifeln, Befürchtungen und Widersprüchen gesagt werden, daſs sie der experimentellen Grundlage entbehren und durch zuverlässige Naturbeobachtungen nicht unterstützt werden. Insbesondere ist keinerlei Nachweis dafür erbracht, daſs an den vorhanden gewesenen Anschlüssen in Folge derselben eine Schädigung der Rohrleitungen durch Blitzschlag eingetreten sei, während bereits eine Reihe von Fällen vorliegt, in welchen nicht angeschlossene Rohre durch den aufschlagenden Funken verletzt worden sind. Daſs bei mangelhafter Metallverbindung auch jetzt schon – in den nicht angeschlossenen Rohrleitungen – Funkenbildungen auftreten, ist durch die bei Gewittern gemachten Beobachtungen, sowie durch entsprechende Experimente auſser Zweifel gestellt worden; ebenso aber auch, daſs diese Funkenbildungen weder das im Rohre eingeschlossene Sauerstoff lose Gas zur Explosion bringen können, noch das etwa im Erdboden aufsickernde, mit atmosphärischer Luft vermischte Gas, bei welchem die Verbreitung einer Entzündung durch den durchlässigen Boden in derselben Weise gehindert wird, wie dies bei der Sicherheitslampe durch das umschlieſsende Drahtnetz geschieht. Die bei solchen Funkenbildungen in discontinuirlichen Leitern unvermeidlichen kleinen Schmelzungen werden nach erfolgtem Anschlusse die Solidität des Rohrnetzes nicht mehr und nicht minder beeinflussen, als sie es bisher gethan haben. „In Betreff der Wärmeentwickelung, welche Blitzströme in continuirlich leitenden Rohrsystemen bewirken, ist den vielfach geäuſserten Befürchtungen gegenüber daran zu erinnern, daſs es sich hier nur um sehr mäſsige Zustandsänderungen handeln kann. Der Fall, daſs ein 5mm starker Telegraphendraht durch einen fortgeleiteten Blitzstrom zum Rothglühen (900° C.) gebracht wird, gehört zu den Seltenheiten. Ein eben solcher Blitzschlag würde eine Rohrleitung von nur 30qc Eisenquerschnitt um 0,04° C., zwei Flanschschrauben von je 1qc,5 Querschnitt um 4° erwärmen. In Bezug hierauf wolle das Gutachten der königl. sächsischen technischen Deputation, Anhang zur erwähnten gemeinfaſslichen Belehrung S. 58 nachgelesen werden, woselbst auch ein hier einschlagender, verhältniſsmäſsig ungünstiger Fall naher besprochen wird. „Auch die Gefährdung der an unterbrochenen Rohrleitungen beschäftigten Arbeiter ist gegen den Anschluſs ins Feld geführt worden, obgleich nach den bekannten Vorgängen der Elektricitätsausbreitung im Boden durch Vermittelung der Rohrstränge diese Gefahr bereits bisher bestanden hat und jetzt, wie später nach erfolgtem Anschlusse, durch eine aus Telegraphendraht rasch herzustellende Verbindung der Rohrenden sicher beseitigt werden kann.“ Der Verein empfiehlt dann weiter den Fachgenossen die Annahme folgender 5 Sätze: 1) Der volle oder theilweise Uebergang der Blitzschläge in Gas- und Wasserleitungen, wo solche vorhanden sind, ist unvermeidlich; 2) durch die Anlage von Gas- und Wasserleitungen in und an Gebäuden wird die Blitzgefahr für diese Gebäude gesteigert; 3) da wo Gas- und Wasserleitungen vorhanden sind, ist ohne den Anschluſs der Blitzableitungen an dieselben ein zuverlässiger Blitzschutz der Gebäude nicht möglich; 4) durch diesen Anschluſs an das Rohrnetz werden bestehende Gefahren für dasselbe vermindert, neue aber nicht herbeigeführt; 5) die Herbeiführung der behördlichen Genehmigung zum Anschlusse der Blitzableiter an Gas- und Wasserleitungen ist nach Vorstehendem zur Beseitigung der Blitzgefahr unerläſslich; und fordert zum Schlusse auf, die mit etwa schon bestehenden derartigen Anschlüssen gemachten Erfahrungen u.s.w. zusammenzustellen. Wie oben angedeutet, hat der Verband deutscher Architekten- und Ingenieurvereine beschlossen, zunächst die übrigen deutschen Einzelvereine zum Berichte in dieser Angelegenheit aufzuforden, und wir dürften ein Ergebniſs der anzustellenden Ermittelungen erst bei Gelegenheit des diesjährigen in Cöln abzuhaltenden Verbandstages erwarten. Fast zur selben Zeit aber, als der obige Beschluſs von der Vertretung der deutschen Baumeister gefaſst wurde, fanden bei der ebenfalls in Hamburg tagenden Jahresversammlung des Deutschen Vereines von Gas- und Wasserfachmännern eingehende Berathungen über denselben Gegenstand statt. Das Ergebniſs dieser Verhandlungen war zunächst das, daſs der Vereinsvorstand beauftragt wurde, alle zur Klärung der Angelegenheit nützlich erscheinenden Schritte zu thun und in der nächsten Versammlung im J. 1888 – bei der letzten Versammlung am 13. Juni in Stuttgart ist eine Commission zur Durchberathung der Frage gewählt worden – darüber zu berichten. (Vgl. S. 230 dieses Heftes.) Von den inzwischen in Einzelvereinen erfolgten Besprechungen über den fraglichen Gegenstand sei folgendes mitgetheilt: In einer Versammlung der Gas- und Wasserfachmänner Schlesiens und der Lausitz sowie Brandenburgs führte Stadtbaurath Schneider (Cottbus) zu Gunsten der Anschlüsse zunächst anVerhandlungen der Gas- und Wasserfachmänner Schlesiens und der Lausitz sowie Brandenburgs (Journal für Gasbeleuchtung und Wasserversorgung). daſs nach Mittheilung des Specialtechnikers Kirchhoff demselben kein Fall bekannt geworden sei, wo der Blitz ein Gas- oder Wasserrohr, welches mit dem Blitzableiter verbunden war, zerstört hätte, daſs vielmehr jenem Rohrsysteme selbst durch den Anschluſs des Blitzableiters ein Schutz gewährt würde. Voraussetzung hierbei sei natürlich, daſs jene Rohrsysteme in sich stetige Leitungen bilden, was, wie schon Melsens bemerkt, nur dann der Fall sei, wenn die Röhren Bleidichtung haben. Aber selbst bei Anwendung von Kautschuk als Dichtungsmaterial der Röhren hätten Versuche mit einer 100m langen Leitung nachgewiesen, daſs letztere dem Abflusse eines elektrischen Versuchsstromes noch geringeren Widerstand boten als eine vorschriftsmäſsig ausgeführte Blitzableitung nach einem Brunnen. Nach dem bekannten Gutachten der königl. sächsischen technischen Deputation vom 5. Januar 1882 mache ferner die Verbindung eines Blitzableiters mit dem Straſsenrohrnetze einer städtischen Gas- und Wasserleitung von passender Beschaffenheit die Anbringung einer Erdplatte überflüssig. Nach diesen für die Herstellung der Anschlüsse günstigen Urtheilen berichtete Herr Schneider weiter, daſs auch in der zu Graz abgehaltenen Generalversammlung des Vereines der Gasindustriellen Oesterreich-Ungarns vom Jahre 1883 die Frage besprochen wurde, ob eine Verbindung der Blitzableiter den städtischen Gas- und Wasserrohren Schaden bringen könne, daſs dort jedoch diese Frage, da das Rohrnetz der Hochquellen nicht mit Blei, sondern mit Kitt und Holzzwickeln gedichtet ist, ablehnend beantwortet worden sei, weil die Anschlusse der Blitzableiter jenen Rohrleitungen eine groſse Gefahr bringen würden. „Im J. 1884Verhandlungen der Gas- und Wasserfachmänner Schlesiens.,“ fuhr der Redner fort, „wurde seitens des Polizeipräsidiums zu Berlin bei dem dortigen Magistrate der Antrag gestellt, den Behörden und Privaten, welche Blitzableiter anlegen wollen, den Anschluſs an die städtischen Gas- und Wasserleitungen zu gestatten; der Magistrat zu Berlin hat jedoch beschlossen, nachdem über die Sache Gutachten der Gasverwaltung und des Elektrotechnikers Halske gehört worden sind, gegen den Antrag im Interesse der städtischen Verwaltung und der Sicherheit zu protestiren. „Dieser Protest gab Veranlassung, daſs der Gas- und Wasserwerksdirektor Windeck in der Hauptversammlung des Vereines von Gas- und Wasserfachmännern Rheinlands und Westfalens die Frage wegen des Anschlusses von Blitzableitungen an Gasrohren zur Sprache brachte. Windeck hält eine Besprechung dieser Angelegenheit schon deshalb für nothwendig, weil sicherlich dieser Anschluſs bereits in sehr vielen Fällen, sei es mit oder ohne Erlaubniſs der Gas- und Wasserwerksverwaltungen, ausgeführt sei. „Als Hauptgrund gegen die Gestattung des Anschlusses an Gasleitungen sei seiner Ansicht nach anzuführen, daſs das Leben der Arbeiter, welche vor oder bei einem Gewitter mit der Ausbesserung von Gasleitungen beschäftigt seien, aufs Aeuſserste gefährdet sei. „Dazu komme noch, daſs die Gasleitung in trockenem, d.h. nicht leitungsfähigem Boden läge, daſs der Blitz erfahrungsmäſsig nicht selten Eisenmassen schmelze oder zum Weiſsglühen bringe, also die Gefahr von Gasexplosionen vorhanden sei, die namentlich unter der Erde, wie ein Fall in London gezeigt habe, entsetzliche Wirkungen haben könnten. „Auch dürfte eine Gefährdung der Gasmesser nicht ausgeschlossen sein. Was die Wasserleitungen beträfe, so sei zunächst zu bemerken, daſs beim Anschlusse von Blitzableitern nicht die Leitungsfähigkeit von Eisen allein, sondern auch die des Wassers in Betracht komme und deshalb die vorhin erwähnte Gefahr für die Arbeiter nicht in so groſsem Maſse vorhanden sein möchte, aber immerhin noch vorhanden sei. Direktor Windeck sei deshalb der Ansicht, daſs es im Interesse der Gas- und Wasserwerke liege, die etwa nachgesuchte Erlaubniſs zum Anschlüsse der Blitzableiter an die Gas- und Wasserleitungen als Erdleitungen zu versagen und dort, wo Anschlüsse ohne Einholung der Erlaubniſs bereits hergestellt sind, auf Beseitigung derselben zu dringen. „Die Versammlung des Rheinisch-Westfälischen Vereines trat der Ansicht des Direktors Windeck bei.“ Nach diesem Berichte über den Stand der Angelegenheit sprach Stadtbaurath Schneider seine eigene Ansicht übrigens dahin aus, daſs es in den Städten nichts Besseres für eine möglichst vollkommene Verbindung der Bodenleitung mit der Erde gebe, als einen guten metallischen Anschluſs der Erdleitung an die Hauptwasser- und Gasröhren in den Straſsen, vorausgesetzt, daſs durch Anwendung von Bleidichtung eine metallische Berührung zwischen den einzelnen Röhren geschaffen sei, und begründete diese Ansicht nochmals aus dem Umstände, daſs Bodenplatten bezieh. Erdleitungen, seien sie von Blech oder von Netzwerk, gerade da sich als unzureichend zu erweisen pflegten, wo so groſse in den Boden sich verzweigende Metallmassen vorhanden seien, wie die Gas- und Wasserleitungsröhren. Die hierdurch herbeigeführte Gefahr des Abspringens des Blitzes von dem vorgeschriebenen Wege nach jenen Röhren hin sei aber in den meisten Fällen ebenso gefährlich wie ein direkter Blitzschlag. Wenn schon, wie es scheint, der gröſsere Theil der zuständigen Beurtheiler diesen letzten Ausführungen zustimmen wird, so geht doch andererseits auch aus der in einer Sitzung des Bezirksvereines deutscher Ingenieure in Berlin am 4. Januar 1888 stattgehabten Besprechung der gleichen Frage hervor, daſs mancherlei Bedenken von gas- und wassertechnischer Seite vorliegen, solcherlei Anschlüsse überall ohne Weiteres zu gestatten. Thatsächlich hat, wie bereits oben erwähnt wurde, die Verwaltung der Berliner städtischen Wasserwerke bisher stets Einspruch gegen die Benutzung sowohl der Hausleitungen als der Straſsenröhren zur Blitzableitung erhoben und da, wo solche Anschlüsse bestanden, deren Beseitigung durchgesetzt.Vgl. den Bericht über diese Verhandlungen u.a. im Gastechniker, 1887 Bd. 9 Heft 10; desgl. in der Eisenzeitung, S. 129 ff. Insbesondere sind Anschlüsse, die auſserhalb der Gebäude auf dem Gebiete der Straſse lagen, ohne Weiteres entfernt worden, wobei man sich lediglich darauf beschränkte, den Grundstücksbesitzern hiervon Mittheilung zu machen mit dem Bemerken, daſs die Gesellschaft eine derartige Besitzstörung nicht zulasse. Nicht mit Unrecht wies der Oberingenieur jener Werke, Herr Oesten, zur Begründung solcher Maſsregeln darauf hin, daſs die hier in Rede stehende Frage bisher in der Literatur meist von elektrotechnischer Seite behandelt worden sei und nur von dieser Seite aus die Anschlüsse empfohlen, theilweise sogar gefordert worden seien, jedenfalls aber müsse man behufs eingehender Beurtheilung vom technischen Standpunkte zunächst zur Lösung folgender Unterfragen schreiten. Ist die Verbindung der Blitzableiter mit Gas- und Wasserröhren nothwendig für eine gute Ableitung der Blitzströmung, für einen Schutz der Röhren und des Hauses? Wo und wie soll die Verbindung hergestellt werden? Sind Gas- und Wasserröhren unter einander zu verbinden? Dürfen oder müssen sie als Erdleitung dienen? Ist auſser den Röhren noch eine besondere Erdleitung mit Erdplatte nothwendig? Sind nichtleitende Stellen der Röhren mit Leitern dauernd zu überbrücken und wenn: in welcher Weise? Ist eine von Zeit zu Zeit wiederkehrende Ueberwachung der Erdleitungen nothwendig? Die letzte Frage und die Fragen, wo die Verbindungen stattfinden, wer die Ueberwachung ausüben und wer für den guten Zustand der Leitung verantwortlich sein soll, sind, wie Herr Oesten hervorhob, rechtlicher bezieh. formeller Natur und werden zweckmäſsig erörtert, nachdem die technische Seite geklärt und festgestellt ist. Daſs es zeit- und sachgemäſs gewesen sei, alle diese Vorfragen aufzuwerfen, bewies die nachfolgende lebhafte Besprechung der Angelegenheit seitens verschiedener Vereinsmitglieder, wobei sich herausstellte, daſs in Berlin vielfach die ein Gebäude bekrönende eiserne Fahnenstange oder eine besondere Auffangstange unmittelbar mit den höchsten Punkten der Gas- oder Wasserleitung verbunden ist. Die eigentliche Ableitung und die Bodenplatte aber fehlt. Bei einem solchen sogen. „Blitzableiter“ soll die Leitung durch die Röhren allein ersetzt werden. Hierbei bilden aber, wie Herr Gill befürchtete, die mit Kitt oder Mennige gedichteten Verschraubungen der einzelnen Theile oder die mit Gummi, Filz oder Pappe gedichteten Flanschen der Wasserröhren ebenso viele UnterbrechungenEine vollständige Unterbrechung des leitenden Zusammenhanges findet dabei nicht statt, wenn auch eine mehr oder minder erhebliche Vergröſserung der Leitungswiderstände. Ueber die Ergebnisse von angestellten Versuchen zur Prüfung solcher Widerstände wird weiter unten berichtet werden. Immerhin ist es nicht angängig, die Leitung durch solche Röhren allein ersetzen zu wollen. Vgl. weiter unten. des metallischen Zusammenhanges. Herr Gill sprach daher die Ansicht aus, daſs bei einer elektrischen Entladung ein Ueberspringen des Stromes an solchen Stellen stattfinden und hierdurch die Röhren bezieh. das Gebäude gefährdet werden würde. Weiter wurde angeführt, daſs in, Berlin täglich bei etwa 20 bis 25 Hausanschlüssen behufs Vornahme von Ausbesserungen u.s.w. Unterbrechungen des leitenden Zusammenhanges der Metalltheile eintreten. Demgegenüber gestand auch Herr Gill zwar zu, daſs, wo ein sachgemäſs ausgeführter Blitzableiter vorhanden ist und in gutem Zustande erhalten wird, durch die Verbindung der Wasserröhren und anderer eiserner Constructionstheile mit dem Blitzableiter nicht nur keine Gefährdung, sondern sogar eine Sicherung eines Bauwerkes vor Blitzschlag bewirkt werden kann, hob aber hervor, daſs die Wasserwerke, da sie nicht wissen können, ob allen diesen Erfordernissen vollauf genügt ist, die Anschlüsse, soweit sie in ihr Bereich fallen, hätten beseitigen lassen, zumal die Straſsenröhren nicht mit Blei gedichtet seien. Da ferner die unter der Straſse liegenden guſseisernen Röhren der Berliner Wasserwerke an den Verbindungsstellen mit einem Pech- und Kohlentheerfirniſs gedichtet seien, so könne von einer metallischen Verbindung unter einander nicht die Rede sein. War nach diesen Ausführungen der Herren Oesten und Gill hinsichtlich der Wasserleitungsröhren die vorliegende Frage in einem der Herstellung der Anschlüsse nicht günstigen Sinne beantwortet worden, so wurden von anderer Seite auch, soweit es sich darum handelt, Blitzableiter mit Gasrohrleitungen zu verbinden, ähnliche Bedenken erhoben, besonders aber angeführt, daſs nach einem früheren Gutachten von Helmholtz die Gasleitungen allein keine hinreichend sichere Leitung zur Erde bilden, man vielmehr daneben noch eine Erdleitung mit ausreichender Erdplatte anbringen müsse, auch den Blitzableiter und die oberen Theile der Gasrohrleitungen einander nicht nahe legen dürfe. Weiter wurde die Frage erörtert, ob denn Straſsenröhren einer Gasleitung thatsächlich so geeignet seien, einen Blitzstrom in die Erde überzuleiten, wie man gewöhnlich annimmt. Namentlich wenn solche in trockenem Erdboden liegenIm Allgemeinen wird es selbstverständlich das Bestreben der Gasleitungsingenieure sein, die Röhren möglichst in grundwasserfreier Höhenlage zu verlegen., ist eine solche Wirkung bezweifelt worden gegenüber einer ausreichend groſsen ins Grundwasser versenkten Erdplatte. Herr Reißner, Oberingenieur der Berliner Gaswerke, führte hierzu folgendes an: Ein Beweis für die ungenügende Ableitung in den trockenen Erdboden hat ein Versuch in einer der hiesigen städtischen Gasanstalten geliefert, welcher mit einer in gewöhnlicher Weise in die Erde verlegten, schmiedeeisernen Rohrleitung von 50mm Durchmesser und etwa 45m Länge, deren eines Ende mit einem Gasmesser in einem Hause verbunden war, angestellt worden ist. Ein nahe dem Gasmesser in die Rohrleitung geführter Strom von einigen Meidinger-Elementen verlor sich nicht in der Erde; denn ein mit dem anderen Ende verbundenes Galvanometer zeigte eine kräftige Ablenkung; gleichzeitig aber wurden die schmiedeeisernen Rohrleitungen im Hause, welche mit dem Gasmesser in Verbindung standen, geladen. Eine Mittheilung von Kümmel in Altona vom Jahre 1880 bestätige ebenfalls die ungenügende Ableitung in den Erdboden; der Blitz habe dort in ein nicht mit Blitzableiter versehenes Theatergebäude eingeschlagen; ein Theil der Entladung sei dabei auf die Gasrohrleitung übergesprungen, jedoch ohne durch den Gasmesser zu gehen, sei dann auf das Röhrennetz der Straſse gegangen, in welchem die Ausbreitung über ein groſses Gebiet erfolgen konnte, und trotzdem seien in 1200 bis 1500m Entfernung zwei mit der Gasrohrleitung in Verbindung stehende Feuermelder zerstört worden. So wenig unseres Erachtens bei dem obigen Versuche mit einem nur 5cm starken, 45m langen Rohre ein anderes Ergebniſs erwartet werden konnte und so wenig ein solches Ergebniſs für ein ausgedehntes Straſsennetz gleichfalls maſsgebend ist, so sehr spricht gerade der aus Altona gemeldete Umstand, daſs der auf das Röhrennetz der Straſse übergegangene Blitz noch in weiter Entfernung sich bemerkbar gemacht hat, dafür, daſs das Rohrnetz eine gut leitende Beschaffenheit hatte. Es ist also dort offenbar nur nöthig, hinsichtlich dieser Feuermelder die erforderlichen Vorsichtsmaſsregeln zu ergreifen, um einer gefahrlosen Ableitung derjenigen Blitzschläge, welche das Rohrnetz treffen, sicher zu sein. Wenn Herr Reiſsner weiter anführte, daſs gegenüber den groſsen Eisenmassen, welche jetzt bei Bauten allgemein verwendet würden, die schmiedeeiserne Gasrohrleitung im Hause zu geringfügig sei, als daſs man sie als eine Eisenmasse, deren Verbindung mit dem Blitzableiter geboten ist, ansehen dürfte, so befindet er sich augenscheinlich in dem Irrthume, zu glauben, daſs bloſs die Gröſse der Metallmasse hierbei in Frage komme und nicht vielmehr der Umstand in Betracht zu ziehen sei, daſs diese Rohrleitungen eine fortlaufende metallische Ableitung nach der Erde hin bilden und in letzterer sich an ein weit verzweigtes Rohrnetz anschlieſsen, durch dessen Berührungsflächen mit dem Boden ein Ausbreiten der Elektricität vermittelt wird. (Fortsetzung folgt.)