Titel: Dr. O. v. Ritgen, Neueres auf dem Gebiete des Blitzableiterwesens.
Autor: O. v. Ritgen
Fundstelle: Band 269, Jahrgang 1888, S. 254
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Dr. O. v. Ritgen, Neueres auf dem Gebiete des Blitzableiterwesens. (Fortsetzung des Berichtes S. 207 d. Bd.) v. Ritgen, Neueres auf dem Gebiete des Blitzableiterwesens. Nach dieser Abschweifung haben wir über das Ergebniſs der am 1. Februar d. J. fortgesetzten Besprechungen im Berliner Bezirksverein deutscher Ingenieure weiter zu berichten, daſs der gepflogene Meinungsaustausch im Allgemeinen zu einer Klärung der Ansichten in einem der Herstellung der Anschlüsse günstigeren Sinne führte.Vgl. Journal für Gasbeleuchtung und Wasserversorgung, 1888 S. 370. In der Sitzung wurde zunächst ein im J. 1875 an den Polizeipräsidenten zu Berlin gerichtetes Gutachten der Ministerial-Baucommission verlesen. Danach handelt es sich nicht darum, die Anlage möglichst wirksamer Blitzableiter für die Zukunft überflüssig zu machen bezieh. durch Gas- und Wasserrohre zu ersetzen, sondern die durch letztere den Häusern entstehende Gefahr möglichst zu beseitigen. Sind die Rohre mit dem Blitzableiter nicht ausreichend verbunden, so kann der Blitz, von den groſsen Metallmassen der Rohre angezogen, gewaltsam auf diese überspringen und den nächsten bestleitenden Körpern folgen, womit eine erhebliche Gefahr verbunden ist. Ist aber eine metallische Verbindung in allen Theilen vorhanden, so wird das Rohrnetz nicht schädlich beansprucht; ein guter metallischer Anschluſs an die Straſsenrohre empfiehlt sich wegen ihrer weiten Verzweigung und groſsen Massen mehr, als die Anordnung einer selbständigen kupfernen Erdplatte. Zur Durchführung der Schutzmittel bedarf es keines besonderen Gesetzes, sondern nur einer polizeilichen Verordnung. Diesem Gutachten trat Herr Stude, Branddirektor der Stadt Berlin, im Wesentlichen bei, auf Grund seiner durch Untersuchung mannigfacher in Bremen entstandener Blitzschäden gewonnenen Erfahrungen. In zahlreichen Fällen fand sich bei der Untersuchung stets das Dach durchschlagen, eine Zündung hatte dagegen nicht stattgefunden, weil der Blitz durch die Gas- und Wasserrohre, wenn er dieselben einmal berührt hatte, unschädlich abgeleitet worden war. Um den Ausgleich zwischen der Elektricität der Luft bezieh. der Gewitterwolken und der Erdelektricität zu erleichtern, sei es nothwendig, möglichst gut leitende Verbindungen zwischen Luft und Erde herzustellen. Es müſsten also die Gas- und Wasserrohre unter allen Umständen mit dem Blitzableiter verbunden werden, es sei denn, daſs die Erdleitung des Ableiters hinreiche, um allein den Ausgleich bewirken zu können. Dies könne aber beim Vorhandensein von Rohrnetzen nur dann der Fall sein, wenn die Erdplatte des Blitzableiters gröſser sei, als die Gesammtoberfläche der Rohrnetze. Eine Beschädigung von Gegenständen finde nur dann statt, wenn der Blitz Unterbrechungen überspringe. (Dabei werde übrigens, soweit er beobachtet habe, meist nur derjenige Gegenstand beschädigt, von welchem der Blitz abspringt.) Die Ansicht des Redners über die Rohrverbindungen geht dahin, daſs solche mit Flanschen immer verbunden seien, auch die Muffenverbindung ausreichende Leitungsfähigkeit besitze, namentlich wenn sie mit Blei verstemmt sei. Herr Stude führte sodann weiter aus, daſs ein Anschluß der innerhalb der Gebäude liegenden Gas und Wasserleitungsröhren nicht erforderlich sei, wenn von der Fangstange des Blitzableiters eine Ableitung von einer den im Hause liegenden Röhren gleichwertigen oder besseren Leitungsfähigkeit unmittelbar zu den groſsen im Straſsenkörper liegenden Röhren geführt werde. Damit sei ein nächster Weg zu der besten Erdleitung geschaffen und der Blitz habe gewissermaſsen nicht nöthig, nun auf die im Hause befindlichen Rohre überzuspringen. Er thue das jetzt ja nur, um die beste Erdleitung – die im Straſsenkörper liegende Rohrleitung – zu erreichen. Um Gefahren für den Gasmesser zu vermeiden, schlägt Redner eine gute Umkleidung desselben vor; die Frage, wie bei Unterbrechungen der Rohre die bei deren Ausbesserung beschäftigten Arbeiter zu schützen seien, will Herr Branddirektor Stude dadurch lösen, daſs eine telegraphische Benachrichtigung zwischen Polizeistationen mit der Wetterwarte einerseits und den Hauseigenthümern bezieh. Gasrohrarbeitern andererseits eingerichtet wird. Nach diesen Ausführungen, welche viel Zutreffendes enthalten, in welchen aber die Nothwendigkeit, zunächst einen guten bis zum Boden geführten Blitzableiter zu schaffen und erst alsdann denselben an die Rohrnetze anzuschlieſsen, nicht besonders betont wird, hebt Herr Frischen mit Recht hervor, daſs die Gas- und Wasserleitungsrohre unter keinen Umständen als Ersatz des Blitzableiters dienen können.Es sind hier die eigentlichen Hausleitungen gemeint. Auch die volle Leitungsfähigkeit dieser Rohre angenommen, führt das Verfahren, solche lediglich direkt mit einer Fangstange zu verbinden, unseres Dafürhaltens geradezu eine Gefahr für die betreffenden Wohnungen herbei, weil der Weg, den diese Leitungen bieten, nicht darauf berechnet ist, den Strom möglichst direkt abzuführen. Jeder Fachmann wird wissen, auf welchen Umwegen solche Rohre oft aus baulichen Rücksichten geführt werden müssen. Wenn man aber anführt, es sei öfters vorgekommen, daſs Blitze von den Ableitern nach Gas- oder Wasserrohren abgesprungen seien, so können dies nur solche Fälle gewesen sein, in welchen der Strom hierbei den direktesten Abfluſs nach dem groſsen Straſsennetze fand, und in welchen überdies der Blitzableiter selbst nicht, wie es nöthig gewesen wäre, an letzteres angeschlossen war. Will man den Blitzableiter sparen, so lasse man auch die Fangstange weg; anderenfalls führe man einen vorschriftsmäſsigen Blitzableiter mit möglichst direkter Ableitung aus und schlieſse letztere im Boden an die Rohrnetze an (inwiefern dabei noch eine Erdplatte auſserdem nöthig oder wünschenswerth ist, soll später erörtert werden). In diesem Falle setzt sich die Inductionswirkung der Straſsennetze bis in den Leiter und die Fangspitze fort und der einmal auf direkter gut leitender Bahn herabfahrende Blitz wird nicht mehr abspringen.Verfährt man hiernach, so ist auch keineswegs zu befürchten, daſs, wenn die Hausleitungen behufs Reparatur unterbrochen werden, Gefahren für die Arbeiter oder Insassen der Wohnung entstehen. Wohl aber entstehen solche Gefahren, wenn Gas- oder Wasserrohre die Blitzableitung ersetzen sollen, falls dieselben dann irgendwo unterbrochen oder beschädigt sind. Herr Reißner bezweifelt die Leitungsfähigkeit der Muffenverbindungen und hält selbst diejenige der Flanschenverbindungen für fraglich; er führt an, daſs in den Berliner Gasanstalten die Rohre niemals mit dem Blitzableiter verbunden würden. Dagegen werde eine groſse kupferne Erdplatte in das Grundwasser gelegt. Den Anschluſs an die guſseisernen Straſsenrohre hält Redner übrigens für nicht durchführbar wegen der häufigen Auswechselungen derselben. Auch komme es häufig vor, daſs ganze Stränge ausgeschaltet würden und sogen. todte Stränge bildeten. Die Folge sei die Nothwendigkeit fortwährender Untersuchungen, Benachrichtigungen, Ablösungen und Wiederanschlieſsungen, welche kaum durchzuführen seien. Auch könne keine Gasanstalt ein Angreifen ihrer Rohre behufs Anschlusses der Blitzableiter gestatten. Herr Herzberg kann den Hausrohren die Leitungsfähigkeit nicht absprechen. Untersuchungen würden wohl ergeben, daſs sowohl Muffen- als auch Flanschenverbindungen leitend seien, erstere besonders bei Bleiverstemmung. Bei Schraubenmuffen lägen die Gewindegänge auf einander, während bei Flanschen die Schraubenbolzen die leitenden Mittel bildeten. Dasselbe sei bei der Kappenverbindung der Fall. Herr Fischer hält dagegen die Rohre, trotz des geringen Widerstandes, welcher oft nur ⅓ desjenigen des Blitzableiters ausmache, für durchaus ungenügend zur Ableitung des Blitzes. Die Gefahr liege darin, daſs sich möglichenfalls der Gesammtwiderstand der Leitung nur an einer einzigen oder einigen Stellen fände, und diese dann der zerstörenden Wirkung ausgesetzt seien. Die Hausleitung solle deshalb niemals als Blitzableiter dienen. Dasselbe habe auch vorher Herr Stude zugegeben, welcher die Hausleitung nur in ihrem untersten Theile mit dem Blitzableiter verbunden haben wolle. Bei den Straſsenrohren verhindere übrigens in der Regel die Asphaltlackirung, auch der Umstand, daſs die Röhren meistens in trockener Erde liegen, den raschen Abfluſs der Elektricität in den Boden. Hierauf kommt Herr Stude nochmals darauf zurück, daſs man nicht behaupten könne, eine Erdleitung sei besser als der Anschluſs an das Straſsennetz. Es sei deshalb ein sonst guter Blitzableiter, welcher an das Rohrnetz nicht angeschlossen sei, als verfehlt zu betrachten. Die von ihm angeführten Beispiele aus Bremen seien ein Beweis hierfür. Die betreffenden Blitzableiter seien tadellos gewesen, sie hätten aber nicht helfen können, weil das Rohrnetz besser leitete. Herr Frischen ist der Ansicht, daſs ein sogen. guter Blitzableiter doch ein schlechter sei, wenn ihm eine wenig Widerstand bietende Erdverbindung fehle, wie dies durch die Vorgänge in Bremen bewiesen wurde. Im Uebrigen könnten nur praktische Versuche und Messungen die Frage endgültig entscheiden. Herr Ulfert führt an, daſs er in mehr als 200 Fällen in Wasserleitungen keinen, in Gasleitungen nur dreimal einen erheblichen galvanischen Widerstand gefunden habe. Der Widerstand beim Uebertritt des galvanischen Stromes aus einem Metallkörper in die Erde hänge ab von der Berührungsfläche beider, von der Bodenart und der Feuchtigkeit, aber nicht von der Art des Metalles und betrage bei der Berliner Gas- und Wasserleitung 3 bis 4, während bei tadellosen Blitzableitern 10 bis 12 und ausnahmsweise 8 Siemens-Einheiten1 Siemens-Einheit = 0,955 Ohm. vorhanden seien. Dr. Holtz in Greifswald gestatte sogar 30 Siemens-Einheiten für Blitzableiter. Wo es sich um die beste Erdleitung handele, würden auch bei Versuchen und Messungen der Akademie der Wissenschaften die Gas- und Wasserrohre benutzt. Den Gesammteindruck der beiden Verhandlungen des Berliner Bezirksvereines deutscher Ingenieure glaubt Herr Peters als Laie folgendermaſsen zusammenfassen zu sollen. Bei den üblichen Ausführungen würden die Gas- und Wasserleitungen, weil weniger Widerstand bietend, vom Blitze bevorzugt. Demgemäſs müsse man diesen Weg dem Blitze nicht versagen, sondern ihn möglichst günstig gestalten, zur Sicherheit jedoch einen besonderen Blitzableiter herstellen und mit den Rohrleitungen verbinden. Es würde zu weit führen, hier noch über Verhandlungen anderer Vereine eingehend zu berichten. Betreffs der unter anderem in den Wochenversammlungen des Bayerischen Architekten- und Ingenieurvereines gepflogenen Berathungen über diesen Gegenstand verweisen wir daher auf die in den Heften 12, 14 und 15 dieses Jahrganges des Centralblattes für Elektrotechnik abgedruckten Mittheilungen. Man gelangte auch hier zu dem Ergebnisse, daſs theoretische Betrachtungen allein nicht zum Ziele führen können, daſs es vielmehr dringend wünschenswerth sei, durch Versuche die thatsächlich in den Rohrnetzen vorhandenen Leitungswiderstände festzustellen. Bereits am 29. Februar 1888 wurden von Prof. Kohlrausch in Hannover in einer Sitzung des dortigen Architekten- und Ingenieurvereines genaue Angaben über die von ihm bei verschiedenen in dieser Richtung angestellten Versuchen gefundenen Widerstände gemacht. Einem hierüber im Hefte IX. der Elektrotechnischen Zeitschrift 1888 erschienenen Aufsatze dieses Gelehrten entnehmen wir das Folgende: Eine groſse Zahl oberirdischer Verschraubungen eiserner Gasleitungsrohre mittels Muffen, Kniestücken, -Stücken u.s.w. habe ich an der sehr vielfach verzweigten Gasleitung in der hiesigen Königl. Technischen Hochschule durchgemessen. Acht verschiedene Rohrstrecken wurden untersucht, deren Länge zwischen 0,5 und 17m, deren lichte Weite zwischen 15mm und 35mm schwankt, und welche zwischen 4 und 30 Rohrverschraubungen enthalten. Die Gasleitung liegt zum Theile seit etwa sieben, zum Theile seit drei Jahren. Sämmtliche Verschraubungen sind in üblicher Weise mit Mennigekitt eingesetzt. Die gesammte untersuchte Rohrlänge beträgt etwa 75m und enthält 117 Verschraubungen. Die Summe aller gemessenen Widerstände beträgt 0,120 Ohm, wovon, wie die Berechnung aus Metallquerschnitt und Rohrlänge ergibt, 0,086 Ohm auf den Widerstand der Rohre selbst entfallen. Demnach haben die 117 Verschraubungen einen Widerstand von 0,034 Ohm, und der mittlere Widerstand einer Verschraubung beträgt 0,0003 Ohm. Den gröſsten Widerstand der Verschraubungen ergab eine Strecke von 30 Verschraubungen mit 0,009 Ohm. Wollte man nun auch die sehr unwahrscheinliche Annahme machen, daſs die Hälfte dieses ganzen Widerstandes in einer Verschraubung, die andere Hälfte in den 29 anderen Verschraubungen gelegen hätte, so würde sich für erstere doch nur ein Widerstand von höchstens 0,005 Ohm ergeben. Die Mittelwerthe der Verschraubungswiderstände der einzelnen untersuchten Strecken schwanken zwischen den Werthen 0,0005 und 0,00007 Ohm, ein Zeichen, daſs, wie ja wegen des Mennigekittes zu erwarten ist, Unterschiede in der Fläche der metallischen Contacte in den Verschraubungen bestehen. Aber unter allen 117 Verschraubungen ist nicht eine, bei der nicht ein immerhin noch sehr guter, zweifellos metallischer Contact vorhanden wäre. Auf Grund dieser Messungen ist mit Sicherheit anzunehmen, daſs mit Mennigekitt eingesetzte Rohrverschraubungen stets guten metallischen Contact der Rohre mit dem Verbindungsstücke ergeben. Dieser gute Contact der einzelnen Rohre unter einander und der Umstand, daſs die dünnsten Gasrohre immer noch gegen 100mm Metallquerschnitt haben, ist der einfache Grund dafür, daſs man Verletzungen der Rohrnetze durch Fortleiten der Blitzschläge bisher nicht beobachtet hat. Uebrigens sind solche Verletzungen bei eisernen Rohren auch an den Stellen des Ueberspringens einer Entladung auf das Rohrnetz nicht häufig. Die zweite Frage betrifft den Leitungswiderstand der Verbindungsstellen in der Erde liegender weiterer Rohre, welche bekanntlich meist durch Einschieben des einen Rohrendes in die Muffe des folgenden Rohres verbunden sind. Zum Abdichten wird der Zwischenraum zwischen Rohr und Muffe innen zunächst durch Theerstricke gedichtet, dann auſsen ein Bleiring von je nach der Rohrweite 1 bis 3cm Breite eingegossen und das Blei von auſsen verstemmt. Eine einwurfsfreie Widerstandsmessung der Verbindungsstellen in der Erde liegender Rohre ist leider nicht möglich, da die Rohre sämmtlich Erdschluſs haben. Durch die Gefälligkeit des Direktors der hiesigen Gasanstalt, Herrn Leonard Körting, wurde mir jedoch die Möglichkeit geboten, eine gröſsere Zahl in obiger Weise hergestellter Verbindungsstellen weiter Gasrohre – 15cm äuſserer Durchmesser – zu untersuchen, welche einer auf einem Holzgerüste für Pumpzwecke vor etwa einem Jahre angelegten Rohrleitung angehören. Der Rohrstrang wurde an einem Ende unterbrochen und von der Erde abgetrennt. Die vorhandene Wasserfüllung floſs dadurch ab. Zunächst möchte ich hervorheben, daſs das Holzgerüst, welches die Rohrleitung trägt, gleichzeitig zum Theile als Fahrbahn für die Kohlenzufuhr zu den Gasretorten dient und dadurch dauernd starken Erschütterungen ausgesetzt ist, welche naturgemäſs den Rohrverband rasch lockern müssen. Die Leitung ist jedoch wesentlich wasserdicht, und da auch die unter dem Straſsenpflaster liegenden Rohrnetze Erschütterungen – wenn auch nicht annähern so starken – ausgesetzt sind, so glaube ich, hier Verhältnisse, ähnlich denen der Straſsenrohre, voraussetzen zu dürfen. Die Messung ergab folgendes: Nr. der Rohrverbindung 1 2 3    4 5 6 7 8 9 10 Widerstand in Ohm 1,6 11,9 0,08    15 0,015 0,04 10,4 420 0,07 0,07 11 12 13 14 15 16 17 18 19 14 0,17 0,04 4,4 55 26 67 40 61. Danach sind die betreffenden Widerstände auſserordentlich ungleich, 6 Werthe liegen unterhalb 0,1 Ohm, 1 zwischen 0,1 und 1 Ohm, 2 zwischen 1 und 10 Ohm, 9 zwischen 10 und 100 Ohm und 1 sogar oberhalb 100 Ohm. Die letzten hohen Werthe gehören jedoch dem Theile der Rohrstrecke an, welche auf dem eigentlich befahrenen, also am meisten erschütterten Theile des Holzgerüstes ruht. Herr Körting hatte nun ferner die Güte, zum Zwecke der Untersuchung einen Strang von sechs getheerten Gasrohren von 10cm äuſserem Durchmesser, auf Holzklötzen ruhend, in der angegebenen Art frisch zusammensetzen zu lassen. Die Widerstände der einzelnen Verbindungsstellen waren hier so klein, daſs sie mit den an den Ort der Untersuchung mitgenommenen Hilfsmitteln kaum bestimmt werden konnten. Der ganze Rohrstrang einschlieſslich der fünf Verbindungsstellen hatte höchstens 0,009 Ohm Widerstand. Demnach stellt die frische Verbindung der getheerten Gasrohre mittels einseitiger Muffe und Dichtung durch Theerstricke und eingestemmten Bleiring zweifellos einen guten metallischen Contact her. Bei längerem Liegen derartiger Rohre in dem Erdboden wird nun erfahrungsmäſsig, und auch den ersterwähnten Messungen an dem älteren Rohrstrange entsprechend, an vielen Stellen der Contact schlecht, weil der mechanische Anschluſs durch Erschütterungen allmählig gelöst wird und an den Contactstellen von Blei und Eisen unter Einwirkung der Bodenfeuchtigkeit sich häufig Oxydschichten bilden. Bei Fortleitung von Blitzentladungen in den Straſsenrohren durchsetzen die Entladungen diese Oxydschichten aber quer, und zwar wegen der geringen Dicke und der groſsen Fläche der Schicht, wie es scheint, ohne alle nachtheiligen Folgen für die Dichtung der Rohre. Ein Durchsetzen vieler Rohrstöſse nach einander wird jedoch nur dann eintreten, wenn die Rohre im trockenen Boden liegen, also schlechten Erdschluſs haben. Liegen die Rohre im feuchten Boden, so erledigen schon wenige Rohre die Vertheilung der Elektricität zur Erde, denn ein Straſsenrohr von 3m Länge und 15cm Durchmesser hat bereits nahezu 1qm,5 äuſsere Oberfläche. Ich habe die Vertheilungswiderstände der Erdleitung von Gasrohrnetzen in solchen Fällen, wo der Rohrstrang in trockenem Sandboden liegt, gelegentlich zu 15 bis 60 Ohm gefunden. In diesen Fällen würde eine Blitzentladung wohl eine längere Rohrstrecke mit stets abnehmender Stromstärke durchlaufen, ehe sie vollständig in die Erde vertheilt wäre. Aber auch dann ist der Anschluſs der Gasleitung in einem Gebäude an den Blitzableiter unbedingt geboten, denn die für die Gasleitung und das Gebäude groſse Gefahr des Abspringens einer Entladung zum Rohrstrange ist durch den Anschluſs beseitigt, und die Fortleitung der Entladung, sowie die Vertheilung zur Erde übernehmen auch hier die Straſsenrohre ganz ohne Schaden. Vielleicht empfiehlt es sich, in solchen Fällen die Straſsenrohre durch Legen einer guten künstlichen Erdleitung der gewöhnlichen Form – Platte, Netz – zu entlasten. Schon wegen etwaiger Unterbrechung der Gas- oder Wasserrohrstränge bei Reparaturen und Erneuerungen dürfte es sich ja empfehlen, den Gebäudeblitzableitern stets auch gute Erdplatten zu geben. Bekanntlich kann man in Bezug auf gute und vollkommene Erdleitung der Blitzableiter niemals zu viel, aber sehr leicht zu wenig thun. Im Centralblatt der BauverwaltungJahrgang 1888, S. 156. 161. ist der Stand der Frage des Anschlusses der Blitzableiter an die Gas- und Wasserleitungen durch den Regierungsbaumeister Pinkenburg in Berlin in gedrängter übersichtlicher Weise zur Besprechung gelangt. Der Genannte weist darauf hin, daſs diese Frage namentlich in Berlin eine brennende ist für die Hausbesitzer, Welche, je nachdem sie sich an einen Elektriker oder einen Gas- oder Wasserfachmann wenden, in gerade entgegengesetztem Sinne berathen Werden. Die Architekten und Ingenieure, welche in dieser Frage weniger Partei seien, wären berufen, auf Ausgleichung dieser Gegensätze hinzuwirken. Klar und deutlich hat der Elektrotechnische Verein zu Berlin in der Sitzung vom 24. Januar 1888 seine Ansicht zur Sache ausgesprochen: „Der Anschluſs der Blitzableiter an die Gas- und Wasserleitung bringt für letztere nicht nur keine Gefahr, sondern eben jene Leitungen sind im Falle der Unterlassung eines solchen Anschlusses sowie bei Abwesenheit eines Blitzableiters geradezu gefährdet. Demnach ist unbedingt zu fordern, daſs Blitzableiter mit den in demselben Hause vorhandenen Gas- und Wasserleitungen metallisch verbunden werden. Dieser Anschluſs hat an einer zugänglichen Stelle vor dem Eintritte der Gas- und Wasserleitungsröhren in die Hauptmesser zu erfolgen. Bei hochgehenden Gas- und Wasserleitungen ist zu empfehlen, daſs der Anschluſs an den Blitzableiter in jedem Geschosse bewirkt wird.“ Die Erwägungen, welche zu diesem Beschlusse geführt haben, sind in ihrem Wortlaute, wie derselbe von dem technischen Unterausschusse für die Blitzableiterfrage gebilligt wurde, in der Elektrotechnischen Zeitschrift (Junihefte) abgedruckt. Diese Sätze mögen für die meisten Fälle zwar zutreffend sein, doch scheinen sie zu absprechend gefaſst, um thatsächlich eine Unterlage zur allgemeinen Lösung der vorliegenden Frage zu bilden. Zunächst auf Berliner Verhältnisse berechnet, dürfen dieselben übrigens auch nicht ohne Weiteres auf jede andere Stadt, namentlich auf kleine Städte, ausgedehnt werden. Haben, wie bereits aus einzelnen Städten gemeldet, sorgfältig angestellte Prüfungen ergeben, daſs der Ausbreitungswiderstand eines auf diese Rohrnetze übergeleiteten Stromes erheblich weniger beträgt als derjenige einer in der betreffenden Stadt üblichen Erdplatte (beispielsweise 20 Ohm) – was zweifellos in vielen Städten der Fall sein wird –, so ist ohne Zweifel der obligatorische Anschluſs aller vorhandenen Blitzableiter anzustreben, jedoch zunächst nur derjenige, welcher sich auf die Erdleitung des Blitzableiters bezieh. auf die Haupt- oder Straſsenstränge der Wasser- und Gasleitungen bezieht und welcher wohl am besten zwischen der Straſsenflucht und dem Hauptmesser eines Gebäudes – an zugänglicher Stelle – angeordnet wird.Keinenfalls sollte diese Anschluſsstelle so gewählt werden, daſs man den Blitzableiter in das Innere des Hauses zu führen genöthigt wäre. In allen solchen Städten, die sowohl Wasser- als auch Gasleitungen besitzen, müssen sich diese Anschlüsse selbstredend schon um deſswillen auf beiderlei Rohrsysteme erstrecken, weil der Lauf der letzteren ein vielfach benachbarter ist. Sollten obige Versuche in besonders ungünstigen Fällen eine etwas geringere Leitungsfähigkeit jener Rohrsysteme, insbesondere der Dichtungsstellen, ergeben, so wird zwar gleichwohl nicht auf den Anschluſs der Blitzableiter zu verzichten sein, aber jeder der letzteren müſste dann auſserdem mit einer gut versenkten Erdplatte o. dgl. versehen werden. Gerade in einem solchen Falle ist die Verbindung auch zum Schütze der Röhrensysteme nothwendig, weil dieselben bei einem Ueberspringen des Blitzes sonst groſser Gefahr ausgesetzt sein würdenNeuerdings wird vom Centralblatte für Elektrotechnik, 1888 Nr. 17, über die Beschädigung der Wasserleitung der Stadt Torgau durch einen Blitzschlag folgendes gemeldet: „Die Quellen, welche die Stadt mit Trinkwasser versorgen, befinden sich bei dem etwa eine Meile entfernten Dorfe Mehderitzsch. Eine in der Nähe der Sammelanlage befindliche Pappel wurde am 19. April, Nachmittags, von einem Blitzstrahle getroffen. Bald darauf lieferten die Leitungsrohre der Stadt getrübtes Wasser oder versagten ganz den Dienst; es stellte sich heraus, daſs eines der Hauptrohre durch den Blitzschlag beschädigt worden war.“, während sie nach Herstellung des Anschlusses an die mit Erdplatten versehenen Blitzableiter von diesen mit geschützt werden. Vorsichtshalber wird aber alsdann die Verbindung der beiderseitigen Anlagen nur durch einen Nebenleitungsdraht hergestellt. Bekanntlich theilt sich ein elektrischer Entladungsstrom, dem sich zwei oder mehrere Abfluſswege bieten und folgt zum gröſseren Theile der besser leitenden, namentlich der besser nach dem feuchten Erdinneren u.s.w. ableitenden Straſse. Es ist daher einleuchtend, daſs sofern etwa verrostete und deshalb mangelhaft leitende, im Trockenen liegende Rohrstränge, mit gut leitend angeschlossenen ins Grundwasser versenkten Erdplatten im obigen Sinne in Concurrenz treten sollten, jene Stränge die elektrische Entladung nur in dem Maſse zu sich hin ziehen würden, als sie auch im Stande sind, dieselbe ohne Hindernisse, d. i. gefahrlos, abzuführen. Da bei Wasserleitungen die Quellen oder Behälter, von denen dieselben ausgehen, vielfache Gelegenheit zum Uebergange des Stromes in den Boden u.s.w. geben, so wird es also auch, wenn solche von geringerem Umfange sind (in kleinen Städten, bei einzeln gelegenen Fabriketablissements), sowohl für den Schutz des Gebäudes nothwendig und nützlich, als für die Sicherung der Rohrleitung erforderlich sein, auſser den vorhandenen Erdleitungen mit ihren Bodenplatten u.s.w. noch den Anschluſs beider Systeme anzuordnen. Dem so gefährlichen Abspringen des Blitzes nach solchen Rohrleitungen wird jedenfalls dadurch vorgebeugt. Auch der Anschluſs der Blitzableiter an die Gasrohrsysteme kleiner Städte (in denen Wasserleitungen fehlen) wird im Allgemeinen vorgeschrieben werden können, nur sind dabei die jedesmaligen örtlichen Verhältnisse insofern zu berücksichtigen, als etwa noch auſserdem die Anwendung von Erdplatten verlangt werden muſs. Für kleine Städte ist überhaupt die hier in Rede stehende Frage noch keine so brennende wie für Berlin und die Städte I. und II. Gröſse und dieselbe kann daher recht wohl für erstere so lange in der Schwebe bleiben, bis man sich hinsichtlich der groſsen Städte geeinigt und in diesen Erfahrungen gewonnen hat. Im Vorstehenden ist angedeutet, auf welchem Wege man, unserer Ansicht nach, zu Vorschriften gelangen kann, die sowohl für Gas- und Wasserfachleute, wie für Elektriker und Physiker annehmbar sind. Den ursprünglich treibenden finanziellen Beweggrund derjenigen Interessenten, welche unbedingt für Anschluſs stimmen, um die Erdplatten u.s.w. zu sparen, wird man besser nicht zu sehr in den Vordergrund stellen, denn von den Wasser- und Gaswerken kann wohl niemand verlangen, daſs sie den Anschluſs der Blitzableiter gestatten, lediglich damit die Hausbesitzer an Kosten sparen. Dagegen wird die Gestattung solcher Anschlüsse verlangt und nötigenfalls durch gesetzliche Zwangsmittel durchgesetzt werden müssen überall da, wo ein so groſses Ableitungsvermögen dieser Rohrsysteme als vorhanden nachgewiesen wird, daſs man mit den üblichen Erdplatten thatsächlich nicht dagegen aufkommen kann und dies wird in den meisten groſsen Städten der Fall sein. Bei dem weiter oben angeführten bekannten Satze der Königl. Sächsischen Technischen Deputation: „Die Verbindung eines Blitzableiters mit dem Straſsennetze einer städtischen Gas- und Wasserleitung von passender Beschaffenheit macht die Anbringung einer Erdplatte überflüssig“ möchten wir allerdings den Nachdruck auf die hier cursiv gedruckten Worte gelegt, die Führung des Nachweises der „passenden Beschaffenheit“ aber zur Beruhigung der Verwaltungen der Gas- und Wasserwerke geschehen wissen. Sind dagegen die Röhren als nicht in vollem Sinne „passend“ befunden worden, beträgt z.B. der auf galvanischem Wege gemessene Ausbreitungswiderstand mehr als 20 Ohm, so schreibe man zwar dessenungeachtet den Anschluſs der Blitzableiter vor, auſserdem aber die Anbringung von Erdleitungen mit Bodenplatten u.s.w. Uebrigens sei noch bemerkt, daſs beispielsweise ein umfangreiches groſsstädtisches Gebäude, das mit einer Seite an eine Straſse, mit der anderen an einen Fluſs grenzt, jedenfalls auf der Wasserseite mit direkt ins Nasse geführten Ableitungen, die in Platten u.s.w. endigen, versehen werden muſs, auch wenn dessen Blitzableiter an die Rohrnetze der Gas- und Wasserleitungen der Straſse angeschlossen ist. Wird ein Blitzableiter an die Haupt- bezieh. Straſsenröhren der Gas- und Wasserleitungen an geeigneter Stelle angeschlossen, so bleibt die Frage offen, ob noch weitere Anschlüsse im Inneren des Gebäudes nothwendig sind. In dieser Hinsicht sei hier auf das unter Abschnitt IV (Nebenleitungen) Abs. 5 1887 265 264 Gesagte verwiesen.