Titel: Kryolith und seine Stellvertreter in der Glasindustrie; von Richard Zsigmondy.
Autor: Richard Zsigmondy
Fundstelle: Band 271, Jahrgang 1889, S. 81
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Kryolith und seine Stellvertreter in der Glasindustrie; von Richard Zsigmondy. (Schluſs der Abhandlung S. 36 d. Bd.) Kryolith und seine Stellvertreter in der Glasindustrie. Im Nachstehenden will ich ein Verfahren zur Darstellung von Fluornatrium beschreiben, das zwar erst durch Versuche in gröſserem Maſsstabe geprüft werden müſste, falls es sich bewährt, aber wahrscheinlich ökonomische Vortheile bieten würde. Mein Verfahren zur Darstellung von Fluornatrium aus Fluſsspath ist in wenigen Worten folgendes: Man schmilzt Fluſsspath mit Potasche unter Zusatz von Kieselsäure, laugt die Schmelze aus, und versetzt die concentrirte heiſse Lösung von Fluorkalium mit einer bei 38° C. gesättigten Lösung von Soda, wodurch Fluornatrium als Niederschlag ausfällt, und kohlensaures Kali regenerirt wird, das man zu einer neuen Schmelze verwenden kann. Da nun Fluorkalium in Wasser auſserordentlich leicht löslich ist, Fluornatrium dagegen erst in 23 bis 25 Th. Wasser, so folgt, daſs man einerseits leicht auslaugbare Schmelzen erhalten wird, und zu ihrer Extraction wenig Wasser braucht, andererseits durch die verschiedene Löslichkeit von Potasche und Fluornatrium in Stand gesetzt ist, leicht eine ziemlich vollständige Trennung der beiden Körper durchzuführen. Um nun eine für die Praxis brauchbare Vorschrift zu geben, muſste eine Reihe von Schmelzversuchen mit wechselnden Mengen von Fluſsspath, Kieselsäure und Potasche angestellt, und die Menge des durch Auslaugen gewonnenen Fluorkaliums ermittelt werden. Da die bisher üblichen Methoden der Fluorbestimmung aber für meine Zwecke entweder zu umständlich oder zu zeitraubend waren, so befaſste ich mich vor Allem mit der Ausarbeitung einer neuen Methode der Fluortitrirung, deren Detail ich hier mittheile, da sie keine besonderen Apparate bedarf, sich rasch und mit einer für viele technische Zwecke genügenden Genauigkeit ausführen läſst. Meine Methode lehnt sich an die Erdalkalimetrie von Knofler (Annalen der Chemie und Pharmacie, 1885) an. Wie Knöfler die gebundene Schwefelsäure titrirt, so bestimme ich die gebundene Fluſssäure, nur mit dem Unterschiede, daſs statt der!/10 Normal-Chlorbariumlösung eine 1/10 Normal-Chlorcalciumlösung verwendet wird, und statt des von Knöfler angegebenen Indicators anfangs bloſs Phenolphtalëin verwendet wird. Die noch unverändertes kohlensaures und kieselsaures Kali enthaltende Lösung von Fluorkalium wird mit Salzsäure nach Zusatz von Phenolphtalëin unter Aufkochen genau neutralisirt und hierauf mit 1cc 1/10 Normal-Sodalösung versetzt, wodurch die Flüssigkeit roth gefärbt wird (alkalische Reaction). Nun setzt man einen Ueberschuſs von 1/10 Normal-Chlorcalciumlösung zu, bis die rothe Farbe wieder verschwindet; dabei scheidet sich zunächst Fluorcalcium nach folgender Gleichung aus: CaCl2 + 2FlK = CaFl2 + 2KCl, und nachdem alles Fluorkalium zersetzt ist, tritt folgende Umsetzung ein: CaCl2 + Na2CO3 = CaCO3 + 2NaCl – die Flüssigkeit wird neutral – und daher entfärbt. Da man aber einen Ueberschuſs von CaCl2 zugesetzt hat, so fällt – ohne jedoch an der Reaction theilzunehmen – die Kieselsäure gallertig aus. Man bestimmt nun den Ueberschuſs an CaCl2 erdalkalimetrisch nach Knöfler, d.h. man fällt mit 1/10 Normal-Sodalösung, bis zum Auftreten der rothen Farbe, filtrirt und titrirt das Filtrat mit 1/10 Normalsalzsäure unter Zusatz von Methylorange zurück. Um den Vorgang klarer zum Ausdrucke zu bringen, will ich ihn in Formeln darlegen. Die ursprüngliche Lösung enthält: KFl, K2CO3, K2SiO3. Durch Neutralisation mit HCl entsteht: KFl, 4KCl, SiO2. I. Nach Zusatz von 1cc Na2CO3 enthält die Lösung: Na2CO3, KFl,KCl, SiO2, II. CaCl2 ist in Lösung: CaCl2, KCl,im Niederschlage: CaFl2, SiO2, CaCO3, III. Na2CO3 ist in Lösung: Na2CO3, KCl, NaCl,im Niederschlag: CaFl2, CaCO3, SiO2, IV. Durch Zurücktitriren mit HCl erhält man in Lösung: NaCl, KCl. Man hat dann nur zum Volumen der verbrauchten Chlorcalciumlösung (II.) das Volumen der Salzsäure (IV.) zu addiren, und davon das Gesammtvolumen der Sodalösung (I. und III.) zu subtrahiren, um die dem Fluorkalium äquivalente Menge CaCl2 zu ermitteln. Da nur die erste und letzte Neutralisation besondere Vorsicht erheischt, man die anderen Lösungen rasch und im Ueberschusse zusetzen kann, und durch das FiltrirenSollte sich nach der Operation II. viel Si(OH)4 ausgeschieden haben, so wird man gut thun, vor Zusatz der Sodalösung durch ein Stück gewaschenen Tülls abzuseihen und gut nachzuwaschen. durch ein Faltenfilter leicht von Statten geht, läſst sich eine Fluorbestimmung bequem in ¼ bis ½ Stunde ausführen. Vor der eigentlichen Prüfung der Methode muſsten noch folgende Fragen durch Versuche beantwortet werden: 1) Wie verhält sich Fluſssäure gegen Indicatoren beim Titriren mit Alkali? 2) Wie verhält sich Wasserglaslösung gegen Indicatoren beim Titriren mit HCl? 3) Wie verhält sich eine mit HCl neutralisirte Wasserglaslösung gegen CaCl2? Zur Entscheidung der Frage 1) wurde etwas chemisch reine Fluſssäure mit Methylorange versetzt und mit KHO titrirt; der Farbenübergang war, wahrscheinlich in Folge der Bildung von KHFl2, ein ganz allmählicher. Cochenille zeigte einen schärferen Farbenübergang; scharf wurde der Neutralisationspunkt dagegen durch Lakmus und Phenolphtalëin angezeigt. 2) Durch Zusammenschmelzen von reinem Kaliumcarbonate mit reiner Kieselsäure und Auflösen der Schmelze wurde eine Wasserglaslösung hergestellt, und diese unter Zusatz von verschiedenen Indicatoren titrirt; es zeigte sich, daſs sich kieselsaures Alkali gegen sämmtliche Indicatoren wie reines Alkali verhält; die ausgeschiedene Kieselsäure ist selbst auf Phenolphtalëin ohne Einwirkung. 3) Die durch Neutralisation von Wasserglas erhaltene Lösung wurde mit CaCl2 versetzt; es schied sich viel Si(OH)4 aus, dagegen blieb der Gehalt der Lösung an Chlorcalcium unverändert, wie die Titrirung mit Sodalösung ergab. Aus den Versuchen 1) geht hervor, daſs das von Knöfler als Indicator verwendete Gemenge von Methylorange und Phenolphtalëin für die Titrirung von Fluſssäure sich nicht eignet. Da der Cochenille- und Lakmusfarbstoff beim Zusätze von Sodalösung mit Calciumcarbonat gemengt ausfällt, so bleibt als einzig passender Indicator das Phenolphtalëin. Der Versuch 3) beweist, daſs die Gegenwart von Kaliumsilicat in der Schmelze auf die Fluorbestimmung keinen nachtheiligen Einfluſs ausübt. Nach diesen vorläufigen Versuchen wurde zur eigentlichen Prüfung der Methode geschritten. A) Einige Tropfen reiner Fluſssäure wurden mit 1/10 Normal-Natronlauge titrirt, unter Zusatz von Phenolphtalëin; es wurden 18cc,8 Lauge zur Neutralisation verbraucht, entsprechend 0g,0752 HFl. Diese Flüssigkeit wurde wie oben angegeben titrirt; man brauchte: 1) Na2CO3 1,0^{cc}+11^{cc},0 CaClHCl \left. {{29,6}\atop{\ 1,0}} \right\}30,6-12,0=18^{cc}6 18cc,6 CaCl2 wurden verbraucht, entsprechend 0g,0744 HFl. Ba) Etwas Fluſssäure in eine Platinschale gegossen brauchte zur genauen Neutralisation 102cc,5 1/10 Normal-Natronlauge, a) Die Lösung wurde auf 100cc gebracht und davon 25cc wie oben titrirt. Es wurden verbraucht: Na2CO3 1,0^{cc}+3^{cc},1 CaCl2HCl \left. {{28,8}\atop{\ 0,7}} \right\}29,5-4,1=25^{cc},4 25cc,4 Chlorcalciumlösung statt 25cc,5. b) 50cc obiger Lösung brauchten: Na2CO3 1,0^{cc}+7^{cc},0 CaCl2HCl \left. {{56,5}\atop{\ 1,8}} \right\}58,3-8=50^{cc},3 Zur Controle wurde der Niederschlag auf ein Filter gebracht, schwach geglüht, mit Essigsäure behandelt und nach dem Waschen abermals geglüht. Zurück blieben 0g,3988 CaFl2, entsprechend 51cc,03 CaCl2. Davon die Hälfte, entsprechend 25cc der Lösung, 25cc,5 1/10 Normall. Bc) Durch Zusammenschmelzen von 3g,490 Na2CO3 mit 1g,282 reiner Kieselsäure, Auflösen der Schmelze in Wasser und Verdünnen derselben auf 250cc wurde eine Lösung von Natriumcarbonat und Natriumsilicat hergestellt. 25cc dieser Lösung wurden mit 25cc obiger Lösung von Fluornatrium gemischt und die Mischung titrirt. Es wurden verbraucht: Zur Neutralisation 33,5^{cc}\ \mbox{HCl} Na2CO3 1,04+6^{cc},0 CaCl2HCl \left. {{30,4}\atop{\ 2,1}} \right\}32,5-7=25^{cc},5\ \mbox{HCl}. Rechnen wir zum Vergleiche die Resultate auf Gramme HFl um, so erhalten wir in 205cc der Lösung: Durch Titriren mit NaHO 0g,1022 HFl Gewichtsanalytisch aus dem CaCl2 0g,1021 Nach Ba) titrirt mit CaFl2 0g,1016 Bb) 0g,1005 Bc) 0g,1020 Die Differenzen von 1,5 Proc. des Fluorgehaltes im Maximum sind auf die Summirung von Fehlern bei der wiederholten Titrirung, sowie auf die nicht absolute Schärfe der Farbenübergänge zurückzuführen, Uebelstände, die ja auch bei vielen anderen maſsanalytischen Methoden zur Geltung kommen, aber für meine Versuche ganz ohne Belang waren.Vgl. Fluortitrirung von Tammann, Zeitschrift für analytische Chemie von Fresenius 24, 329. Kennt man den Gehalt der Lösung an Alkalicarbonat und Silicat noch nicht, so wird man gut thun, die Lösung in zwei Hälften zu theilen, und die eine Hälfte unter Zusatz von Cochenille oder Lakmus zu neutralisiren, da sich Carbonate mit Phenolphtalëin schlecht titriren lassen. Dann setzt man zur zweiten Hälfte HCl in geringem Ueberschusse, kocht alle Kohlensäure weg, setzt Phenolphtalëin zu, und so viel NaHO, daſs eben die rothe Farbe auftritt, und bringt dieselbe durch einen Tropfen HCl wieder zum Verschwinden. Auf diese Weise läſst sich eine Lösung von Fluorkalium, kieselsaurem und kohlensaurem Kali genau neutralisiren. An der Hand der eben beschriebenen Methode der Fluortitrirung war es ein Leichtes, eine Reihe von Versuchen auszuführen, die als Grundlage des neuen Verfahrens zur Darstellung von Fluornatrium dienen mögen. Es wurden wechselnde Mengen von Kieselsäure, Potasche und Fluſsspath in einem Platintiegel geschmolzen, die Schmelzen ausgelaugt und der Fluorgehalt titrirt. Die zur Verwendung kommende Potasche enthielt 89,5 Proc. K2CO3, der Rest war gröſstentheils Wasser. Der Fluſsspath enthielt 98,2 Proc. Fluorcalcium und wurde vor der Anwendung fein zerrieben, ebenso die Kieselsäure. Von der Voraussetzung ausgehend, daſs die Kieselsäure gewissermaſsen als Contactsubstanz wirke, wurde anfangs wenig SiO2 angewendet. Man könnte sich den Vorgang etwa so vorstellen, daſs das ursprünglich gebildete Kaliumsilicat sich mit dem Fluſsspathe in Fluorkalium und Calciumsilicat umsetzt, dieses durch den Ueberschuſs an Potasche aufgeschlossen wird, und daſs das neu gebildete kieselsaure Kali wieder die obige Reaction eingeht, welcher Vorgang sich so oft wiederholen würde, bis alles Fluorcalcium zersetzt ist. Daſs dem nicht so sei, wenigstens bei Anwendung eines nicht allzu groſsen Ueberschusses an Potasche, werden die folgenden Versuche zeigen: 1) 1g,6 Fluſsspath (1 Mol.) 0g,3 Kieselsäure (¼ Mol.) 4g,2 Potasche (89 proc.) (1,3 Mol.) wurden als Pulver gemischt und im Platintiegel am Gasgebläse zusammengeschmolzen. Die Masse schmilzt nach starkem Glühen unter Schäumen, wird hierauf wieder fest und kann nicht mehr geschmolzen werden. Die Schmelze löst sich beim Kochen mit Wasser vom Tiegel, und wird weich, daſs sie leicht zerdrückt werden kann. Nach 12 stündigem Stehen wurde die Lösung filtrirt, auf 100cc gebracht und davon 25cc titrirt. Sie brauchten zur Neutralisation 48cc,3 1/10 Normal-Salzsäure. Ferner: Na2CO3 9,05^{cc} CaCl2HCl \left. {{24,1}\atop{\ 1,4}} \right\}25,5-9,05=16^{cc},4 Daraus ergibt sich, daſs 32 Proc. CaFl2 aufgeschlossen wurden. Eine Wiederholung des Versuches ergab 33 Proc. CaFl2. 2) 1g,6 Fluſsspath 0g,3 Kieselsäure 5g,5 Potasche. Das Gemenge war an einzelnen Stellen nach dem Durchschmelzen fest. Im Uebrigen zeigten sich die oben beschriebenen Erscheinungen. Nach dem Aufweichen in Wasser wurde der vierte Theil der Lösung titrirt. Es wurden gebraucht 64cc,8 HCl zur Neutralisation. Na2CO3 9,0^{cc} CaCl2HCl \left. {{27,8}\atop{\ 2,2}} \right\}30,0-9=21^{cc},0\ \mbox{CaCl}_2 Aufgeschlossen wurden 41 Proc. CaFl2. 3) 0g,8 Fluſsspath (1 Mol.) 0g,3 Kieselsäure (½ Mol.) 2g,1 Potasche (1,4 Mol.) Masse gefrittet, bei starkem Glühen unveränderlich. Als ich die Flamme des Gasgebläses direkt in den etwas weiten Tiegel richtete, also bei Oberfeuer, zeigten sich bald einige geschmolzene Perlen. Bei weiterem Erhitzen trat ein weiſser Rauch auf und bei Weiſsglut zeigten sich an den kälteren Partien des Tiegels Tröpfchen, die zur weiſsen Masse erstarrten, während sich im Zimmer ein erstickend riechender Qualm verbreitete. Das Fluorkalium begann zu destilliren; die Schmelze war sehr leicht mit Wasser zu extrahiren und zerfiel sofort zu Pulver. ¼ der Lösung titrirt brauchten 16cc,9 HCl. Na2CO3 5,0^{cc} CaCl2HCl \left. {{12,0}\atop{\ 1,9}} \right\}13,9-5,0=8^{cc},9\ \mbox{CaCl}_2 entsprechend 35 Proc. Offenbar war mehr aufgeschlossen worden, doch hatte sich ein Theil des Fluorkaliums verflüchtigt. 4) 0g,8 Fluſsspath 0g,3 Kieselsäure 2g,7 Potasche. Das Gemenge schmilzt und gibt bei starker Hitze etwas Rauch. Beim Titriren wurden verbraucht 23cc,4 HCl. Ferner: Na2CO3 7,0^{cc} CaCl2HCl \left. {{16,0}\atop{\ 3,1}} \right\}19,1-7,0=12^{cc},1 entsprechend 47 Proc. CaFl2. 5) 0cc,8 Fluſsspath 0cc,3 Kieselsäure 2cc,3 Potasche. Wurden wie oben behandelt. Durch Titriren ergab sich ein Verbrauch von 21cc,6 HCl und Na2CO3 7,5^{cc} CaCl2HCl \left. {{18,4}\atop{\ 1,8}} \right\}20,2-7,5=12^{cc},7\ \mbox{CaCl}_2 entsprechend 49,5 Proc. Die zweite Titrirung ergab sogar 50,2 Proc. Wie man sieht, hat sich hier, obgleich weniger Potasche zur Verwendung kam, als bei Versuch 4), doch mehr Fluſsspath aufgeschlossen. Es erklärt sich diese Unregelmäſsigkeit dadurch, daſs hier die Materialien inniger gemischt wurden; wahrscheinlich wurde auch die Schmelzung im richtigen Momente unterbrochen, worauf, wie ich mich wiederholt überzeugte, viel ankommt. 6) 0g,8 Fluſsspath 0g,45 Kieselsäure 2g,7 Potasche wurden gut gemischt und geschmolzen; ¼ der Lösung wurde titrirt: HCl und 25,6^{cc} Na2CO3 4,0^{cc} Na2CO3 4,0^{cc} CaCl2HCl \left. {{16,1}\atop{\ 2,6}} \right\}18,7-4,0=14^{cc},7\ \mbox{CaCl}_2 Es wurden 57 Proc. CaFl2 aufgeschlossen, also dem höheren Kieselsäuregehalte entsprechend, bedeutend mehr, als bei den früheren Versuchen. Dies veranlaſste mich, den Kieselsäurezusatz noch zu steigern. 7) 0g,8 Fluſsspath 1 Mol. 0g,6 Kieselsäure 1 2g,7 Potasche 1,8 wurden zusammengeschmolzen, ausgelaugt; in einem Viertel der Lösung wurde maſsanalytisch das Fluor bestimmt: HCl 18,7^{cc} Na2CO3 2,0^{cc} CaCl2HCl \left. {{19,2}\atop{\ 0,8}} \right\}20,0-2,0=18^{cc},0\ \mbox{CaCl}_2 70,3 Proc. vom Fluorcalcium waren aufgeschlossen. Mit dem Kieselsäurezusatze noch zu steigen, schien nicht rathsam, da die Schmelzen leicht zu schwer löslich werden könnten. Ein gröſserer Zusatz von Potasche würde dagegen den Gehalt der Lösung an kohlensaurem Kali allzusehr erhöhen, so daſs die weitere Verarbeitung erschwert würde. Dennoch will ich der Vollständigkeit halber hier noch folgende zwei Versuche anführen: 8) 0g,8 Fluſsspath 0g,6 Kieselsäure 4g,0 Potasche wurden im Platintiegel in ähnlicher Weise durch Rühren mit dem Glasstabe gemengt, wie man es beim Aufschlieſsen mit Natronkali zu thun pflegt. Nach vollendeter Reaction sah die Schmelze bei Rothglut sehr ungleichmäſsig aus; durchscheinende Partien wechselten mit ganz undurchsichtigen. Beim Auflösen der Schmelze in Wasser zeigte sich die Ungleichartigkeit derselben gleichfalls, indem manche Theile sich durchaus nicht vom Tiegel lösen wollten, andere sehr leicht in Lösung gingen. Beim Titriren wurden folgende Quantitäten 1/10 Normallösung gebraucht: Na2CO3 8,9^{cc} CaCl2HCl \left. {{21,3}\atop{\ 4,9}} \right\}26,2-8,9=17^{cc},3\ \mbox{CaCl}_2 woraus sich berechnen läſst, daſs 67 Proc. des CaFl2 aufgeschlossen wurde. In einem anderen Theile der Lösung wurde das Fluor nach Berzelius bestimmt. Nach Entfernung der Kieselsäure und Auflösen des CaCO3 in Essigsäure blieben 0g,1363 CaFl2 zurück, entsprechend: 68 Proc. 9) Dieselben Mengen von Fluſspath, Kieselsäure und Potasche wie beim vorigen Versuche wurden geschmolzen, nachdem sie vorher innig gemischt worden waren. Die Schmelze erschien homogen und lieſs sich nach dem Erkalten ganz leicht und gleichmäſsig erweichen. In ¼ der Lösung wurde das Fluor bestimmt. Zur Neutralisation wurden 47cc,4 HCl gebraucht; zur Fluortitrirung: Na2CO3 22,4^{cc} CaCl2HCl \left. {{31,6}\atop{11,9}} \right\}43,5-22,4=21^{cc},1 In diesem Falle wurden 82,5 Proc. aufgeschlossen. Vergleicht man die Resultate der eben beschriebenen Versuche, so sieht man, daſs bei Anwendung von weniger als 2 Mol. K2CO3 auf 1 Mol. CaFl2 ein Zusatz von Kieselsäure bis zu 1 Mol. nothwendig ist, um gute Ausbeute zu erhalten. Es ergibt sich ferner, daſs nicht bloſs das Mischungsverhältniſs der drei Körper auf den Verlauf der Reaction bestimmend einwirkt, sondern daſs inniges Mischen der Bestandtheile, Zeitdauer des Schmelzprocesses und die Durchführung desselben innerhalb gewisser Temperaturgrenzen nothwendige Bedingungen sind, um gute Ausbeuten zu erhalten. Daraus folgt ferner, daſs die Ausbeuten an Fluorkalium, die man bei Versuchen im Platintiegel erhält, jedenfalls nicht die besten sind, die man überhaupt erzielen kann, da ja dabei oben erwähnte Bedingungen nur theilweise und sehr unvollständig eingehalten werden können. Einzelne Parallelversuche mit gleichem Mischungsverhältnisse ergaben bis 15 Proc. Differenz (vgl. Versuch 3 und 5 sowie 8 und 9), die nur auf verschiedenartige Durchführung derselben zurückzuführen ist. Zu hohe Temperaturen sind zu vermeiden, da sich dabei Fluorkalium verflüchtigen würde und man Schmelzen erhält, die sich nicht leicht auslaugen lassen. Uebrigens tritt die Reaction bei verhältniſsmäſsig niedriger Temperatur ein, bei schwacher Rothglühhitze. Die Masse beginnt zu schmelzen, verflüssigt sich unter Aufschäumen vollständig und wird nach Vollendung der Reaction scheinbar wieder fest. Thatsächlich hat sie aber die Consistenz, die dem Vaseline bei gewöhnlicher Zimmertemperatur eigen ist, wie man sich durch Umrühren mit dem Platinspatel leicht überzeugen kann, lieſse sich also jedenfalls mit der Krücke leicht bearbeiten. Der Auslaugerückstand besteht aus kieselsaurem, kohlensaurem Kalk, Fluorcalcium und ganz geringen Mengen von Kalisalzen, die sich nicht vollständig entfernen lassen. Derselbe kann ebenfalls in der Glasindustrie Verwendung finden, so daſs man bei diesem Verfahren überhaupt keine werthlosen Abfallproducte erhält. Um die Einwirkung einer Sodalösung auf Fluorkalium zu prüfen, wurde eine concentrirte heiſse Lösung von 15g Fluorkalium (aus Fluſssäure und Kaliumcarbonat hergestellt) mit einer Lösung von 13g,5 Natriumcarbonat in etwa 20g Wasser versetzt. Unter heftigem Aufwallen der Flüssigkeit entstand Fluornatrium als feinkörniger Niederschlag, der sich von der Lösung leicht trennen lieſs. Derselbe wurde abfiltrirt, gewaschen und getrocknet. Das Fluornatrium erschien als schneeweiſses Pulver, freilich nicht in der gewünschten Ausbeute, da die Waschwässer nicht wieder aufgearbeitet werden konnten. Will man den ökonomischen Werth des neuen Verfahrens beurtheilen, so ist es nothwendig, folgendes zu erwägen: Bei der Darstellung von Fluornatrium werden verbraucht: Fluſsspath, fein gemahlener Sand, Soda und geringe Mengen von Potasche, die beim Prozess verloren gehen, ferner Kohle, die theils zum Schmelzen der Mischung, theils zum Eindampfen der Lauge verbraucht wird; der Aufwand an Brennmaterial dürfte jedoch ein nicht sehr hoher sein, da die Aufschlieſsung bei verhältniſsmäſsig niedriger Temperatur vor sich geht, und die Laugen an sich sehr concentrirt sind. Dagegen wird gewonnen: Fluornatrium und als Abfall kieselsaurer Kalk. Bedenkt man nun, daſs beim Einschmelzen von Fluornatrium im Glase eine demselben und daher auch der zu seiner Darstellung verwendeten Soda äquivalente Menge Natron frei wird, daſs man ferner durch die Möglichkeit, bedeutende Quantitäten Feldspath in das Glas einzuschmelzen, eine, den Verlust an Potasche bei Weitem übersteigende Menge Kali gewinnt, daſs endlich der Abfall – kieselsaurer Kalk – in Krystallgläsern eingeschmolzen werden kann und daher mindestens dem Werthe des verwendeten Sandes entspricht, so bleiben als Materialien, die nicht zurückgewonnen werden, nurmehr der Fluſsspath und die Kohle. Vergleicht man den Preis dieser beiden Körper mit dem des Kryolithes, so zeigt sich, daſs selbst bei geringen Ausbeuten das Verfahren lukrativ sein wird, falls seine Durchführung im Groſsen nicht an technischen Hindernissen scheitert. Die gröſste Schwierigkeit dürfte das Auffinden einer passenden Herdsohle sein, die durch das schmelzende kohlensaure Kalium und Fluorkalium nicht angegriffen wird. Vielleicht bilden die basischen Ziegel, die ja in groſsen Eisenwerken bereits käuflich zu haben sind, das geeignete Material für diesen Zweck. Die eben beschriebenen Versuche, die zum Theil im Laboratorium für anorganische Technologie am Polytechnikum zu Wien ausgeführt wurden, waren schon vor mehr als 2 Jahren abgeschlossen. Mit der Publication meiner Arbeit habe ich nur darum so lange gezögert, weil ich die Absicht hatte, den Werth derselben durch Versuche im gröſseren Maſsstabe zu prüfen, wozu ich aber keine Gelegenheit fand. Inzwischen habe ich mich anderen Gebieten der Chemie zugewendet, und so übergebe ich denn die Resultate meiner Studien der Oeffentlichkeit mit dem Wunsche, dieselben mögen nicht ganz ohne Nutzen für die Industrie bleiben. München, im December 1888.