Titel: Ueber E. Delfieu's selbsthätige Eisenbahnsignale.
Autor: E. Z.
Fundstelle: Band 273, Jahrgang 1889, S. 78
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Ueber E. Delfieu's selbsthätige Eisenbahnsignale. Mit Abbildung. E. Delfieu's selbsthätige Eisenbahnsignale. In dem Journal télégraphique vom 25. Mai 1889, Bd. 13 * S. 106, beschreibt der Post- und Telegraphencassirer Emil Delfieu in Alais in Frankreich elektrische Signaleinrichtungen, durch welche die Sicherheit des Eisenbahnbetriebes erhöht werden soll. Der Zweck dieser Einrichtungen ist ein mehrfacher. Zunächst wird beabsichtigt, daſs jeder Zug bei seiner Ausfahrt aus einem Bahnhofe selbsthätig ein Signal nach dem Bahnhofe, wohin er fährt, gebe und daſs dieses so lange ertöne, bis der Zug daselbst eintrifft. Ferner soll der Zug an gewissen Stellen von dem Bahnhofe aus zum Stillstehen gebracht werden können und dann sich in telegraphischen Verkehr mit diesem Bahnhofe zu setzen vermögen. Endlich wird es unmöglich gemacht, daſs zwei Züge gleichzeitig in entgegengesetzter Richtung dasselbe Geleise zwischen zwei Bahnhöfen befahren. 1) Selbsthätige Meldung der Abfahrt auf doppelgeleisigen Bahnen. Da hier jedes Geleise bloſs in einer Richtung befahren wird, so fällt die Einrichtung sehr einfach aus. An der Ausfahrtstelle wird ein um eine Achse drehbarer Hebel angebracht, dessen Spiel durch zwei Stellschrauben begrenzt wird; ein Gegengewicht hält den Hebel für gewöhnlich auf der untern Stellschraube fest. Fährt ein Zug aus, so drückt jedes Rad den Hebel nieder, legt daher durch ihn eine Contactfeder auf eine zweite und entsendet einen Strom in eine nach dem Bestimmungsorte geführte Signalleitung, mit welcher die zweite Feder verbunden ist, während die erste mit dem einen Pole einer Batterie, der zweite Pol der Batterie aber mit der Erde leitend verbunden ist. Am Bestimmungsorte führt die Leitung durch die Rollen des Elektromagnetes einer elektrischen Klingel für einfache Schläge zur Erde; ein durch diesen Elektromagnet gehender Strom löst ein Stäbchen zugleich aus, das beim Emporspringen eine Localbatterie durch einen Rasselwecker schlieſst, weshalb die Rasselklingel läutet, bis der Zug am Bestimmungsorte ankommt und daselbst mittels eines ebenfalls durch die Wagenräder niedergedrückten gleichen zweiarmigen Hebels das Stäbchen wieder nach unten in seine Ruhelage zurückführt. Textabbildung Bd. 273, S. 79 2) Selbsthätige Meldung der Abfahrt auf eingeleisigen Bahnen. Wenn die Züge in beiden Richtungen auf demselben Geleise verkehren, so braucht Delfieu in jedem Bahnhofe drei Hebel, die in der beigegebenen Skizze des Abfahrtsbahnhofes mit H1, H2 und H3 bezeichnet sind. H2 ist von H1 in der Richtung nach dem nächsten Bahnhofe hin um etwas mehr als die Länge des längsten Güterzuges entfernt und H3 von H2 aus dann noch um etwa 25m. Indem der ausfahrende Zug zunächst auf H1 wirkt, schlieſst er den Strom durch einen bei H3 liegenden Hughes-Elektromagnet M und bringt dessen Anker a zum Abfallen, dadurch aber wird die mit dem einen Pole an Erde E liegende Batterie B mit dem zweiten Pole über a an die zweite Contactfeder bei H2 gelegt; gehen dann die Räder über H2, so wird durch die erste Contactfeder der Strom weg weiter bis zum Punkte x der Signalleitung L hergestellt; hier verzweigt sich der (positive) Strom: der eine Zweig geht im Abfahrtsbahnhofe durch einen polarisirten Elektromagnet N, der bloſs auf negative Ströme anspricht (daher jetzt unthätig bleibt), zur Erde E1 E und zum negativen Pole der Batterie B zurück; der andere Zweig dagegen durchläuft L und einen in der Skizze nicht mehr sichtbaren gleichen Elektromagnet P im Ankunftsbahnhofe, der jedoch auf positive Ströme anspricht, jetzt also ebenfalls ein Stäbchen auslöst, das beim Emporspringen eine Localbatterie durch eine Rasselklingel schlieſst. Die beiden Stromzweige sind nahezu gleichstark, da der Widerstand im Kreise des ersteren 500 Ohm, der beim zweiten 600 Ohm beträgt. Beim Hinwegfahren über H3 legt der Zug durch H3 den Anker a des Hughes-Elektromagnetes M wieder auf dessen Pole und schaltet die Batterie B von der Contactfeder in H2 ab. Dasselbe würde er auch beim Einfahren in den Bestimmungsort thun, falls dort etwa der Anker a durch einen zur unrechten Zeit entsendeten Strom abgeworfen worden sein sollte. Beide Bahnhöfe haben ganz gleiche Einrichtung und sind bloſs durch eine einzige Leitung L mit einander verbunden. Die Rasselklingel ist in der Skizze nicht angedeutet; sie wird am einfachsten von der einen Klemme aus durch den Draht n an die Erde E1 gelegt, während ihre zweite Klemme durch das Auslösestäbchen des Elektromagnetes N und den zugehörigen Contact über z mit dem positiven Pole der Batterie B verbunden wird. Die Signalbatterien B beider Bahnhöfe sind natürlich mit entgegengesetzten Polen an Erde E gelegt, damit jede nur in dem Elektromagnete P bezieh. N des anderen Bahnhofes wirken kann. 3) Bremsung des Zuges vom Bahnhofe aus. Am Tender bringt Delfieu fest und steif eine Eisenstange an, auf deren Spitze eine Contactbürste isolirt befestigt ist; von der Bürste führt eine Leitung, welche sich durch eine elektrische Klingel und durch einen seinen Anker für gewöhnlich auf seinem magnetischen Kerne festhaltenden Auslöse-Elektromagnet verzweigt, schlieſslich zur Wagenachse und über die Räder zu den Schienen und zur Erde. In Abständen von je 100m sind an der entlang der Bahn laufenden Signalleitung L 6mm dicke, bis auf 4m,55 über den Schienen herabreichende Eisendrähte angebracht. Wird daher in einem der beiden Bahnhöfe der polarisirte Elektromagnet durch einen bei U vorhandenen Umschalter ausgeschaltet und mittels eines (nebst den sonst noch erforderlichen telegraphischen Apparaten) zwischen y und z eingeschalteten Tasters ein Strom dauernd der Leitung L zugeführt, so geht der Strom, sobald die Metallbürste unter einen der Drähte gelangt, durch die Klingel und den Auslöse-Elektromagnet auf dem Tender zur Erde, die Rasselklingel ertönt, der Elektromagnet wirft seinen Anker ab, schiebt dadurch einen Auslösehebel zur Seite und gibt ein Fallgewicht frei, das nun das Ventil der Luftbremse öffnet, die verdichtete Luft entweichen läſst und den Zug bremst. 4) Zur Ermöglichung des telegraphischen Verkehrs zwischen dem Zuge und dem Bahnhofe braucht vom Zuge aus nach dem Bremsen nur ein Draht an die Signalleitung angelegt zu werden, durch welchen ein vom Zuge mitgeführter Apparatsatz nebst Batterie eingeschaltet wird. Auch im Bahnhofe ist dazu ein Apparatsatz einzuschalten, falls dies nicht bereits bei Einschaltung des Tasters geschehen sein sollte. 5) Um zu verhüten, daſs auf demselben Geleise zwei Züge sich entgegenfahren, braucht in jedem Bahnhofe von der einen (mit z und dem positiven Batteriepole verbundenen) Klemme der Rasselklingel nur noch ein Leitungsdraht nach einem Drahte geführt zu werden, der ähnlich wie die von der Leitung L herabreichenden, zur Bremsung dienenden Drähte angeordnet ist. Während ein von dem einen Bahnhofe abgefahrener Zug auf der Strecke fährt und daher im anderen Bahnhofe die Rasselklingel arbeitet, wird dann jede Locomotive, welche von dem zweiten Bahnhofe noch auszufahren versucht und dabei dem von dem ersteren Bahnhofe bereits abgefahrenen Zuge begegnen müſste, mittels der Stange am Tender die Localbatterie durch ihren Auslöse-Elektromagnet schlieſsen und so sich selbst bremsen. 6) Vorschlag zur Aenderung der Anordnung Delfieu's. Bei Unterbrechung der Signalleitung und selbst bei starken Ableitungen an dieser Leitung wird es bei der von Delfieu gewählten Anordnung geschehen können, daſs die Abfahrt nicht selbsthätig nach dem Bestimmungsorte gemeldet wird, und davon wird man an der Abfahrtsstelle nicht die geringste Kenntniſs erhalten; der Zug wird daher in der Voraussetzung, daſs seine Abfahrt richtig gemeldet sei, dann um so mehr gefährdet sein. Dem wird sich bei zweigeleisigen Bahnen leicht und einfach dadurch abhelfen lassen, daſs man die Batterie nicht in dem Bahnhofe aufstellt, von dem der Zug ausfährt, sondern in demjenigen, nach dem er fahrt, und daſs man in ersterem noch eine Klingel in die Leitung einschaltet, welche das Ertönen des Signals am Bestimmungsorte meldet. Bei eingeleisigen, in beiden Richtungen befahrenen Geleisen dürfte es sich empfehlen, die Schaltung auf Gegenstrom zu wählen, also in beiden Bahnhöfen gleich starke Batterien in entgegengesetztem Sinne in die Leitung zu legen, so daſs diese für gewöhnlich auch stromlos ist. Der Hebel H2 wird dann für jede der beiden Batterien einen neuen geschlossenen Stromkreis herstellen, doch wird die neue Schlieſsung jetzt in jedem Bahnhofe von der Linie aus hinter dem polarisirten Elektromagnete erfolgen müssen, damit die beiden polarisirten Elektromagnete der beiden Bahnhöfe stets gleichzeitig vom Strome einer und derselben Batterie durchlaufen werden und der Strom in ihnen verschiedene Richtung hat, je nachdem die neue Schlieſsung in dem einen oder in dem anderen Bahnhofe erfolgt. Wollte man nun dabei in verwandter Weise auch die Bremsung des Zuges von den Bahnhöfen aus möglich machen, so würden beim Hinweggehen der Bürste unter einem der von der Leitung L herabreichenden Drähte beide Batterien einen Strom von derselben Richtung durch die Klingel und den Auslöse-Elektromagnet senden, und beide dürften auf diesen Strom ebenso wenig ansprechen, wie zu Folge der Stromlosigkeit während der Zeit, wo die Bürste keinen der Drähte berührt; dagegen müſsten beide in zuverlässiger Weise etwa für die Ausschaltung der Batterie in dem einen Bahnhofe empfindlich gemacht werden, oder für die Umkehrung des Stromes des einen Bahnhofes, oder am besten wohl unter Anwendung polarisirter Elektromagnete für die Umkehrung der Stromrichtung ohne gleichzeitige Aenderung der Stromstärke bei vereinter Thätigkeit beider Bahnhöfe. Es geht daraus hervor, daſs die hier zu lösende Aufgabe noch verwickelter ist und die Schwierigkeiten bei ihr noch gröſser sind, als bei der von F. v. Ronneburg (vgl. 1875 217 * 208. Zetzsche, Handbuch der elektrischen Telegraphie, Bd. 4 * S. 323) vorgeschlagenen Art und Weise des Telegraphirens zwischen einem fahrenden Eisenbahnzuge und den benachbarten Bahnämtern unter gleichzeitiger Controle der Fahrgeschwindigkeit des Zuges. E. Z.