Titel: Ein neues Verfahren zur Nutzbarmachung des Sauerstoffs der Luft und die demselben zu Grunde liegenden Verbindungen; von Dr. Georg Kassner in Breslau.
Autor: Georg Kaſsner
Fundstelle: Band 274, Jahrgang 1889, S. 136
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Ein neues Verfahren zur Nutzbarmachung des Sauerstoffs der Luft und die demselben zu Grunde liegenden Verbindungen; von Dr. Georg Kaſsner in Breslau. Neues Verfahren zur Nutzbarmachung des Sauerstoffs. Einleitung. Nachdem ich im J. 1884 gefunden hatte, daſs der durch Fällung dargestellte mangansaure Baryt die Eigenschaft besitzt, beim Kochen mit oxydirbaren Körpern in wässeriger Lösung Sauerstoff' an diese abzugeben und sich in einen braunen Körper der Formel MnO3Ba zu verwandeln, welcher beim Glühen an reiner Luft Sauerstoff aufnimmt und wieder zu mangansaurem Baryt wird, verlor ich das Problem der Uebertragung des Sauerstoffs der Luft nicht aus den Augen. Die Oxydationswirkung des mangansauren Baryts besitzt nämlich noch verschiedene Mängel, unter denen hauptsächlich die zu nennen sind, daſs das braune Reductionsproduct an Wasser geringe Mengen Baryumhydroxyd abgibt und dadurch eine groſse Neigung zum Anziehen von Kohlensäure verräth. Der einmal in Baryumcarbonat übergegangene Theil des Präparats hat dadurch die Fähigkeit verloren, beim schwachen Glühen wieder in mangansaures Salz überzugehen; der Procentsatz an regenerirtem Manganat wird somit nach jeder Anwendung geringer, so daſs sich dessen Wiederbelebung nur bis zu einem gewissen Grade lohnt. Der andere Uebelstand, welcher sich nach zahlreichen Versuchen herausstellte, ist der, daſs das durch Glühen entstandene Baryummanganat erheblich langsamer wirkt, wie das auf nassem Wege durch Fällung entstandene Präparat, was nicht zu verwundern ist, wenn man erwägt, daſs der aus wässeriger Flüssigkeit gewonnene Körper Hydratwasser enthält, der auf trockenem Wege bereitete dagegen wasserfrei ist. Unter diesen Umständen konnte das von mir anfangs empfohlene PräparatDie Firma Dr. Th. Schuchardt in Görlitz liefert frisch gefällten mangansauren Baryt in Pulver- und Teigform.wohl für gewisse Zwecke brauchbar sein, einer allgemeinen technischen Anwendung aber ist es nicht fähig. Ich bemühte mich daher, einen Ersatz für den mangansauren Baryt aufzufinden, welcher nicht bloſs mit derselben Leichtigkeit oxydirend wirken, sondern dies auch unter allen Umständen thun muſste, und welcher womöglich noch leichter und einfacher herzustellen war. I. Darstellung einer neuen Barytverbindung. Von diesen Gesichtspunkten ausgehend mischte ich etwa gleiche Gewichtstheile krystallisirtes Baryumhydrat und Bleioxyd und glühte diese Mischung nach dem vorsichtigen Austreiben des Krystallwassers im offenen Porzellantiegel. Ich nahm an, daſs das beim Erhitzen an der Luft Sauerstoff aufnehmende Bleioxyd solchen an das Baryumhydrat übertragen und mir möglicherweise Baryumsuperoxyd liefern könnte, nachdem es das Hydratwasser des Baryumoxyds vertrieben hätte. Hierbei beobachtete ich, daſs die gelblichrothe Mischung nach und nach tief schwarz wurde; es war für mich nicht zweifelhaft, daſs sich unter den angegebenen Verhältnissen ein neuer Körper gebildet haben muſste, da ja weder vom Baryumoxyd noch vom Bleioxyd Verbindungen bekannt sind, welche eine schwarze Farbe besitzen. Eine Verunreinigung durch fremde Körper war ganz ausgeschlossen, denn ich hatte bei obigem Versuche nur chemisch reine Materialien und einen völlig neuen Porzellantiegel verwendet. Beim Uebergieſsen des schwarzen Körpers mit verdünnter Salzsäure war auſser dem starken, von angezogener Kohlensäure herrührenden Aufbrausen deutlich der Geruch nach Chlor zu bemerken, während die Farbe der Flüssigkeit gelblichgrün erschien. Es war somit mehr Sauerstoff aufgenommen worden als beiden Oxyden, welche angewendet worden waren, entsprach, und dieser Sauerstoff wurde bei Behandlung durch Säuren disponibel gemacht. Dabei konnte es nicht zweifelhaft sein, daſs dieser freie oder überschüssige Sauerstoff nur in Folge des Zusammenwirkens beider Componenten gebunden wurde, da sowohl Baryumhydrat beim starken Glühen für sich nicht höher oxydirt wird als besonders auch das Bleioxyd, dessen höhere Sauer Stoffverbindungen wie das Trioxyd, Tetraoxyd (Mennige) und Superoxyd vielmehr sämmtlich in höherer Temperatur Sauerstoff abgeben, wobei sie alle wieder zu Bleioxyd werden. Ueber die ferneren Reactionen der erwähnten schwarzen Barytverbindung sei berichtet, daſs sie durch Salpetersäure unter Abscheidung eines braunen Pulvers zersetzt wurde. Schwefelsäure schien erst ohne Einwirkung zu sein, verwandelte aber die Verbindung nach Zusatz von Oxalsäure in ein Gemenge von Baryum- und Bleisulfat und zwar unter Entwicklung von Kohlensäure. Desgleichen (d.h. nach Anwendung von Oxalsäure) wurde sie auch durch Salpetersäure zersetzt, wobei sich eine klare Lösung der entsprechenden Nitrate bildete. Alle diese Reactionen, namentlich aber die Abscheidung des braunen Pulvers durch verdünnte Salpetersäure deuteten darauf hin, daſs hier eine Verbindung vorlag, deren einer Component „Bleisuperoxyd“ ist. Es beschäftigte mich jetzt die Frage, ob der betreffende Körper, über dessen Zusammensetzung weiter unten berichtet werden soll, auch aus anderen Barytverbindungen als wie aus dem krystallwasserhaltigen Baryumhydrat entstehen könne. Hierbei war mit in erster Linie der Gedanke einer praktischen Verwerthung des schwarzen Körpers maſsgebend, welche nur dann eine gewisse Aussicht haben konnte, wenn es gelang, an Stelle des in seinem Barytgehalte theueren Hydrats eine wohlfeilere Verbindung zu setzen. Es konnte daher nur das Carbonat des Baryums in Betracht kommen. Ich mischte daher zu gleichen Gewichtstheilen Bleioxyd mit gefälltem kohlensaurem Baryum und brachte die Mischung im offenen Porzellantiegel in die Hitze der Bunsen-Flamme, indessen ohne weiteren Erfolg. Als ich aber dann stark im Gebläsefeuer glühte, erhielt ich auch hier am Schlusse eine dunkel gefärbte Substanz, welcher noch einzelne unverändert gebliebene Antheile von Bleioxyd und Baryumcarbonat beigemischt waren. Beim Umrühren der heiſsen Mischung beobachtete ich, daſs die Masse zusammenbackte, so daſs eine erfolgreiche Oxydation nur durch abwechselndes Herausnehmen und Zerreiben der gebildeten Klümpchen und erneutes Glühen möglich war. Auch das auf diese Weise aus dem Carbonat erhaltene Product zeigte dieselben Eigenschaften wie das oben aus dem Hydrat des Baryums bereitete, es entwickelte mit Salzsäure Chlor, gab mit Salpetersäure Bleisuperoxyd u.s.w. Nur die Farbe des Pulvers war nicht rein schwarz wie die des ersteren, sondern grauschwarz, was mit der Anwesenheit unverändert gebliebenen Baryumcarbonats und Bleioxyds zusammenhing. Durch den letzten Versuch war also die Möglichkeit erwiesen worden, selbst aus dem Baryumcarbonat dieselbe Verbindung zu erhalten wie aus dem Baryumhydrat. Nur war hierfür eine beträchtlich höhere Temperatur erforderlich als im anderen Falle, wo schon die Hitze der Bunsen-Flamme hinreichte. Es ist aber jedenfalls sehr bemerkenswert, daſs sich die Verbindung noch unter der Temperatur bildet, bei welcher Baryumcarbonat in Aetzbaryt und Kohlensäure zerfällt, denn in der Hitze einer gewöhnlichen Gebläselampe ist dies bekanntermaſsen nicht möglich. Der chemische Vorgang bei der Entstehung des fraglichen Körpers kann daher kein anderer sein, als daſs das Bleioxyd, welches in höherer Temperatur ähnlich wie das Silber Sauerstoff aufnimmt, sich mit diesem fest verbindet oder sagen wir lieber damit beladet und jetzt dem Baryumcarbonat als Säure gegenüber tritt, dessen Kohlensäure nunmehr leichter als sonst ausgetrieben werden kann. Das Resultat des Prozesses ist eine Verbindung von Bleisuperoxyd mit Baryt. Die Fähigkeit des Bleioxyds, den Sauerstoff aufzunehmen und damit gewissermaſsen als Säure zu fungiren, scheint aber, wie wir später noch deutlicher sehen werden, in ziemlich weiten Temperaturgrenzen zu liegen. War somit die Möglichkeit der Erzielung einer Blei-Barytverbindung aus Baryumcarbonat gezeigt worden, so bleibt uns jetzt die Frage nach der Zusammensetzung und der chemischen Constitution derselben übrig. Wegen der besonderen Eigenschaften des Körpers – er war nämlich sowohl ein unschmelzbares als auch in den gewöhnlichen Lösungsmitteln unlösliches Pulver – war es nicht möglich, den Körper in deutlichen Krystallen, dem wichtigsten Merkmale chemischer Reinheit, zu erhalten. Es muſste daher zur Feststellung der ihm zukommenden chemischen Formel ein inductiver Weg betreten werden. In der Annahme, daſs der Körper eine Verbindung von einem Aequivalent Baryum mit einem Aequivalent Blei und auſserdem Sauerstoff sei, wurden zunächst je ein Molekül Bleioxyd und Baryumcarbonat innig gemischt und vor dem Gebläsefeuer im offenen Tiegel stark geglüht. Die Mischung wurde dabei beständig mit einem Stabe aus sehr schwer schmelzbarem Glase durchgearbeitet und von Zeit zu Zeit in einen kleinen Mörser geschüttet, um darin immer wieder in ein feines Pulver verwandelt zu werden, wenn sie sich im Tiegel etwas zusammengesintert hatte. Ich beobachtete nämlich, daſs in der ersten Hälfte der Glühoperation sich stets eine Neigung zur Klümpchenbildung zeigte, welche in dem Grade abnahm, als der Körper sich seiner Vollendung näherte. Offenbar liegt die Ursache davon in dem Verhalten des Bleioxyds, welches noch unter 1000° C. zum Schmelzen kommt und dies auch in obiger Mischung so lange thun wird, als es noch nicht in die betreffende schwarze Baryumverbindung übergeführt ist. Ich glühte nun unter beständiger Wiederholung der beschriebenen Operationen, bis ich eine weitere Farbenzunahme des Productes nicht mehr wahrnehmen konnte. Die erst gelbliche Mischung beider Bestandtheile war dabei im Verlaufe der Sauerstoffzunahme zunächst graugrün, dann hellgrau, dunkelgrau und schlieſslich schwarz geworden. Die Untersuchung hatte sich jetzt darauf zu erstrecken, ob 1) noch unverändertes Carbonat in dem erhaltenen schwarzen Körper war, dieser also noch mit Essigsäure, Salpetersäure ein Aufbrausen zeigte, 2) alles Blei in Superoxyd übergeführt worden war und wie hoch sich 3) der Gehalt des fertigen Körpers an wirksamem Sauerstoff belief. Punkt 2 lieſs sich am besten dadurch beantworten, daſs man das Filtrat von dem durch verdünnte Salpetersäure abgeschiedenen Bleisuperoxyd mit Schwefelwasserstoffwasser prüfte und dabei aus der bloſsen Färbung oder der mehr oder weniger starken Fällung von Schwefelblei auf den noch vorhandenen Ueberschuſs von Bleioxyd einen Schluſs zog. War die Bereitung des Präparates eine sorgfaltige gewesen, so muſste das Resultat der Prüfung Nr. 1 mit dem der Prüfung Nr. 2 übereinstimmen. Wurde also beim Uebergieſsen des Pulvers mit verdünnter Salpetersäure ein Aufbrausen beobachtet, so konnte oder durfte dasselbe kein überschüssiges Bleioxyd mehr enthalten. Trat dagegen in dem sauren Filtrat durch Schwefelwasserstoff eine starke Fällung ein – bloſse Färbungen können hierbei nicht in Betracht gezogen werden – so muſste auf einen Mangel an Baryumcarbonat geschlossen werden. Die Bestimmung Nr. 3, nämlich die des activen, disponiblen Sauerstoffs war demnach eigentlich überflüssig, indessen eine wichtige Maſsregel zur Controle der ersteren beiden Ermittelungen. Zudem gab sie ein zuverlässiges Zahlenbild über die Fortschritte in der Oxydation des Körpers. Letztere Bestimmung wurde daher in der Folge sehr häufig ausgeführt, um so mehr, als sie sich sehr einfach gestaltete; sie geschah wie folgt: Es wurden in der Regel 3dg des betreffenden Körpers mit 1dg chemisch reiner Oxalsäure unter Zufügung verdünnter Salpetersäure in der Wärme gelöst. Die Lösung erfolgte, wenn der Körper disponiblen Sauerstoff enthielt, unter lebhafter Entwickelung von Kohlensäure. War die Flüssigkeit klar geworden, so wurde der noch vorhandene Ueberschuſs von Oxalsäure in der siedenden Flüssigkeit mit Hilfe von titrirter Chamäleonlösung zurückgemessen, bis sich eine schwache und dauernde Röthung zeigte. Die gefundene Differenz von Oxalsäure wurde gemäſs folgender Gleichung (2) auf freien Sauerstoff berechnet: 1) COOH|COOH + 2 aq. + O = 2 CO2 + 3 H2O 2) 126 : 16 = Differenz : x. Obwohl die hier angegebene Methode meist recht gute Resultate gibt, so ist doch zu bemerken, daſs mir manchmal unerklärliche, wenn auch geringfügige Abweichungen vorgekommen sind, welche nicht auftreten, wenn die Flüssigkeit nach völliger Lösung des sauerstoffhaltigen Körpers vor dem Zurücktitriren mittels Kaliumpermanganats mit verdünnter Schwefelsäure versetzt wurde. Der sich hierbei bildende Niederschlag von schwefelsaurem Blei übt keine Störung aus. Auch die Anwendung von Essigsäure zum Lösen des Körpers an Stelle von Salpetersäure ist zu empfehlen. Wir kehren nun zu dem oben bereiteten schwarzen Körper zurück. Derselbe zeigte mit verdünnter Salpetersäure nur ein sehr geringfügiges Aufbrausen, enthielt also nur wenig unverändertes Baryumcarbonat. Dagegen gab das saure Filtrat einen recht starken Niederschlag von Schwefelblei. Zur Bestimmung des Sauerstoffgehaltes wurden zwei verschiedene Proben verwendet: a) 0g,3 von dem lockeren, reinschwarzen Pulver verbrauchten zur Reduction 0g,0549 Oxalsäure, woraus sich ein Gehalt an disponiblem Sauerstoff von 0g,00697 berechnet = 2,32 Proc. b) 0g,3 von dem an dem Boden des Tiegels festgebackenen tiefschwarzen Körper verbrauchten zur Reduction 0g,061 Oxalsäure. Es entspricht dies 0g,00778 Sauerstoff = 2,59 Proc. Das Resultat dieses Versuches, zumal der groſse Ueberschuſs freien Bleioxyds zeigte mir, daſs die fragliche Blei-Baryumverbindung nicht eine solche von gleichen Aequivalenten beider Körper sein konnte, sondern vermuthlich mehr Baryum enthalten muſste. Trotzdem sei erwähnt, daſs ich parallel mit diesem ersten Versuche einen zweiten angestellt hatte, bei welchem auf 1 Aequivalent Baryum anderthalb Aequivalente Blei genommen wurden. Es war daher nicht anders zu erwarten, als daſs sich auch in dem so dargestellten Körper ein groſser Procentsatz von Bleioxyd finden muſste, was auch in der That der Fall war. Das hier erhaltene Product zeigte ferner keine tiefschwarze, sondern mehr eine aschgraue Farbe und enthielt auch eine weit geringere Menge disponiblen Sauerstoffs. Nach diesen Resultaten ging ich einen Schritt weiter und stellte zunächst eine Mischung von anderthalb Aequivalenten Baryumcarbonat und nur einem Aequivalent Bleioxyd her. Dieses Gemisch wurde ebenso wie die früheren behandelt, wobei mir die bemerkenswerthe Thatsache nicht entging, daſs das Pulver, wenn es auch zusammenbackte, doch eine geringere Neigung zum Weichwerden zeigte wie in den ersten Fällen, so daſs also die Leichtflüssigkeit wesentlich mit dem Gehalte an überschüssigem Bleioxyd zusammenhängt. Trotz sorgfältigster Behandlung gewann ich auch hier ein Product, dessen mit verdünnter Salpetersäure gewonnener Auszug einen starken Niederschlag mit Schwefelwasserstoff gab und somit noch viel Bleioxyd enthielt. Ich vermuthete daher mit Recht, daſs auch das zuletzt angegebene Mischungs- und Aequivalentenverhältniſs nicht das richtige sein könne. Ich schritt daher zu der letzten, bei der bekannten Werthigkeit beider Elemente, Baryt und Blei, voraussehbaren Möglichkeit. Es wurden nunmehr 2 Aequivalente Baryumcarbonat und 1 Aequivalent Bleioxyd mit einander innig gemischt und der beschriebenen Behandlung ausgesetzt. Das Product war ein tiefschwarzer Körper, welcher zum Unterschiede von den früher erhaltenen an verdünnte Salpetersäure nur geringe Spuren von Bleioxyd abgab und nebenher auch nur ein minimales Aufbrausen zeigte, also nur wenig Kohlensäure enthielt. Die Bestimmung des disponiblen Sauerstoffs ergab, daſs 0g,3 in salpetersaurer Lösung 0g,06828 Oxalsäure zur Reduction verbrauchten, mithin betrug der Gehalt an wirksamem Sauerstoff 0g,0086 oder 2,86 Proc. Aus den hier mitgetheilten Daten, dem Verhalten gegen Reagentien, dem Gehalte an Sauerstoff, vor Allem aber aus der Entstehungsgeschichte des Körpers aus 2 Aequivalenten Baryumcarbonat und 1 Aequivalent Bleioxyd ergibt sich mit Gewiſsheit, daſs die fragliche Baryum-Blei-Sauerstoffverbindung nur allein die Formel Ba2PbO4 besitzen kann. Für diesen Körper berechnet sich übrigens der Gehalt an disponiblem Sauerstoff auf 2,94 Proc., während oben 2,86 Proc. gefunden wurden, was den erwähnten geringen Beimengungen von Bleioxyd und Baryumcarbonat zuzuschreiben ist. Die Formel Ba2PbO4 zeigt, daſs der erhaltene tiefschwarze Körper das Baryumsalz der hypothetischen Bleisäure H4PbO4 ist, deren volles Anhydrid die Verbindung PbO2 oder Bleisuperoxyd ist, in welches der Körper beim Behandeln mit Säuren zerfällt. Die Verbindung ist daher nichts anderes als bleisaures Baryum, unter welchem Namen sie von mir in Zukunft bezeichnet werden soll. Man muſs indessen, wie wir weiter unten sehen werden, zwei verschiedene (hypothetische) Bleisäuren und demnach zwei Reihen von Plumbaten unterscheiden. Obwohl die Herstellung des Körpers aus Baryumcarbonat wegen der Reinheit des letzteren gewählt wurde, um die Zusammensetzung der schwarzen Verbindung zu ermitteln, so war sie doch wegen der erwähnten mehrfachen Operationen und der im Kleinen schwer beschaffbaren hohen Hitzegrade recht umständlich. Viel leichter und bei geringerer Hitze, z.B. schon über der gewöhnlichen Bunsen-Flamme, läſst sich das bleisaure Baryum gewinnen, wenn man an Stelle des Carbonats die äquivalente Menge Barythydrat anwendet. Die Mischung wird in diesem Falle bald breiförmig, schmilzt und gibt das Wasser unter lebhaftem Aufschäumen ab. Alsdann färbt sie sich in der Hitze orangefarben und schlieſslich ganz schwarz. Man hat jedoch auch hier Sorge zu tragen, den Tiegelinhalt von allen Seiten mit der Luft in Berührung zu bringen, damit die Oxydation gleichmäſsig erfolgen kann. Die Masse zeigt sich auch nach der Abgabe des Krystallwassers noch etwas feucht und bäckt deshalb gern zusammen, was indessen in der Hitze der Bunsen-Flamme nicht mit einem Schmelzen des Bleioxyds zusammenhängen kann. Erst gegen das Ende zu wird die Mischung trocken und hart. Ueber die Eigenschaften des bleisauren Baryums soll weiter unten noch eingehender in einem besonderen Abschnitte mit den übrigen Verbindungen zusammen berichtet werden. (Fortsetzung folgt.)