Titel: Gossard's Untersuchungen über den sphäroidalen Zustand des Wassers.
Fundstelle: Band 275, Jahrgang 1890, S. 316
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Gossard's Untersuchungen über den sphäroidalen Zustand des Wassers. Gossard's Untersuchungen über den sphäroidalen Zustand des Wassers. Daſs Wasser, Aether oder andere flüchtige Flüssigkeiten, in geringer Quantität auf eine überhitzte Metallfläche geträufelt, nicht ins Sieden kommen, sondern zu einem in wirbelnde Bewegung gerathenden Tropfen sich abrunden, ist eine unter der Bezeichnung Leidenfrost'scher Versuch“Leidenfrost machte dieses Phänomen im J. 1756 in seiner dissertatio de aquae communis nonnullis qualitatibus bekannt. längst bekannte Thatsache. Faraday und Boutigny haben seiner Zeit eingehendere Untersuchungen darüber angestellt. Der letztere nannte diesen Zustand der Flüssigkeit den sphäroidalen Zustand. In neuerer Zeit hat Lurini einige Untersuchungen über die Temperatur des im luftleeren Raume in sphäroidalen Zustand versetzten Wassers, Alkohols und Aethers veröffentlicht. Er konnte aber die Temperatur des die Flüssigkeit aufnehmenden Tiegels, welcher unter einer Glasglocke einfach auf einem heiſs gemachten Ziegel ruhte, nicht constant erhalten, und muſste sich begnügen, unter rascher Luftleermachung des Recipienten die Aenderungen eines in die Flüssigkeit getauchten Thermometers und des Luftdruckes zu beobachten. Gossard hat nun (Comptes rendus, 1887 S. 1270) dadurch, daſs es ihm gelungen ist, die Temperatur des Tiegels, das Volumen der sphäroidalen Flüssigkeit und den Druck constant zu erhalten, zuverlässigere Resultate erzielt. Sein Apparat besteht aus einem kupfernen Ständer, etwa von der Form eines in umgekehrter Lage aufgestellten, abgestumpft-conischen Bechers, dessen Boden in der Mitte eine kugelförmig gewölbte Vertiefung besitzt, welche einen Tiegel von 4cm Durchmesser und 1cm Tiefe bildet. Die conische Seitenfläche des Ständers ist von einem Mantel umgeben, worin Kühlwasser circuliren kann. Eine im Hohlraum des Ständers brennende Gasflamme dient zur Erwärmung des Tiegels. Rings um den letzteren läuft eine Rinne, in welche eine Glasglocke mittels Marineleims gekittet ist. Die Glocke besitzt zwei Tubulaturen, eine centrale und eine seitliche. Durch die erstere läſst sich ein Thermometer mit abgeplatteter Kugel in die Flüssigkeit senken und aus derselben zurückziehen. Der seitliche Tubulus nimmt eine zur Evacuirung des Recipienten dienliche Röhre und eine zweite engere Röhre auf, aus welcher die den sphäroidalen Tropfen bildende Flüssigkeit in den Tiegel geträufelt werden kann. Das Vacuum wird mittels einer Carré'schen Maschine gleichzeitig im Recipienten und in einer die Flüssigkeit enthaltenden Flasche erzeugt. Zur Beseitigung daneben spritzender Tröpfchen, sowie der sich bildenden Dämpfe dient eine Bleiröhre, welche den Recipienten mit einem geräumigen, Schwefelsäure enthaltenden Ballon verbindet, von dessen Hals eine Röhre nach einem barometrischen Manometer geführt ist. Mit diesem Apparate war Gossard im Stande, in der Glasglocke eine Luftverdünung von weniger als 1mm Druck mehr als 24 Stunden lang unverändert zu erhalten. Folgendes sind nun die mit destillirtem Wasser erzielten Resultate für Drücke zwischen 760mm und 0mm,5. 1) So lange die Temperatur des sphäroidalen Tropfens 33° nicht erreicht, ist sie höher, als seine Siedetemperatur, dem Dalton'schen Gesetze geniale, unter dem im umgebenden Raume herrschenden Drucke sein würde. 2) Von 33° bis 50° ist der Unterschied zwischen diesen beiden Temperaturen sehr gering, einigemal Null, jedenfalls 0,5° nicht übersteigend. 3) Ueber 50° bis zu 90° (die äuſserste von Gossard beobachtete Temperatur) bleibt, die Wärme des sphäroidalen Tropfens fortwährend unter der Siedetemperatur bei gleichem Drucke. Boutigny hat 97° unter dem Drucke von 760mm erhalten. 4) Während für die niedrigen Temperaturen die Unterschiede ziemlich regelmäſsig zwischen 0° und 30° zunehmen, so scheinen sie doch oberhalb 50°, obwohl stets in gleichem Sinne, sich nicht so regelmäſsig zu verändern. Folgende Versuchsresultate dienen zur Bestätigung des Gesagten: Druck in mm Siedetemperaturnach Dalton Temperatur dersphäroid. Flüssigkeit Unterschiede     2 – 12°   0 + 12     8   8 15   + 7   21 23    22,5      + 1,5   35    31,8      32,25        + 0,45   48    37,5    37,5      0   83 48 48      0 138    58,5 58      – 0,5 152    60,5 60      – 0,5 241    70,8 70      – 0,8 341 79 78    – 1 567 92 90    – 2 Indem Gossard die Luftverdünnung bis zur äuſsersten Grenze von 0mm,5 fortsetzte, sah er einen Wassertropfen von mindestens 2g, trotz der hohen Temperatur des Tiegels, in ein rundes Stück Eis sich verwandeln, welches über eine Viertelstunde lang in dem fortwährend erhitzten Tiegel in einer wiegenden Bewegung verharrte.