Titel: Neue Methoden und Apparate für chemisch-technische Untersuchungen.
Fundstelle: Band 277, Jahrgang 1890, S. 474
Download: XML
Neue Methoden und Apparate für chemisch-technische Untersuchungen. (Fortsetzung des Berichtes S. 416 d. Bd.) Mit Abbildungen. Neue Methoden für chemisch-technische Untersuchungen. Gasvolumeter. Um alle Reductionsrechnungen bei Ablesungen von Gasvolumina zu ersparen, hat G. Lunge eine sehr einfache Methode angegeben, die es gestattet, sofort das Gasvolumen für 760mm Barometerstand und 0° Temperatur abzulesen. Er verbindet einen Gasmeſsapparat (Fig. 1 und 2) durch ein Dreischenkelrohr a mit einem verschiebbaren Druckrohr C und mit einem dritten Rohr („Reductionsrohr“) B, in welchem Luft so abgesperrt ist, daſs dieselbe bei Compression auf den Theilstrich 100 ebenso viel trockene Luft von 0° und 760mm Druck entspricht. Bei der Ausführung einer Bestimmung mittels des Apparates sind zuerst die Hähne b und c offen; das Quecksilber wird vorsichtig in c eingegossen. Fig. 1 und 2., Bd. 277, S. 474 Man liest darauf am Thermometer und Barometer ab, zieht vom Stande des letzteren die der Ausdehnung des Quecksilbers (1 bis 3mm) und die der Tension des Wasserdampfes entsprechende Höhe ab und berechnet das Volumen, zu welchem 100cc eines Gases unter diesen Verhältnissen ausgedehnt würde. Man hebt oder senkt das Druckrohr C bis das Quecksilber in B auf der Zahl steht, welche die Ausdehnung von 100cc Luft von 0° und 760mm auf die Tagesbedingungen von Temperatur und Luftdruck anzeigt, worauf der Hahn c geschlossen wird. Dieses Luftvolumen wäre gleich 100, wenn die Temperatur 0° und der Barometerstand 760mm wäre. Die Analyse wird ohne Rücksicht auf das Reductionsrohr B wie gewöhnlich ausgeführt, man hat nur nach Beeendigung des Versuches das Quecksilber in B auf den Theilstrich 100 einzustellen. Darauf senkt man B und C, bis das Quecksilberniveau in A mit dem in B gleichsteht und hat nun in beiden Röhren das Gas unter gleichem Druck, es entspricht also das Volumen der Gasmenge in A einem Barometerstand von 760mm und einer Temperatur von 0°. Für Stickstoffbestimmungen bei organischen Elementaranalysen benutzt man ein längeres Rohr, das in seiner Mitte einen Ansatz trägt, durch den man Stickstoff und Kohlensäure einleiten kann. Der Hahn ist wie bei den Nitrometern beschaffen. Der Vortheil beim Messen des durch Elementaranalyse bestimmten Stickstoffs in diesem Apparate besteht darin, daſs man unmittelbar nach Beendigung der Verbrennung, Absorption der Kohlensäure und Abkühlung des Gases ohne alle und jede Rechnung den erhaltenen Stickstoff in Cubikcentimetern ablesen kann, ohne Thermometer und Barometer berücksichtigen zu müssen. Man kann nun aber noch eine weitere Vereinfachung eintreten lassen, wenn man über der 50cc bezeichnenden Marke nicht eine Eintheilung in Cubikcentimeter, sondern statt derselben Theilstriche für je \frac{1}{1,254}=0^{cc},798 (mit Untertheilung in 1/10) anbringt, von denen jeder direkt ein Milligramm Stickstoff anzeigt. Man kann also an dem Apparate den entwickelten Stickstoff in Milligramm und Zehntel derselben ablesen. (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1890 Bd. 23 Nr. 4 S. 440.) Kohlensäurebestimmungsmethode. Zur Kohlensäurebestimmung in allen festen und flüssigen Substanzen bedient sich O. Petterson folgender Methode und des nebenstehend abgebildeten Apparates (Fig. 3). Die zu untersuchende Substanz wird mit verdünnter Säure in der Luftleere in Kolben B, in dem sich ein Stück Eisen oder Aluminiumdraht zur Entwickelung von Wasserstoff befindet, gekocht. Die Luftleere wird durch Senken des Niveaugefäſses F erhalten. Der sich entwickelnde Wasserstoff dient zur Verdrängung des letzten Restes Kohlensäure und zur Vermeidung des zu heftigen Stoſsens der luftfreien Flüssigkeit beim Sieden. Damit der Wasserstoffstrom nicht zu heftig wird, ist es vortheilhaft, den Draht in eine Glasröhre gesteckt zur Flüssigkeit zu geben. Die entwickelten Gase werden in D über Quecksilber in feuchtem Zustande gemessen und dann die Kohlensäure in der Orsat-Röhre E absorbirt. Die von Kohlensäure befreite Luft ist am besten durch C zu entfernen, worauf man durch Senken von FC luftleer macht. Durch mehrmaliges Wiederholen dieser Behandlungsweise läſst sich alle Kohlensäure austreiben und messen. Um nicht zu viel Wasserdampf beim Kochen nach D zu erhalten, ist es vortheilhaft b meistens geschlossen zu lassen und nur beim Uebersaugen des Gasinhaltes von C nach D zu öffnen. Fig. 3., Bd. 277, S. 476 Bei Ausführung des Versuches hat man in folgender Weise zu verfahren: Man füllt die zu analysirende Flüssigkeit durch ein Trichterrohr in den Kolben B bis zur Marke x und wirft den Metalldraht hinein. Der birnenförmige Helm C wird mittels dicken Gummischlauches bei α luftdicht mit dem Hals des Kolbens und bei β mit dem Ansatzrohr der Bürette verbunden. Alle Verbindungen müssen durch Umbinden mit Kupferdraht gesichert werden. Man gieſst eine hinreichende Quantität verdünnter Salz- oder Salpetersäure in A, öffnet die Hähne a und b (c und d bleiben geschlossen) und senkt F durch Drehen der kleinen mit einer Hemmschraube versehenen Walze δ. Dabei flieſst Quecksilber aus der vorher gefüllten Bürette und zugleich tritt verdünnte Säure aus A in B. Sobald dieselbe bis zur Market y gestiegen ist, schlieſst man den Schraubenquetschhahn a, fährt aber fort, die Bürette D zu entleeren, wodurch in C ein luftverdünnter Raum entsteht. Man schlieſst b und hebt F, bis das Quecksilber in D und F anscheinend gleich hoch steht. Dann öffnet man d, bläst durch e einige groſse Luftblasen in das Mantelrohr hinein, welche in dem Kühlwasser gleichmäſsige Temperaturvertheilung hervorbringen und stellt die Lauge im Orsat-Rohr E auf die Marke der Capillare ein. Man notirt das Gasvolumen in D, Temperatur und Barometerstand und führt darauf das Gasgemisch in E ein. Die Kohlensäure ist bald absorbirt und das rückständige Gasvolumen wird in der Bürette gemessen. Nun beginnt das eigentliche Auskochen der Flüssigkeit in B durch Erhitzen mittels Kranzbrenners. Zuerst treibt man jedoch so viel von der Saugluft (durch c) aus D, daſs nur etwa 13cc darin bleiben. Die Hälfte dieser Luft führt man in E über, schlieſst d und senkt F, bis der Druck in D nur etwa 110 bis 130mm beträgt. Oeffnet man jetzt b, so siedet die Flüssigkeit in B rasch und die darin gelösten Gase gehen nach D, ohne viel Wasserdampf mitzuführen. Kleine Wassertropfen, die sich in der Capillare ansammeln, kann man durch rasches Heben von F nach C zurückführen. Der Hahn b braucht nicht beständig während des Kochens offen gehalten zu werden, sondern nur dann, wenn man das in C angesammelte Gas in D überführen will. Ist D mit Gas unter ⅙ oder 1/7 Atmosphärendruck gefüllt, so schlieſst man b und bestimmt die Kohlensäure im Gasgemische wie früher. Das Kochen in B braucht nicht aufzuhören, nur ist die Flamme kleiner zu machen. Es sind gewöhnlich drei bis vier solche Operationen auszuführen, bis man ein ganz kohlensäurefreies Gasgemisch erhält. Diese Methode hat sich nach Angabe des Verfassers als sehr praktisch bei Untersuchung von Quell- und Fluſswasser gezeigt. Die Bürette ist am besten von Fr. Müller in Bonn zu beziehen. (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1890 Bd. 23 Nr. 9 S. 1402.) Ueber die Bestimmung des Nitrat-Stickstoffs nach der Schulze-Tiemann'schen Methode und einen praktischen Apparat dazu. Fig. 4., Bd. 277, S. 477 Fig. 5., Bd. 277, S. 477 Scheiding verbesserte das Schulze-Tiemann'sche Verfahren dadurch, daſs er eine praktische Bürette zum Auffangen des Stickstoffoxyds construirt hat, deren Einrichtung aus den Figuren 4 und 5 ersichtlich ist. Die Bürette besteht aus einem, von 100 bis 180cc in ⅕cc getheilten Rohr mit einer kugelförmigen Erweiterung oben, die durch einen einfach durchbohrten Glashahn mit einem kleinen Trichter von etwa 20cc Inhalt in Verbindung steht. Unten endigt dies Meſsrohr glatt cylindrisch und ist mittels eines kurzen Gummischlauchs ohne Zwischenraum mit einem eigenartigen Ansatz verbunden. Letzterer kann auch angeschmolzen sein. Das Rohr G wird mit dem Gaszuleitungsrohr verbunden, während das weitere Rohr L die Lauge aufnimmt. Zwischen dem Austritt von G und der 180cc-Marke muſs ein Raum von wenigstens 10cm verbleiben. Die Bürette ist in ihrer ganzen Länge, so weit es irgend möglich, mit einem weiten gläsernen Kühlrohr umgeben, in welchem oben, in einem Gummistopfen befestigt, ein Thermometer hängt. L wird durch einen weiten und hinlänglich langen Schlauch mit dem Boden-Tubus einer 0l,5-Flasche, oder in Ermangelung einer solchen mit einem, in einer zweihalsigen Woulff'schen Flasche befindlichen Heber verbunden. Diese Flasche dient, wenn gehoben, zum Füllen der Bürette, wenn auf den Tisch gestellt, zur Aufnahme der Lauge während der Stickoxydentwickelung und gestattet endlich, ohne die Bürette in ihrer Stellung zu verändern, das Ablesen des Gasvolumen, wenn sie so weit gehoben wird, daſs die Lauge in Flasche und Bürette gleich hoch steht. Nach Beendigung der Analyse setzt man den Stopfen auf die Flasche, um die Lauge bis zum nächsten Gebrauche aufzubewahren, auch während der Arbeit ist sie wenig der Luft ausgesetzt. Zur Analyse benutzt Scheiding eine Lauge von 1,25 Dichte (225g festes Aetznatron in 1l) und eine kalt gesättigte Eisenchlorürlösung. Der Zersetzungskolben soll einen Inhalt von 200 bis 250cc haben. Bei der Berechnung ist vom Barometerstande nicht die Spannung des Wasserdampfes, sondern diejenige der Natronlauge abzuziehen. (Chemiker-Zeitung, 1890 Bd. 14 S. 635.) (Fortsetzung folgt.)