Titel: Ueber ägyptisches Erdöl von H. Kast und Alb. Künkler.
Autor: H. Kast, Alb. Künkler
Fundstelle: Band 278, Jahrgang 1890, S. 34
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Ueber ägyptisches Erdöl von H. Kast und Alb. Künkler. Kast und Künkler, über ägyptisches Erdöl. Es ist schon seit längerer Zeit bekannt, daſs sich in Aegypten an der Küste des Rothen Meeres bei Djebel Seit oder Gemseh, einem gegenüber der Südspitze der Halbinsel Sinai, am Eingang in den Golf von Suez unter 28° nördlicher Breite und 33° östlicher Länge von Greenwich gelegenen Küstenstriche, Erdöl in beachtenswerther Menge findet Dieses kurzweg als ägyptisches Erdöl bezeichnete Oel ist schon mehrfach Gegenstand chemisch-technischer Untersuchung gewesen. Es liegen eingehendere Untersuchungen darüber vor von Frédéric WeilMoniteur scientifique, 1877 Bd. 19 S. 295., Robert IrvineJournal of the Society of Chemical Industry, 1887 Bd. 6 S. 130., sowie eine Correspondenz in der Zeitschrift Engineering.D. p. J. 1886 262 94 nach Engineering, 1886 Bd. 41 S. 579. Weil macht keine nähere Mittheilung über die Provenienz seines Oeles. Er fand das spec. Gew. zu 0,953, eine Destillation des Rohöles ergab ihm 87,9 Proc. flüssige Destillationsproducte, 7,72 Proc. Koks und 4,38 Proc. uncondensirbare Gase, auch wurde, namentlich zu Anfang der Destillation, das Auftreten beträchtlicher Mengen von Schwefelwasserstoff constatirt. Jene 87,9 Proc. flüssiger Destillationsproducte zerlegte Weil bei einer zweiten Destillation in 26,47 Proc. rohes Leuchtöl, welches schwerer als amerikanisches Leuchtöl war, und 61,43 Proc. rohes Schmieröl, das sich paraffinfrei und schmierfähiger als amerikanisches Schmieröl erwies. Das Leuchtöl verlor bei der Reinigung 14 Proc; das gereinigte Product war von gelber Farbe und zeigte das spec. Gew. 0,875. Der Verlust bei der Reinigung des Schmieröles stellte sich auf 15 Proc. und das spec. Gew. des gereinigten Schmieröles wurde zu 0,923 gefunden. Der Entflammungspunkt lag für das Rohöl bei 153°, für das gereinigte Leuchtöl bei 90° und für das gereinigte Schmieröl bei 100°. Weil empfiehlt, das von ihm untersuchte Oel zur Herstellung von Schmieröl zu benutzen oder das Rohöl unter den Dampfkesseln der Marine zu verfeuern bezieh. dasselbe als Gasöl zu verwenden. In der in diesem Journal 1886 262 94 mitgetheilten Notiz „Ueber Verwerthbarkeit des ägyptischen Erdöles“ ist speciell des groſsen Reichthums der Quellen von Djebel Seit gedacht und erwähnt, daſs dieses Oel in seinem spec. Gew. dem schweren in Birma sich findenden Oele am nächsten kommt, sowie daſs aus demselben nur 8 bis 10 Proc. raffinirtes Leuchtöl zu gewinnen sind. Genauere Mittheilungen, auch über die Art des Vorkommens des ägyptischen Erdöles, sind aus der Publikation von Robert Irvine zu entnehmen. Nach ihm wird das Oel von Djebel Seit oder Gemseh (ungefähr 400 englische Meilen von Suez) theils aus seichten Sprudeln, theils aus tiefen Bohrlöchern gewonnen. Im J. 1887 waren die Bohrungen 400 englische Fuſs in festem Thon vorgedrungen, unter welchem man auf Erdöl zu gelangen hoffte. Das von Irvine untersuchte Rohöl war von dunkelbrauner Farbe, unangenehmem, von Schwefelverbindungen herrührendem Geruch und zähflüssiger Consistenz, welche es, weil fast völlig paraffinfrei, auch bei niederer Temperatur beibehält. Sein spec. Gew. bei 60° F. (15,5° C.) beträgt 0,934. Auf gewöhnliche Art gereinigt, liefert es ein Product, welches im spec. Gew. von 0,850 bis 0,950 schwankt. Brennöl fand sich in dem von Irvine untersuchten Rohöl gar nicht vor und beim Behandeln mit Schwefelsäure war ein Verlust von 50 Proc. zu constatiren. Irvine empfiehlt das ägyptische Oel zu Schmier- und Feuerungszwecken. Im Anschluſs an Irvine's Mittheilungen erwähnt Hamilton, daſs er aus dem gleichen Oele 45 bis 50 Proc. vorzügliches Schmieröl erhalten habe, und Laing will es sogar gelungen sein, 70 Proc. davon zu bekommen, gleichgültig ob mit oder ohne Wasserdampf destillirt wurde. Von kleineren Literaturnotizen über ägyptisches bezieh. afrikanisches Erdöl sind uns noch die folgenden bekannt geworden: In Perutz, Die Industrie der Mineralöle u.s.w., I. Theil 1868, wird die Analyse eines afrikanischen Erdöls, welche von Tate ausgeführt ist, mitgetheilt (ohne Literaturangabe). Dieses Oel hatte ein spec. Gew. von 0,912, begann bei 82° zu destilliren und lieferte: Brennöl vom spec. Gew. 0,835   30 Proc. Schmieröl 0,887   59,5 Paraffin     5,2 Koks     3,7 Verlust     1,6 ––––––––––– 100,0 Proc. H. Schiff erwähnt in einer Correspondenz in den Berliner Berichten, 1874 S. 361, Vorträge über Erdöl, welche G. Bizio am venetianischen Handelsinstitut gehalten hat. Schiff entnimmt daraus die Analyse eines afrikanischen Erdöles, welche aber in Bezug auf spec. Gew. des Rohöles, Brennöles und Schmieröles, Siedepunkt des Rohöles, Ausbeute an Brennöl, Schmieröl und Paraffin so vollständig mit der zuerst angegebenen Tauschen Untersuchung übereinstimmt, daſs an der Identität beider nicht zu zweifeln ist. Endlich sei noch auf eine Bemerkung in diesem Journal, 1878 228 538, wonach Livingstone in Central-Afrika stark paraffinhaltiges Erdöl gefunden haben soll, sowie auf eine Notiz (ohne Literaturangabe) im Fischer'schen Jahresbericht für chemische Technologie, 1887 S. 70, hingewiesen, nach welcher in Aegypten, in der Nähe des Baku-Sees, neue und angeblich reiche Erdöllager entdeckt seien. Vor Kurzem ist durch den interessanten Aufsatz von A. Veith: „Ueber die Geschichte der Erdölindustrie“ die Aufmerksamkeit der Interessentenkreise neuerdings auf das ägyptische Erdölvorkommen gelenkt worden. Veith sagtBerichte der österreichischen Gesellschaft zur Förderung der chemischen Industrie, 1890 Bd. 12 Heft 1 S. 10.: In Aegypten ist das Vorkommen von Erdöl in den letzten zwei Jahren von allgemeinem Interesse geworden. Die unter Schutz und mit Unterstützung der britischen Regierung ausgeführten Bohrversuche ergaben, speciell in der Gegend von Geb-el-Said, Brunnen von bedeutender Ertragsfähigkeit; doch scheinen die Versuche wieder ergebnislos zu sein, da seit den letzten Monaten keine weiteren Berichte hergedrungen sind.Diese Bemerkung Veith's ist wohl dahin zu verstehen, daſs die neuesten Bohrversuche doch noch nicht solche Mengen Oel ergaben, wie anfänglich Vermuthet wurde. Das Studium der über ägyptisches Erdöl vorhandenen, vorstehend kurz mitgetheilten Literatur hat uns gezeigt, daſs eine eingehende und vollständige Untersuchung dieses Oeles, welche Einblick in die Zusammensetzung und Verwendbarkeit desselben gestattet, noch nicht existirte. Gerne ergriffen wir deshalb die Gelegenheit zu einer solchen Prüfung des ägyptischen Oeles, welche sich uns dadurch bot, daſs uns Herr Prof. Hirzel in Leipzig-Plagwitz eine gröſsere Probe dieses Oeles gütigst zur Verfügung stellte. Wir gestatten uns, Herrn Prof. Hirzel hierfür auch an dieser Stelle unseren verbindlichsten Dank auszusprechen. Leider konnte die Untersuchung dieses Erdöles, namentlich was die Qualitätsprüfung der Schmieröle bezieh. die Aufarbeitung der Residuen anlangt, nicht mit der Vollständigkeit durchgeführt werden, wie wir dies gern gethan hätten; es trägt daran die relativ geringe Quantität der uns zu Gebote gestandenen Probe (rund 7k) die Schuld. Immerhin konnten die einzelnen Versuche weit genug ausgedehnt werden, um ein Urtheil über die Eigenschaften und die Brauchbarkeit des Oeles in technischer Hinsicht zu ermöglichen. Die Probe ägyptischen Erdöles, welche wir untersuchten, war Herrn Prof. HirzelNach gefälliger Privatmittheilung. auf Veranlassung des Ministeriums der öffentlichen Arbeiten in Cairo von Suez aus zugegangen. Das Oel befand sich in dicht schlieſsenden Blechflaschen und trug die Bezeichnung Petrole de Gemseh. a) Physikalische Eigenschaften. Das von uns untersuchte Oel ist dunkelbraun, nur in ganz dünnen Schichten durchscheinend und zeigt, mit Petroläther verdünnt, grünliche Fluorescenz. Der Geruch ist erdölartig, nicht unangenehm. In Petroläther gelöst, sondert das Oel nach einiger Zeit feste Ausscheidungen ab, während solche, wenn das Oel auf Papier gestrichen und von diesem aufgesogen wird, nicht wahrnehmbar sind. Das spec. Gew. bei 17° C. ist 0,9352. Der Flammpunkt liegt bei 87°, der Entzündungspunkt bei 109° und der Siedepunkt bei 160°. Bei 17° ist das Oel zähflüssig (ähnlich dem früher bei Pechelbronn im Elsaſs gewonnenen sogen. Schachtöl) und bei – 15° noch dickflüssig. Paraffin läſst sich in der Kälte nicht ausscheiden. Die direkte Auslaufgeschwindigkeit, im Engler'schen Viscosimeter gemessen, betrug 6 Minuten 40 Secunden bei 35°. b) Chemische Eigenschaften. Das Oel, mit Alkohol und Wasser durchgeschüttelt, gab an diese Flüssigkeiten keine Substanzen ab, welche auf Lackmuspapier reagirten. Bei der Veraschung des Oeles hinterblieben 0,12 Proc. Rückstand, bestehend aus Kalk und Eisen. Die Elementarzusammensetzung des Oeles fanden wir (Mittel aus je 2 Bestimmungen) wie folgt: Kohlenstoff 85,85 Proc. Wasserstoff 11,72 Sauerstoff 0,92 (aus der Differenz) Schwefel 1,21 Stickstoff 0,30 –––––––––– 100,00 Behufs Untersuchung der eventuell in dem Oel gelösten, sowie der bei der Destillation sich entwickelnden Gase hatten wir uns einen besonderen Apparat construirt, welcher gestattete, während der Destillation des Oeles auftretende Kohlensäure und schweflige Säure in Kaliapparaten aufzufangen; zur Absorption und Bestimmung des Schwefelwasserstoffes dienten -Röhren, gefüllt mit in Kupfervitriollösung getränktem Bimsstein; gasförmige Kohlenwasserstoffe sollten nach Wegnahme des Schwefelwasserstoffes, der Kohlensäure und schwefligen Säure in einem Bunsen'schen Glasgasometer über Wasser aufgefangen und gasanalytisch untersucht werden. Es wurden 2 Destillationen mit 100 bezieh. 150cc des Rohöles vorgenommen; bei der zweiten Destillation wurde die Luft im ganzen Apparate durch Kohlensäure deplacirt, ohne die Absorptionsvorlagen destillirt und versucht, die sich entwickelnden Gase direkt über Wasser aufzufangen. In beiden Fällen erhitzte man das Oel, in welches ein Thermometer eintauchte, ganz allmählich bis auf 280°, wobei etwa 10 Proc. des Oeles überdestillirten. Wir konnten indessen nur die ziemlich reichliche Entwickelung von Schwefelwasserstoff bei der Destillation constatiren und auſser einer geringen Menge im Oele gelöster Luft keinerlei andere Gase beobachten. Zur Bestimmung der differenten und indifferenten Kohlenwasserstoffe, welche in dem bis 310° siedenden Antheil des Oeles enthalten sind, wurden 10cc dieser bis 310° abdestillirten Fraction mit dem dreifachen Volumen concentrirter Schwefelsäure, welcher 20 Proc. rauchende Schwefelsäure zugesetzt waren, dreimal tüchtig durchgeschüttelt und vor dem letzten Durchschütteln Säure und Oel im Luftbade auf 40° erwärmt. Die Abnahme betrug nach dem ersten Schütteln 2cc,2 zweiten 0cc,1 dritten 0cc,1 –––– zusammen 2cc,4, wonach also in dem bis 310° siedenden Antheile des Oeles enthalten sind:   2cc,4 =   24 Proc. differente Kohlenwasserstoffe: Olefine, aromatischeund andere ungesättigte Kohlenwasserstoffe.   7cc,6 =   76 Proc. indifferente Kohlenwasserstoffe: Paraffineund Naphtene. ––––––––––––––––– 10cc 100 Proc. Ob und inwieweit Naphtene in diesen 76 Proc. indifferenten Kohlenwasserstoffen enthalten sind, läſst sich aus dem Vergleiche der Brechungsexponenten der einzelnen Oelfractionen mit den Brechungsexponenten anderer Oele folgern, deren gröſserer oder geringerer Gehalt an Naphtenen bezieh. Paraffinen bereits festgestellt ist. Die zu diesem Zwecke nachfolgend zusammengestellten Brechungsexponenten der Fractionen des pennsylvanischen und Baku-Oeles wurden uns von Herrn Dr. Schneider hier freundlichst zur Verfügung gestellt. Die gereinigten Fractionen sind in oben angegebener Weise mit einem Gemisch von concentrirter und rauchender Schwefelsäure behandelt worden. Brechungsexponenten der rohen Fractionen. Fraction Aegyptisches Oel Baku-Oel Pennsylvanisches Oel 180–200° 1,455 1,4548 1,4397 200–220° 1,468 1,4630 1,4438 220–240° 1,476 1,4668 1,4508 240–260° 1,482 1,4748 1,4590 260–280° 1,495 1,4762 1,4646 280–300° 1,498 1,4798 1,4667. Brechungsexponenten der gereinigten Fractionen. Fraction Aegyptisches Oel Baku-Oel Pennsylvanisches Oel 180–200° 1,449 1,4448 1,4302 200–220° 1,457 1,4510 1,4363 220–240° 1,466 1,4556 1,4402 240–260° 1,470 1,4592 1,4450 260–280° 1,475 1,4629 1,4495 280–300° 1,479 1,4670 1,4550. Wie aus diesen Zahlen ersichtlich, steht das ägyptische Oel bezüglich seines Lichtbrechungsvermögens demjenigen von Baku sehr nahe, welches, im Gegensatze zu dem an Paraffinen sehr reichen Oel von Pennsylvanien, der Hauptsache nach aus Naphtenen besteht. Die Bestätigung der hieraus zu ziehenden Folgerung, daſs das ägyptische Oel hauptsächlich aus Naphtenen besteht, konnte mittels der Elementaranalyse der gereinigten Fractionen nicht erhalten werden, da diese auch nach der Behandlung mit der anhydridhaltigen Schwefelsäure noch Schwefel enthielten, wodurch eine auf Grund der Elementaranalyse vorzunehmende Berechnung unmöglich gemacht wird. Die Entfernung des Schwefels aber mittels rauchender Schwefelsäure allein war nicht angängig, da sich in letzterer auch die Naphtene lösen. Mesitylen und Pseudocumol gelang uns nicht in dem Oele nachzuweisen. Es ist dies erklärlich, wenn man berücksichtigt, daſs unser Oel, wie erwähnt, erst bei 160° zu sieden beginnt und, wie die nachfolgende Normaldestillation erkennen läſst, bis 200° überhaupt nur 4 Vol.-Proc. überdestilliren. Diejenige Fraction (150 bis 1800), welche gewöhnlich zum Nachweis des Mesitylens (Siedepunkt 164,5° bei 759mm) und des Pseudocumols (Siedepunkt 169,8° corr.) dient, ist also in diesem ägyptischen Erdöl nicht vorhanden. Um zu einem Urtheil über die Mengenverhältnisse der in dem Oele enthaltenen Componenten zu gelangen, führten wir eine Normaldestillation (vgl. Engler 1888 267 * 511) aus, welche zu folgenden Ergebnissen führte: bis 200° 4cc,0     3g,5 0,821 spec. Gew. bei 17° 200–225° 10cc,8     9g,1 0,847 225–250° 13cc,7   11g,9 0,874 250–275° 7cc,0     6g,2 0,892 275–300° 29cc,6   26g,0 0,879 –––––– ––––– 65cc,1   56g,7 Rückstand 34cc,9   43g,3 –––––– ––––– 100cc,0 100g,0. Während der Destillation traten häufig, an den weiſsen Dämpfen erkennbar, Zersetzungen auf, die mit steigender Temperatur zunahmen. Der langsame Verlauf der Destillation, sowie das Nachdunkeln der Destillate lassen darauf schlieſsen, daſs letztere Zersetzungsproducte in gröſserer Menge enthalten, namentlich gilt dies für die Fraction 275–300°. Hierin dürfte wohl auch die Erklärung für die Thatsache zu finden sein, daſs das spec. Gew. dieser Fraction (0,879) sich erheblich niedriger erweist als dasjenige der nächst niedrigeren Fraction 250–275°, welches, wie aus der vorstehenden Tabelle ersichtlich, 0,892 beträgt. c) Technische Verwerthung des Oeles. Aus einer kupfernen Blase, welche 1k,5 Rohöl faſste, wurden zunächst die leichten Oele, Leuchtöl und Mischöl, bei allmählich bis 250° steigender Temperatur abdestillirt, und zwar mit Rücksicht auf die leichte Zersetzbarkeit des Oeles mittels überhitzten Wasserdampfes, der, nachdem die Temperatur in der Blase auf 200° gestiegen war, eingeleitet wurde. Die Temperatur des Wasserdampfes wurde derjenigen der Blase annähernd gleich gehalten, und das Einleiten geschah durch eine bis auf den Boden der Blase reichende, mit vielen kleinen Ausströmungsöffnungen versehene Schlange, nach Art der in den Fabriken in Baku im Gebrauche stehenden. Die nach dem Abdestilliren der leichten Oele hinterbleibenden Rückstände wurden für sich verarbeitet, zunächst auf 300° erhitzt und durch bei dieser Temperatur eingeleitetem Wasserdampf von ebenfalls 300° die schweren Oele unter Vorlage eines Separationskühlers, welcher gleichfalls den in Baku gebräuchlichen nachgebildet ist, abgetrieben (vgl. Engler 1888 268 * 41). Das Ergebniſs der Destillationen war folgendes: Solaröl 11,3 Proc. Mischöl 25,0 Maschinenöl II 16,7            „        I 16,7 Cylinderöl 17,0 Koks und Verlust 13,3 –––––––––––– 100,0 Proc. Rohöl. Die Oele wurden in üblicher Weise mit concentrirter Schwefelsäure und Natronlauge gereinigt, und zwar das Solaröl mit 2 Proc. Schwefelsäure, das Mischöl mit 3½ Proc., die Maschinenöle mit 8 Proc. und das Cylinderöl mit 10 Proc; dann nacheinander mit Laugen von 1,16, 1,105 und 1,05 spec Gew. versetzt und schlieſslich mit Wasser ausgewaschen. Das Reinigen und Auswaschen der Maschinen- und Cylinderöle wurde bei einer Temperatur von 60–70° auf dem Wasserbade vorgenommen. Die Eigenschaften der gereinigten Oele sind folgende: Spec. Gew.bei 17° C. Flamm-punkt Brenn-punkt Farbe Consistenz Solaröl 0,841   64° gelblich Mischöl 0,880   95° 112° gelb Maschinenöl II 0,927 144° 170° Rothgelb bei – 10° noch flüssig          „          I 0,949 195° 229° rothbraun bei 0° noch flüssigbei – 6° syrupartig Cylinderöl 0,955 173° 242° dunkelbraun bei + 15° syrupartig. Die Viscosität des Solaröles, welche, wie bekannt, in direkter Beziehung zu der Schnelligkeit des Aufsteigens im Docht steht, wurde in dem Engler'schen Viscosimeter für Brennöle (mit Auslaufröhre von 20mm Länge und 1mm,8 Durchmesser) ermittelt. Die direkte Auslaufgeschwindigkeit bei 20° beträgt 255 Secunden, bezogen auf Wasser \frac{255}{196}=1,302. Die Bestimmung der Leuchtkraft dieses Oeles wurde auf dem Photometer von Elster unter Benutzung eines 12-Linienbrenners für Solaröle des Vereines für Mineralölindustrie in Halle a. S. vorgenommen und ergab folgendes Resultat, bezogen auf die deutsche Normal-Paraffinkerze als Einheit: MittlereLichtstärkein der1. Stunde Lichtstärkeam EndedesVersuches MittlereLichtstärkeaus 11 Ab-lesungen Dauer desVersuchesStunden MittlererOelver-brauch in1 Stunde Oelver-brauch fürNormalkerzeund Stunde Gewicht desKohlen-ringes amDocht 10,5 9,4 9,8 5 31g 3g,2 0g,015 Das gereinigte Solaröl nimmt beim Stehen an der Luft verhältniſsmäſsig rasch wieder einen unangenehmen Geruch an. Aus dem Mischöl kann durch nochmalige Destillation ein allerdings nur kleiner Theil Solaröl gewonnen und der restirende gröſsere Theil zum Verschneiden mit anderen Oelen verwandt, oder aber das ganze Mischöl als Gasöl verarbeitet werden. Die Maschinen- und Cylinderöle sind nahezu geruchlos. Ihre Zähflüssigkeit konnte zwar aus Mangel an Material leider nicht bestimmt werden, doch entspricht das Maschinenöl II hinsichtlich seiner Qualität und Verwendbarkeit dem amerikanischen und russischen Spindelöle, ist aber dunkler als diese. Das Maschinenöl I dürfte dem besten russischen Maschinenöle als Ersatz für Rüböl und Olivenöl gleichzustellen sein, ist aber in der Farbe ebenfalls etwas dunkler. Das Cylinderöl, welchem aus Zersetzungen hervorgegangene leichtere Oele, wie das schon an dem groſsen Abstand zwischen Flamm- und Brennpunkt ersichtlich ist, beigemengt sind und welches daher nur für kleinere Dampfmaschinen tauglich ist, kann ohne Zweifel durch entsprechend geleitete Destillation bedeutend verbessert werden. Die uns zur Verfügung stehende geringe Menge an Material gestattete uns indessen nicht, eine zweite Destillation von Residuen vorzunehmen. Es sei übrigens hervorgehoben, daſs auch das Rohöl als solches zum Schmieren gewöhnlicher Maschinen, bei nicht zu schwerer Belastung Verwendung finden kann. Eine Verunreinigung der Lager wird bei der relativen Reinheit des Oeles nicht zu befürchten sein. Hierauf ist auch schon von Weil und Irvine (l. c.) aufmerksam gemacht worden. Sowohl die Maschinenöle wie das Cylinderöl sind schwach paraffinhaltig, scheiden indessen in der Kälte kein Paraffin aus. Wir haben von einer quantitativen Bestimmung des Paraffins Abstand genommen, weil die gebräuchlichen Methoden zur Bestimmung des Paraffins gerade bei so dicken Oelen ungenügende Resultate liefern. (Wir werden in einer späteren Mittheilung auf diese Verhältnisse des Näheren zu sprechen kommen.) Aus der vorstehenden Untersuchung ist ersichtlich, daſs sich, wie dies auch schon von Anderen beobachtet worden ist, das von uns untersuchte Oel in Folge seines geringen Gehaltes an leichten flüchtigen Bestandtheilen nicht besonders zur Brennölfabrikation eignet. Wohl aber stellt dieses Oel ein vorzügliches Material zur Gewinnung von Mineralschmierölen dar. Auf Grund der bei der Destillation gemachten Beobachtungen läſst sich erwarten, daſs, wenn mit dem Einleiten des überhitzten Wasserdampfes in die Rückstände bei niedrigerer Temperatur begonnen wird, als wir dies gethan haben, etwa bei 230° statt bei 300° und bei allmählichem Steigenlassen der Temperatur auf 300° noch günstigere Resultate hinsichtlich der Qualität der Schmieröle zu erzielen sind. Es wird auf diese Weise möglich sein, namentlich bei reichlichem Zuströmenlassen von Wasserdampf, die Zersetzungen, durch welche die Qualität speciell des Cylinderöles verringert wird, wesentlich hintanzuhalten. Karlsruhe, chemisch-technisches Laboratorium der technischen Hochschule im August 1890.