Titel: Ueber Neuerungen im Mühlenwesen.
Autor: Fr.Kick
Fundstelle: Band 279, Jahrgang 1891, S. 10
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Ueber Neuerungen im Mühlenwesen. Von Prof. Fr.Kick. Mit Abbildungen. Ueber Neuerungen im Mühlenwesen. Zwei Jahre sind seit dem letzten Berichte verflossen, und ist, dieser Zeit entsprechend, über eine grössere Zahl von Neuerungen zu berichten. Viele derselben sind beachtenswerth, von entscheidender Bedeutung dürfte keine sein. Besonders zahlreich sind die Patente auf Staubfänger, welche zumeist die Reinigung der Staubluft in ähnlicher Weise anstreben, wie dies bei dem Bd. 269 S. 27 erwähnten Staubfänger Cyclone der Knickerbocker Company in Jackson, welcher sich gut bewährt hat, der Fall ist; gleichfalls zahlreich sind die Neuerungen an Sichtmaschinen, obwohl weder Carl Haggenmacher's Plansichter, noch weniger Friedr. Winkler's pulsirende Sichtmaschine solchen Erfolg aufwiesen, um zu ähnlichen Versuchen besonders anzuspornen. Der Erfolg dieser beiden Maschinen blieb weit hinter unseren Erwartungen zurück, wahrscheinlich der mangelnden Einfachheit der Vorrichtung wegen. Der nachstehende Bericht umfasst, 1) die Getreidereinigungs- und Schälmaschinen, 2) die Staubfänger, 3) die Weizenschneid- und Schrotmaschinen und die Mahlgänge, 4) die Walzenstühle, 5) Desintegratoren, 6) die Griesputzmaschinen, 7) die Sichtmaschinen, 8) Hilfsvorrichtungen, Bemerkungen über Mahlverfahren und Mehluntersuchung. 1) Von den Getreidereinigungs- und Schälmaschinen. Textabbildung Bd. 279, S. 3 Fig. 1.Wegmann's Schälmaschine. Friedrich Wegmann in Zürich (D. R. P. Nr. 44396 vom 21. Juli 1887) liess sich eine Maschine patentiren, welche zum Schälen des Getreides dienen soll. Das Getreide gelangt hierbei in einen oder mehrere „planetenartig bewegte Hohlkörper“, z.B. zwei Cylinder CC1 (Fig. 1), welche sowohl um ihre geometrische Achse A als auch gleichzeitig um eine zweite, zur ersteren parallele Achse 0 rotiren. Die beiden Drehungsrichtungen sind entgegengesetzt. Das Getreide wird bei genügend rascher Umdrehung um O jenen Theilen mm1 der Cylinder zustreben, welche am weitesten von der Hauptachse O abstehen, und muss sich in Folge der Drehung der Cylinder um ihre eigene Achse an deren Innenwand, wie unter sich reiben und dies unter einem Drucke, welcher der Centrifugalkraft, bezogen auf O, entspricht. Die Wirkung hängt von entsprechend gewählten Umdrehungszahlen ab; sie kann auch verschwinden, wenn bei sehr hoher Tourenzahl der Cylinder und langsamer Drehung um O das Getreide in gleichförmiger Vertheilung die ganze Innenfläche der Cylinder bedeckt. Die um die Hauptachse O rotirenden Massen sollen sich so ausgleichen, dass O zur freien Achse wird. Es setzt dies auch gleiche Füllungen der Cylinder voraus. Textabbildung Bd. 279, S. 11 Fig. 2.Wegmann's Schäl- und Reinigungsmaschine. Die innere Fläche der Hohlkörper ist theils mit Durchbrechungen versehen, durch eingesetzte Siebe oder perforirte Bleche, theils rauh, durch eingesetzte geriffelte Platten, Porzellan oder Steinsegmente u.s.w. Die Zuführung des Getreides kann durch Schöpfbecher e (Fig. 2) erfolgen, welche, an einem Ende der Cylinder entsprechend angebracht, das Getreide aus einer umhüllenden Bütte schöpfen, oder es kann dieselbe durch Hohlachsen erfolgen. Der Auslauf des bearbeiteten Getreides erfolgt am zweiten Ende der Cylinder. Der Schälstaub, welcher aus den planetenartig rotirenden Cylindern in die umschliessende Bütte (Mantel) gelangt, wird aus dieser durch einen Ventilator abgeführt, dessen Saugrohr zur Bütte geführt ist, welcher aber keinen Bestandtheil der Maschine zu bilden braucht. Textabbildung Bd. 279, S. 11 Wimmer's Schälmaschine mit Schmirgelscheiben. Die Idee, welche dieser Maschine zu Grunde liegt, ist unzweifelhaft hübsch und originell; doch wird es schwer halten, ruhigen Gang zu erzielen, denn bei der zur genügenden Wirksamkeit erforderlichen ziemlich hohen Tourenzahl wird die Gewichtsausgleichung namentlich in Bezug auf die Füllung schwierig sein; ebenso wird der Antrieb der Cylinder durch Planetenräder, welche sich auf einem concentrisch zu O fix angebrachten Rade abrollen, Unannehmlichkeiten bedingen. Schälmaschine mit Schmirgelscheiben von Anton Wimmer in Scheibbs (D. R. P. Nr. 45335 vom 19. Januar 1838). Wimmer's Schälmaschine besteht aus zwei festgestellten, über einander angebrachten, cylindrischen Blechkästen A und B (Fig. 3 und 4), in welchen die Schmirgelscheiben S rotiren. Die Getreidezuführung erfolgt bei a in die Mitte des oberen Kastens, das Getreide bewegt sich nach beiden Enden desselben, fällt durch b b1 in den unteren Kasten, in welchem eine Bewegung gegen die Mitte erfolgt, wo der Auslauf durch c stattfindet. Theile der Mantelfläche der beiden Kästen sind aus Drahtsieb gebildet und findet durch einen mit den Röhren R R' verbundenen Ventilator die Abführung des Schälstaubes, sowie die Kühlung des Schälgutes statt. Sowohl der Einlauf a als der Auslauf c lässt sich höher oder tiefer einstellen, wodurch die Höhe der Getreideschicht und dadurch der Angriff geregelt werden kann, weil bei höherer Schicht die Pressungen und Widerständewachsen. Die Schichthöhe beträgt etwa 18 cm, doch richtet sich die Höhe nach der Gattung der Frucht. Von Wichtigkeit ist natürlich auch die Tourenzahl der Scheiben, der Abstand derselben von einander und vom Mantel, doch fehlen hierüber in der Patentschrift nähere Angaben. Die im Bd. 269 S. 62 erwähnten Schälversuche haben mit. Wimmer's Maschine stattgefunden. Textabbildung Bd. 279, S. 11 Fig. 5.Holt's Reinigungsmaschine. Der Staubfänger Cyclone mag Veranlassung zum Patente des Herrn Noah William Holt in Manchester (D. R. P. Nr. 46302 vom 9. Juni 1888) gegeben haben, denn dessen Reinigungsmaschine ist die Hineinstellung eines Streutellers, welches das Getreide gegen ringförmige Schirme schleudert, zwischen welchen Luftströme die Staubtheile zu einem oben angeordneten Saugventilator führen, in einen Cyclon, welcher die Staubluft aufnimmt und die Luft gereinigt wieder abgibt. Indem so die Luft einen ständigen Kreislauf im Inneren der Maschine durchmacht, die Staubtheile vorübergehend aufnimmt und wieder abgibt, eignet Holt's Maschine sich für gewisse Reinigungszwecke jedenfalls gut; die Aufnahme des Staubes durch die Luft findet beim Anprallen des Getreides gegen die Ringschirme, die Abgabe und Staubabfuhr aber im Cyclon statt. Eine Skizze der Anordnung ist in Fig. 5 gegeben und ist a der Getreideeinlauf, s der Streuteller, R der ringförmige Schirm, welcher aus mehreren, einstellbaren Theilen besteht, m ist das zum Ventilator V führende Rohr, C der Cyclon. Das gereinigte Getreide fällt bei z aus, der Staub gleitet in den Staubsack. Textabbildung Bd. 279, S. 12 Körnerfrucht-Förderungs- und Reinigungsvorrichtung von Röder. Die Körnerfrucht-, Förderungs-, Reinigungs- und Aufschüttungsvorrichtung von Fritz Röder in Reudnitz bei Leipzig (D. R. P. Nr. 48895 vom 23. October 1888) ist die Verbindung eines Strahlapparates, welcher das Getreide aus dem Speicher ansaugt und in ein Rohr treibt, mit einem längs des Auslegers eines Drehkrahnes verschiebbaren Staubfänger. Der Strahlapparat, in Fig. 6 dargestellt, hängt an einer Schnur, durch deren Nachlassen er nach Bedarf in den Speicher bezieh. in das Getreide eingesenkt werden kann; derselbe besteht aus dem vom Druckventilator kommenden Rohr R1, der Fangdüse f und dem Rohre R2, welches zum Staubfänger (Fig. 7) führt. Im Staubfänger macht Staub und Luft den in Fig. 7 durch Pfeile angedeuteten Weg, während das Getreide bei a ausfällt. Der Staubfänger läuft auf Rollen gleich einer „Katze“ auf dem Ausleger eines Drehkrahnes. Durch diese Vorrichtung kann sowohl die Conservirung gelagerten Getreides durch kräftige Bewegung und Reinigung, sowie eine Vorreinigung vor dem Eintritte des Getreides in die Kopperei einer Mühle erreicht werden. In Kürze seien noch die Patente der Herrn Gerstner, Zieger, Schuhmacher, Bauermeister, Cranson und Lehl besprochen. Ferdinand Gerstner in Wien (D. R. P. Nr. 48900 vom 12. Januar 1889) scheidet durch seine Maschine aus den Trieurabfällen die darin enthaltenen ganzen Getreidekörner und Bruchkörner aus. Die Maschine verwendet eine grössere Zahl endloser, geneigter Tücher, in bekannter Weise durch langsam rotirende Walzen so bewegt, dass die oberen Stofflagen o (Fig. 8) die runden Körner abrollen lassen, die ganzen und Bruchkörner nach oben abführen, ferner Kautschukwalzen mit ungleichen Umfangsgeschwindigkeiten zum Entfernen von Erdbestandtheilen. Textabbildung Bd. 279, S. 12 Fig. 8.Gerstner's Ausscheidevorrichtung. E (Fig. 8) deutet den Einlauf an, A1 den Auslauf der Bruchkörner, A2 jenen der Raden. Die Maschine ist symmetrisch gebaut und Fig. 8 zeigt nur einen Theil der verwendeten endlosen Tücher. Da nach der Patentzeichnung die Walzenachsen fix gelagert sind, würde ein Spannen der Tücher nicht ermöglicht sein, was als Fehler zu bezeichnen ist. Oswald Zieger in Markeritz (D. R. P. Nr. 49893 vom 11. Mai 1889) ordnet über einem kreisförmigen Plansiebe, auf welches das zu bürstende Getreide nahe der Siebmitte auffällt, schneckenförmig angeordnete rotirende Bürsten an, welche das Getreide über das Sieb gegen einen Auslauf befördern, während unter dem Siebe ein rotirender Rechen den abgebürsteten Staub gegen einen besonderen Auslauf befördert. Bernard Conr. Schuhmacher aus London (D. R. P. Nr. 48879 vom 1. November 1888) will Reis und Hülsenfrüchte dadurch schälen, dass er dieselben durch ein Rohr mittels Druckluftstromes gegen rauhe Anprallflächen treibt, welche in einem schneckenartig geformten Gehäuse derart angebracht sind, dass eine Sonderung der geschälten Körner von den Hülsen möglich erscheint. Hermann Bauermeister in Ottensen (D. R. P. Nr. 50590 vom 3. Juli 1889) führt in das festgestellte cylindrische Gehäuse seiner Putzmaschine von beiden Seiten durch Getreideschrauben das zu putzende Getreide gegen die Mitte, wo an der rotirenden, centrisch in das Gehäuse gelegten Achse eine Schmirgelscheibe angebracht ist. Zwischen den beiden Einlaufen und der Schmirgelscheibe wird das Getreide durch Bolzen (an Achse und Gehäuse) bearbeitet. Giles Slocum Cranson in Silver Creek, Nordamerika (D. R. P. Nr. 50593 vom 23. Juli 1889), liess sich eine Schälmaschine patentiren, deren Trommel aus Segmenten besteht, welche abwechselnd quer- und längsgeriffelt und mit Grübchen versehen sind; diese Segmente liegen excentrisch zur Achse. Die der Trommelachse näher liegenden Theile der Trommelsegmente eilen bei der Umdrehung voran. Das cylindrische Gehäuse ist in seinem unteren Theile quer gerieft, im oberen durchbrochen, so dass der Schälstaub durch einen Ventilator abgezogen werden kann. Die excentrische Form der Segmente lässt bei der gewählten Bewegungsrichtung Einklemmen der Körner zwischen Trommel und Gehäuse, daher häufigen Bruch befürchten. Textabbildung Bd. 279, S. 12 Fig. 9.Garbe's Schleudergebläse. Joh. Herm. Lehl in Stralsund (D. R. P. Nr. 48889 vom 22. December 1888) feuchtet das zu schälende Getreide mit Kalkwasser und behandelt dasselbe nachher durch Schnecken (Getreideschrauben), deren gestanzte Bleche scharfe Kanten besitzen (Reibeisen ähnlich). Als eine „Verbesserung“ oder Neuerung am Ventilator ist Ernst Garbe's (Berlin) Schleudergebläse mit gelenkig angeschlossenen Flügeln (D. R. P. Nr. 43852 vom 29. September 1887) zu betrachten. Fig. 9 zeigt diese Neuerung; die Flügel nehmen bei der Drehungsrichtung im Sinne des Uhrzeigers die gezeichnete Stellung ein, sie gelangen bei der entgegengesetzten Drehung in Folge der Bewegung ohne sonstige Nachhilfe in die punktirte Stellung. Diese Flügel f (Fig. 9) wirken daher nach beiden Drehungsrichtungen gleich gut. In dem Ausblasestutzen des Ventilators befindet sich eine entsprechend der Drehrichtung einstellbare Klappe k. Die restlichen hierher gehörigen Patente können übergangen werden, da sie entweder nicht beachtenswerth oder, wie z.B. der Gebrauch von Eisenspänen als Mittel zum „Schälen“ des Getreides, geradezu als Verirrung zu betrachten sind. (Fortsetzung folgt.)