Titel: Vergleichung der Dampfhämmer mit den Schmiedepressen.
Fundstelle: Band 279, Jahrgang 1891, S. 55
Download: XML
Vergleichung der Dampfhämmer mit den Schmiedepressen. Vergleichung der Dampfhämmer mit den Schmiedepressen. Ueber diesen Gegenstand hat Ingenieur F. Gautier dem internationalen Congresse für Berg- und Hüttenwesen der Pariser Weltausstellung einen Bericht im Bulletin de la société de l'industrie minérale, 1889 III. Bd. 3. Heft S. 839, erstattet, welchen wir im Folgenden nach der österreichischen Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen, Nr. 11 1890 wiedergeben. Eine Vergleichung der Schmiedearbeit mit Hämmern und mit Pressen ist aus dem Grunde nicht leicht anzustellen, weil die Werke, welche beide Arten von Maschinen besitzen, noch nicht zahlreich, sind und sich nicht beeilen, die mit denselben erzielten Ergebnisse bekannt zu geben. Auch lässt sich die Stosswirkung nur schwer einer Vergleichung mit der Wirkung eines ruhigen Druckes unterziehen. Es soll indessen von vornherein ausgesprochen werden, dass die Umstände zu Gunsten der Pressen sprechen. Hüttenwerk DruckderPresse Gewicht einesgleichwerthigenHammers Gewicht desschwerstenvorhandenenHammers Tonnen F. Krupp in Essen 5000 150   50 J. Brown in Sheffield 4000 120   50 Gesellschaft von Chatillon-Commentry 4000 120   – F. Krupp in Essen 2000   75   50 Creusot 2000   75   80 Stahlwerk zu Terni, Italien 2000   75 100 Stahlwerk zu Witkowitz, Oesterreich 2000   75 100 Gebrüder Bell zu Middlesbro 1200   30 100 Baltische Compagnie, St. Petersburg 1200   30 100 Gebrüder Taylor zu Leeds 1200   30 100 Monkbridge Ironworks zu Leeds 1200   30 100 Stahlwerk zu Barrow in England 1200   30 100 Arsenal zu Trubia, Spanien 1200   30 100 J. Brown in Sheffield 1000   25   50 Die im vorstehenden Verzeichnisse angeführten grossen Hüttenwerke, welche mit mächtigen Dampfhämmern ausgestattet sind, besitzen auch Pressen oder haben solche in Bestellung gegeben und hiermit deren Vortheile anerkannt. Diese Tabelle enthält nur die von einer einzigen Werkstätte, und zwar von Tannett, Walker und Comp., ausgeführten oder zur Ausführung übernommenen Pressen. Ausserdem hat die Fabrik von Davy in Sheffield eine Schmiedepresse von ungefähr 4000 t zu Cammell hergestellt. Die am reichsten mit Dampfhämmern versehenen Werke verwenden also auch grosse Pressen, und jene, welche solche Apparate bereits benutzt haben, wie J. Brown und F. Krupp, schaffen deren neue an, was zu dem Schlüsse berechtigt, dass sie mit deren Leistungen zufrieden sind. Güte der erzeugten Arbeit. Als wichtigster Umstand erscheint bei der anzustellenden Vergleichung die Beschaffenheit der erzeugten Waren. Zum raschen Zangen der Luppen verwendet, zeigen die Pressen den Uebelstand, dass sie die Schlacke weniger vollkommen aus dem Eisen drücken, als die Hämmer. Die stossende Wirkung der letzteren ist nothwendig, um das halbflüssige Silicat zu entfernen, welches die Neigung hat, in den Poren des Eisens zu erstarren. In der That ist auch der Vorzug der Dampfhämmer für diesen Zweck anerkannt. Es ist möglich, dass letztere auch zur Herstellung gewisser Gegenstände aus Schmiedeeisen, welche durch allmähliches Anschweissen von verschieden dicken Theilen an eine Hauptmasse entstehen, besser verwendbar sind als Pressen, indem die durch längere Erhitzung entstehende Rostschicht, welche sich zwischen der schon festeren Masse und dem an dieselbe anzufügenden mehr lockeren Stück befindet, durch einfachen Druck nur schwer zu entfernen ist; dieses Bedenken bezieht sich z.B. auf die Herstellung einer mehrfach gekröpften Welle von grösserem Durchmesser. Was dagegen die Herstellung der Artikel aus Stahl betrifft, so zeigt hier die Presse den obigen Nachtheil nicht und liegt kein Grund vor, warum deren Erzeugnisse nicht von ebenso guter Beschaffenheit sein sollten, als die eines Hammers. Als eines der Mittel zur Verbesserung der Beschaffenheit erscheint, wenigstens für den Stahl, die Verminderung der Anzahl Hitzen; eine übermässige Dauer der Erhitzung wurde, so viel uns bekannt, noch nie als vortheilhaft empfohlen. Eine Stahlkanone von 15 cm Durchmesser, mit einer Länge von 36 Kalibern, aus einem Block von 36500 k erzeugt, hat zu Sheffield eine dreiwöchentliche Bearbeitung unter einem 50 t Hammer und 33 Hitzen erfordert. Mit einer Brown'schen Presse von 4000 t waren zur Herstellung der gleichen Kanone aus einem Block von 37500 k nur 15 Hitzen und eine Arbeitszeit von nur 4 Tagen nothwendig. Zu erwähnen ist, dass unter der Presse die Seitenflächen der Schmiedestücke nach aussen, unter dem Hammer nach innen gebogen ausfallen. Die letztere Erscheinung, welche besonders bei einem im Verhältniss zur Stärke der Schläge grossen Gewicht des Arbeitsstückes auftritt, hat ihren Grund in der Trägheit der Masse. Die Wirkung des Stosses äussert sich unmittelbar an der oberen und durch Rückwirkung an der unteren, auf dem Ambos ruhenden Fläche; die zwischenliegenden Schichten übertragen nur den Stoss des Hämmerbares, sowie von mehreren sich berührenden, an Schnüren aufgehängten elastischen Kugeln nur die letzte in Bewegung geräth, wenn die erste pendelartig gegen die übrigen stösst. Das Schmieden unter dem Hammer übt daher seine Wirkung auf die inneren Theile des Stückes nur in dem Masse, als dessen Dicke durch die Bearbeitung allmählich kleiner wird. (Hierbei ist doch auch wohl die unvollkommene Elasticität des glühenden Eisens zu Gunsten der Wirkung des Hammers in Betracht zu ziehen. D. R.) Es ist einleuchtend, dass die Presse bei ihrer stetig fortschreitenden Druckwirkung sich vortheilhafter erweisen muss, als der Hammer mit seiner stossweisen und nothwendig ungleichförmigen Wirkung. Zu Gunsten der Presse spricht endlich noch die niedrigere Temperatur, welche das Metall zur Bearbeitung erfordert; für ein Material, bei dessen Erhitzung mit Vorsicht umgegangen werden muss, wie der Stahl, bedeutet dies eine wesentliche Erleichterung der Arbeit. Kosten der Bearbeitung. Nach dem oben angeführten Beispiele wird beim Ausschmieden einer 15 cm-Kanone mittels Presse die Zahl der Hitzen auf die Hälfte, die Dauer des Processes auf ungefähr ⅕ verringert, daher auch der Kostenbetrag der Löhne und des Brennstoffes entsprechend herabgesetzt; nebstdem wird der Abbrand vermindert, weil dieser der Anzahl der Hitzen oder selbst der ganzen Dauer der Bearbeitung annähernd entspricht. Man glaubt mit Unrecht, dass die zur Verwendung kommenden starken Pressen langsam arbeiten müssen; sie führen gewöhnlich 10 bis 12 Drücke in der Minute aus und könnten ohne Zweifel noch schneller gehen. Da man bei einem grossen Dampfhammer den Fallblock stets erst auf das Schmiedestück niederlassen muss, um über die centrische Richtung des Schlages versichert zu sein, geht viel Zeit verloren und wird die Leistung einer Presse auf die Dauer nicht zu erreichen sein. Bei der letzteren entfällt diese Vorbereitung, da ein unrichtig gegebener Druck hier von geringerer Bedeutung ist und gleich beim Beginn durch Einstellung der Bewegung unterbrochen werden kann, was beim Schlag eines Hammers nicht möglich ist. Zu den Kosten des Betriebes für das Ausschmieden gehören auch die der Dampferzeugung. Bei den Hämmern wird Hochdruck ohne Expansion und Condensation verwendet und mithin viel Dampf verbraucht. Bei den Pressen dagegen hat man hydraulische Umsetzung und Accumulatoren, welchen das Wasser durch Pumpen zugeliefert wird, die stetig wirken und daher verhältnissmässig klein gehalten werden können, auch können die Betriebsmaschinen mit allen Verbesserungen, mit Condensation, Expansion u.s.w., dann nach dem Verbundsystem ausgeführt werden. In dieser Beziehung haben die Pressen entschieden den Vorrang und ermöglichen einen erheblich kleineren Dampfverbrauch. Die Hütte zu Terni, welche in sinnreicher Art ihre Wasserkraft zum Betrieb eines 100 t-Hammers durch Pressluft verwendet, brachte später eine Presse von 2000 t ungeachtet deren grossen Kosten in Bestellung. Die hydraulische Umsetzung erfordert nicht etwa eine grössere Wassermenge, deren Herbeischaffung Schwierigkeiten bereiten könnte, denn es wandert stets dasselbe Wasser von der Pumpe zu dem Krafthalter, von diesem in den Treibcylinder und dann in den Speisebehälter, von wo dasselbe wieder neuerdings gepumpt wird. Es sind daher nur die auf diesem Wege eintretenden Leckverluste zu ersetzen. Anlagekosten. Nach dem Gesagten dürften die Pressen in Bezug auf die Beschaffenheit der Erzeugnisse, insbesondere solcher aus Stahl, den Vorzug verdienen; desgleichen ergeben sich die Kosten der Arbeit selbst, ohne Rücksicht auf Tilgung der Anlage, gewiss geringer als bei Dampfhämmern. Es sollen nun noch die Anlagekosten der Hämmer und der Pressen verglichen werden. Die Leistungsfähigkeit eines Dampfhammers hängt vom Gewichte seiner Chabotte ab. Wenn die Unterlage des Schmiedestückes den Schlägen ausweichen könnte, so wäre der Effect der letzteren nahe gleich Null; je schwerer die Chabotte, desto weniger kann sie nachgeben und desto vollständiger wird die lebendige Kraft des Fallblockes an das Schmiedestück übertragen. Demgemäss erhalten die Chabotten sehr grosses Gewicht; so z.B. wiegt die des Hammers zu Creusot 720, die zu Terni 998 t. Mit Rücksicht auf den colossalen Unterbau stellen sich nun die Kosten einer ganzen Dampfhammeranlage sehr hoch. Abgesehen vom Gebäude und den Hilfsapparaten, wie Krahne, Rollbrücken u.s.w., welche für beiderlei Maschinen die gleichen sind, ist eine Presse von 4000 t des Systems Tannet, Walker und Comp. um 560000 Mk. zu erhalten; derselben würde ein Hammer von 100 t Gewicht entsprechen, welcher um den obigen Preis gewiss nicht herzustellen ist. Die Presse erfordert eben keine Chabotte, sondern nur einen Grund, welcher deren Gewicht sicher zu tragen vermag, da sich bei derselben Druck und Gegendruck zwischen den fest verbundenen Theilen ausgleichen. Hierzu kommt, dass man nach der praktischen Annahme mit einer Presse eine 3½mal grössere Erzeugung erreicht, als mit einem derselben gleichwerthigen Hammer. In dieser Annahme liegt allerdings eine gewisse Unsicherheit, da mindestens theoretisch keine Regel besteht, um den Pressdruck zu finden, welcher der Schlagwirkung eines gegebenen Hammers gleichwerthig ist. Ein Stoss lässt sich nicht mit einem ruhigen Druck vergleichen, der gewissermassen ein Fliessen des noch genug heissen und daher weichen Metalles bewirkt. In der oben gegebenen Tabelle wurde diese Lücke auszufüllen versucht, doch ist derselben nur das Verhältniss zu Grunde gelegt, welches von den Constructeuren der Pressen angenommen wird und daher leicht zu Gunsten der letzteren zu hoch gegriffen sein kann. Mit einer Presse von 1200 t Druck kann man nach Annahme der Constructeure in der Stunde bis 18 t Stahlblöcke (Ingots) zur Herstellung von Blechen verarbeiten, also 3 t alle 10 Minuten; dabei werden Blöcke von 0,4 m im Quadrat und 1½ t Gewicht bis auf 0,2 m Dicke gepresst. Diese Leistung ist in dem Lieferungsvertrag mit den Gebrüdern Bell in Middlesbro festgesetzt, und wird dieselbe nicht erfüllt, so erlischt der Vertrag. Nach Ansicht der Constructeure würde ein Hammer von 30 t, der ungefähr den gleichen Druck erzielt, jene Leistung bei weitem nicht erreichen. Mit derselben Presse von 1200 t Druck wird ferner ein Block von 0,7 × 0,47 × 1,2 m und 3¼ t Gewicht binnen 10 Minuten auf einen mittleren Querschnitt von 0,66 × 0,18 m gebracht. Bei solchen Leistungen vermag eine Presse mehrere Hämmer zu ersetzen, welche weitaus grössere Anlagekosten erfordern würden. Pressen zum Strecken und zur Formgebung. Die Pressen können zu zweierlei Arbeiten verwendet werden, zum eigentlichen Schmieden oder Strecken und zur Herstellung von Gegenständen durch Drücken in einer Form. Die älteren Tannet'schen Pressen sind bloss für einen oder den anderen dieser Zwecke, die neueren für beide geeignet. Bei grosser Production sind selbstverständlich Sonderpressen für jede der beiden Arbeiten vortheilhafter, wie sie in den Werken von Krupp und von J. Brown verwendet werden. Man hat wohl schon seit Langem Pressen zur Herstellung von Gegenständen benutzt, doch waren sie nur von geringerer Druckkraft. Das Strecken mittels derselben hat sich in neuerer Zeit besonders in England entwickelt, seit die Constructeure die dazu erforderlichen Vorrichtungen in allen Einzelheiten praktisch und mit hinreichender Stärke zur Ausführung brachten.