Titel: Ueber das Waschen, Bleichen, Färben u.s.w. von Gespinnstfasern, Garnen, Geweben u. dgl.
Autor: H. Glafey
Fundstelle: Band 279, Jahrgang 1891, S. 221
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Ueber das Waschen, Bleichen, Färben u.s.w. von Gespinnstfasern, Garnen, Geweben u. dgl. Von H. Glafey, Ingenieur, Berlin. (Fortsetzung des Berichtes S. 204 d. Bd.) Mit Abbildungen. Ueber das Waschen, Bleichen, Färben u.s.w. von Gespinnstfasern, Garnen, Geweben u. dgl. An die Strang-, Wasch-, Färbe- u. dgl. Maschinen reiht sich das wichtige Kapitel der Breitmaschinen an, welche fast ausnahmsweise für Gewebe Anwendung finden. Dass das Waschen in ganzer Breite die einzig richtige und der Ware hinsichtlich ihres Aussehens im fertigen Zustande am meisten zuträgliche Methode sei, hatte man bereits früher erkannt, nur handelte es sich um die Construction einer geeigneten Maschine. Wo und von wem die erste Breit Waschmaschine erbaut worden ist, ist nicht erwiesen, Thatsache ist jedoch, dass dieselben lange Zeit einfach geblieben und wenig leistungsfähig gewesen sind, und es ist das Verdienst der Firma L. Ph. Hemmer in Aachen, auf die Vervollkommnung der Wäschereimaschinen bestimmend eingewirkt zu haben. Nach vielfachen vergeblichen Versuchen ist es ihr gelungen, eine Breitwaschmaschine zu construiren, welche mit ihren neuesten Verbesserungen allen Anforderungen zu genügen scheint. Fig. 77 und 78 zeigen die Einrichtung einer solchen Waschmaschine (vgl. die D. R. P. Nr. 13138 und Nr. 16163). Der Stoff geht zuerst von dem Boden der Maschine über die Walze a, die sich jedoch nur langsam mitdrehen darf, was sich durch etwas festeres Zusammenziehen der Lager leicht erreichen lässt. Diese Walze a, ursprünglich cylindrisch, wird neuerdings vierkantig hergestellt, da sich herausgestellt hat, dass ein etwaiges Verlaufen der Ware hierdurch erschwert wird. Textabbildung Bd. 279, S. 221 Fig. 77.Hemmer's Breitwaschmaschine. Ueber die Walze b tritt der Stoff zwischen das erste Zahnwalzenpaar c, passirt sodann den Breithalter e und erreicht hierauf das zweite Zahnwalzenpaar f. Die Zahnwalzen sind genau zu einander eingestellt, greifen zahnradartig in einander und bearbeiten die zwischen ihnen hindurchgehende Ware knetend und reibend. Nach Verlassen des zweiten Zahnwalzenpaares wird die Ware entweder direct oder, falls man etwas mehr Spannung wünscht, über die Latte h in den Trog A geführt, wird hier durch eine Walze unter Wasser bezieh. Lauge gehalten und geht dann über den Breithalter k zwischen die Hauptwalzen B und C. Textabbildung Bd. 279, S. 221 Fig. 78.Hemmer's Breitwagenmaschine. Wo Stücke mit gerollten Leisten vorkommen, empfiehlt sich die Anbringung eines zweiten Breithalters l vor k, so dass beide Seiten der Ware über Breithalter geführt werden. Während die Ware früher über eine einfache tief liegende Walze in die Maschine fiel, läuft sie bei der verbesserten Maschine über die Lattenwalze D, welche schneller rotirt als die Hauptwalzen und den Stoff mittels der Lattenkanten von BC abzieht, also ein Aufwickeln unmöglich gemacht wird. Als eine weitere Verbesserung kann der Nachschiebeapparat E gelten. Ein über die ganze Breite der Maschine reichendes Brett m ist an dem um Punkt p drehbaren Arm s befestigt und erhält durch den Hebel n und die Kurbel q eine auf und ab schwingende Bewegung, wobei es den auf den Boden fallenden Stoff in Falten vor sich herschiebt. Hierdurch wird der Stoff auf dem Boden gleichmässig fortbewegt und dadurch ein gerader Lauf desselben erzielt. Um ein Schieben des Stoffes nach einer Seite beim Nachrutschen desselben auf dem Boden der Maschine zu vermeiden, sind im unteren Raum die beiden Holzwangen W angebracht, welche auf einer mit rechtem und linkem Gewinde versehenen Schraubenspindel Führung haben und durch diese gegen einander verstellt werden können, je nachdem es die Breite des Stoffes verlangt. Die Quetschwalzen der Maschine sind nicht mehr beide aus Gummi, sondern zwecks besserer Wirkung aus Material von abweichender Härte, und zwar ist die untere aus Kupfer, die obere aber aus mit Weichgummi überzogenem Hartgummi. Textabbildung Bd. 279, S. 222 Fig. 79.Waschmaschine von Hoyle and Sons. In gewisser Beziehung verwandt mit der Hemmer'schen Waschmaschine ist die in Fig. 79 wiedergegebene Maschine von der allbekannten Firma Elkanah Hoyle and Sons in Halifax. Das zu behandelnde Gewebe läuft in der durch den Pfeil angedeuteten Weise durch den Bottich über die Führungswalzen A, A1, A2 und Quetschwalzen D, D1. Die Walzen A, A1, A2 sowohl als auch das zwischen den beiden erstgenannten angeordnete Leitbrett B sind mit von der Mitte nach den Seiten verlaufenden schraubengangförmig gestalteten Rippen versehen, um den Stoff stets in ausgebreitetem Zustande zu erhalten, wenn das aus den Rohren C mit grosser Geschwindigkeit ausgetriebene Wasser u. dgl. auf dasselbe trifft. Die Innenfläche des ganzen Bottichs, in welchem das Gewebe aufgespeichert liegt, ist mit in der Krümmungsrichtung verlaufenden Rippen versehen, auf welchen das Gewebe entlang gleitet. Die von den Presswalzen ausgequetschte Lauge läuft nicht wieder in den Bottich zurück, sondern wird von dem unter ihm vorgesehenen Bottich aufgefangen und gelangt von da durch eine geeignete Ableitung nach aussen. Textabbildung Bd. 279, S. 222 Fig. 80.Breitwaschmaschine nach Industrial Record. Beistehende Fig. 80 zeigt eine Breitwaschmaschine, bei welcher das Gewebe ebenfalls, wie bei Hemmer und Hoyle and Sons, periodisch von zwei Walzen, deren Druck mit Hilfe geeignet angeordneter Federbelastungen verändert werden kann, ausgequetscht wird. Die Walzen selbst sind aus Hartgummi und unterhalb derselben ist nach Angabe des Industrial Record ein Kasten angeordnet, dessen Boden mit Hilfe eines Handgriffs von aussen derart verstellt werden kann, dass der Kasten entweder geschlossen ist und in diesem Falle die von den Walzen ausgepresste Flotte aufnehmen bezieh. ableiten kann oder der letzteren den Durchfluss gestattet, so dass sie immer wieder auf den Boden der Maschine, wo das Gewebe in Falten liegt, fliesst. Textabbildung Bd. 279, S. 222 Fig. 81.Gessner's Wasch- und Walkmaschine. Von dem Gedanken ausgehend, dass das Waschen der Ware in der Hauptsache durch Verschieben und Reiben der einzelnen Theile derselben und ihrer Fasern an einander und dieses weniger durch ein Quetschen und Pressen als ein Verdrücken und Stauen erreicht wird, wie bei der Cylinderwalke, hat Ernst Gessner in Aue eine Maschine construirt, welche diesen Anforderungen entspricht. Das Material kann auf derselben nach Bedarf gewalkt oder nur gewaschen werden. Die durch das D. R. P. Kl. 8 Nr. 34534 vom 12. Mai 1885 geschützte Maschine ist in umstehender Fig. 81 in Ansicht dargestellt, während die Fig. 82 bis 88 die besondere Ausführungsform erkennen lassen. Textabbildung Bd. 279, S. 223 Gessner's Wasch- und Walkmaschine. Die Arbeitswalzen A, A1 sind entweder, wie Fig. 82 erkennen lässt, derart gelagert, dass der obere Cylinder geneigt vom Staukanal wegliegt, oder sie liegen beide in einer lothrechten Ebene über einander (Fig. 84 und 85). Im ersten Fall wird die Ware nach aufwärts gestaut und tritt nun in schief winkeliger Richtung in den Staukanal, so dass ein beliebig vermehrtes Verschieben und Verdrücken der Ware bewirkt wird, im zweiten Fall dagegen wird durch schiefwinkelige wellige Stellung und Lage des Stauapparates die gleiche Wirkung erzielt. Textabbildung Bd. 279, S. 223 Ausführungsformen der Gessner'schen Wasch- und Walkmaschine. Der am Staukanal befestigte Abstreicher, welcher die Ware von den Cylindern trennt, erhält, um ein weiteres Verdrücken der Ware bei ihrem Uebergang von den Walzen in den Staukanal herbeizuführen, eine besondere Gestaltung, wie Fig. 86 erkennen lässt, und wird aus unoxydirbarem Metall, Glas oder einer mit Glas gemischten Legirung hergestellt. Anstatt die Cylinder A, A1 mit glatter Oberfläche zu versehen, können dieselben auch, wie Fig. 87 erkennen lässt, eine wellenförmig gestaltete Umfläche erhalten; auch können, dieselben prismatisch oder winkelig sein, als Konoide ausgeführt werden bezieh. eine andere Gestalt bekommen; in allen Fällen wird jedoch die Ware eine verstärkte Reibung empfangen, da sie mehr oder weniger in Wellenform gelegt und somit beim Eintritt in einen glatten, ebenen Kanal mehr oder weniger gestaut wird, weil sie sich der Ebene und dem Kanal fügen muss. Dies ist in umgekehrter Weise der Fall, wenn die Ware aus glattem Cylinder in einen wellenförmigen Staukanal gestaut wird; dies lässt sich nun durch einen fortgesetzt unebenen Kanal wiederholt erneuern, wie Fig. 88 darstellt. Die unebenen Wandungen des Kanals können sehr verschieden ausgeführt werden: sie können in einer Curve bestehen, wie Fig. 84 darstellt, oder in mehreren Curven, wie in Fig. 88; sie können auch nach der Länge des Kanals, nach der Breite, quer oder in Bogen und Curven laufend, ausgeführt sein; sie können eine beliebige Form haben, prismatisch, winkelig o. dgl.; sie können, beliebig abwechselnd, aus Vertiefungen in ebene Flächen, aus Längscurven in Quer- und andere Curven übergehen; sie können am Boden, den Seitenwänden und der Klappe des Kanals angebracht sein, auch durch Wellen oder Rollen sehr verschiedenartig gebildet werden. Bei Verlegung des oberen Cylinders aus dem Lothpunkt macht sich auch eine veränderte Lagerung desselben nöthig, um den Druck möglichst rechtwinkelig auf den unteren Cylinder erfolgen zu lassen. Der obere Cylinder A1 ist in den Armen E gelagert, welche auf der Welle C0 befestigt sind, die wieder in den Gestellwänden gelagert ist. Um die Richtung des oberen Cylinders zum Staukasten beliebig verändern zu können, kann auch die Welle C0 zum Verstellen eingerichtet sein; der nothwendige Druck auf den Cylinder A1 kann durch die Arme E von der Welle C0 ausgeübt werden, oder es geschieht mittels der Welle y, durch die Hebel F und die Zwischenhebel F1, welche die Arme E fassen; die Hebel F sitzen fest auf der Welle y und diese erhält durch Schneckenrad R und Schnecke mittels zwischenliegender Spiralfeder stellbaren Federdruck. Um die Länge der zu walkenden Ware controliren und messen zu können, ist seit längerer Zeit eine Zähluhr in Anwendung gekommen, deren Zeiger von der Eingangswelle oder der Welle des unteren Cylinders A durch Schnecke und Schneckenrad bewegt wird; Gessner betreibt diese Zähluhr durch die Welle des oberen Cylinders, als den geeignetsten Platz und für das menschliche Auge bequem sichtbar. Der Arm E trägt mit seiner Verlängerung das Zifferblatt u und das Zeigerwellchen u1 mit Zeiger und Schneckenrad u2, in welches eine auf der Welle von A1 befindliche Schnecke eingreift. Der obere Cylinder A1 wird von dem unteren Cylinder A durch Räder getrieben, und zwar entweder durch zwei oder mit Hilfe mehrerer Zwischenräder. Fig. 88 zeigt vier Räder N1, N2, N3, N4; die zwei Zwischenräder N2, N3 erhalten Lagerung auf feststehenden Punkten, Rad N2 auf einem an der Gestellwand festen Bolzen, Rad N3 auf der Welle C0, welche dem oberen Cylinder A1 als Drehpunkt dient. Textabbildung Bd. 279, S. 224 Reiser's Waschmaschine mit Durchführung in Falten. Der Antrieb kann auch auf das Rad N3 durch Scheiben mit Riemenzug von dem unteren Cylinder A übertragen werden; die Welle C0 kann auch entfernter oder auf entgegengesetzter Lage von dem Cylinder gelagert sein, und anstatt der Räder N2, N3 können Scheiben und Riemen in Anwendung kommen. Um auf stärkere und schwächere Ware gleichmässig den Stauprocess wirken zu lassen, macht es sich nöthig, den Staukanal weiter und enger stellen zu können; Gessner macht daher die obere Stauklappe eigenthümlich verstellbar. Die bisher allgemein angewendete Stauklappe hat gewöhnlich ihren Drehpunkt auf der Achse oder dem Lager des oberen Cylinders; Gessner verlegt diesen Drehpunkt der Stauklappe auf die Peripherie des oberen Cylinders und macht denselben um die Peripherie verstellbar. Wird der Stauapparat durch Heben der – gewöhnlich durch Federn belasteten – Stauklappe ausser Wirksamkeit gesetzt, so kann man die Walke als Waschmaschine benutzen, ebenso kann der Stauapparat ganz in Wegfall kommen und es können nur die unebenen Cylinder angewendet werden, und in ganzer Warenbreite, auch mehrfach abwechselnd in wagerechter und senkrechter Lage und in verschiedener anderer Stellung gebraucht werden. N. Reiser in Aachen sucht bei seiner durch die D. R. P. Kl. 8 Nr. 43925 vom 22. October 1887 und Nr. 46346 vom 10. August 1888 geschützten Breitwaschmaschine die Wirksamkeit der Waschwalzen dadurch zu erhöhen, also gewissermassen die Zeitdauer des Waschprocesses dadurch abzukürzen, dass er das Gewebe durch ein Walzenpaar in Falten hindurchführt, die sich über seine Breitenrichtung erstrecken. Die Zuführung des Gewebes zu den Arbeitswalzen erfolgt hierbei entweder mit Hilfe eines zweiten Walzenpaares oder einer einzelnen Walze, deren Geschwindigkeit so bemessen ist, dass das Gewebe vor seinem Eintritt in die Arbeitswalzen in Falten gelegt wird. Den ersten Fall zeigen Fig. 89 und 90. Textabbildung Bd. 279, S. 224 Fig. 91.Reiser's Waschmaschine mit Durchführung in Falten. In Fig. 89 bedeuten AA1 und BB1 zwei Paare von Waschcylindern. TT bezeichnet das zu waschende Tuch. Dieses läuft bei AA1 ein, wird von dem Walzenpaar WW1 über den Tisch K gezogen und an das Walzenpaar BB1 abgegeben. BB1 besitzt eine geringere Umfangsgeschwindigkeit als AA1 bezieh. WW1; in Folge dessen muss das Tuch sich beim Austritt aus WW1 in Falten auf B1 auflegen und in Falten durch BB1 gehen. V ist eine Führungswalze für das aus BB1 kommende Tuch. Fig. 90 zeigt dieselbe Anordnung der arbeitenden Theile der Maschine, nur ist bei WW1 noch ein Faltenapparat F angebracht, welcher das Tuch gleichförmiger und mit grösserer Sicherheit in Falten auf B auflegen soll. In allen den Fällen, wo es sich nicht erforderlich macht, dass das Gewebe vor seinem Eintritt in die Arbeitswalzen noch ein Paar glatte Walzen passirt, können dieselben durch eine einzige Walze ersetzt werden, wie Fig. 91 erkennen lässt. (Schluss folgt.)