Titel: Der Roheisenerzprocess im basischen Martinofen.
Autor: Leo
Fundstelle: Band 282, Jahrgang 1890, S. 13
Download: XML
Der Roheisenerzprocess im basischen Martinofen.Unter Anlehnung an: Examen du Procédé L. Imperatori... par Cyriaque Helson, ingénieur metallurgiste, und Note sur le Procédé au minerai ou „Ore Process“ etc.; par M. A. Pourcel (Mémoires et compte rendu des travaux de la Soc. des Ingén. Civ., Mai 1891). Von Dr. Leo. Der Roheisenerzprocess im basischen Martinofen. Man erzeugt Stahl im Siemens-Martinofen indem man Schweisseisen- oder Stahlschrott im Roheisenbade auflöst: dieses Verfahren ist als „Schrottprocess“ bekannt. Der Siemens-Martinofen ist in Folge dieses Verfahrens zur Zeit der geeignetste Apparat für die Verwerthung von Schrott, und die vorzüglichen Resultate, die man mit ihm in Rücksicht auf die Qualität des Productes erzielt, regten und regen noch heute zur steten und gewaltigen Verbreitung des in ihm zu bethätigenden Processes lebhaft an. Zudem hat der Martinstahl nach Einführung des Ferrosiliciums in die Stahlfabrikation den Tiegelstahl aus der Erzeugung von Stahlguss fast ganz verdrängt. Das Ausbreitungsfeld wird dem „Schrottprocesse“ aber vielfach durch ökonomische Rücksichten verengt – er setzt zum finanziellen Gedeihen die Möglichkeit voraus, zu erträglichen Preisen die erforderliche, nicht kleine Menge brauchbaren Schrotts beschaffen und unter gleicher Bedingung über ein möglichst phosphorarmes Roheisen verfügen zu können. Die erstere Bedingung wird mehr oder weniger durch eine Modifikation des Verfahrens selbst zur Seite geschoben und in ihrer beschränkenden Wirkung entkräftet; man kann auch Stahl erzeugen indem man das anfänglich nur aus Roheisen erschmolzene Metallbad durch Zusatz von Eisenerz allmählich entkohlt. Diese Modifikation ist der „Erzprocess.“ Beide Stahlerzeugungsarten an sich verdanken ihre Erfindung Réaumur; seit langen Jahren fanden sie Anwendung bei der Tiegelstahlfabrikation, ihre ganze Bedeutung für die einschlägige Industrie aber erhielten sie erst an dem Tage, an welchem das Regenerativsystem Siemens' ihre Anwendung im Herdofen möglich machte, der eine Massenproduction gestattet und heute Stahlbäder im Gewichte von 30 und mehr Tonnen fasst. Manches Werk, bei dessen ursprünglicher Anlage nur eine beschränkte Production in Aussicht genommen werden konnte, hat später den Martinprocess aufgenommen und ist damit in die Reihe der Massenproducenten eingetreten, deren Zahl, nachdem man weiterhin durch die Annahme einer abermaligen Modifikation des Processes und deren allmähliche technische Vervollkommnung, des „basischen“ Verfahrens, auch der bis dahin vorausgesetzten unumgänglichen Verfügbarkeit phosphorarmen Roheisens enthoben war, ein rapides Anwachsen erfährt und noch weiterhin erfahren wird, seit durch die jüngsten technischen Errungenschaften nun auch der hindernde Schwefelgehalt des Roheisens für sie der Vergangenheit angehören kann. Das Siemens'sche Regenerativsystem wurde zuerst bei Gusstahltiegelöfen in Anwendung gebracht – 1862 waren Modelle desselben in London ausgestellt –; es kam aber dann schnell und früher zu allgemeinerer Benutzung in England bei den Wärmöfen für Bessemerblöcke, als zur Massenerzeugung von Stahl im Herdofen, dessen Prototype den Gebr. Martin zu verdanken ist. Der Martinofen, heute dank seiner Verbindung mit Siemens' Wärmespeichern vorzugsweise Siemens-Martinofen genannt, zuerst in Sireuil in Erscheinung getreten, fand zunächst seine Wiederholung zu Firminy. Siemens stellte seine Versuche, Stahl zu erzeugen indem er ein reiches Eisenerz, sei es im rohen Zustande, sei es mehr oder weniger reducirt, auf flüssiges Roheisen reagiren Hess, in England an; es war dies ein Problem, dessen Lösung praktische Schwierigkeiten bot, die nur nach langen und zahlreichen Versuchen überwindbar waren. Während – 1862 und später – die Lösung des Problems in Sireuil und Firminy gesucht wurde, nahm Mr. Attwood, Turhoë, Durham, ein Patent auf Stahlerzeugung durch Schmelzen einer Mischung von Schweisseisen (Schrott) und Spiegeleisen im Flammofen, zu welchem Siemens den Entwurf lieferte. Mr. Attwood modificirte bei Errichtung des Ofens zu Wolsingham den Bauplan, man weiss nicht in welchem Sinne, immerhin aber so, dass er gegen jede Inanspruchnahme seitens Siemens sich schützte. Man kennt den Zeitpunkt nicht genau, zu weichern Mr. Attwood Herdstahl zu erzeugen begann, aber schon 1864 hatte er sechs kleine Oefen zu Chargen von 500 bis 1000 k mit der Erzeugung von Gruben- und Eisenbahnmaterial aus Gussstahl im Gange; abgesehen von der Disposition der Kanäle waren es Siemensöfen en miniature. Es ist somit wahrscheinlich, dass die Herd Stahlerzeugung im Schrottprocesse nahezu gleichzeitig in Frankreich und in England eingeführt wurde; auf alle Fälle aber war es der Schrottprocess, mit dem man 1868 in den Werken zu Crewe – Great Western Eisenbahngesellschaft – und in den Werken zu Newport bei Middlesborough die Stahlerzeugung aufnahm. Der Erfolg des Martin Verfahrens in Frankreich hatte die Aufmerksamkeit der englischen Hüttenleute erregt, die, trotz hohem Interesse für die Versuche Siemens, den Roheisenschrottprocess anzuwenden begannen, abwartend, dass das Erzverfahren erst seine Probe bestanden habe; seiner schnelleren Einführung und Verbreitung aber stand namentlich der Umstand hindernd entgegen, dass der Herd des Ofens sehr schnell der zerstörenden Einwirkung des Eisenoxyds unterlag. Wurde auch diesem Uebelstande später mit Abkühlung von Bodenplatte und Peripherie des' Arbeitsraumes durch Wasserberieselung abzuhelfen versucht, so hielt man es doch selbst im Kohlenlande nicht für vortheilhaft, ein Kühlsystern energisch gerade bei einer Partie des Ofens anzuwenden, wo die Hitze bei normalem Gange genügend zu concentriren so schwer ist. Erst nach wiederholten Versuchen in verschiedenen Hütten West- und Südwestenglands in provisorisch in Schmelzöfen umgewandelten, mit regenerativer Feuerung versehenen Puddel- und Schweissöfen und namentlich erst nachdem in der Versuchshütte zu Birmingham für den Grossbetrieb brauchbare Resultate 1868 erreicht worden waren, legte Siemens die Hütte der Landore Siemens Steel Company nahe bei Swansea in Wales an; sie eröffnete 1869 mit neun 7- bis Stonnigen Oefen den Betrieb. Im J. 1875 folgte, von Landore nur durch den Fluss Towe getrennt, eine zweite Werksanlage mit 16 gleich grossen Oefen. Der Erzprocess in strenger Form wurde im normalen Betriebe in England bis jetzt nirgends, selbst in Landore nicht, durchgeführt; im Allgemeinen setzt man die Charge aus ¾ bis ⅘ Roheisen und 1/4 bis ⅕ Stahlschrott zusammen, schmelzt ein und frischt das Bad durch Zusatz reichen Eisenerzes zum Belaufe von 18 bis 25 Proc. vom Gewichte des Roheisens. In Landore soll 1876 die normale Charge zusammengesetzt gewesen sein aus 6 t Roheisen Nr. 2 und 1,250 t Stahlschrott: dem Bade fügte man zur Entkohlung grossstückiges blaues Moctaerz in auf 1 bis 1,2 t geschätztem Gewichte zu. Thatsächlich aber ist der Chargenantheil an Schrott ganz bedeutend grösser gewesen, denn nach den Betriebsnotizbüchern der Werkmeister enthielten die Chargen meist 5 t Roheisen und 3,0 bis 3,5 t Schrott, zu deren endlicher Entkohlung nur 0,5 bis 0,6 t Moctaerz gegeben wurden; die Chargendauer betrug dabei, je nach dem Zustande des Ofens, 12 bis 15 Stunden. Der Process war also in Landore damals ein Mittelding zwischen Schrott- und Erzprocess, und er wurde noch 1880 charakterisirt durch eine Chargenzusammensetzung aus 70 Proc. Roheisen Nr. 2, 22 Proc. Stahlschrott, 8 Proc. Spiegeleisen mit 20 Proc. Mn und 20 Proc. vom Roheisengewichte reiche Erze von Mocta, Marbella oder Elba. Im J. 1876 erzeugte man in Dowlais Blöcke zu Schienen mit einer Chargenzusammensetzung, die dem Roheisenerzprocesse näher kommt; im Siebentonnenofen setzte man 6,5 t Roheisen sammt den nicht gewogenen Abfällen der vorhergegangenen Arbeit – geschätzt auf etwa 5 Proc. vom Roheisengewichte – und entkohlte das Bad mit 1,7 bis 1,8 t Moctaerzen. In Hallside wurden 1877 zur Wochen arbeit von zwölf 5 bis 7 t fassenden Oefen in 128 Chargen verbraucht: Roheisen Nr. 2Brucheisen   683,40 t    64,20 t 747,60 t StahlschrottPfannenschalen, Stahl-   142,35 t    13,55 t 155,90 t Erz   222,30 t Spiegeleisen mit 20 Proc. MnFerromangan mit 50 Proc. Mn     21,75 t      6,30 t 8 t Mn –––––––– Total 1153,85 t. Die Chargen bestanden durchschnittlich aus 83 Proc. Roheisen und 17 Proc. Stahlschrott und erforderten zu ihrer Entkohlung gegen 30 Proc. vom Gewichte des anfänglichen Roheisen Erz – Cumberland-, Marbellaerze und Hammerschlacke. Zehn Jahre später, 1887, chargiren die Barrow Steel Company und die Werke zu Consett bei Newcastle ⅔ Roheisen Nr. 2 und ⅓ Stahlschrott und entkohlen mit ⅕ vom Roheisengewichte Erz von Cumberland bezieh. von Elba. Heute ist das Metallbad der 25 t fassenden Oefen zu Consett aus 20 t Roheisen Nr. 2 und 5 t Stahlschrott eingeschmolzen und zu seiner Entkohlung werden 3,5 t Elbaerze erfordert. Das von Siemens vor mehr als 20 Jahren eingeführte Arbeitsverfahren ist bis heute unverändert dasselbe geblieben, und dasjenige, welches man damals in Landore einhielt, hat sich, nahezu identisch mit dem ursprünglichen, überall in England und Schottland eingeführt; die Oefen sind der Form nach modificirt und ihre Fassungsfähigkeit ist gewaltig vergrössert worden, aber die Arbeitsweise ist beinahe unverändert geblieben. Roheisen, Schrott und Erz gelangen kalt in den Ofen, das erstere, zu handlichen Stücken geschlafen, wird in den Ofen mehr geworfen als systematisch gelegt; gewandte Leute – drei Mann chargiren – tragen das Roheisen der Charge innerhalb 4 Minuten ein; ihm folgt der Schrott, dessen schwerste Stücke ihren Platz zunächst den Ofenköpfen erhalten. Gas- und Luftventile sind so regulirt, dass während der ganzen Einsatz- und Schmelzzeit die Flamme russig und kohlend bleibt und den geringst möglichen Abbrand veranlasst. Es wird durchaus eine wirkliche Behändigkeit dazu erfordert, das Einschmelzen des Schrottes zu beschleunigen, dessen einzelne Stücke thatsächlich nur langsam ins Glühen kommen, einmal warm aber schnell in der russigen Flamme eingehen; bei der unvollkommenen Verbrennung entweicht natürlich eine ansehnliche Gasmenge ungenützt. Hat nach Verlauf von 3 bis 4 Stunden nach vollendetem Eintrag der Charge die Schmelzung stattgefunden, so werden die Ventile umgestellt, wird klare Flamme erzielt, das Bad nimmt hohe Temperatur an, die Schlacke muss flüssig werden, zu feiner Haut ausgegossen und erstarrt durchscheinend sein, bevor das erste Erz zur Entkohlung in Stücken und in Posten von 50 bis 200 k eingetragen wird. An allen Punkten der Badoberfläche statthabendes Aufkochen, veranlasst durch den Contact des Erzes mit dem geschmolzenen Metall, zeigt an, dass dessen vorläufig eine genügende Menge zum Eintrag gelangte; für ein 25tonniges Bad wiegen die partiellen Erzchargen 200 k und mehr. Der Erzzusatz wird wiederholt, sobald das Kochen des Bades nachlässt und die Schlacke nicht mehr durch zahlreiche Blasen von Kohlenoxydgas gehoben wird, welches ihre Oberfläche als kleine bläuliche Flämmchen bedeckt; nach mehrfach wiederholtem Erzzusatz deutet die gleiche Erscheinung ein Herannahen des Endes der Entkohlung an und veranlasst zur Probenahme. Am Korne des Bruchs und an der Zerbrechlichkeit der in Wasser abgekühlten Metallprobe wird der Fortschritt der Operation beurtheilt; wird das Metall dann als gussfertig erachtet, so wird das für nöthig gehaltene, vorher auf Rothglut gebrachte Spiegeleisen zugesetzt; der Zusatz von Ferromangan erfolgt in die Abstichrinne oder in die Gusspfanne selbst in Stücken von Nussgrösse und ebenfalls vorher erhitzt. Ist das Metall weich und auf 0,20 Proc. C oder mehr herabgebracht, so wird nochmals kurz vor dem Abstiche ein leichtes Aufwallen im Bade mittels Einwerfens einiger kalter Stücke Hämatit veranlasst und dann noch zur Aus: gleichung der Temperatur die Masse des Bades selbst umgerührt, wobei das minder warme Metall vom Boden an die Oberfläche gebracht wird; der dazu benützte Eisenrundstab von 15 bis 20 mm Stärke muss, während einiger Augenblicke in die tiefste Partie des Bades eingeführt, zur Hälfte abgeschmolzen herausgezogen werden. Die ganze Dauer einer Charge betrug beispielsweise zu Dowlais 1876 10 Stunden 20 Minuten; man chargirte 6600 k Roheisen und etwa 400 k Bruch von der vorhergegangenen Arbeit, entkohlte das Metallbad mit 1800 k Moctaerzen und kohlte es wieder auf mit 520 k Spiegeleisen, welches 14 Proc. Mn enthielt. Der Verlauf der Arbeit war folgender: Um 11 Uhr 40 Minuten Morgens: Beginn des Eintragens von Roheisen und Bruch; beendet 12 Uhr 10 Minuten Mittags. Das Einschmelzen ist völlig erfolgt um 3 Uhr 30 Minuten Nachmittags, 3 Uhr 45 Minuten erster Erzzusatz, derselbe wird von Viertelstunde zu Viertelstunde mit je 10 bis 12 Schaufeln fortgesetzt bis 9 Uhr 15 Minuten Abends. Probenahme, die 0,25 bis 0,30 Kohlenstoff ergibt. 9 Uhr 40 Minuten Spiegeleisenzusatz; 10 Uhr Abstich. Dauer des Einschmelzens 3 Stunden 35 Minuten, der Entkohlung 5 Stunden 30 Minuten. Mit der Vermehrung der Martinöfen ist, wenigstens für die continentalen Werke, allmählich die Beschaffung des erforderlichen guten Schrottes erschwert und fühlbar vertheuert worden und es darf deshalb nicht Wunder nehmen, wenn immer und immer von neuem die Durchführung des Erzprocesses zur Berathung gestellt wird. Roheisen, Erz und Kohlen sind Materialien, deren Beschaffung jederzeit und zu annehmbaren Preisen ausführbar bleibt; man kann in Folge dessen behaupten, dass unter allen bisher praktisch durchgeführten Processen im Martinofen, um grosse Productionen zu erreichen, dem Erzprocesse auf basischem Herde der Vorzug nicht abgesprochen werden kann. Unter denjenigen Technikern, welche für diesen Gedanken eingetreten sind, hat Ingenieur M. L. Imperatori eine Reihe von Versuchen zur Durchführung des Erzprocesses angestellt; die Erfahrungen, welche er dabei zu sammeln Gelegenheit hatte, dienen dem Nachfolgenden zur Unterlage. Er pulverte Eisenerz und Kohle aufs feinste und mischte sie in solchem Verhältnisse zu einander, dass das Erz durch die Kohle zu Eisen reducirt werden kann, ohne in Roheisen umgewandelt zu werden. Das zweckmässige Verhältniss wurde für reiche Erze, wie die von Elba, zu 22 bis 25 Proc. gepulvertem Koks bezieh. 26 bis 35 Proc. einer möglichst guten Kokskohle auf 100 Erze gefunden; die Mischung aus beiden wird sofort mit Wasser angefeuchtet, bis zur Consistenz von Hand oder mit Maschine geknetet und zu Ziegeln im Gewichte von 20 bis 30 k mit der Hand, mit Hilfe hydraulischer Pressen oder mit Dampfmaschinen, wie sie zur Fabrikation von Kohlenbriquettes oder zur Herstellung von basischen Steinen benutzt werden, in Formen gebracht. Die Consistenz dieser Erzkohlenziegel ist um so grösser, einen je stärkeren Druck man dazu anwendet; sie nehmen durch das Trocknen eine gewisse Festigkeit an, die durch die mehr oder weniger vollständige Umwandlung des Eisenerzes aus dem Stande eines Sesquioxyds in das Hydroxyd Fe2O33H2O, welches dann wie Cement bindet, begründet wird. Es handelt sich dabei ausschliesslich um reiche Erze, die möglichst arm an Kieselerde und Kalk sind, geröstet aber um Spathe und Hydrate; ihr Gehalt soll niemals geringer als 50 Proc. sein. Die Zumischung von Kalk in kleinen Stücken zur Ziegelmasse und in solcher Menge, dass er sich mit dem Kiesel des Erzes zu einer Singulo- oder Bisilicatschlacke verbindet, wird die Schmelzung der Ziegel auf dem Herde des Ofens in erwünschter Weise unterstützen. Die Ziegel trocknen an der Luft und unter Bedachung in 7 bis 8 Tagen; hierauf in die Nähe der Oefen gebracht, werden sie durch die strahlende Hitze derselben in kurzer Zeit vollständig ausdörren. Im Allgemeinen werden sie auf dem Herde des Ofens nicht allein geschmolzen, denn die Gegenwart eines Eisenbades scheint einen günstigen Einfluss zu üben und die Zerstörung des Herdes zu verhindern oder wenigstens zu vermindern. Man kann auch Chargen von Roheisen, Erzziegeln und Schrott gemischt verarbeiten; in diesem Falle hält man folgendes Verfahren ein: man setzt das Roheisen eben auf dem Herde des Ofens auf und unmittelbar auf dasselbe eine Lage Erzziegel, jeder im Gewichte von 20 bis 30 k. Das Eintragen eines grossen Quantums dieses Materials geht so schnell von statten, wie eine gewöhnliche Charge von Roheisen und grobem Schrott. Die Ziegel werden Seite an Seite gelegt bis sie das ganze Roheisen überdecken; auf sie kann man Schrott setzen. Nach etwa 1 Stunde ist alles geschmolzen und man trägt nun in dieses Bad Mengen von 30 bis 40 Ziegeln auf einmal und in Zwischenräumen von 12 bis 15 Minuten wiederholt ein. Das Bad arbeitet; zahlreiche blaue Flammen dringen durch die dasselbe bedeckende Schlacke; diese verliert allmählich ihre schwarze Farbe und färbt sich hellgrün, wie gare Hochofenschlacke. Die Schlacke enthält nur weniges Eisen; selten erfordert das Weichmachen des Bades noch ferneren Zusatz von Erz. Man erreicht dies Resultat, indem man den Kohlenstoff der Erzziegel niedriger und in solchem Verhältnisse hält, dass er bei geringem Ueberschuss an Oxyd wohl Eisen, aber niemals gekohltes Eisen gibt. Der Ueberschuss an Oxyd wirkt entkohlend auf das Eisen. Das vollkommen entkohlte Bad ist so heiss, dass es das Ende einer eisernen Stange, welche man in das Bad hält und nur wenige Secunden davon beeinflussen lässt, wegschmilzt; man hat dann allein nöthig, die gewöhnlichen Zusätze von Ferrosilicium und Ferromangan zu geben, um Stahl zu erhalten, worauf man zum Abstiche schreiten kann. Vorstehendes ist eine summarische Beschreibung des Verfahrens, wie es heute gehandhabt wird; die dasselbe charakterisirende Einfachheit, natürlich nicht auf den ersten Griff erreicht, ist das Ergebniss einer Reihe von Versuchen und dabei gemachten Erfahrungen, die Zeit und Mühe kosteten, und die mit nachstehend beschriebener Hitze ihren Anfang nahm. Erste Versuchscharge. Zur Anfertigung der Erzkohlenziegel wurde eine Form hergestellt in Gestalt eines abgestumpften Kegels, oben 0,25 m, unten 0,26 m im Durchmesser und 0,25 m hoch. Um das Volumenverhältniss zwischen Erz und der erforderlichen Steinkohle zur Anfertigung von Ziegeln in den vorher angegebenen Dimensionen bei einem Gewichtsverhältnisse von 35 Kohle und 100 Erz bestimmen zu können, wurde das specifische Gewicht beider Substanzen ermittelt, dasselbe ergab sich für das Erz zu 2,87 und für die Kohle zu 0,57. Daraus resultirte: Kohle   7,05 k – Volum 11,820 Elbaerz 20,10 k –     „   7,000 Kalkmilch zu 10 Proc. – 4 l. Diese Volumina wurden in Kasten abgemessen, in denen alsdann drei bis vier Ziegel auf einmal fertig gemacht wurden. Kohle und Erz innig mit einander gemischt, mit der Kalkmilch zu Teig angemacht, wurde in die mit Erdöl ausgestrichene Form gebracht und mit eisernen Stampfern über einer Eisenblechplatte festgeschlagen, welche weiter als Unterlage beim Trocknen dient. Aus der Form genommen behielten die Ziegel ihre Form gut bei. Auf diese Weise wurden aus 1050 k Erz, 380 k Steinkohlenpulver und 25 k Kalk in Gestalt von Kalkmilch 62 Erzkohlenziegel hergestellt, 10 Tage hindurch an der Luft und 24 Stunden lang an Ofenhitze getrocknet. Die zur Verwendung gekommene Kohle war Kesselkohle minderer Qualität und enthielt etwa 9 Proc. Asche mit 2 Proc. Schwefel. Die leitende Idee bei Zusammenstellung der Charge war folgende: Man weiss, dass etwa 30 Proc. des durch die Oefen producirten Stahles zu denselben Oefen als Schrott in Form von Abfällen und Ausschuss – Schienenenden, verbrannte Stäbe, fehlerhafte Blöcke, Kappen, Eingüsse, Schalen u.s.w. – zurückkehren; um die Charge zu vervollständigen, ist es also nöthig, noch für 70 Proc. metall. Material zu sorgen. Gewöhnlich nimmt man 35 bis 40 Proc. Roheisen in die Charge und bleiben noch 35 bis 30 Proc. anders zu beschaffendes Metall übrig; dies Quantum soll durch das Eisen aus den Erzkohlenziegeln ersetzt bezieh. beigestellt werden. Hiernach war die Charge zusammenzustellen aus: 800 k Roheisen, 1050 k Erz mit 60 Proc. = 630 k Eisen und 800 k Abfällen und Schrott. Es wurden auf den Herd des Ofens 800 k graues Roheisen von Bilbao und darauf die gefertigten 62 Erzkohlenziegel gesetzt, von denen beim Eintragen nur einer zerbrach: die Festigkeit der Ziegel war somit befriedigend, sie waren so heiss, dass sie kaum mit der Hand aufgenommen werden konnten. Diese Ofenbeschickung wurde innerhalb 20 Minuten zur Ausführung gebracht. Aus den Erzkohlenziegeln, welche auch im Ofen nicht zerfielen, traten zahlreiche kleine Gasflammen hervor. Die Ziegel waren nicht auf dem Herde ausgebreitet, wie es gewöhnlich mit dem Schrott geschieht. (Fortsetzung folgt.)