Titel: Versuche auf Abnutzbarkeit von Pflasterungsmaterialien und Fussbodenbelägen.
Fundstelle: Band 282, Jahrgang 1890, S. 35
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Versuche auf Abnutzbarkeit von Pflasterungsmaterialien und Fussbodenbelägen. Versuche auf Abnutzbarkeit von Pflasterungsmaterialien und Fussbodenbelägen. Seit einer Reihe von Jahren sind von dem Vorsteher der königl. preussischen Prüfungsstation für Baumaterialien, Prof. Böhme, eine grosse Anzahl von Versuchen auf Abnutzbarkeit natürlicher und künstlicher Pflasterungsmaterialien und Fussbodenbeläge angestellt worden, deren Ergebnisse bisher noch nicht übersichtlich geordnet und zusammengestellt bekannt geworden sind. Bei der hohen Bedeutung, welche der richtigen Auswahl eines Bodenbelages für bestimmte Zwecke innewohnt, wird es erwünscht sein, über diese Versuche etwas Näheres zu hören. Die Versuche auf Abnutzbarkeit werden ausgeführt auf einer wagerechten Gusseisenscheibe von etwa 80 cm Durchmesser, welche, mittels Vorgelegewelle maschinell betrieben, in der Minute 22 Umdrehungen macht. Die Scheibe ist mit einem Zählwerke verbunden, welches durch Glockensignale anzeigt, wenn 22 Scheibenumgänge und wenn 5.22 = 110 Scheibenumgänge vollendet sind. Nach je 22 Umdrehungen werden auf der Scheibe unmittelbar vor dem Probestück 20 g Naxossmirgel Nr. 3 ausgebreitet und im Laufe des Versuches stets so zusammengefegt, dass das gesammte auf der Scheibe befindliche Smirgel- und Steinpulver das Probestück passiren muss. Letzteres ist mit Hilfe eines einarmigen Hebels mit 30 k belastet an die Scheibe angedrückt und so gewählt, dass eine glatte, bei den natürlichen Bausteinen mit der Steinsäge (nicht mit Meissel und Hammer) hergestellte Fläche von 50 qc der Abnutzung unterworfen wird. Nach 110 Umgängen der Scheibe wird die Bewegung eingestellt und das vorher bereits gewogene Probestück nach Abstäuben mit einem Pinsel wieder gewogen, um den Gewichtsverlust festzustellen. Dieses Verfahren wird viermal wiederholt, alsdann ergeben die vier Gewichtsverluste addirt und durch das specifische Gewicht des Körpers dividirt den Abnutzungswerth in Cubikcentimetern. Eine Reihe dieser Abnutzungswerthe sind in den nachstehenden Tabellen zum Vergleiche übersichtlich zusammengestellt. Die den Tabellen zu Grunde liegenden Versuchsziffern sind den Mittheilungen aus den königl. technischen Versuchsanstalten (Verlag von Jul. Springer in Berlin) entnommen. Zu der Prüfung besonders der natürlichen Gesteine sei im Voraus bemerkt, dass die Abnutzbarkeit eines Gesteines, also auch seine Bearbeitungsmöglichkeit in keinem Verhältnisse steht weder zur rückwirkenden Festigkeit, Tabelle I. Abnutzung von natürlichen Pflasterungsmaterialien in Cubikcentimetern. LaufendeNr. Material Anzahlder Ver-sucksstücke Abnutzung in cc Mini-mum Mittel Maxi-mum   1 Porphyr aus St. Quenast    (Belgien)   2   5,1     5,2     5,3   2 Grauer sächsischer Porphyr   4   5,1     5,6     6,2   3 Diabas vom Pfaffenkopf im    Harz   4   4,5     6,5     8,3   4 Pyroxen-Quarzporphyr aus    Sachsen 10   5,9     6,5     7,3   5 Graubrauner schwedischer    Granit 22   5,4     6,7     8,7   6 Röthlichbrauner sächsischer    Granit   4   5,4     6,9     8,0   7 Grauer sächsischer Granit   4   5,2     7,0     9,0   8 Basalte aus der Gegend von    Bonn 18   2,8     7,1     8,5   9 Röthlicher Porphyr aus dem    Saalkreis 10   5,5     7,3     9,0 10 Diabas aus Kamenz i. S.   4   7,1     7,5     7,7 11 Grauer hessischer Granit   4   7,4     7,6     7,7 12 Grauwacke aus Allagen    (Westfalen)   2   5,9     7,6     9,2 13 Grauer österreichischer Gra-    nit (von der Donau) 10   7,0     7,7     9,3 14 Phonolit   2   7,1     7,7     8,4 15 Graubrauner norwegischer    Granit   4   5,6     7,8   10,1 16 Röthlicher Porphyr aus dem    Odenwald   2   8,4     8,3     9,2 17 Grauer böhmischer Granit   4   8,0     9,0   10,0 18 Grauer schlesischer Granit 20   5,2     9,5   15,8 19 Granit aus Thüringen (Suhl)   2   9,9   10,3   10,7 20 Grauer bayerischer Granit 14   6,3   10,4   15,9 21 Grauwacke aus der Gegend    von Magdeburg 14   7,8   11,8   12,0 22 Weisser Sandstein aus dem    Heuscheuergebirge   2 14,8   15,6   16,3 23 Rother Quarzsandstein aus    Braunschweig   2 15,8   16,2   16,6 24 Kohlensandstein   8 11,3   16,5   27,5 25 Rother Sandstein aus Alvens-    leben (Unterbank)   2 21,0   21,7   22,3 26 Schwarzgrauer Melaphyr    (Hessen)   2 21,9   22,6   23,2 27 Oberbayerischer weisser Mar-    mor   2 24,0   24,4   24,7 28 Zechstein vom Westfusse des    Harzes   3   28,6 29 Gelblichweisser Sandstein    aus der Eifel   4 31,0   35,5   39,5 30 Hannoverscher Kalkstein   4 30,8   48,6   66,7 31 Rother Sandstein aus Alvens-    leben (Oberbank)   2 48,1   50,1   52,1 32 Hellgelber schlesischer Sand-    stein   4 61,7   72,7   81,6 33 Sandstein aus Schaumburg-    Lippe   2 79,6   79,6   79,6 34 Schiefer aus dem Ruwerthale   2 99,6   99,9 100,1 35 Graubrauner Sandstein aus    der Eifel   6 83,2 127,4 166,1 noch zur Porigkeit desselben Gesteines, welche durch die Wasseraufnahme ausgedrückt wird. Hieraus erklären sich auch die verhältnissmässig grossen Schwankungen in der Abnutzbarkeit an sich gleichartiger Materialien, deren Druckfestigkeit nahezu dieselbe ist. Einen hervorragenden Einfluss auf die Abnutzbarkeit der natürlichen Steine übt die Lage des Probesteines im Gebirge aus, indem die Probestücke aus den unteren Bänken der Brüche eine viel geringere Abnutzung ergeben als die aus den Oberbänken. Die Richtigkeit dieser Behauptung ist aus einem schlagenden Beispiele in der Tabelle I ersichtlich (Nr. 25 und 31): rother Sandstein aus Alvensleben bei Magdeburg, der in der Unterbank im Mittel 21,7, in der Oberbank im Mittel dagegen 50,1 cc Abnutzung ergeben hat. Der Umstand, dass die in der Tabelle aufgenommenen Gesteine zwecks Prüfung zum Theil von Behörden, welche Durchschnittsproben entnommen haben, zum Theil von den Steinbruch- oder Fabrikbesitzern selbst; welche sich naturgemäss bemühten, möglichst tadellose Stücke zu wählen, eingeliefert wurden, macht es erklärlich, dass zwischen den Minimal- und Maximalwerthen theilweis recht erhebliche Schwankungen der Abnutzungswerthe bestehen, welche sonst bei gleichartigen Materialien desselben Ursprunges, homogenes Gefüge vorausgesetzt, nicht auftreten, bei einigen, aus einer Hand stammenden Materialien auch nicht vorhanden sind. Da die von den Steinbruch- oder Fabrikbesitzern eingesandten Proben in den Tabellen überwiegen, stellen sich die für die einzelnen natürlichen Gesteine in Tabelle II zusammengefassten Ergebnisse im Allgemeinen etwas günstiger, als die Mittelwerthe der Abnutzung aus einer geringeren Anzahl von Steinsorten von mir a. a. O. angegeben worden sind. Schliesslich sei erwähnt, dass die Art der Abnutzungsversuche, wie sie in der preussischen Prüfungsstation ausgeführt werden, und wie sie auch Bauschinger in MünchenMittheilungen aus dem mech.-techn. Laboratorium der königl. techn. Hochschule in München, Heft 11. seit einer Reihe von Jahren ausführt, ausserordentlich zuverlässige Vergleichswerthe liefert, welche durch kein anderes Verfahren bisher erreicht wurden. Insbesondere ist man von der früher geübten Bohrmethode, bei welcher die gewonnenen Ergebnisse stets von der sich fortdauernd ändernden Beschaffenheit des Bohrers abhängig waren, gänzlich abgekommen. Dagegen hat die Conferenz zur Vereinbarung einheitlicher Untersuchungsmethoden für BaumaterialienMünchen 1884, Dresden 1886, Berlin 1890. neben der Anlage von Versuchsstrassen ein anderes Prüfungsverfahren zur schnelleren Ermittelung des Werthes von neu auftretenden Schotter- oder Pflastersteinmaterialien empfohlen, über welches jedoch m. W. genügende Erfahrungen bis jetzt noch nicht vorliegen. Der dahingehende Conferenzbeschluss empfiehlt eine Untersuchung mittels Drehtrommeln, wie solche in Frankreich seit längerer Zeit in Gebrauch stehen und u.a. in der Schrift Prof. Dietrich's: Die Baumaterialien der Steinstrassen abgebildet und beschrieben sind. Zur Erhöhung der Schlagwirkung erscheint nach demselben Conferenzbeschlusse jedoch eine Vergrösserung der Abmessungen dieser Trommeln auf 0,3 m Durchmesser und 0,5 m Höhe als nothwendig; auch die Umdrehungsgeschwindigkeit dürfte zu steigern sein. Es ist eine Aufgabe der Praxis, die Uebereinstimmung der Ergebnisse dieser Prüfungsart mit den auf Versuchsstrassen gewonnenen zu prüfen. Zu den Ergebnissen der Abnutzungsversuche zurückkehrend, wie sie in Tabelle I für die natürlichen Bausteine zusammengestellt sind, sei zunächst erwähnt, dass die einzelnen Gesteinsarten nach Ursprung und nach ihren wachsenden mittleren Abnutzungswerthen geordnet sind. Naturgemäss sind diejenigen Werthe die zuverlässigsten, welche aus einer grösstmöglichen Anzahl von Versuchen gewonnen sind. Wo sehr erhebliche Schwankungen zwischen den Abnutzungswerthen derselben Gesteinsart von gleichem Ursprünge bestehen, ist dies aus dem Vergleiche zwischen dem Mittelwerthe und den gleichfalls angegebenen Minimal- bezieh. Maximalwerthen leicht zu erkennen. Es ist aus der Tabelle ferner ersichtlich, dass der Ursprung einer Gesteinsart ziemlich erhebliche Verschiedenheiten in der Abnutzungsfähigkeit bedingt; selbst wenn nur die Mittelwerthe in Vergleich gezogen werden, wechselt die Abnutzung der Granite zwischen 6,7 und 10,4 cc, der Porphyre zwischen 5,2 und 8,8 cc. Sehr bedeutend fallen diese Unterschiede bei den Sandsteinen je nach Zusammensetzung und Ursprung aus, die Mittelwerthe schwanken dort zwischen 15,6 und 127,4 cc. Es wird deshalb zu empfehlen sein, überall da, wo die Verwendung von Sandstein beabsichtigt wird, das Material dazu erst nach vorhergegangenen Versuchen auszuwählen. Man wird dabei vielfach die Ueberzeugung gewinnen, dass mitunter ein künstliches Pflasterungsmittel dem natürlichen in mehr als einer Hinsicht vorzuziehen ist. In Tabelle II sind diejenigen Gesteinsgruppen, bei denen Ursprung und Zusammensetzung nicht sehr erhebliche Unterschiede bedingen, noch einmal zusammengefasst und die zugehörigenCentralblatt der Bauerwaltung, 1890 S. 54. ermittelten Durchschnittsdruckfestigkeiten beigefügt, um zu beweisen, dass die Abnutzung dieser Gesteine, wie schon erwähnt, thatsächlich auch im Mittel aus einer grossen Reihe von Versuchen in keinem Zusammenhange steht mit der Druckfestigkeit im lufttrockenen Zustande. Tabelle II. Nr. Art der Gesteine Anzahl derVersuche Abnutzungim Mittel Druckfestig-keit(lufttrocken)im Mittel cc k/qc 1 Porphyre 18 6,7 2120 2 Augitgesteine 28 6,8 3111 3 Diabase   8 7,0 4 Granite 88 8,3 1834 5 Grauwacken 16 9,7 1857 Tabelle III bringt eine Zusammenstellung von Abnutzungswerthen verschiedener Materialien, welche zu Fussbodenbelägen Verwendung gefunden haben und noch finden. Diesen sind die Ergebnisse von Abnutzungsversuchen mit 28 verschiedenen Cementmarken in ihren Mittelwerthen zugefügt, und zwar umgerechnet auf diejenige Beanspruchung auf der Schleifscheibe, welche den Pflasterungsmaterialien in der Prüfungsstation zu Theil wird.Thonindustrie-Zeitung, Nr. 14 Jahrg. 1891. Die Prüfungen von Mörtelsubstanzen auf Abnutzbarkeit werden mit nur 30 Umgängen der Abnutzungsscheibe und zweimaliger Aufgabe von Smirgel ausgeführt, und zwar deshalb, weil die meisten der Mörtelkörper, besonders bei hohen Sandmischungen, sich zu stark abnutzen, völlig aufgebraucht werden und so die Beendigung des Versuches unmöglich machen würden. Tabelle III. Abnutzung von künstlichen Pflasterungsmaterialien und Fussbodenbelägen. LaufendeNr. Material Anzahlder Ver-suchsstücke Abnutzung in cc Mini-mum Mittel Maxi-mum   1 Xylolith (Steinholz) von Cohn-    feld in Dresden   2 7,5     7,7   7,8   2 Einfarbige graue Parkett-    platten von G. Behne in    Magdeburg   15,3   3 Desgl. gemustert   19,7   4 Dunkelgelbe Klinker von    Bauermeister und Söhne,    Deutsche Grube, Bitterfeld   2 21,3   21,5 21,7   5 Schwarzbraune Klinker-    pflasterungsplatten der    Weseler Dampfziegelei   2 20,7   21,8 22,8   6 Braune Klinker von Bauer-    meister u. Söhne, Deutsche    Grube, Bitterfeld   2 24,5   25,7 26,0   7 Gewöhnliche Klinkerplatten   8   29,4   8 Kunstsandstein aus der    Fabrik Ischyrota, Berlin   2 38,0   38,6 39,1   9 Gypsmörtel nach Rabitz'    Patent   2 45,1   49,2 53,2 10 Portlandcement, rein, 28 Tage    alt, in feuchter Luft er-    härtet (Durchschnitt aus    28 Portlandcementen) 28   42,3 11 1 Th. desgl. + 1 Th. Normalsand 28   15,3 12 1   „      „     + 2   „          „ 28   17,1 13 1   „      „     + 3   „          „ 28   32,4 14 1   „      „     + 4   „          „ 28   53,1 15 1   „      „     + 5   „          „ 28 124,2 Es ist aber durch besondere Versuche festgestellt worden, dass, um einen Vergleich zwischen den Ergebnissen beider Methoden zu gewinnen, es nur nöthig ist, die Volumverluste der Mörtel mit dem Coefficienten 9 zu multipliciren, wie in der Tabelle III geschehen ist. Aus dieser Tabelle ist ersichtlich, dass die Mischung von 1 Th. Portlandcement mit 1 Th. scharfem Sand die für die Beanspruchung auf Abnutzung günstigste ist, und dass erst mit 4 Th. Sandzusatz die Abnutzung grösser als die des reinen Cementes wird. Der Umstand, dass die den Versuchen zu Grunde gelegten 28 Cemente von den Fabriken selbst eingesandt und nicht aus dem Handel entnommen wurden, hat unzweifelhaft das Durchschnittsergebniss günstig beeinflusst. Die „Verkittungsgrenze“ dürfte bei einer Durchschnittshandelsware nicht wie hier zwischen 4 und 5 Th., sondern zwischen 3 und 4 Th. Sandzusatz liegen. Die Verkittungsgrenze wird um so höher liegen, je siebfeiner der Cement gewesen ist, unabhängig von seinen übrigen Eigenschaften, was bei der Herstellung von Cementplatten niemals unbeachtet bleiben sollte. Ein Vergleich der Tabellen I und III zeigt schliesslich, dass ein normaler Portlandcement, mit 1 bis 2 Th. Sand zu Pflasterungsplatten verarbeitet, an Widerstandskraft gegen Abnutzung die meisten natürlichen Sandsteine übertrifft. Mehr und mehr kommt man in neuerer Zeit von der Verwendung des natürlichen Sandsteines zu Treppenstufen und Bürgersteigplatten ab und sucht denselben durch andere Materialien zu ersetzen. In mehreren grösseren Städten Süddeutschlands, wo guter Sandstein billig zu haben ist, und in Folge dessen vielfach verwendet wurde, u.a. auch, weil der Fuss bei trockenem und nassem Wetter gleich gut an ihm haftet, hat man sich entschlossen, ausgedehnte praktische Versuche mit Platten aus Cementmörtel zu machen. In Stettin, dessen Strassen theilweise ein starkes Gefälle haben und aus diesem Grunde für Granitplattenbelag der grossen Glätte im Winter wegen sich nicht eignen, hatte man vor einigen Jahren die Bürgersteige zum Theil mit rothen Sandsteinen belegt, die aber jetzt bereits so starke Abnutzung aufweisen, dass sie das Regenwasser nicht mehr abfliessen lassen und demnächst durch ein anderes Material ersetzt werden müssen. (Max Gary, Centralblatt der Bauverwaltung, 1891 S. 315.)