Titel: Neue Verfahren und Apparate in der Zuckerfabrikation.
Fundstelle: Band 282, Jahrgang 1890, S. 46
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Neue Verfahren und Apparate in der Zuckerfabrikation. (Fortsetzung des Berichtes S. 17 d. Bd.) Neue Verfahren und Apparate in der Zuckerfabrikation. Dr. L. Wulff (Schwerin i. M.) wurde eine Neuerung beim Verkochen von Zuckersäften auf Korn patentirt (D. R. P. Nr. 56867 vom 29. Juli 1890). Wenn das erste Rohzuckerproduct oder das entsprechende auf Korn gekochte Nachproduct der Raffinerien das Vacuum verlässt, stellt es eine mehr oder minder dickliche Füllmasse dar, welche man in Kästen vollständig erstarren lässt und darauf in Maischmaschinen unter Zusatz von Syrup wieder zerquetscht und dünnflüssig macht. Untersucht man die Masse gleich nach dem Ablaufen aus dem Vacuum und beim Ablauf aus der Maische, so zeigt sich, dass zwischen den ursprünglich im Vacuum gebildeten Krystallen sich noch eine starke Nachkrystallisation gebildet hat, welche nur dann, wenn der Syrup nicht concentrirt war, wieder gelöst wird. Auf diese regelwidrige Beschaffenheit und Krystallisation bei der Abkühlung ist auch der Umstand zurückzuführen, dass die ersten Producte nicht so viel Ausbeute ergeben, als man nach der Dichte des Verkochens erwarten sollte. Die ersten Producte werden auf einen Gehalt von 6 bis 7 Proc. Wasser eingekocht; sie können dann nach dem vollständigen Abkühlen nur doppelt so viel Zucker in Lösung halten. Da nun das geschleuderte erste Product nur gegen 1 Proc. Wasser, also auch noch gegen 2 Proc. gelösten Zucker enthält, so sollte man eine weit grössere Ausbeute erwarten, als in Wirklichkeit erhalten wird. Vollständig erstarrt, enthält die Füllmasse gegen 20 Proc. Syrup (6 bis 7 Proc. Wasser, 12 bis 14 Proc. Zucker in Lösung); hiervon bleiben gegen 3 Proc. Syrup an den Krystallen haften (1 Proc. Wasser, 2 Proc. Zucker in Lösung), daher sollte man bis 83 Proc. Ausbeute an geschleudertem Rohzucker erwarten, während die Ausbeute gegen 10 Proc. geringer ist. Die Erhöhung der Ausbeute beim ersten Auskrystallisiren des Zuckers ist der Zweck der patentirten Neuerung, und es handelt sich bei derselben in erster Linie um Vermeidung der Nachkrystallisation. Der erste Sud zu Anfang der Campagne wird so leicht eingekocht, dass die Füllmasse beim vollständigen Abkühlen noch gegen 30 Proc. Syrup enthält. Diese Füllmasse wird in einen grossen einkammerigen Rührwerks-Ableitungsapparat abgelassen (oder in eine andere der dem Erfinder anderweitig patentirten Krystallisationsvorrichtungen), um hier unter steter Bewegung abzukühlen. Hierbei wird die Masse nicht fest, sondern bleibt vollständig breiig, so dass sie aus dem Abkühlungs-Krystallisator unmittelbar in die Centrifugen geleitet werden kann. Es fällt also erstens alle Handarbeit zwischen Vacuum und Centrifuge weg. Zweitens lässt sich die Masse durch künstliche Kühlung beliebig weit abkühlen, so dass sie besser als bisher auskrystallisirt, ohne dass in Folge unregelmässiger Abkühlung Nachkrystallisation eintritt. Drittens entstehen keine Klumpen von verwachsenen Krystallen, welche eine Maischarbeit erforderten und stets den Syrup mehr zurückhalten als die durch Krystallisation in Bewegung erzielten isolirten Producte. Die Füllmasse wird unverdünnt centrifugirt, so dass etwa 27 Proc. Syrup mit etwa 5 Proc. der kleinsten Krystalle abgeschleudert werden und bei der ersten Schleuderung sich eine Ausbeute von etwa 68 Proc. ergibt. Das ist allerdings weniger als beim gewöhnlichen Verfahren, indessen gleicht sich der Verlust schon bei der zweiten Schleuderung aus. Der abgeschleuderte Syrup wird nämlich beim nächsten Sude, nachdem die Krystallisation beim Kornkochen beendigt ist, sammt den 5 Proc. Krystallen in das Vacuum eingezogen. Hierbei wird der Sud etwas verdünnt. Die Krystalle des sich erwärmenden Syrups werden wieder gelöst und ebenso die kleinsten Krystalle des Sudes selber. Die so erhaltene Masse enthält beim vollständigen Abkühlen etwa die doppelte Menge Syrup, ist deswegen weit dünnbreiiger und leichter rührbar. Wäre die Körnung bei der zweiten Krystallisation wie bei der ersten, so würden wieder im Syrup etwa 5 Proc. der Krystalle mit abgeschleudert werden, da aber die 5 Proc. Krystallmehl vom ersten Sude mit gelöst worden sind, so erhält man beim zweiten Schleudern diese mehr, also etwa 73 Proc. der (nicht verdünnten) Füllmasse, womit die gewöhnliche günstige Fabrikausbeute erreicht werden würde. In Wirklichkeit ist aber die Körnung bei der zweiten Krystallisation besser als bei der ersten, weil bei dem Hinzufügen des Syrups am Schluss der Vacuumkrystallisation die kleinsten Krystalle gelöst werden, so dass der Verlust an festem Zucker in der Centrifuge nicht so gross ist als zu Anfang und die Ausbeute sich schon günstiger stellt. Beim dritten Einkochen (und noch mehr bei den folgenden Süden) kann man (weil reichlich Zusatzsyrup vorhanden ist) die Concentration der Füllmasse steigern und so stramm einkochen, wie dies im gewöhnlichen Betriebe zum sogen. Trockenkochen führen würde, so dass sich dann das hier vorgeschlagene Verfahren wesentlich günstiger als die zur Zeit übliche Verarbeitung stellt. Die Verstärkung der Concentration kann im Vacuum geschehen oder beim Abkühlen in dem vollkommen geschlossenen, dann mit der Luftpumpe zu verbindenden Abkühlungs-Krystallisator. Allmählich sammelt sich der Syrup so an, dass er aus dem Betriebe ausgeschaltet werden muss. Dies geschieht, nachdem man ihn sich hat gut setzen lassen, so dass das Krystallmehl zu Boden gefallen ist. Dann lässt man von dem oben stehenden Syrup einen Theil ablaufen und verkocht denselben auf zweites Product, während der untere Syrup mit dem Krystallmehl aufs Neue wieder ins Vacuum eingezogen wird. Kommt es nicht so sehr auf möglichst hohe Ausbeute als auf möglichst gute Qualität des Zuckers an, so braucht man die Concentration der Sude nicht zu steigern und kann dann derart verfahren, wie es oben im zweiten Absatze dieser Patentschrift angegeben ist, nur hat man darauf zu achten; dass man kurz vor Schluss der vollständigen Aufnahme des einzukochenden Dicksaftes die Kornkoch-Krystallisation beendigt und stramm einkocht und dann mit einem Male den Rest des Dicksaftes einzieht, so dass die Füllmasse verdünnt wird. Die so verdünnte Füllmasse, in welcher sich die feinsten Krystalle auflösen, wird dann in die angegebenen Abkühlungs-Krystallisatoren gegeben, um in Bewegung auszukrystallisiren. Der Patentanspruch lautet: Verfahren der continuirlichen Verarbeitung auf Korn gekochter Säfte, darin bestehend, dass a) der in den Centrifugen ohne Verdünnung abgeschleuderte Syrup sammt Krystallmehl von den vorhergehenden Süden desselben Productes, nach Beendigung des Einziehens von Dicksaft und des allmählich strammer werdenden Kornkochens, in das Vacuum eingezogen wird, und dass b) bei zu grosser Ansammlung von Verdünnungssyrup ein Theil von demselben, nachdem sich das Krystallmehl abgesetzt hat, aus dem continuirlichen Betriebe zur Verkochung auf Nachproduct ausgeschaltet wird, während der Bodensatz nach dem in Absatz a) angegebenen Verfahren verwendet wird. Die Verarbeitung des Zuckerrohrs mit Diffusion und mit Mühlen auf den Hawaiischen Inseln. Baldwin und Williams veröffentlichen interessante Angaben (Bulletin assoc. chim. 8 Nr. 7, nach Sugar Bowl, 21–8) über die Diffusion des Rohres in drei Zuckerfabriken Hawaiis, im Vergleich mit der Auspressung in zwei anderen, aus der Arbeitszeit 1889/90. An Kohlen wurden verbraucht: 1 t auf 6 t Zucker bei der Mühlenarbeit und 1 t auf 3 t bei der Diffusionsarbeit. Der Preis der Kohlen betrug 10½ Dollar die Tonne. Mühle Diffusion Hama-kua-poko Sprek-kels-ville KealiaundKanai Hama-kua-poko Saftgehalt des Rohres    89,8 86 89 88,7 Gewonnener Saft    74,3    72,5 Saft in der Bagasse    15,3    13,5 Normaler Saft BrixZuckerQuotient    18,5   15,7    85,1    19,618   91,7      19,12     17,01     88,94   20,33  17,92  88,16 Verdünnter Saft BrixZuckerQuotient    17,715   84,7    17,4      14,55     12,76     87,70   16,45  14,39  87,50 Wasserzusatz auf 100 Normalsaft 4,2    11,2      31,4 23,6     Verlust in den Schnitzeln     Proc. des Rohres          0,60      0,74     Proc. des Zuckers      4,70 Zucker im Röhr    14,1    15,5       15,14   15,70 Davon erhalten        9,54      11,38       13,03   13,16 Verlust        4,56       4,12         2,11      2,54      „    Proc. des Zuckers       32,35      26,59       13,93   16,13      „    bei der Saftgewinnung           bei der übrigen Arbeit       17,23      15,12      15,69     10,90         3,96         9,67      4,70  11,43 Da die Menge des verdünnten Saftes, nicht aber die des normalen bekannt war, so geschah die Berechnung des beim Nachpressen und bei der Diffusion verbrauchten Wassers nach folgender Formel. Es bezeichnen X den Normalsaft mit der Dichte a Proc. Brix D den verdünnten Saft d Y den Wasserzusatz; dann ist d\,\frac{D}{100}=a\,\frac{X}{100} also                 X=D\,\frac{d}{a}          und Y=D-X=D\,\left(1-\frac{d}{a}\right) (Fortsetzung folgt.)