Titel: Neue Verfahren und Apparate in der Zuckerfabrikation.
Fundstelle: Band 282, Jahrgang 1890, S. 68
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Neue Verfahren und Apparate in der Zuckerfabrikation. (Fortsetzung des Berichtes S. 45 d. Bd.) Mit Abbildungen. Neue Verfahren und Apparate in der Zuckerfabrikation. Watts, Regierungschemiker der Vereinigten Staaten, hat folgende Scheidung des Rohrzuckersaftes empfohlen (Bull, assoc. chim. 8 Nr. 7), wobei er sich auf die Betrachtung stützt, dass der Rohrsaft Eiweisstoffe enthält, welche im sauren Saft löslich sind, aber aus dem sorgfältig neutralisirten in der Hitze gefällt werden. Wenn man also den Saft erhitzt, so gerinnen die Eiweisstoffe und bilden eine Schaumdecke; dies dauert so lange, bis sich die Decke bei 190° F. zertheilt. Um die genaue Neutralisation, d.h. den Kalkzusatz zu erkennen, ist Lackmus nicht anwendbar, da einige organische Säuren nicht darauf einwirken. Watts benutzt daher Phenolphtalein und zwar folgendermassen: Aus dem gefüllten Behälter entnimmt man mit einer Pipette etwas Saft und bringt denselben in eine Proberöhre, worauf man 2 bis 3 Tropfen Phenolphtalein zusetzt und umschüttelt. Dabei soll der Saft eine schwach rosenrothe Färbung annehmen. Färbt er sich nicht, so hat man zu wenig Kalk zugesetzt; färbt er sich dunkelroth, so ist zu viel Kalk genommen worden und es muss dies durch Zusatz von frischem Saft verbessert werden. Dieses Verfahren hat überall, wo es versucht wurde, gute Resultate geliefert; Vermehrung der Ausbeute und des Gehaltes des erhaltenen Zuckers, Verminderung der Melasse. Ein mechanisches Filter mit keilförmigen Einlagen wurde L. Sindelar in Oesterreich-Ungarn, Russland und Deutschland (D. R. P. Nr. 55257 vom 7. Mai 1890 ab) patentirt (Zeitschrift für Zuckerindustrie in Böhmen, Bd. 15 Heft 3). Diese mechanischen Filter (Fig. 1) bestehen aus einer Anzahl keilförmiger Rahmen, die mit dem zum Filtriren bestimmten Material überzogen sind. Die Rahmen werden in einem hermetisch geschlossenen oder auch offenen Gefäss, welches mit dem zu filtrirenden Saft gefüllt wird, untergebracht. Der filtrirte Saft füllt jeden Rahmen aus und fliesst durch den im Halse des Kopfstückes befindlichen Kanal g in den durch die Kopfstücke gebildeten Kanal b, welcher mit dem Ausflusse des Filters communicirt. Die Kopfstücke bilden durch die blankgedrehten Flächen einen hermetisch schliessenden Kanal, welcher einerseits durch die Schlussplatte k, andererseits durch den Abflussstutzen begrenzt wird, und werden durch die Schraube i gegen den Abflusstutzen angepresst. Die ganz feinen Unreinlichkeiten, welche durch den Filterstoff zurückgehalten werden, setzen sich an demselben ab, die grösseren dagegen fallen wegen der keilförmigen Gestalt der Rahmen nach unten und werden von dort abgelassen. Die Filter werden zu verschiedenen Zwecken verschieden gebaut und zwar: zum Filtriren des Diffusionssaftes und zum Einschalten zwischen die Verdampfapparate, als hermetische Filter; ferner zum Filtriren von Wasser, Dünn- und Dicksäften, Wasser und Melasse vor der Osmose u.s.w. als sogen. Filterelemente, welche in bereits bestehende Behälter eingestellt werden können. Das Diffusionssaftfilter ist so construirt, dass trotz der grössten Filterfläche der kleinste Rauminhalt beibehalten wird, um keine todten Räume zu erhalten, wo sich der Diffusionssaft durch langes Verweilen verändern könnte. Das Filter besteht, wie Fig. 1 bis 4 zeigt, aus einem eisernen Kasten mit geneigtem Boden und gusseisernem Kopfstück, in welchem 20 eiserne Rahmen, welche gut verzinkt oder lackirt sind, aufgehängt sind. Die eine Seite des Kopfstückes ist aufgestülpt und bildet dadurch eine längliche Oeffnung, durch welche die Rahmen aa und ein Sieb A eingeschoben werden können. Im rechten Winkel zu der Oeffnung erhebt sich ein cylindrischer Rücken y, welcher zur Aufnahme der Rahmenköpfe dient. Textabbildung Bd. 282, S. 69Mechanisches Filter mit keilförmigen Einlagen von Sindelar. Der Rücken endet in einem Kreuzstutzen, welcher bei n die 125 mm weite Saftausflussöffnung, bei o die 35 mm weite Wasserzuflussöffnung trägt. In der Mitte ist eine Oeffnung c zur Aufnahme der Verschlusschraube i bestimmt. Die Angüsse z und t sind für die Luft- und Probehähne bestimmt. In dem Rücken y sind zwei Winkeleisen ee angeschraubt, welche als Stützpunkt der Rahmen dienen. Am tiefsten Punkt des Bodens ist der Stutzen l von 75 mm Durchmesser angeschraubt und dient zum Ablassen der Unreinlichkeiten. Oberhalb der Einlassöffnung m ist ein Vorfiltersieb x eingelegt. Die keilförmige Einlage besteht aus dem gusseisernen Kopf a, dem, schmiedeeisernen Rahmen d und ist mit Draht f (welcher auch durch Spiralen vertreten werden kann) so umspannt, dass die Filterstoffe am Anlehnen verhindert sind, wenn selbe von aussen einen Druck erleiden. Der Rahmen ist oben breiter, so dass, wenn derselbe mit Filterstoff umspannt ist, die beiden Filterflächen nach unten gegen sich geneigt sind. Der Kopf a wird mit dem Rahmen mittels Schrauben verbunden und communicirt mit dem Rahmeninneren durch den Kanal g. Der ganze Rahmen hängt im Kasten auf den Nasen e, e, welche auch seine Lage begrenzen. Wenn die zu einem Normalfilter bestimmten 20 Rahmen mit je 1,5 qm Filterfläche in den Kasten eingeschoben werden, wird die Schraube i mit der Verschlussplatte k eingeschoben und bei c mit einer Mutter fest angezogen. Dann wird der Deckel D auf die Oeffnung mit einer Gummidichtung aufgelegt und verschraubt. Das Filter ist so zur Arbeit hergerichtet und wird durch das Oeffnen der Ventile m, n in Thätigkeit gesetzt. Zum Abfiltriren des Diffusionssaftes von 1500 Doppelcentner täglicher Verarbeitung genügt ein Filter mit 30 qm Filterfläche und wird alle 12 Stunden gereinigt. Zu dem Zwecke werden die Ventile mn geschlossen und der im Filter befindliche Saft auf frische Schnitte in den Diffuseur abgelassen und dadurch die Unreinlichkeiten abfiltrirt. Dann wird mit etwas Wasser abgeseiht und die belegten Rahmen entweder durch längeren Wasserdurchfluss gewaschen oder durch reine Vorrathsrahmen ersetzt. Die zurückgehaltenen Unreinlichkeiten sind meistens gallertartige Substanzen mit viel Pflanzenleim und etwas Eiweisstoff vermengt, Faserstoffe und bei schlecht gewaschenen Rüben auch Erde. Die belegten und herausgenommenen Rahmen werden, ohne den Filterstoff abzunehmen, unter einer Brause mit weichen Bürsten gereinigt und können, wenn das Waschwasser abgetropft, abermals benutzt werden. Der Quotient des Saftes steigt durch das Filtriren um wenigstens 1,15 bis 3, was von den Schnitten abhängig ist; je besser die Schnitte, desto geringer ist die Verbesserung des Quotienten durch Filtration. Die Säfte brauchen weniger Kalk, saturiren sich besser und sind nach den Filterpressen fast wasserhell und die Schlamm arbeit eine vorzügliche. Zur Controle des Diffusionssaftfilters ist es zweckdienlich, am Ein- und Auslauf je ein Manometer anzubringen; die Druckdifferenzen zeigen an, ob der Saftdurchfluss im Inneren des Filters behindert wird, und ob die Reinigung vorgenommen werden soll. Die Filterelemente. Zum Filtriren der saturirten Säfte werden die offenen Filter benutzt. Zu diesem Zwecke werden am besten, wo es die Dimensionen und Formen der Saftbehälter zulassen, dieselben als Filter benutzt, indem in solche die Filterelemente eingestellt werden. Dieselben bestehen, wie Fig. 2 bis 4 zeigt, aus dem Stutzen und zugleich Kopfstück K und dem Schlusstück l, welche mit vier Eisenstangen pp und ss verbunden sind und so das Gestelle für die Rahmen bilden. Die entsprechende Anzahl Rahmen werden mit den Köpfen nach unten auf die Stangen pp aufgestellt und mit der Schraube l zusammengezogen. Dadurch ist es dem zu filtrirenden Safte möglich, nur durch den Filterstoff in den durch die Rahmenköpfe gebildeten Kanal b zu gelangen, wodurch die Filtration bewerkstelligt wird. Da der Filterstoff von oben nach unten geneigte Flächen bildet; können sich die Verunreinigungen nicht anhalten, fallen zu Boden und werden von dort zeitweise abgelassen durch den Stutzen p. Diese Filter arbeiten tagelang, ohne dass man es nöthig hat, die Rahmen zu wechseln. In den Behältern kann der Saft durch Heizschlangen leicht angewärmt werden, was bei Dicksäften von grossem Vortheil ist. Die Rahmen können viereckig oder dreieckig sein; im letzten Falle ist mehr Raum für Heizschlangen und es werden auf die Rahmen quadratische Tücher, in der Diagonale gelegt, aufgenäht. In sehr hohen Behältern wird die Schraube l verlängert und durch eine Stopfbüchse in die Wand geleitet, so dass der Schraubenkopf ausserhalb liegt. Der Filterstoff wird um die Rahmen angenäht und um den Hals mit einer Schnur verbunden. Um den Filterstoff zu reinigen; ist es nicht nöthig, denselben von dem Rahmen abzunehmen, es genügt das Abwaschen unter einer Brause mit einer Bürste. Der Filterstoff hält beim umsichtigen Waschen die ganze Campagne aus, da er wegen der leichten Construction der Rahmen keinen mechanischen Verletzungen ausgesetzt ist. Dass diese Filter wegen ihrer Billigkeit und der Möglichkeit, dasselbe überall anzupassen, von grossem Vortheil zum Filtriren von Wasser, Dünn- und Dicksäften, Syrupen, Melassen und Wasser vor der Osmose sind, braucht nicht hervorgehoben zu werden. Ueber A, Philippe's mechanisches Filter (Französisches Patent) berichtete Chauveau (Sucrerie indigène, Bd. 37 Nr. 12 S. 395). Dieses Filter mit flachen Taschen beruht auf der Filtration von aussen nach innen. Fig. 5 stellt dasselbe in äusserer Ansicht dar, die Fig. 6 und 7 geben die einzelnen Theile in vergrössertem Maasstabe wieder. Textabbildung Bd. 282, S. 70Philippe's mechanisches Filter. Das Filter besteht aus dem metallenen Kasten A von rechtwinkeligem Querschnitt, welcher auf zwei Füssen ruht und oben durch den Deckel B geschlossen ist, in welchem die langen und engen unter sich parallelen Oeffnungen C, in gleicher Anzahl wie die Filtertaschen, ausgeschnitten sind. Jede dieser Oeffnungen kann mit der hohlen beweglichen Kappe G bedeckt werden, welche an einem Ende geschlossen ist, und am anderen einen Stutzen trägt, in welchem das Rohr I befestigt ist, dessen Mündung sich oberhalb der am Deckel B befestigten Rinne K befindet. Jedes Filterelement besteht aus: 1) einer flachen Tasche D aus einem der zu filtrirenden Flüssigkeit angepassten Gewebe; 2) einem metallischen Rahmen E aus einem eigenthümlichen (patentirten) Drahtgewebe. Die die Rahmen E enthaltenden Taschen E haben eine Oeffnung nur im oberen Theile, wo sie in dem biegsamen Kopfe F endigen, welcher von eigenthümlicher (patentirter) Einrichtung ist und zweierlei Zweck hat. Er vermittelt nämlich die sichere Aufhängung der Tasche und des Rahmens am Deckel B und ausserdem die Verbindung zwischen den Taschen D und den entsprechenden Kappen G. Die Dichtigkeit dieser Verbindung wird durch die Schraubenmuttern H hergestellt, welche je zwei Kappen zugleich fassen und halten. Zu dem Apparate gehören ferner eine Anzahl Nebentheile, wie die Ventile zur Regelung des Einflusses, zum Ausleeren des Schlammes u.s.w. Hiernach versteht man leicht die sehr einfache Arbeitsweise des Filters. Textabbildung Bd. 282, S. 71Fig. 7.Philippe's mechanisches Filter. Die einzelnen Taschen mit den darin befindlichen Rahmen, also die Filterelemente werden durch die dafür bestimmten Schlitze C im Deckel B in den Kasten A eingeschoben, sie bleiben wegen des Rades am Kopfe F oben hängen und werden durch die Mutter H an ihrer Stelle befestigt und durch Anziehen der Schraube gedichtet. Das Filter ist somit hergerichtet und man braucht nur das Eingangsventil zu öffnen, worauf die Flüssigkeit unter dem entsprechenden Drucke eintritt, den Kasten füllt, durch das Gewebe der Taschen in diese eintritt, in die Höhe steigt und filtrirt durch I und K abfliesst. Die Rahmen E haben dabei keinen anderen Zweck, als den Durchfluss offen zu halten, ohne dass die Taschen unter dem Drucke der Flüssigkeit zusammenfallen. Die aus der Flüssigkeit abgeschiedenen festen Theile haften bei der geringen Geschwindigkeit der Strömung nur schwach am Gewebe, fallen zum grössten Theile zu Boden und können durch die Oeffnung neben dem Eintritt leicht entfernt werden. Zum Auswechseln der mit Schlamm beladenen Taschen genügt es, den Zufluss abzusperren; die Muttern zu lösen, die Kappen ab- und die Filterelemente herauszunehmen und durch frische zu ersetzen; dies erfordert nur wenige Minuten und die Wirksamkeit des Filters ist also eine sozusagen ununterbrochene; die Taschen sind äusserst leicht zu reinigen. Die Ueberwachung ist eine einfache; da jede Tasche ihren besonderen Abfluss hat, so kann man jeden Augenblick sehen, ob sie gut arbeitet, und wenn dies nicht der Fall ist, Abhilfe schaffen. Wenn man die Tasche nicht sofort auswechseln will, kann man auch die betreffende Abflussröhre I einfach verschliessen, damit unfiltrirter Saft nicht zum filtrirten treten kann. Da jede Tasche nur einen Verschluss hat und dieser von aussen zugänglich ist, so kann auch die Dichtung bei jeder einzelnen erkannt und etwaiger Undichtheit leicht abgeholfen werden. Uebrigens kann auch eine solche nicht einmal Schaden bringen, da die heraustretende Flüssigkeit in einer besonderen Rinne, die um den Deckel herumläuft, aufgefangen wird. Will man den ganzen Inhalt les Kastens A filtrirt entleeren, so steckt man eine der Taschen in eine metallene Scheide L, welche mit dem Kasten nur durch eine Oeffnung am unteren Ende in Verbindung steht. Wird nun durch Dampf oder Druckluft ein Druck auf die Oberfläche der Flüssigkeit im Kasten ausgeübt, oder auch durch die Abflussröhre I ein Absaugen bewirkt, so muss die ganze Flüssigkeit im Kasten durch die Oeffnung der Scheide L ein- und oben filtrirt heraustreten. Es ergeben sich folgende Vorzüge dieses Filters: 1) Einfachheit und Schnelligkeit der Zusammenstellung und des Auseinandernehmens. 2) Leichte Wäsche der Taschen. 3) Einfache Dichtung jeder Tasche. 4) Die Dichtung liegt ausserhalb und ist daher leicht zu übersehen. 5) Unmöglichkeit der Vermischung filtrirter mit unfiltrirter Flüssigkeit. 6) Alle Taschen sind von einander ganz unabhängig und die Thätigkeit einer jeden ist daher leicht zu beobachten. 7) Jede Tasche kann während der Arbeit leicht ausgewechselt werden, ohne dass das Filter entleert zu werden braucht. 8) Der ganze Filterinhalt kann filtrirt abgezogen werden. 9) Das Filter nimmt nur geringen Raum ein. Dementsprechend hat das Filter in den Fällen seiner Anwendung sich vollkommen bewährt. (Schluss folgt.)