Titel: Zur Kenntniss der Druckdestillate des Thrans.
Autor: E. Dieckhoff
Fundstelle: Band 287, Jahrgang 1893, S. 41
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Zur Kenntniss der Druckdestillate des Thrans. Von E. Dieckhoff. Zur Kenntniss der Druckdestillate des Thrans. Bekanntlich haben EnglerBerichte der deutschen chemischen Gesellschaft, Bd. 21 S. 1816, und Engler: Erdöl und Erdgas. Verhandlungen deutscher Naturforscher und Aerzte 1890. und später dieser und SeidnerBerichte der deutschen chemischen Gesellschaft, Bd. 22 S. 595, und Seidner: Ueber die Zersetzung der Fettstoffe beim Erwärmen unter Druck. Dissert. Karlsruhe 1889. durch Destillation von Fischthran unter starkem Ueberdruck ein Destillat erhalten, welches bis gegen 90 Proc. der theoretisch möglichen Ausbeute an Kohlenwasserstoffen ergab, und diese Thatsache wird als ein Beleg für die Theorie der Entstehung des Erdöls aus thierischen Resten in dem Rinne betrachtet, dass, nach Ablagerung der letzteren, die stickstoffhaltige organische Substanz rascher Zersetzung unterlag, während die beständigeren Fette nach Ueberlagerung durch Sedimentärschichten unter Wirkung von Wärme und Druck oder auch durch Druck allein in Erdöl umgewandelt wurden. Wesentlich gestützt wurde diese Auffassung durch den Nachweis, dass die Hauptmasse des Destillats aus gesättigten Kohlenwasserstoffen – von denen eine grosse Anzahl, wie Pentan, normales und secundäres Hexan, normales und secundäres Heptan, normales und secundäres Octan, Nonan isolirt und durch die Analyse, sowie durch die Siedepunkt-, specifische Gewicht- und Dampfdichtebestimmung identificirt wurde –, den Hauptbestandtheilen der meisten natürlichen Erdöle, besteht, und dass auch die bei der Druckdestillation entstehenden Gase in der Hauptsache die gleichen Bestandtheile aufweisen. Es wurde jedoch von verschiedenen Seiten entgegengehalten, dass die chemische Analogie des Druckdestillats mit Naturöl nur eine einseitige sei, dass in den Druckdestillaten des Thrans kein festes Paraffin und keine Schmieröle aufgefunden wurden. Obgleich bei den früheren Versuchen der Nachweis der Anwesenheit des Paraffins auch schon, aber ohne Erfolg versucht wurde, hat Herr Singer im hiesigen Laboratorium doch noch mit vorhandenen grösseren Mengen des Druckdestillats diese Versuche wieder aufgenommen, und es ist ihm in der That gelungen, aus den höher siedenden Antheilen nicht nur festes krystallisirtes Paraffin, weisse Krystallschuppen vom Schmelzpunkte 49 bis 51° C, sondern auch Schmieröle bis zu einer Viscosität von 3,37 zu erhalten, worüber noch ausführlicher berichtet werden wird. Durch dieses Ergebniss ist der gemachte Einwand des Fehlens der genannten Bestandtheile im Fischthrandruckdestillate also beseitigt. Nach D. R. P. Patentschrift Nr. 56401 der Gewerkschaft Messel (Dr. Ad. Spiegel) lassen sich aus den durch trockene Destillation aus Braunkohle oder bituminösen Stoffen erhaltenen Oelen, als auch aus allen natürlichen Erdölen durch Behandlung mit starker Schwefelsäure Sulfosäuren und Sulfone, denen der Name Tumenolsulfosäure bezieh. Tumenolsulfon beigelegt ist, erhalten, welche sich aus gewissen hochgradig ungesättigten, durch Oxydation in noch weniger gesättigte Derivate übergehenden Bestandtheilen der genannten Substanzen bilden und sich durch charakteristische, besonders stark reducirende Eigenschaften auszeichnen. Auf diesen stark reducirenden Eigenschaften des Tumenols, sowie der Leichtigkeit, mit der es resorbirt wird, soll nach A. NeisserD. M. W., Bd. 17 S. 1238, und Chemisches Centralblatt, LXIII (1892) Bd. 1 S. 235. die gute Verwendbarkeit des Präparates in der Dermatologie beruhen. Ueber die Bildung von Sulfosäuren aus Braunkohlentheeröl berichtet auch v. Boyen (Chemiker-Zeitung, XIV [1890] S. 267), ohne dieselben jedoch näher zu charakterisiren. Zur weiteren Identificirung der Druckdestillate des Fischthrans mit den Bestandtheilen des natürlichen Erdöls war es nun von Interesse, zu untersuchen, ob die ersteren mit Schwefelsäure die gleichen Producte ergeben würden. Nach dem der Gewerkschaft Messel auf Grube Messel bei Darmstadt patentirten Verfahren zur Darstellung von Tumenolsulfosäure und Tumenolsulfon werden Mineralöle oder Erdwachs, gleichgültig, ob solche dem Erdreich direct entstammen oder mittels trockener Destillation bituminöser Stoffe oder Braunkohle erhalten wurden, zur Beseitigung von Phenolen und Säuren mit Natronlauge; zur Entfernung von basischen Bestandteilen mit Schwefelsäure von 70 Proc. geschüttelt, durch welch letztere die Muttersubstanzen der Tumenolkörper nicht berührt werden. Durch Behandlung des so gereinigten Oeles mit concentrirter oder rauchender Schwefelsäure bei massiger Erwärmung entsteht unter Temperaturerhöhung und Schwefligsäureentwickelung ein dunkel gefärbtes Reactionsproduct, welches um so reicher an wasserlöslicher Sulfosäure und um so ärmer an wasserunlöslichem Sulfon ist, je stärker die angewandte Schwefelsäure war. Nach Decantation des unangegriffen gebliebenen Oeles und Beseitigung der überschüssigen Schwefelsäure durch Aussalzen des in Wasser eingetragenen Products wird letzteres in Sulfosäure und Sulfon getrennt, indem es mit Alkali übersättigt und mit Aether extrahirt wird, wobei das Sulfon beim Verdunsten des Aethers und Trocknen als dunkelbraune dicke Flüssigkeit hinterbleibt, während die Sulfosäure aus der wässerigen Lösung durch Salzsäure ausgeschieden wird und nach dem Reinigen und Trocknen ein dunkel gefärbtes Pulver bildet. Auf Grund der durch die Analyse gefundenen Werthe stellte SpiegelNach dem freundlichst zur Verfügung gestellten Manuscript des Herrn Dr. Ad. Spiegel. für das Sulfon die Formel (C41H67O)2SO2, für die Sulfosäure die Formel C41H52O2SO3 auf. Durch Destillation unter Druck, nach Engler's Angabe, aus Leberthran dargestelltes Oel – künstliches Petroleum – wurde nun einer ganz gleichen Behandlungsweise unterzogen, also zunächst von den darin vorkommenden Verunreinigungen befreit und zwar von Säuren, Phenolen und ähnlichen Substanzen durch so lange fortgesetztes Ausschütteln mit immer neuen Mengen von Natronlauge, bis diese nichts mehr aufnahm, nicht mehr gefärbt wurde, von basischen Bestandtheilen durch Schütteln mit 70procentiger Schwefelsäure, bis dieselbe – die anfangs tiefschwarz und dickflüssig wurde – farblos blieb. Nach dem Auswaschen und Trocknen des Oeles wurde dasselbe im Vacuum überdestillirt. 100 Th. des so gereinigten Oeles wurden alsdann auf 80° C. erwärmt und unter kräftigem Umschütteln mit 20 Th. rauchender Schwefelsäure von 3 Proc. Anhydridgehalt versetzt, wodurch eine bedeutende Temperaturerhöhung und kräftige Schwefligsäureentwickelung eintrat. Nach dem Erkalten wurde das unangegriffene Oel von dem abgesetzten dunkeln Syrup durch Decantiren getrennt, dieser unter Umrühren in heisses Wasser eingetragen, und die Lösung darauf bis zur Ausscheidung der gebildeten Producte mit concentrirter Chlornatriumlösung versetzt. Die hierdurch ausgeschiedene dunkel gefärbte, dicke Flüssigkeit wurde durch wiederholtes Auswaschen mit Chlornatriumlösung bezieh. durch Auflösen in Wasser und Aussalzen von anhaftender Schwefelsäure befreit, sodann nach dem Absetzenlassen von der Natriumchloridlösung getrennt. Das Product wurde zur Ueberführung der gebildeten Sulfosäure in ihr Natriumsalz mit Natronlauge bis zur alkalischen R-eaction versetzt und so häufig mit neuen Mengen Aether geschüttelt, bis letzterer ungefärbt blieb. Die vereinigten Aetherauszüge wurden verschiedentlich mit Wasser, schliesslich mit verdünnter Salzsäure gewaschen und hinterliessen, nach vollständiger Trennung von genannten Flüssigkeiten, beim Verdunsten reichliche Mengen eines dunkelbraunen syrupartigen Rückstandes, welcher durch anhaltendes Erwärmen auf dem Wasserbade vollständig von Salzsäure und Wasser, sowie von vielleicht noch anhängenden kleinen Mengen Kohlenwasserstoffen befreit wurde und so eine Substanz bildete, welche in ihren Eigenschaften vollständig mit dem von Spiegel auf gleiche Weise dargestellten Tumenolsulfon übereinstimmte. Wie dieses bildet sie eine dunkle syrupöse Flüssigkeit von bitterem Geschmack, welche in Aether, Benzol und Ligroin leicht, in Alkohol schwer löslich ist und, obgleich in Wasser unlöslich, leicht von einer wässerigen Lösung der Sulfosäure aufgenommen wird; wie dieses ist sie nicht ohne Zersetzung destillirbar und löst sich in rauchender Schwefelsäure unter Schwefligsäureentwickelung zu Sulfosäure. Bei der Verbrennung mit Bleichromat ergaben 0,278 g Substanz 0,8165 g CO2 und 0,2765g H2O, entsprechend 80,11 Proc. C und 11,05 Proc. H; bei der Schwefelbestimmung nach Carius wurden aus 0,24625 g Substanz 0,0498 g BaSO4, entsprechend 0,006839 g = 2,77 Proc. S, erhalten. Gefunden Von Spiegel inD. R. P. Nr. 56401 der Gewerkschaft Messel.Tumenolsulfongefunden Berechnet für(C41H67O)2SO2 C = 80,11 Proc. 81,83 81,05 H = 11,05   „ 11,08 11,03 S =   2,77   „   2,63   2,60 Aus der durch Ausziehen mit Aether vom Sulfon befreiten wässerigen Lösung des Natriumsalzes der Sulfosäure wurde letztere mittels Salzsäure ausgefällt und durch häufig wiederholtes Auflösen in Wasser und Ausscheiden mit Salzsäure vollständig von Salzen getrennt und gereinigt, sodann durch anhaltendes Erwärmen auf dem Wasserbad von Salzsäure und Feuchtigkeit befreit. Dieselbe bildet so eine feste, schwarzbraune Masse von eigenthümlichem, bitterem Geschmack, welche beim Erwärmen erweicht und nach dem Trocknen bei 110° zu einem dunklen Pulver zerreiblich ist. Sie ist leicht löslich in Wasser und wird aus dieser Lösung durch Salzsäure oder Chlornatrium wieder ausgeschieden. Auch in ihrem sonstigen Verhalten und Eigenschaften zeigt sie völlige Uebereinstimmung mit denen der von Spiegel dargestellten Tumenolsulfosäuren; gleich diesen besitzt sie die Eigenschaft, in wässeriger Lösung Gelatine- und Leimlösungen, unter Erzeugung eines elastisch fadenziehenden, ganz kautschukähnlichen Niederschlags, zu fällen, ihre Alkalisalze sind wie die der Tumenolsulfosäuren in Wasser leicht löslich und werden durch Salzlösung ausgeschieden, ihre Salze der Erdalkali- und meisten Schwermetalle sind unlöslich in Wasser. Gemeinsam den Sulfosäuren beiderlei Abstammung sind ferner ihre ausgeprägt reducirenden Eigenschaften; wie jene, so scheidet auch diese beim Kochen mit Quecksilberchloridlösung – durch welche eine Fällung des Quecksilbersalzes der Sulfosäure nicht hervorgerufen wird – einen weissen Niederschlag von Quecksilberchlorür ab, reducirt Fern- zu Ferrosalzen, Permanganat zu Mangandioxyd und wird durch Kochen mit einer angesäuerten Lösung von Bichromat in ein unlösliches Oxydationsproduct übergeführt. Beide Säuren absorbiren leicht Brom, unter Erzeugung eines sich allmählich abscheidenden festen Bromirungsproducts. Eine Lösung der aus Drucköl dargestellten Sulfosäure bewirkt beim Schütteln mit Benzoylchlorid und Natronlauge unter starker Wärmeentwickelung reichliche Bildung von Benzaldehyd, ein Verhalten, welches, wie Versuche ergaben, auch die Tumenolsulfosäuren zeigen. Bei höherer Temperatur (schärferem Trocknen) wird die Sulfosäure durch theilweise Zersetzung unlöslich in Wasser. Die Analyse der Sulfosäure führte zu folgenden Werthen: 0,4378 g der Substanz lieferten beim Verbrennen mit Bleichromat 1,219 g CO2 und 0,2958 g H2O, entsprechend 75,93 Proc. C bezieh. 7,5 Proc. H. Bei der Schwefelbestimmung nach der Carius'schen Methode wurden aus 0,2932 g Substanz 0,0907 g BaSO4, entsprechend 4,2 Proc. S, erhalten. Gefunden Spiegel ermittelte fürTumenolsulfosäure dieZusammensetzungD. R. P. Nr. 56401 der Gewerkschaft Messel. Die FormelC41H52O2SO3verlangtNeisser, Chemisches Centralblatt, LXIII (1892) Bd. 1 S. 236, gibt für die Tumenolsulfosäuren die Formel C41H67OSO3H an, welcher 75 Proc. C; 10,37 Proc. H; 4,88 Proc. S und 9,75 Proc. O entsprechen. C = 75,93 Proc. C = 74,23     C = 75,0 Proc. H =   7,5     „ H =   7,80 H =   7,92  „ S =   4,2     „ S =   4,86 S =   4,88  „ O = 12,37   „ O = 13,11 O = 12,19  „ Durch Fällen des Ammoniumsalzes der Sulfosäure mit Calciumchlorid wurde das wasserunlösliche Calciumsalz erhalten, dessen Analyse einen Calciumgehalt von 2,77 Proc. ergab, indem 0,3622 g desselben 0,0335 g CaSO4 = 0,01 g Ca lieferten. Gefunden Spiegel fand im Calciumsalzder Tumenolsulfosäure Die Formel(C11H51SO5)2Caverlangt 2,77 Proc. Ca 2,77 bezieh. 2,96 Proc. Ca 2,96 Proc. Ca Ein Theil des wie oben beschrieben gereinigten Drucköls wurde auch einer nochmaligen Destillation unterworfen, wobei die Antheile, die bei gewöhnlichem Luftdruck bis 150° übergingen, und ebenso die bei jetzt im Vacuum fortgesetzter Destillation übergehenden Antheile für sich aufgefangen wurden. Eine jede Fraction wurde in ganz gleicher Weise behandelt, wie oben beschrieben ist, nur mit dem Unterschiede, dass zur Sulfonirung Schwefelsäure von höherem Anhydridgehalt verwendet wurde. Auch hier zeigte sich die auch von Spiegel bei Darstellung der Tumenolpräparate beobachtete Thatsache, dass das Sulfonirungsproduct um so mehr Sulfosäure und um so weniger Sulfon enthält, je stärker die angewandte Schwefelsäure gewesen ist. Die einerseits aus den niedriger, andererseits aus den hoch siedenden Theilen des gereinigten Drucköles erhaltenen Producte, sowohl die Sulfone, als auch die Sulfosäuren Hessen in ihren äusseren Eigenschaften keine Verschiedenheit unter sich und von denen der früher erhaltenen Verbindungen erkennen. Die Calciumsalze der mittels stärkerer Schwefelsäure dargestellten Sulfosäuren ergaben jedoch einen höheren Calciumgehalt, als diejenigen der durch Einwirkung schwächerer Schwefelsäure erhaltenen Sulfosäuren und zwar einen auch unter sich verschiedenen. 0,332 g des bis zum constanten Gewicht getrockneten Calciumsalzes der Sulfosäure aus dem niedrig siedenden Theile des Drucköls lieferten 0,040 g CaSO4, entsprechend 0,01177 = 3,55 Proc. Ca; ferner 0,22 g desselben Salzes ergaben 0,027 g CaSO4, entsprechend 0,007941 g = 3,6 Proc. Ca, während in 1,12 g des getrockneten Calciumsalzes der aus den hoch siedenden Theilen des Drucköls erhaltenen Sulfosäure 0,1565 g CaSO4, entsprechend 0,04603 g = 4,11 Proc. Ca, bezieh. in 0,082 g des Calciumsalzes 0,011 g CaSO4, entsprechend 0,0032353 g = 3,95 Proc. Ca, gefunden wurden. Ich bin noch mit der näheren Untersuchung der Bestandtheile des Drucköls und der Derivate derselben, besonders der interessanten Sulfoverbindungen und ihrer Trennung beschäftigt und werde demnächst weiteres darüber berichten; aus dem Gesagten ist indessen schon zur Genüge die grosse Aehnlichkeit und Uebereinstimmung im Verhalten des Drucköls mit dem natürlichen Erdöl auch in dieser Beziehung zu erkennen und damit eine weitere Bestätigung der Entstehung des letzteren aus animalischen Resten erbracht. Karlsruhe. Chemisches Laboratorium der technischen Hochschule, November 1892.