Titel: Charles Cuttriss' Kohlenrelais und Uebertrager für Unterseekabel.
Fundstelle: Band 287, Jahrgang 1893, S. 160
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Charles Cuttriss' Kohlenrelais und Uebertrager für Unterseekabel. Mit Abbildung. Cuttriss' Kohlenrelais und Uebertrager für Unterseekabel. In dem New Yorker Electrical Engineer, 1892 Bd. 13 * S. 535 (vgl. auch Electrician, 1892 Bd. 29 * S. 147), hat Charles Cuttriss in New York ein ganz eigenartiges, für den Telegraphenbetrieb auf Unterseekabeln bestimmtes, auch als Uebertrager zwischen verschiedenen Kabeln verwendbares Relais beschrieben. Die Eigentümlichkeit bei demselben liegt vor allem in der Art und Weise, in welcher die Stromzustandsänderungen im Linienstromkreise in dem Localstromkreise wieder hervorgebracht werden; es geschieht dies nämlich nicht wie bei den gewöhnlichen Relaisschaltungen dadurch, dass der Ankerhebel des Relais die Localbatterie abwechselnd schliesst und unterbricht, sondern unter Einschaltung des Empfängers in die eine Diagonale einer Wheatstone'schen Brücke durch entsprechende, von den Telegraphirströmen veranlasste Widerstandsänderungen in zwei Brückenzweigen. Im Eingange seiner Beschreibung hebt Cuttriss hervor, dass die grossartige Entwickelung der elektrischen Licht-, Beförderungs- und Kraftübertragungsanlagen, bei denen es sich um Tausende und Zehntausende von Volt und Ampère handele, es fast ganz habe vergessen lassen, dass es Instrumente gebe, welche nur ein Hunderttausendstel Ampère als grösste und ein Millionstel Ampère als kleinste Stromstärke benutzen und doch bei ihrem täglichen Gebrauche die alte und die neue Welt mit einander verbinden unter Beseitigung der durch Zeit und Raum gesetzten Schranken. Dass diese Instrumente mit diesen schwachen Strömen bei einer Geschwindigkeit von 25 Wörtern in der Minute auf den atlantischen Kabeln zu arbeiten vermöchten, verdanke man wesentlich der Benutzung der selbsthätigen Geber anstatt der Geber für Handarbeit, denn bei jenen trete keine Ermüdung ein und deshalb könne jetzt nach 12-, ja 24stündiger Arbeit noch die nämliche Güte der telegraphischen Zeichen beschafft werden, wie beim Anfange. Vor wenigen Jahren sei man zufrieden gewesen, wenn man die Antwort auf ein aus Amerika nach London gesendetes Telegramm in einer Stunde gehabt habe; jetzt könne man sie in 1 oder 2 Minuten haben und dennoch fordere man noch rascheren Verkehr. Eine Steigerung in dieser Beziehung sei aber nur dadurch möglich, dass man die Zeit erspare, welche jetzt noch zum Weitertelegraphiren der Telegramme in Zwischenämtern verbraucht wird. Dazu wäre ein Uebertrager nöthig, welcher die im ersten Kabel ankommenden Zeichen selbsthätig in ein zweites Kabel weiter zu geben vermag. Da nun aber auf einem Unterseekabel von einiger Länge die Zeichen von einer undulatorischen Natur seien, so müsse das Relais diese Undulationen in dem localen Stromkreise in so getreuer Weise wiedererzeugen, wie ein Telephonempfänger die Schwingungen der Platte des Telephongebers wiedererzeuge. Zehn Jahre lang hat sich nun Cuttriss bemüht, dies zu erreichen, und ist zuletzt auf die nebenstehend abgebildete Anordnung gekommen. Dieselbe gestattet leicht die Verbindung mehrerer kurzer Kabel von etwa 1280 km bis 1600 km Länge hinter einander, oder die Verbindung eines kurzen Kabels mit einem langen. Seither war nur das Relais von Brown und Allan für Morsearbeit auf Kabeln über 800 km in Gebrauch, und dieses erforderte eine höchst sorgfältige Einstellung, wenn die Zeichen befriedigend ausfallen sollten. Die Zeichen des Heberschreibers vermochte bisher kein Instrument in einem Localstromkreise wiederzugeben, und man konnte deshalb auch nicht in der bei Morsetelegraphen üblichen Weise mehrere Aemter in derselben Stadt unmittelbar in einem durch sie hindurchgehenden Kabel arbeiten lassen. Im Frühjahr 1889 vermochte Cuttriss, welcher Elektriker der Commercial Cable Company ist, zuerst Heberschreiberzeichen in einem Localstromkreise mittels eines in ein der genannten Gesellschaft gehöriges Kabel zwischen Canso und New York eingeschalteten Relais zu empfangen; der Kupferwiderstand dieses Kabels misst 13600 Ohm bei einer elektrostatischen Capacität von 233 Mikrofarad und einer Länge von 855 Knoten; auf diesem Kabel wird mit Gegensprechen gearbeitet und zum Zeichengeben eine Batterie von 30 Volt benutzt. Dieses Relais war noch roh; es bestand aus einer in den Kabelstromkreis eingeschalteten Rolle von eigenthümlicher Form, welche zwei schmale Kohlenscheiben trug und sich in einem magnetischen Felde bewegte. Gegenüber den Scheiben waren zwei Kohlenspitzen, von denen der den Empfänger in sich enthaltende Localstromkreis ausging; der Empfänger bestand aus zwei 0,2 m langen Hufeisenmagneten, zwischen deren Polen eine kleine, den Schreibheber tragende Rolle um Spitzen drehbar aufgesteckt war und den Heber die Zeichen auf der Papierfläche schreiben liess, auf welcher er schleifte. Beim Geben von Zeichen vom entfernten Amte aus gab sie der Empfänger zu Cuttriss' Ueberraschung nach Form und Wesen vollkommen wieder; die Messungen zeigten, dass die Stromstärke im Localstromkreise über 50mal so gross war, als die ursprüngliche im Kabel. Cuttriss hat sich darauf bemüht, die beste Form der Contactspitzen zu finden, schliesslich aber hat er Spitzen von jeder Form verworfen, weil die Einstellung derselben zu fein sein musste und die Spitzen eine grosse Neigung zum Hängenbleiben und Verbrennen zeigten. Cuttriss wandte sich dann zur Herstellung von spiralförmig gewundenen Kohlenstücken und fand, dass beim Ersatz der stellbaren Spitzen durch dieselben alle vom Hängenbleiben und Brennen herrührenden Uebelstände beseitigt waren und dass dieselben einen ganz von der Bewegung der Rolle abhängigen veränderlichen Stromkreis lieferten. Das Relais gibt nun ganz genau die Schwingungen der Kabelströme wieder. Die Stärke der Ströme im Localstromkreise aber lässt sich bis zu einem so hohen Grade vergrössern, dass der Empfänger keine empfindlichen Theile zu haben braucht und von dem Telegraphisten selbst eingestellt werden kann, ohne dass dazu ein gewandter Mechaniker nöthig ist. Textabbildung Bd. 287, S. 161Cuttriss' Kohlenrelais für Unterseekabel. In der zugehörigen Abbildung ist C ein an dem Querstücke b befestigter Eisenkern, welcher so zwischen den beiden Polen eines Stahlmagnetes liegt, dass er die magnetischen Kraftlinien in zwei Feldern zusammendrängt, in denen eine Spule S oben und unten um Spitzen drehbar untergebracht ist. In dieser Beziehung ist das Instrument eine Nachbildung des Heberschreibers (vgl. 1872 205 * 197. 1877 224 * 279. 1883 250 * 312. 1890 276 237); anstatt aber Metallfedern, Gewichte oder ähnliche Mittel dazu zu gebrauchen, um die Spule nach ihrer Ablenkung beim Geben eines Zeichens in der Leitung L in ihre Nullstellung zurückzubringen, hat Cuttriss zwei Kohlenspiralen K und K1 angebracht, welche mit der Spule S durch Federn a und a1, oder in anderer Weise verbunden sind, und es ist leicht zu erkennen, dass bei jeder Ablenkung der Spule die eine Spirale gestreckt und die andere zusammengedrückt werden muss. In der Abbildung hat man sich die beiden Pole des Stahlmagnetes links und rechts von der Spule S zu denken. Die beiden Stromkreise der Localbatterie B, nämlich w, q, K, n und w1, q1, K1, n1, sind durch den Draht pp1, in welchen der Empfänger Q eingeschaltet ist, verbunden und bilden eine Wheatstone'sche Brücke; die Widerstände in den vier Zweigen derselben sind so ausgeglichen, dass an den Enden von pp1 keine Spannungsdifferenz vorhanden, der Empfänger Q also stromlos ist. Wenn dagegen die Rolle S bei Ankunft eines Zeichens abgelenkt wird, so presst sie die eine Kohlenspirale zusammen und streckt die andere, bringt dadurch die Brücke aus dem Gleichgewichte und erregt den Empfänger Q in einem der Bewegung der Rolle S entsprechenden Grade, wie es nach dem Gesetze der Wheatston'schen Brücke geschehen muss. Durch passende Wahl der Widerstände im Localstromkreise und der Batteriestärke kann man im Empfänger Q die gewünschte Kraft entwickeln. Und falls dies nöthig sein sollte, kann man in den Stromweg pp1 eine Anzahl von Empfängern in verschiedenen Aemtern einer Stadt aufstellen. Beim Anstellen von Versuchen mit diesem Relais und zufolge der Beobachtung, in wie vollkommener Weise durch diese Kohlenspiralen die schwachen Kabelzeichen wiedergegeben werden, hat sich Cuttriss dazu angeregt gefühlt, dieselben als einen Telephongeber zu benutzen (vgl. 1892 284 47) und er wurde durch ihre alle Erwartungen befriedigende Dienstleistung dabei nicht überrascht.