Titel: Zur Theorie der Construction von Solaröllampen.
Autor: Lissenko
Fundstelle: Band 287, Jahrgang 1893, S. 280
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Zur Theorie der Construction von Solaröllampen. Von Prof. Lissenko. Zur Theorie der Construction von Solaröllampen. Im Laufe der letzten Jahre hat die Naphtaproductionsgesellschaft Gebrüder Nobel eine besondere Aufmerksamkeit der Anwendung von Solarölen zum Verbrennen in Lampen gewidmet, da die bakusche Naphta eine bedeutende Menge dieses Leuchtmaterials enthält, welches, seither unbenutzt gelassen, in den Naphtarückständen – Masut – als Heizmaterial verbrannt wird. Anfänglich glaubte man, eine Reinigung mit rauchender Schwefelsäure (mit variirendem Gehalt an SO3) werde die Solaröle möglicher Weise so verändern, dass sie in gewöhnlichen Kerosinlampen befriedigend brennen würden. Die Versuche, die eine recht lange Zeit durchgeführt wurden, zeigten indessen, dass bei Reinigung durch rauchende Schwefelsäure die Solaröle zwar hellfarbiger erhalten werden, ferner ihr specifisches Gewicht sich etwas (um 2 bis 3 Tausendstel) verringert, dass aber auch ihre Viscosität und folglich ihre Fähigkeit, vom Dochte aufgesaugt zu werden, unverändert bleibt. Demzufolge wurde bei den photometrischen Untersuchungen sowohl der mit gewöhnlicher, als auch mit rauchender Schwefelsäure gereinigten Solaröle kein besonderer Unterschied constatirt. Eine Folge dieser Resultate war die Aufgabe des Projects, die Reinigung der Solaröle mit rauchender Schwefelsäure vorzunehmen und das hierzu erforderliche Schwefelsäureanhydrid in Baku herzustellen. Die Versuche zeigten, dass bei sorgfältiger Destillation man auch bei Reinigung mit den gewöhnlichen Reagentien (d.h. mit englischer Schwefelsäure von 94 bis 96 Proc. Monohydrat und Aetzlaugen von 7 bis 8 Proc.) ein Solaröl sehr hoher Güte gewinnen kann, mit einem specifischen Gewicht von 0,866 und einem Entflammungspunkte von 121,1° C. (250° Far.). In Folge dessen schloss die Gesellschaft Gebrüder Nobel dieses Oel in die Zahl der übrigen Producte ihres Betriebes ein. Gegenwärtig gewinnt die Gesellschaft Gebrüder Nobel zwei Sorten Solaröl: 1) leichtes Solaröl mit einem specifischen Gewicht von 0,855 und einem Entflammungspunkt bei 100° C. Dieses Oel liefert bei der fractionirten Destillation: bis 250° 22,1 Proc. 0,8432 spec. Gew. von 250° bis 275° 38,4   „ 0,8524 275° 300° 33,2   „ 0,8612 über 300°   6,0   „ 2) schweres Solaröl mit einem specifischen Gewicht von 0,866 und einem Entflammungspunkte bei 121,1° C. (250° F.); dasselbe beginnt bei 280° C. zu sieden und ergibt bei der Destillation 40,37 Proc. bis 300° übergehende Producte. Da das erste, d.h. das leichte Solaröl viele Bestandteile mit dem Kerosin gemein hat, so waren auch die mit demselben angestellten Brennversuche in Lampen von keinem wesentlichen Interesse. Es wurde nur constatirt, dass dasselbe in einigen Kerosinlampen befriedigend brannte. Die nachstehend mitgetheilten Versuche beziehen sich deshalb alle auf schweres Solaröl von 0,866 spec. Gew. Im Besitze eines Solaröls, welches ein so gefahrloses Leuchtmaterial ist, war die Gesellschaft Gebrüder Nobel sich jedoch bewusst, dass sie für dieses Oel keinen Absatz finden würde, wenn sich die bisherigen Kerosinlampen nicht so modificiren liessen, dass die Solaröle auf ihnen mit befriedigendem Erfolge gebrannt werden konnten. Deshalb proponirte die Gesellschaft den Petersburger Lampenfabrikanten, sich mit der Construction von zum Brennen des Solaröls passenden Lampen zu befassen, wobei zur Richtschnur gegeben wurde, dass die Höhe des Brenners über dem Reservoir möglichst zu vermindern und die Dicke des Dochtes zu vergrössern sei. Es war mir von vornherein nicht klar, worin sich die Wirkung des dickeren Dochtes äussern sollte, und deshalb wurden Versuche über die Schnelligkeit des Aufsteigens von Oel in verschiedenen Dochten und über das in verschiedenen Theilen des gesättigten Dochtes befindliche Oelquantum angestellt. Die Versuche in Bezug auf die Schnelligkeit des Aufsteigens sowohl von Solaröl von 0,866 spec. Gew., als auch von Kerosin wurden ganz in derselben Weise wie von den Herren Engler und Lewin ausgeführt (D. p. J. 1886 261 81). Demgemäss wurde der nach Centimeter getheilte, mit Benzin durchgewaschene und sorgfältig getrocknete Docht an einen etwa 2 dm hohen Holzrahmen befestigt und senkrecht über einem flachen Teller angebracht, in welchem das der Untersuchung unterliegende Oel sich befand, so dass das obere Niveau desselben mit dem Nullpunkte der Theilung des Dochtes zusammenfiel. Die Temperatur des Oeles war gewöhnlich 19° bis 20° C.; es sei aber bemerkt, dass während der Versuchsdauer die Temperatur bis 23° hinaufging, was durch eine Lampe von 29 Kerzen verursacht wurde, welche hinter dem Docht aufgestellt war, um leichter den Aufstieg des Oeles beobachten zu können. Die Versuche wurden in dunklem Zimmer durchgeführt und die Dauer des Aufstieges mit einer Secundenuhr bestimmt. Hinsichtlich der Genauigkeit dieser Beobachtungen ist zu bemerken, dass dieselben nur annähernd richtig sind. Die Höhe des Aufstieges des Oeles wird am Dochte bekanntlich dadurch festgestellt, dass derselbe, soweit das Oel in ihm vorgedrungen ist, durchscheinend wird. Der Docht imprägnirt sich aber nicht gleichmässig rasch in seiner ganzen Breite. Einige Fäden beginnen früher durchscheinend zu werden, andere dagegen (dickere und knotige) später, so dass es nicht immer leicht ist, die Höhe des Aufstieges festzustellen. In zweifelhaften Fällen wurde an den Theilstrich, welchem sich die steigende Flüssigkeit näherte, ein Stück Filtrirpapier gelegt und darauf geachtet, ob sich dasselbe dabei anfeuchtete. Wenn dies nicht eintritt, so gilt dies als ein Beweis, dass die Flüssigkeit bis zum Strich noch nicht gestiegen war. Die vorherige Behandlung des Dochtes mit Benzin und das Trocknen erweist sich als durchaus nothwendig, weil die Feuchtigkeit (deren Menge sehr verschieden ist) das Aufsaugen verhindert. Es ist höchst wahrscheinlich, dass eine vorherige Durchwaschung des Dochtes mit einer schwachen Lauge und Wasser nützlich wäre; ich habe dies aber nicht versucht und begnügte mich nur mit der Durchwaschung mit Benzin, und zwar aus dem Grunde, weil ich die Versuche mit jedem Dochte dreimal wiederholte und das von ihm aufgenommene Oel nach dem ersten und nach dem zweiten Mal mit Benzin extrahirte. Die Beobachtungen ergaben, dass der getrocknete, aber nicht mit Benzin durchgewaschene Docht das Oel bedeutend schlechter aufsaugt. Nachstehend folgen eine grössere Zahl von Versuchsergebnissen: I II III IV V VI VII cm Sec. Sec. Sec. Sec. Sec. Sec. Sec. 1 3 3 5 5 75 ? ? 2 15 13 20 25 225 3 ? 3 32 35 55 65 540 6 5 4 70 60 90 120 1080 12 12 5 120 110 150 210 1740 28 30 6 200 180 225 340 2460 45 50 7 285 285 295 480 3360 65 75 8 390 390 390 640 4320 95 105 9 530 510 560 830 5640 125 150 10 630 710 710 1070 7020 165 190 11 860 950 870 1380 9480 210 250 12 1070 1200 1070 1740 13920 265 315 13 1360 1500 1275 2220 ? 330 385 14 1605 1800 1515 2760 ? 405 460 15 1980 2100 1820 3420 ? 490 520 In dieser Tabelle bedeutet: I Solaröl von 0,866 spec. Gew. mit einem gewöhnlichen Kerosin-docht, II 0,866 lockeren, dicken Docht, III 0,866 gewöhnlichen, mit Ben-zin durchgewaschenenDocht, IV 0,866 gewöhnlichen, mit Ben-zin nicht durchgewasche-nen Docht, V 0,866 Streifen Filtrirpapier von10 Zoll Breite, VI Kerosin der Gesellschaft Gebrüder Nobel von 0,825 spec. Gew.mit einem gewöhnlichen dünnen Docht, VII der Gesellschaft Gebrüder Nobel von 0,825 spec. Gew.mit einem lockeren dicken Docht. Der Versuch V wurde in der Hoffnung gemacht, dass der Aufstieg des Oeles im Papier schärfer als im Docht zu beobachten sein würde. Es zeigte sich jedoch, dass der Aufstieg des Oeles im Papier zu langsam erfolgt, weshalb diesbezügliche weitere Versuche unterlassen wurden. In Anbetracht dessen, dass die Differenz in der Schnelligkeit des Aufstieges nur 60 bis 100 Secunden erreicht, halte ich für möglich, aus diesen Zahlen folgende Schlüsse zu ziehen: 1) Die Schnelligkeit des Aufstieges von Solaröl ist sowohl bei einem dicken, wie bei einem dünnen Docht die gleiche; dasselbe gilt für Kerosin. 2) Die Schnelligkeit des Aufstieges im Docht ist beim Kerosin von 0,825 spec. Gew. eine bedeutend grössere als beim Solaröl von 0,866 spec. Gew. und übertrifft die letztere um fast 4,5mal. Diese Schlussfolgerung ist besonders in die Augen fallend, wenn man die Veränderung des Aufstieges sowohl von Kerosin, als von Solaröl graphisch darstellt; die beiden dabei erhaltenen Curven steigen regelmässig an, die eine erreicht aber bei einem Aufstieg von 15 cm die Theilung, welche 2000 Secunden entspricht, während die andere in einer Höhe von etwa 500 Secunden endigt. Ich war anfangs der Ansicht, dass die Schnelligkeit des Aufstieges irgend eines Naphtaproductes bloss eine Function seines specifischen Gewichtes sei und von der Beschaffenheit des Dochtes, wenn er nur richtig gereinigt und gut getrocknet ist, durchaus unabhängig sei. Meine Versuche bestätigen dies aber nicht, weisen vielmehr darauf hin, dass die Schnelligkeit des Aufstieges auch vom Docht selbst beeinflusst wird. Wodurch dieser Einfluss bewirkt wird, vermag ich nicht zu sagen. Da ich mehr als 20 Lampen mit dicken Dochten zu meiner Verfügung hatte, in welchen Solaröl von 0,855 spec. Gew. sehr befriedigend brennt, so blieb mir durchaus unverständlich, warum mit dicken Dochten das Solaröl gut brennt, obgleich die Schnelligkeit des Aufstieges in ihnen nicht zunimmt. Um klarzustellen, ob hier nicht das Quantum des aufgesaugten Oeles von Einfluss sei, wurde der Docht, sobald das Oel in ihm bis zum Theilstrich 15 cm gestiegen war, unter entsprechenden Vorsichtsmaassregeln zur Verhütung von Oelverlusten, in Stücke von je 5 cm geschnitten, welche auf Uhrgläsern gewogen wurden. Hierauf wurden die Dochtstücke in Benzin getaucht, nach der Durchwaschung in Piltrirpapier abgedrückt, dann aufs neue mit Benzin behandelt und diese Operation dreimal wiederholt. Hierauf wurde der Docht getrocknet und gewogen; die Differenz im Gewicht ergab dann das Quantum des Oeles, das sich im Docht befunden hatte. Von den auf diese Weise erhaltenen Resultaten führe ich folgende an: Dochtstücke zu je 5 cm I II III Total g g g g Solaröl von 0,866 spec. Gew. mit    gewöhnlichem Docht 2,09 1,75 1,025 4,865 Solaröl von 0,866 spec. Gew. mit    dickem Docht 3,60 2,93 1,380 6,940 Kerosin von 0,825 spec. Gew. mit    gewöhnlichem Docht 1,85 1,519 0,935 4,364 Kerosin von 0,825 spec. Gew. mit    dickem Docht 3,604 2,680 1,640 7,924 Die in Rubrik I aufgeführten Zahlen geben die Oelmengen an, welche von dem dem Oelbehälter zunächst befindlichen 5 cm langen Dochtstücke aufgesaugt wurden. In Rubrik II sind die Oelmengen für das mittlere, in III für das zu oberst befindliche Dochtstück angegeben. Diese Zahlen zeigen ganz deutlich, dass das Quantum des vom Dochte aufgesaugten Oeles vor allem von der Dicke des Dochtes abhängt, aber sehr wenig von dem specifischen Gewicht des Oeles beeinflusst wird. Bei den in meinem Besitze befindlichen Dochten schwankt die Menge des von ihnen aufgesaugten Oeles in den Grenzen von fast 1,5 bis 2, d.h. die dünnen Dochte saugen fast zweimal weniger Oel auf als die dicken. Es verdient noch die Thatsache erwähnt zu werden, dass das Quantum Oel mit der Höhe des Dochtes immer mehr abnimmt. Es schien mir von Interesse; zu untersuchen, ob sich die Menge des Oeles in allen Theilen des Dochtes ausgleicht, wenn man denselben im Oele lange Zeit hängen lässt. Um dieses zu entscheiden, liess ich den Docht, als das Solaröl bereits bis zur Höhe von 15 cm gestiegen war, noch 1 Stunde im Oel und bestimmte nach Ablauf dieser Zeit die Menge desselben in den drei Theilen des Dochtes. Dabei erhielt man: in den ersten 5 cm 3,04 g, in den folgenden 2,5 cm 1,33 g und in den weiteren 2,5 cm 1,282 g. Es ist augenscheinlich, dass die Menge des Oeles mit der Zeit in den oberen Theilen des Dochtes wächst. Dieser Versuch ist übrigens nicht ganz beweiskräftig, und da die Frage über die Veränderlichkeit der Menge des Oeles in den verschiedenen Theilen des Dochtes, gerechnet vom Zeitpunkte seines Untertauchens in die Flüssigkeit, für mich nicht wesentlich wichtig war, so habe ich den Versuch auch nicht wiederholt. Berücksichtigt man, dass der Docht der Flamme die ganze Menge Oel zuführen muss, welche die Lampe in 1 Stunde verbrennt, und zieht man in Betracht, dass das Solaröl von 0,866 spec. Gew. im Dochte fast um 4,5mal langsamer als Kerosin von 0,825 spec. Gew. steigt, dass ferner durch einen dickeren Docht der Zufluss des Oeles zur Flamme nur um zweimal gesteigert werden kann und endlich die Menge des Oeles sich im Dochte nicht gleichmassig vertheilt, sondern im unteren Theile am grössten ist, so ist es klar, dass man zur Construction der Solaröllampen die Höhe des Brenners und des Reservoirs bis zum möglichsten Minimum verringern, den Docht aber verdicken muss. Um diese Schlussfolgerungen zu controliren, bediente ich mich einer Lampe mit 2,5 cm hohem Flachbrenner, der nur 6 bis 7 Stunden befriedigend brannte, so lange das Oel bis zur halben Höhe des Reservoirs reichte, dann aber starkes Zurückgehen der Flamme erkennen liess. Um diesen Misstand zu beseitigen, wurde der Docht, mit welchem die Lampe vom Fabrikanten versehen worden war, durch einen neuen, gleichfalls 10 Linien breiten Docht, wie er zum Brennen von Kerosin benutzt wird, ersetzt, welcher in der Längsrichtung auf einer Nähmaschine doppelt zusammengenäht war. Unter diesen Bedingungen war ein Zurückgehen der Flamme kaum bemerkbar, sogar bei einer Brennzeit von 11 bis 12 Stunden und beim vollständigen Ausbrennen des Reservoirs, welches eine Totalhöhe von 5 cm hatte. Die photometrischen Versuche mit diesem Brenner, der auf ein Controlreservoir geschraubt wurde, lieferten folgende Resultate: Beim Aufstieg des Oeles bis zur Höhe von 6 cm erreichte man eine Lichtstärke von 10½ Kerzen 7 10 8   9½ 9   8½ In die Höhe des Oelaufstieges ist auch die Höhe des Brenners eingeschlossen. Die Beobachtungen ergaben, dass diese Lampe in 1 Stunde annähernd 29 g bei einer Lichtstärke von 11 Kerzen consumirt, welche Oel menge der Docht der Flamme zuführen muss. Da sich nun gezeigt hat, dass das Solaröl von 0,866 spec. Gew. in dem gewöhnlichen Dochte die untersten 5 cm in 220 Secunden durchdringt und in diesen Raum nur 1,6 g Oel eingesaugt werden, so berechnet sich, dass durch diesen Docht der Flamme in 1 Stunde nur 26,2 g zugeführt werden bei einer Oelhöhe von 5 cm (2,5 cm für den Brenner und 2,5 cm für das Reservoir gerechnet), was zu ihrer Speisung nicht genügt, weshalb die Flamme zurückgeht. Bei dem Doppeldocht dagegen ändert sich zwar die Schnelligkeit des Oelaufstieges nicht (die directe Bestimmung ergab 225 Secunden für 5 cm), aber es werden von 5 cm Docht 2,8 g Oel aufgesaugt, die Flamme erhält also in 1 Stunde 44,8 g Oel, somit mehr als sie verbraucht, und deshalb kann ein Zurückgehen der Flamme nicht stattfinden. Ein Sinken der Flamme wird auch bei einer grösseren Höhe des Aufstieges nicht stattfinden. So zeigte der Versuch, dass zum Aufstiege des Oeles in eine Höhe von 7 cm 500 Secunden erforderlich sind und 7,5 cm des Doppeldochtes 4,02 g Oel einsaugen, woraus sich ergibt, dass der Flamme in 1 Stunde 28,9 g Oel zugeführt werden, also ebenso viel als die Lampe consumirt. Bei noch grösserer Höhe des Aufstieges tritt auch bei diesem Doppeldochte ein Sinken der Flamme ein, was durch den Versuch bewiesen wurde. (Siehe die oben angeführten Versuche mit einem Controlreservoir.) Aehnliche Berechnungen stellte ich mit verschiedenen Dochten und Lampen an, und sie bestätigten stets meine Behauptung, dass Solaröl auf einer Lampe nur dann befriedigend brennt, wenn der Flamme so viel Oel zugeführt wird, als von derselben verbraucht wird. Aus dem Gesagten folgt, dass, wenn man den Stundenverbrauch der Lampe, die Beschaffenheit des Dochtes, d.h. die Schnelligkeit des Aufstieges des Oeles in demselben und die Menge Oel, welche er aufsaugt, kennt, man ohne Zuhilfenahme des Photometers sagen kann, wann die Flamme in der Lampe zurückzugehen beginnt, d.h. bis zu welchem Niveau das Oel im Reservoir sinken darf, bis eine Verringerung der Leuchtkraft der Flamme eintritt. Eine Lampe indessen schien diese Schlussfolgerung nicht zu bestätigen: der Blitzbrenner von 30 Linien. In dieser Lampe brennt das Solaröl von 0,866 spec. Gew. sehr befriedigend, gibt eine Lichtstärke von 50 bis 55 Kerzen und consumirt in 1 Stunde bis 152 g Oel. Ungeachtet des bedeutenden Umfanges ihres Reservoirs und seiner glücklichen Form, welche eine umgekehrt konische ist und dem Dochte ermöglicht, den grösseren Theil des Oeles bei verhältnissmässig geringer Höhe des Aufstieges aufzusaugen, ist der Oelaufstieg in dieser Lampe immerhin ein sehr bedeutender. Trotzdem wird in dieser Lampe kein dicker Docht verwendet. Ich schnitt aus diesem Dochte Streifen von 10 Linien Breite aus und bestimmte die Schnelligkeit des Aufstieges des Solaröles von 0,866 spec. Gew. in denselben, wie auch die Menge des aufgesaugten Oeles. Die Schnelligkeit des Aufstieges war folgende: Bei einer Höhe des Auf-    stieges von 1 cm 2 cm 3 cm 4 cm 5 cm Anzahl der Secunden 5 25 60 135 230 Bei einer Höhe des Auf-    stieges von 6 cm 7 cm 8 cm 9 cm 10 cm Anzahl der Secunden 375 530 740 930 1300 In den untersten 5 cm des Dochtes fanden sich 2,02 g und in den obersten 1,32 g, im Ganzen somit 3,34 g Oel. Die Berechnung ergibt, dass für einen Aufstieg von 5 cm ein Streifen Docht von 10 Linien 31,7 g Oel liefern kann. Da aber der ganze Docht eines Blitzbrenners eine Breite von 60 Linien hat, so kann dieser Docht 190,2 g Oel der Flamme zuführen, also mehr als sie verbraucht. Es muss aber berücksichtigt werden, dass bei der Lampe mit Blitzbrenner der Brenner selbst bis zum Reservoir fast 8 cm Höhe (7,7) hat, folglich beim Anzünden der Lampe mit gefülltem Reservoir das Oel wesentlich höher als 5 cm zu steigen hat. Legen wir eine Steighöhe von 10 cm zu Grunde, so berechnet sich, dass der Docht im Blitzbrenner der Flamme in 1 Stunde nicht mehr als 55 g Oel zuführen kann, gegenüber einem wirklichen Verbrauch von 150 g. Um diesen Widerspruch zu erklären, muss in Betracht gezogen werden, dass im Blitzbrenner für die innere Zufuhr von Luft zur Flamme ein Rohr vorhanden ist, welches durch das Reservoir geht. Auf dieses Rohr wird der Docht gezogen, so dass er an dasselbe anliegt. Während der Brennzeit der Lampe erwärmt sich dieses Rohr stark, folglich erwärmt sich auch das Oel, das den Docht imprägnirt hat, in Folge dessen seine Fähigkeit, sich im Dochte zu bewegen, unzweifelhaft zunimmt. Bereits Zaloziecki, sodann Engler und Lewin wiesen darauf hin, dass beim Brennen der Lampe die Aufsaugefähigkeit des Dochtes bedeutend steigt, in Folge Erwärmung des Oeles. Die Herren Engler und Lewin sind der Ansicht, dass auf die Fähigkeit des Oeles, sich im Dochte hinaufzusaugen, seine Viscosität von grossem Einflusse ist, welche bekanntlich mit steigender Temperatur sich verringert. Im Blitzbrenner erreicht das Oel im Reservoir sehr schnell eine Temperatur von 45°, wie hoch indessen das vom Dochte aufgesaugte Oel erwärmt wird, vermag ich vorerst nicht zu sagen. Ich hoffe, in kurzer Zeit über den Einfluss der Temperatur des Oeles im Reservoir auf den Lichteffect der Lampe Mittheilung machen zu können. Noch möchte ich hinzufügen, dass ich anfangs die Schnelligkeit des Oelaufstieges im Dochte etwas anders bestimmen wollte als Engler und Lewin; nämlich dadurch, dass ich dem Dochte die Form eines Hebers gab; bei dieser Anordnung wurde das Oel aus einem Gefäss herausgesaugt und tropfte in ein anderes, welches unter das lange Ende des Dochtes gesetzt war. Da aber die Bewegung der Flüssigkeit unter diesen Bedingungen sehr verschieden ist von derjenigen, wie sie in den Lampen vor sich geht, so liess ich diese Methode wieder fallen, obgleich ich mich überzeugte, dass dieselbe für Beobachtungen geeignet ist. Das Resultat meiner Untersuchungen lässt sich dahin zusammenfassen, dass Solaröl in einer Lampe stets gut brennen wird, wenn man sie so construirt, dass die Flamme in der Zeiteinheit nicht weniger Oel zugeführt erhält, als sie verbrennen kann. Jegliche Vorrichtung zur Verstärkung des Luftzuflusses erscheint mir überflüssig, und meine Ansicht wird gestützt durch die Arbeit Fischer's (D. p. J. 1883 248 375), welcher auf Grund seiner Analysen zu dem Schlusse gelangte, dass die im Glascylinder sich entwickelnden Gase bei wohl construirten Lampen auf 1 Th. Kohlensäure 2, ja sogar 4 Th. Sauerstoff enthalten. Es strömt somit in den Kerosinlampen mehr Luft zu, als zum Verbrennen von Kerosin nöthig ist. Der Versuch hat mir gezeigt, dass, sobald die Bedingungen für den Oelzufluss zur Flamme erfüllt sind, alle Kerosinbrenner beim Verbrennen von Solaröl eine Flamme geben, die nicht schlechter ist, als wenn Kerosin gebrannt wird. Die annähernde Berechnung zeigt, dass bei doppeltem Quantum der zuströmenden Luft, gegen das theoretische, die Flamme des Solaröles eine Temperatur von etwa 1200° hat, welche ausreichend ist, um Kohlentheilchen in der Flamme fast bis zur Weissglühhitze zu erhitzen. Es hängt somit lediglich von der Geschicklichkeit des Lampenfabrikanten ab, der Flamme des Solaröles einen sehr grossen Grad von Helligkeit zu verleihen, und er kann sich dazu derselben Mittel bedienen, wie Einschnüren des Glascylinders, entsprechende Höhe desselben, Brennscheiben u.s.w., welche auch bei den Kerosinlampen Verwendung finden. St. Petersburg, 1./13. Januar 1893.