Titel: Die Prüfung klastischer Gesteine auf ihre Verwitterbarkeit.
Autor: Werner Bolton
Fundstelle: Band 289, Jahrgang 1893, S. 43
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Die Prüfung klastischer Gesteine auf ihre Verwitterbarkeit.Vgl. D. p. J. 1890 278 303: „Ueber die Prüfung der Gesteine auf ihre Wetterbeständigkeit, mit besonderer Berücksichtigung der Sandsteine, von Werner Bolton. Vorläufige Mittheilung aus der vorliegenden Arbeit. Von Werner Bolton. Die Prüfung klastischer Gesteine auf ihre Verwitterbarkeit. Nicht allein ein praktisches, sondern auch ein wissenschaftliches Interesse hat die Beantwortung der Frage: Wie prüft man Trümmergesteine, natürliche sowohl wie künstliche auf ihre Verwitterbarkeit? Mit allen anderen, auf die Dauerhaftigkeit der Gesteine bezüglichen Fragen hat man sich eingehend beschäftigt und hierbei Erfolge davongetragen, man hat Methoden ersonnen und ausgeführt, deren Werth man nicht bestreiten kann. Nur mit der Frage über die Verwitterbarkeit hat sich bisher noch Niemand eingehend befasst, und die bis jetzt in manchen Prüfungsanstalten in Anwendung kommenden Methoden zur Bestimmung der Verwitterbarkeit sind von solcher Willkürlichkeit und vollständigen Nutzlosigkeit, dass es dringend wünschenswerth erscheint, ein wissenschaftlich begründetes Verfahren anzugeben, welches diesem Mangel abhilft. Die Untersuchung der Gesteine erstreckt sich auf: 1) die Prüfung auf Druck, 2) die Prüfung auf Bruch, 3) die Prüfung auf Wasseraufnahme, 4) die Prüfung auf Feuerbeständigkeit, 5) die Prüfung auf Verwitterbarkeit. Von diesen Untersuchungen ist jedenfalls diejenige, welche sich mit der Verwitterbarkeit beschäftigt, die wichtigste. Es gibt Sandsteine, die eine sehr bedeutende Druck- und Bruchfestigkeit besitzen, das Feuer gut vertragen und nur wenig Wasser aufnehmen; sie würden also, wenn man nur nach den Punkten 1 bis 4 urtheilen wollte, sehr gute und brauchbare Steine sein, und doch zeigen sie sehr oft, zu Bauwerken zusammengefügt, unerwartet schnell Zerfallserscheinungen, die in der ungeeigneten Zusammensetzung ihres Bindemittels begründet sind. Bekanntlich sind die klastischen Gesteine durch irgend ein Bindemittel zu einem festen Ganzen zusammengekittete Körnchen irgend eines zertrümmerten Gesteins. Der Sandstein z.B. besteht im Wesentlichen aus zusammengekitteten Quarzkörnchen. Das Bindemittel kann sehr hart sein und die Sandkörner mit grosser Kraft zusammenhalten und wird auch dementsprechend der Stein einen grossen Druck vertragen. Doch die kritische Substanz des Sandsteins ist sein Bindemittel. Er kann noch so hart und fest sein, den beständigen Einflüssen der Atmosphärilien braucht er darum durchaus nicht zu widerstehen. Wenn das Bindemittel durch die Witterungseinflüsse allmählich zerstört ist, ist auch die Druckfestigkeit eine geringe geworden. Die Untersuchungen 1 bis 4 geschehen gegenwärtig allgemein nach wissenschaftlich begründeten Methoden. So haben z.B. die Verfasser der Denkschrift über die Einrichtung von Prüfungsanstalten und Versuchsstationen für Baumaterialien, sowie über die Einführung einer staatlich anerkannten Classification für Steinmaterialien, die Herren Prof. Bauschinger, A. Funk und Hartwig, Vorschläge für die Classification der natürlichen Bausteine gemacht, und zwar für die Sandsteine mit dem Vermerk, dass die Druckfestigkeit der Grauwacke, die dann aber nicht mehr bearbeitet werden kann, bis über 2000 k auf 1 qc steigt, und dass Mollassensandsteine und Findlinge von Buntsandsteinen der Trias bis 1500 k auf 1 qc kommen. Setzen wir für Qualität I als untere Grenze 800 k auf 1 qc für die Druckfestigkeit. In diese Qualitätsklasse fallen dann die besten Bruchbuntsandsteine. Qualität II. Minimaldruckfestigkeit 600 k auf 1 qc, die besseren und mittleren Buntsandsteine enthaltend. Qualität III. Minimaldruckfestigkeit 200 k auf 1 qc, die geringeren Bunt- und guten Keuper- und Schilfsandsteine in sich fassend. Qualität IV. Minimaldruckfestigkeit 200 k auf 1 qc, enthaltend die gewöhnlichen Keuper-, Bau-, Schilfsandsteine u.s.w. Unter letzterer Minimalzahl variirt die Festigkeit und Beständigkeit der Sandsteine ungemein mit der Güte des Bindemittels und ist beim Gebrauch solcher Sandsteine mit grösster Vorsicht zu verfahren. Soweit der Vorschlag der genannten Herren. Wie eine einfache Rechnung zeigt, brauchen die Anforderungen auf eine so hohe Festigkeit gar nicht gestellt zu werden, denn 1 cbm eines guten Sandsteins wiegt durchschnittlich 2300 k. Nehmen wir an, dass zu einem Bauwerk lauter Steine von je 1 cbm verwandt worden sind und dass das Bauwerk 25 m hoch ist, so liegen 25 cbm Steine über einander und pressen mit einem Gewicht von 37000 k auf die unterste Fläche des untersten Steines. Diese Fläche ist 1 qm = 10000 qc gross, es drücken also auf jedes Quadratcentimeter 37000 : 10000 = 3,7 oder rund 4 k, ein verhältnissmässig sehr geringer Druck. Sollten nach den Bestimmungen von Bauschinger u.s.w. für die Qualität III 400 k auf jedes Quadratcentimeter drücken, so müsste das Bauwerk eine Höhe von 2500 m haben. Das höchste steinerne Bauwerk ist aber bis jetzt der Kölner Dom mit 160 m, auf dessen untersten Stein, wenn er prismatisch gebaut wäre, 25,6 k auf jedes Quadratcentimeter drücken würden. Man ersieht aus vorstehender Berechnung, dass die Bestimmung der Druckfestigkeit von keinem allzugrossen Werthe ist. Mancher Stein von hoher Druckfestigkeit widersteht den Witterungseinflüssen nicht, während Steine von geringerer Druckfestigkeit sich oft als sehr wetterbeständig erweisen. Man hat auch versucht, den Beweis zu führen, dass die Festigkeit der Bausteine proportional mit ihrem specifischen Gewicht wachse. Jedoch ist es der Prüfungsstation für Baumaterialien in Berlin gelungen, diese Behauptung zu widerlegen, indem dieselbe nachwies, dass die Steine bei gleichem specifischen Gewicht doch eine sehr verschiedene Druckfestigkeit sowohl im trockenen, wie im wassersatten Zustande besitzen. Es wurden gefunden für Sandsteine: Spec. Gew. Festigkeit trockenk auf 1 qc Festigkeit wassersattk auf 1 qc 2,54 961 bis 1027 878 bis 1089 2,57 682 1329 715 1302 2,59 682 1178 628 1211 also sehr bedeutende Unterschiede. Es ist mehrfach versucht worden, für die Festigkeit von Bausteinen Formeln aufzustellen. Um die Frostbeständigkeit poröser Gesteine zu bestimmen, prüfte Prof. Tetmajer den Stein in trockenem und in wassersattem Zustande auf seine Druckfestigkeit, und den Quotienten aus der Druckfestigkeit des wassersatten Steines in diejenige des trockenen nannte er den Beständigkeitscoefficienten. In Nouvelles annales des ponts et chaussees behauptet Braun, dass ein Stein dann als frostbeständig zu erachten ist, wenn seine Zugfestigkeit durch die Kraft des in den Poren gefrierenden Wassers überwunden wird, und schlägt zur Benutzung folgende Formel vor: [1 – (c + c1)]R ⋚ 33,68 A R bedeutet die mittlere Zugfestigkeit des Steines und A so viel Gramm Wasser, als der Stein für 1 cc aufnimmt. Die Zahl 33,68 bezeichnet die mechanische Arbeit, die von der Gewichtseinheit Wasser beim Gefrieren verrichtet wird. c bedeutet die Reduction der Zugfestigkeit um 0,33, während c1 unbestimmt ist und erst durch praktische Erfahrungen zu bestimmen sein wird, c1 soll einen zweiten Reductionscoefficienten bilden, welcher einer Lockerung des Gefüges entspricht, und schwankt zwischen sehr weiten Grenzen, nämlich 1/13 bis ½, je nach der Beschaffenheit der Steine. Solange c1 nicht bestimmt ist, hat die Formel zur Ermittelung der Frostbeständigkeit absolut keinen Werth, wie es denn überhaupt kaum möglich sein wird, die Eigenschaften der Gesteine in Formeln auszudrücken, da Festigkeit, Verwitterbarkeit u.s.w. zu sehr sowohl von der qualitativen, wie der quantitativen Zusammensetzung der sedimentären Gesteine abhängen, besonders aber von der chemischen Zusammensetzung und den Eigenschaften ihres Bindemittels. Dasselbe ist bei den verschiedenen Steinen ein sehr verschieden zusammengesetztes, ja es ist sogar in ein und demselben Bruch nicht gleichmässig vertheilt. Weder Porosität noch specifisches Gewicht, überhaupt physikalische Eigenschaften der Gesteine können eine directe Werthscala für ihre Dauerhaftigkeit abgeben. Der einzig übrig bleibende Weg zur Bestimmung der wichtigsten Eigenschaft der Gesteine, der Verwitterbarkeit, ist die chemische Analyse des Gesammtsteins, vor allem aber seines Bindemittels. Bisherige Methoden zur Bestimmung der Verwitterbarkeit. Im Wesentlichen beschränkte man sich bisher bei der Bestimmung der Verwitterbarkeit auf drei Untersuchungen: 1) Bestimmung der Wasser aufnähme, 2) Auslaugung durch Salzsäure, 3) Krystallisationsversuch mit Natriumsulfat. Die Bestimmung der Wasseraufnahme, also der Porosität, wird stets ein wichtiger Factor bei der Prüfung der Steine sein, denn je geringer die Wassermenge ist, die der Stein aufzunehmen vermag, desto geringer wird auch die Kraftwirkung sein, die das in den Poren gefrierende Wasser ausübt, und umgekehrt. Aber einen directen Schluss auf die Verwitterbarkeit gestattet das gewonnene Resultat nicht, denn es ist bekannt, dass viele sehr poröse Gesteine sehr widerstandsfähig gegen Witterungseinflüsse sind. Erst unter Berücksichtigung aller übrigen Eigenschaften des Gesteins wird in jedem einzelnen Falle der Einfluss festzustellen sein, welchen die Porosität auf die Verwitterbarkeit des Materials auszuüben vermag. Was die Behandlung mit Salzsäure betrifft, so werden fast alle Gesteine dabei mehr oder weniger angegriffen, am meisten die sedimentären Felsarten, wie namentlich die Sandsteine und Thonschiefer. Die Auslaugungsfähigkeit an sich vermag deshalb einen directen Anhalt für die Feststellung der Verwitterbarkeit nicht zu gewähren. Ein Kalk- oder Mergelsandstein kann ein recht wetterbeständiges Gestein darstellen, trotzdem dasselbe unter der Einwirkung von Salzsäure vollständig zerstört wird. Erst wenn reichlich Kiese oder andere zersetzbare Mineralien als accessorische Bestandtheile darin vorkommen, wird das Gestein der Einwirkung der Witterung nicht widerstehen können. Nicht auf die Auslaugungsfähigkeit des Gesteins durch Salzsäure, sondern auf die chemische Zusammensetzung des ausgelaugten Bestandtheils wird deshalb das Augenmerk bei derartigen Untersuchungen zu richten sein. Leider fehlt es bis jetzt an jeglichen Vorarbeiten für die Beurtheilung der einschlägigen Fragen, und als ein Versuch, auf chemischem Wege die Verwitterbarkeit zu ergründen, möge die vorliegende Arbeit betrachtet werden. Was endlich den dritten Punkt, den Krystallisationsversuch mit Natriumsulfat, den Brard vorgeschlagen hat, betrifft, so muss man sagen, dass dieser Versuch völlig bedeutungslos ist. Danach werden würfelförmige Stücke des Materials in Glaubersalzlösung getaucht, mit derselben imprägnirt, dann wieder herausgenommen, worauf man das Glaubersalz aus der in den Poren befindlichen Lösung herauskrystallisiren lässt, diese Procedur wird mehrere Male wiederholt und nach einer Reihe solcher Versuche will man beobachtet haben, dass die Versuchsstücke zersprangen, während Versuche an der eidgenössischen Anstalt zur Prüfung von Baumaterialien mit der Brard'schen Probe gar keine Resultate geliefert haben, trotzdem die Versuche monatelang fortgesetzt worden sind. Sogar Steine, die erfahrungsgemäss durch den Frost schon sehr bald zerstört werden, blieben dabei vollkommen intact. Es ist auch leicht erklärlich, dass durch den Krystallisationsversuch durchaus nicht dieselben Erscheinungen hervorgerufen werden können, wie sie bei in den Poren gefrierendem Wasser auftreten, denn während das Wasser beim Gefrieren durch Volumvergrösserung wirkt, nimmt das krystallisirte Glaubersalz, wie Lunge nachwies, einen kleineren Raum ein als seine Auflösung in Wasser. Wenn bei der Brard'schen Probe Zerfallserscheinungen an den Probestücken beobachtet worden sind, so rühren dieselben nur davon her, dass das Natriumsulfat die in dem Bindemittel aller Sandsteine sich vorfindende Thonerde zerstört, wodurch das Abbröckeln der Oberfläche der Steine bewirkt wird. Anstatt der Brard'schen Probe wird also nur das wirkliche und häufiger wiederholte Gefrierenlassen des imprägnirten Wassers einen maassgebenden Anhalt gewähren können, und die in neuerer Zeit auch im kleineren Maassstabe ausgeführten Eismaschinen dürften wohl geeignet sein, diese Versuche zu erleichtern. Ausser diesen dreien kommen auch noch andere, jeglicher Bedeutung und jeglichen Sinnes entbehrende Versuche zur Ausführung, was sehr schön durch das „Protokoll der königl. Prüfungsstation für Baumaterialien in Berlin Nr. 1067 vom 18. März 1881, betreffend Sandsteine aus den Brüchen von Oberkirchen“, illustrirt wird. Versuch einer neuen Methode. Es ist schon oben, gesagt worden, welche Veränderungen mit sedimentären Gesteinen bei ihrer Behandlung mit Salzsäure vor sich gehen können, und dass ein jedes solches Gestein von dieser Säure mehr oder weniger angegriffen wird. Bestimmend für die Verwitterbarkeit dieser Gesteine ist daher vor allem die chemische Natur des Bindemittels, von dessen Zusammensetzung man bei der Bestimmung der Verwitterbarkeit ausgehen muss. Je nach der Natur des Bindemittels unterscheidet man: 1) Thonigen Sandstein. 2) Mergeligen Sandstein. 3) Kieseligen Sandstein. 4) Kalkigen Sandstein. 5) Eisenschüssigen Sandstein, wenn Eisenoxyd und Eisenoxydul in beträchtlicher Menge vorhanden und mit Thon oder Kalk innig verbunden sind. Mehr oder weniger Eisenoxyde enthalten alle Sandsteine. 6) Bituminösen Sandstein, bei welchem das Bindemittel aus bituminösem Thon, Kalk oder auch Asphalt besteht. 7) Mikropsammit oder Glimmersandstein, dem der Glimmer eine schwach schiefrige Structur verleiht. 8) Glaukonitischen oder Grünsandstein. 9) Feldspathpsammit oder Arkose. Das Bindemittel ist Thon, Kaolin oder Kieselsäure. Das Kaolin resultirt hierbei aus dem verwitterten Feldspath der Arkose. Wenn man auch das Bindemittel des Sandsteines kennt, so kann man aus demselben doch durchaus nicht Schlüsse auf seine Verwitterbarkeit ziehen, auch die Analyse allein berechtigt noch nicht dazu, chemische Analyse und praktische Erfahrung müssen im Anfang Hand in Hand gehen. Es erscheint deshalb wünschenswerth, eine grössere Anzahl von Sandsteinen chemisch zu analysiren und sowohl ihre Gesammtzusammensetzung, wie auch die Zusammensetzung ihres Bindemittels, speciell des in Salzsäure löslichen Theiles, zu erfahren und dieselbe mit den praktischen Erfahrungen zu vergleichen, die mit den analysirten Steinen gemacht worden sind. Erst wenn auf diese Weise die Abhängigkeit der Verwitterbarkeit von der chemischen Zusammensetzung des Gesteins erfahrungsgemäss festgestellt ist, wird es gelingen, eine allen wissenschaftlichen Anforderungen entsprechende, praktische Untersuchungsmethode aufzustellen. Bezüglich der Analysenresultate einer Reihe von mir untersuchter Sandsteine, sowie des bei der Untersuchung innegehaltenen Ganges verweise ich auf meine eingangs dieser Abhandlung citirte vorläufige Mittheilung in diesem Journal. Von den analysirten Steinen gelangen in Berlin nach dem Jahrbuch der Baupreise Berlins vorzugsweise folgende zur Verwendung: 1) Postelwitzer, 2) Kottaer, 3) Warthauer Sandstein. Aber nicht allein durch den Einfluss der Atmosphärilien wird eine Veränderung des Bindemittels der Sandsteine bewirkt, sondern es haben auch im Wasser lösliche Stoffe derjenigen Substanzen auf das Bindemittel einen grossen Einfluss, die bei dem Zusammenfügen der Steine bei der Aufführung eines Bauwerkes zwischen die Fugen der Blöcke in Gestalt eines dünnen Breies gegossen werden, nämlich die löslichen Stoffe vom Cement, Trass und Mörtel. Am gefährlichsten werden den Sandsteinen die in fast allen diesen Bindemitteln enthaltenen und zum grössten Theil in Wasser löslichen Alkalien und die ebenfalls und in recht beträchtlichen Mengen vorhandene lösliche Schwefelsäure. Aus den l. c. mitgetheilten Analysen ersieht man, dass sämmtliche analysirten Steine Schwefelsäure enthalten, und von 43 anderen Sandsteinen unbekannter Herkunft, die ich auf ihren Gehalt an Schwefelsäure prüfte, enthielten alle ohne Ausnahme grössere oder geringere Mengen Schwefelsäure, so dass man wohl ohne weiteres wird annehmen können, dass überhaupt in allen vorkommenden Sandsteinen Schwefelsäure vorhanden ist. Dieselbe ist allerdings nicht in freiem Zustande in ihnen enthalten, sondern bildet sich erst bei der Auslaugung der in den Sandsteinen stets, wenn auch oft in nur äusserst geringer Menge vorhandenen Schwefelkiese. Von derselben Wichtigkeit aber ist, dass auch Trass und Mörtel, die am häufigsten zur Verbindung von Sandsteinen gebrauchten Materialien, Alkalien, und zwar in sehr beträchtlichen Mengen enthalten. Der Trass besteht im Wesentlichen aus zertrümmertem und zerriebenem Bimsstein und wird viel zur Cement- und Mörtelbereitung gebraucht. Nach einer Analyse von Berliner ist die Zusammensetzung des Trasses die folgende: SiO2 50,70 Proc. Al2O3 16,00 Fe2O3+ MnO   5,00 CaCO3   2,60 MgO   1,00 K2O   7,00 Na2O   1,00 H2O   9,60 während eine von mir ausgeführte Analyse folgende Zusammensetzung ergab: Unlsöliche SiO2 54,401 Proc. Lösliche SiO2   1,555 Al2O3 17,862 Fe2O3   3,447 FeO   1,184 CaO   3,889 CO2   3,120 MgO 0,57 MnO Spur P2O5 Spur SO3   0,155 Cl Spur Alkalien   6,452 H2O   6,883 ––––––––––– Summa 99,518 Proc. Wenn man bedenkt, dass von Berthier und mir ungleiche Durchschnittsproben analysirt worden sind, so stimmen die beiden Analysen recht gut überein. Jedenfalls ersieht man aus beiden, in welch beträchtlichen Mengen Alkalien im Trass vorhanden sind. Ausser Trass wird bei Sandsteinbauten auch der gewöhnliche Mauermörtel gebraucht, und es ergab die Analyse eines derartigen Mörtels folgende Zahlen: Unlösliche SiO2 Spur Lösliche SiO2 23,386 Proc. Al2O3   9,753 Fe2O3   1,221 FeO   0,318 CaO 36,922 CO2 16,146 MgO   0,783 MnO Spur P2O5 Spur SO3   1,738 Cl Spur Alkalien   4,176 H2O   4,919 ––––––––––– Summa 99,362 Proc. In kochendem Wasser lösten sich 2,85 Proc., welche ebenso wie beim Trass aus schwefelsauren Alkalien nebst Spuren von kohlensaurem Kalk bestanden. Gerade die schädlichsten Bestandtheile dieser beiden Materialien lösen sich im Wasser, nämlich die Alkalisulfate. Diese werden von dem porösen Stein aufgesogen und gelangen so in sein Inneres, den Grund zur Zerstörung des Bindemittels legend. Die durch den Auslaugungsprocess vorwiegend der Atmosphärilien freigewordene Schwefelsäure des Bindemittels verbindet sich mit den freien Alkalien des Trass- und Mörtelwassers zu Alkalisulfaten, welche in derselben Weise wie die Alkalisulfate der Lösung zerstörend auf die Thonerde des Bindemittels wirken und den Stein in seinem Gefüge lockern. Würden nicht Trass- und Mörtelbrei zwischen die Fugen der Steine gegossen, sondern würden sie trocken zusammengefügt werden, so würde doch derselbe Process, wenn auch langsamer, vor sich gehen; da durch die Auslaugungsarbeit der Atmosphärilien in jedem Sandsteine Schwefelsäure gebildet wird und da Alkalien in grösseren oder kleineren Mengen in jedem Sandsteine vorhanden sind oder ihm durch das eindringende Kohlensäure haltige Wasser der Atmosphäre zugeführt werden, so entstehen auch hierbei Alkalisulfate, die wohl die wichtigste Rolle bei der Lockerung des Gefüges spielen und die Bildung von Hohlräumen veranlassen, in die Wasser eindringt, welches, im Winter gefrierend, die Wände der Poren auseinandertreibt. Zum Schlusse möchte ich hier noch einige Analysen des rothen Sandsteins vom Heidelberger Schloss anführen. Den frischen Stein habe ich aus der Teufelsschlucht entnommen, die sich dicht hinter dem Schlosse befindet und in der die Steine gebrochen worden sind, aus denen alle Theile des Schlosses in den um je rund 200 Jahren aus einander liegenden Perioden aufgeführt worden sind. Wenn auch der Stein in der einen Zeitperiode nicht von ganz derselben Zusammensetzung gewesen sein wird wie der Stein, der in einer anderen Periode gebrochen worden ist, so ist die Zusammensetzung doch jedenfalls eine sehr ähnliche gewesen und die Analysen dieser Steine in ihrer Aufeinanderfolge sind sehr wohl geeignet, zu zeigen, welche Veränderungen mit ihnen im Laufe der Jahrhunderte vor sich gegangen sind. I. Frischer rother Sandstein von Heidelberg. 1891. Bestandtheile Gesammtanalyse Analyse des in HCllöslichenBestantheils Unlösliche SiO2Lösliche SiO2Al2O3Fe2O3FeOMgOCaOCO2P2O5MnOClSO3AlkalienH2O bei 120°Glühverlust Proc.83,342  0,144  7,2062,38  0,974  0,815  0,635  0,508SpurSpurSpur2,34  0,4960,77 Proc.10,66650,192  7,215  1,852  8,29611,263SpurSpurSpur  2,348  7,526 Summa 99,610 99,358 Der dem Bruche frisch entnommene Stein besitzt eine beträchtliche Härte und ist von gleichmässiger schön rothbrauner Farbe. Es fällt sein bedeutender Gehalt an Thonerde und Alkalien auf, Schwefelsäure ist jedoch nur in Spuren vorhanden. Das Bindemittel ist ein sehr gutes kieseliges und ist der Stein sehr dicht. II. Sandstein vom „Schönen Thor“. 1615. Bestandtheile Gesammtanalyse Analyse des in HCllöslichenBestantheils Unlösliche SiO2Lösliche SiO2Al2O3Fe2O3FeOMgOCaOCO2P2O5MnOClSO3AlkalienH2O bei 120°Glühverlust Proc.83,163  0,312  7,124  2,009  0,849  0,221  1,106  0,927SpurSpurSpur  1,935  0,774  1,506 Proc.  7,31720,7641,848  3,044  3,239  7,056  6,308SpurSpurSpur  1,853  7,657 Summa 99,926 99,082 III. Sandstein vom Pulverthurm. 1460. Bestandtheile Gesammtanalyse Analyse des in HCllöslichenBestantheils Unlösliche SiO2Lösliche SiO2Al2O3Fe2O3FeOMgOCaOCO2P2O5MnOClSO3AlkalienH2O bei 120°Glühverlust Proc.81,405  0,465  8,758  1,927  0,560  0,147  1,307  1,024Spuren  0,053  2,304  0,309  1,362 Proc.13,63621,94233,706  3,263  3,679  6,618  6,243Spuren  1,036  1,352  7,933 Summa 99,621 99,410 Während in den beiden ersten Proben sich im Steine nur Spuren Schwefelsäure vorfanden, hat sich der Stein vom Pulverthurm schon mit derselben angereichert. Auch eine Zunahme an Alkalien ist zu constatiren. IV. Sandstein vom Rudolphsbau. 1294. Bestandtheile Gesammtanalyse Analyse des in HCllöslichenBestantheils Unlösliche SiO2Lösliche SiO2Al2O3Fe2O3FeOMgOCaOCO2P2O5MnOClSO3AlkalienH2O bei 120°Glühverlust Proc.82,223  0,592  3,762  6,636  0,502  0,169  0,846  0,676SpurSpur  0,193  2,672  0,2841,04 Proc.10,64427,73430,198  4,395  4,496  5,597  4,673SpurSpur  1,986  1,053  8,382 Summa 99,595 99,158 Aus diesen Analysen ersieht man, dass die unlösliche Kieselsäure ab–, die lösliche zunimmt, der Gehalt an Thonerde wird geringer, indem dieselbe durch die Alkalisulfate zerstört, an die Oberfläche gebracht und vom Regen fortgespült wird. Das Eisenoxydul wird allmählich oxydirt, wodurch der Gehalt an Eisenoxyd erhöht wird. Die Magnesia wird ebenso wie die Thonerde gelöst und fortgespült. Durch das Aermerwerden an sonstigen Bestandtheilen wird der Stein an Kalk reicher. Dadurch wird auch die Anreicherung an Schwefelsäure bewirkt, ebenso wird der Gehalt an Alkalien grösser. Die Alkalisulfate greifen um sich und lockern das Gefüge immer mehr, von der Thonerde ist im Stein vom Rudolphsbau nur noch die Hälfte, von der Magnesia nur noch ⅕ vorhanden, sein Gefüge ist ein sehr lockeres geworden, so dass man kleine Stücke des Steins mit den Fingern zerdrücken kann. Wäre im Stein ursprünglich mehr Schwefelsäure vorhanden gewesen, so würde die Verwitterung viel schneller vor sich gegangen sein, unter den gegebenen Verhältnissen hat sich aber der Stein während der Jahrhunderte gut gehalten. Der Mörtel, mit dem die Steine zusammengefügt sind, ist aus einem dolomitischen Mergel bereitet, der sich in der Nähe von Heidelberg findet. Seine Analyse ergab folgendes Resultat: SiO2 23,06 Proc. Al2O3   5,46 Fe2O3+ FeO   3,28 CaCO3 42,13 MgO 18,52 MnO   1,03 SO3 Spur Alkalien   4,95 H2O   0,69 –––––––––––––––––– Summa 99,12 Proc. In den Analysen des in Salzsäure löslichen Bestandtheils der Heidelberger Sandsteine sind die Procente auf das Gewicht der gelösten Substanz berechnet. Im Laufe der Zeit hat die Löslichkeit des Steins in Salzsäure zugenommen, und während er anfangs von schön rothbrauner Farbe war, ist er nach rund 600 Jahren schmutzig graubraun geworden, und der anfangs nur undeutlich wahrnehmbare Glimmergehalt tritt jetzt sehr deutlich in dem bröcklig gewordenen Stein zu Tage und verleiht demselben ein schwach schiefriges Gefüge. Die nicht an Schwefelsäure gebunden gewesene Menge der Alkalien ist nicht in Lösung gegangen, denn aus der Gesammtanalyse des Steins vom Rudolphsbau ersieht man, dass derselbe 2,672 Proc. Alkalien enthält und 0,193 Proc. SO3, während die Analyse des in HCl löslichen Theiles desselben Steins einen Gehalt von 1,053 Proc. Alkalien und 1,986 Proc. SO3 in der Lösung ergibt. Es ist die ganze Schwefelsäure, aber nur ein Theil der Alkalien gelöst worden. Im Glaubersalz stehen Na2O und SO3 im Verhältniss von 1 : 2. Betrachtet man die für Alkali und Schwefelsäure im Stein gefundenen Zahlen, so stehen sie ungefähr ebenfalls in demselben Verhältniss wie Alkali und Schwefelsäure im Glaubersalz, nämlich wie 1,053 : 1,986, also eine vollkommen in der Fehlergrenze liegende Abweichung von dem Verhältnisse 1,025: 2,1. Da also auch hier das Verhältniss wie 1 : 2 ist, so beweist dies, dass im Stein sich Alkalisulfat, und zwar Natriumsulfat befindet. Kalium war nur mittels des Spektroskops nachzuweisen. Dass sich im Stein vom Pulverthurm in der That Glaubersalz befand, ist auch analytisch nachgewiesen worden. Die durch Mörtelwasser bedingte Bildung von Glaubersalz wurde auf folgende Weise nachgewiesen: Von Trass und Mörtel, deren Zusammensetzung oben angegeben ist, wurde durch Kochen mit destillirtem Wasser ein Auszug bereitet. Derselbe zeigte stark alkalische Eigenschaften. In jeden dieser wässerigen Auszüge wurden Stücke des 0,697 Proc. SO3 enthaltenden weissen Sandsteins von Rackwitz gethan, nachdem die aus Trass und Mörtel mitgelösten Mengen Schwefelsäure durch Chlorbarium entfernt worden waren, und einige Tage in der Lösung gelassen, darauf herausgenommen, trocknen gelassen und wieder hineingegeben. Diese Procedur wurde mehrere Male wiederholt, bis sich beim Trocknen eine beträchtliche Menge von Krystallen auf der Oberfläche des Steins gebildet hatte. Diese Krystalle bestanden zumeist aus Glaubersalz, aber auch Thonerde-, Magnesium- und Calciumsulfat konnten nachgewiesen werden. Der hauptsächlichste Process, der hierbei vor sich geht, verläuft folgendermaassen:  I. 2Na2O + H2SO4 = Na2SO4 + 2NaOH II. 3 Na2SO4 + Al2O3 = Al2(SO4)3 + 3Na2O. Es bilden sich also nach der ersten Gleichung Glaubersalz und Natriumhydroxyd, das mit neuen Mengen Schwefelsäure ebenfalls Glaubersalz bildet. Dieses greift die Thonerde des Bindemittels an, verwandelt sie in Thonerdesulfat, wobei sich wieder Natriumhydrat bildet. Derselbe Process beginnt von vorne. Die Magnesium- und Calciumverbindungen erleiden dieselben Veränderungen wie die Thonerde. Die Sulfate dieser drei Elemente schwitzen an der Oberfläche des Steins aus und werden vom Regen fortgespült. Das Bindemittel hat einige seiner Bestandtheile verloren, und in Folge dessen ist das Gefüge des Steins gelockert worden. Geht dieser Process eine Zeitlang vor sich, so verwittert der Stein allmählich vollkommen und verwandelt sich wieder in Sand. Hieraus ist ersichtlich, dass ein Hauptaugenmerk darauf zu richten ist, dass ein zu verbauender Stein möglichst wenig Schwefelsäure enthalte, da gerade diese den Zerfall des Bindemittels bedingt. Der Heidelberger Stein hat sich vermöge seines geringen Schwefelsäuregehaltes sehr gut gehalten, und trotzdem er an der Oberfläche bis ungefähr 0,5 cm in das Innere bröcklig und leicht zerreibbar geworden ist, ist er im Innern noch gut und fest und wird noch weitere Jahrhunderte überdauern. Betrachtet man hingegen viele Stellen an dem aus Rackwitzer Sandstein, der 0,697 Proc. SO3 enthält, aufgeführten Polytechnicum in Charlottenburg, so gewahrt man, dass sich an demselben sehr deutliche Verwitterungserscheinungen zeigen, trotzdem der Stein kaum ein Jahrzehnt den Atmosphärilien ausgesetzt gewesen ist. Es sind an vielen Stellen dieses Steins tiefe Löcher durch verwitterte, in Sand verwandelte Partien, die herausgefallen sind, entstanden, an anderen Stellen lösen sich von demselben Schichten wie Papier ab, und es sind zahlreiche Auswitterungen von Glaubersalz und anderen Salzen, z.B. Magnesiumsulfat, zu beobachten, alles Verwitterungserscheinungen, die von dem Reichthum des Steins an zersetzbaren Schwefelverbindungen herrühren. Derartige Verwitterungserscheinungen sind auch an zahlreichen anderen Bauwerken zu beobachten. Sind nun auf dem in dieser Arbeit angegebenen Wege zahlreiche Analysen von Sandsteinen ausgeführt und mit den praktischen Erfahrungen, die man mit denselben gemacht, verglichen worden, so wird man dazu gelangen, aus der chemischen Analyse auf die Verwitterbarkeit des betreffenden Sandsteins ohne weiteres Schlüsse zu ziehen und auf dieselben bestimmende Gesetze aufzubauen. Die bisher gebräuchlichen willkürlichen Methoden zur Prüfung auf Verwitterbarkeit sind von keiner Bedeutung und sind zu verwerfen, die rationelle wissenschaftliche Untersuchung kamt hier allein maassgebend sein.