Titel: Hilfsmittel zum Messen für die Werkstatt.
Fundstelle: Band 289, Jahrgang 1893, S. 49
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Hilfsmittel zum Messen für die Werkstatt. Mit Abbildungen. Hilfsmittel zum Messen für die Werkstatt. I. Schublehren und Stichmaasse. Wir fassen diese Instrumente zusammen, da sie sich gegenseitig ergänzen, und nicht selten dasselbe Instrument zum Nehmen sowohl des äusseren als auch des lichten Maasses, also als Tasterlehre und als Stichmaass gebraucht wird. Textabbildung Bd. 289, S. 49Fig. 1.Schublehre von Sautter und Messner. Letzteres ist z.B. der Fall bei verschiedenen Schublehren der Firma Sautter und Messner in Aschaffenburg und Köln. Textabbildung Bd. 289, S. 49Fig. 2.Schublehre von Sautter und Messner. Diese Firma hat die Herstellung von Maasstäben zur Sonderfabrikation gewählt und stellt Schublehren von der einfachsten Form bis zu den vollendetsten Präzisionslehren her. Schon die einfacheren sind mit Noniusvorrichtung auf der Hülse des beweglichen Schnabels erhältlich und zum Dicken- oder Lochmesser eingerichtet, wie dies beispielsweise Fig. 1 und 2 zeigen. Fig. 1 hat gehärtete Spitzen und abgesetzte Schnäbel zum Lochmessen. In Fig. 2 ist eine combinirte Schub- und Schraubenlehre dargestellt, welche zum Messen bis 100 mm mit directer Angabe von 0,01 mm dient und gleichzeitig auch als Stichmaass verwendbar ist. In letzterem Falle kommen die an den Schnäbeln befindlichen spitzrunden Zapfen in Anwendung. Das kleinste Maass, welches bei geschlossener Lehre mit dem Stichmaass angegeben werden kann, ist 60 mm, das grösste Maass ist 160 mm. Es bedarf wohl keiner Erwähnung, dass diese Vorrichtung in dem Bedarf entsprechenden grösseren Abmessungen geliefert werden kann. Fig. 3 zeigt eine der gebräuchlichen Mikrometerschraubenlehren mit Scheibentheilung, Zeiger und Gefühlsschraube. Die Messweite bei derselben ist 5 mm, die Dickenangabe in 0,01 mm. Die in Fig. 4 dargestellte Mikrometerschraubenlehre ist zum Ablesen von 0,001 mm eingerichtet und ist auch zum Lochmesser eingerichtet. Diese Lehre ist durch D. R. P. Nr. 58336 vom 7. Februar 1891 geschützt, und zeichnet sich dadurch aus, dass die Messschraubenlehre eine mit der Schraube fest verbundene Scheibe trägt, die einen auf dem Bügelrücken gleitenden Schieber in der Richtung der Schraubenachse bewegt. Mit dem Schieber ist eine Spitze verbunden; die der Spitze der Schraubenlehre entgegengesetzt ist. Die Dicke von Körpern wird mittels der Schraube, die Weite von Löchern mittels der beiden Spitzen gemessen. Man liest die ganzen Millimeter auf dem Schieber, die weitere Theilung auf der Scheibe ab, welche in 100 Theile getheilt und mit einem Nonius versehen ist, welcher die Zehntel für die Scheibeneintheilung angibt. Ein Dickenmessapparat derselben Firma, der zum Schieben eingerichtet und zugleich mit Mikrometerschraube versehen ist, misst von 0 bis 150 mm und gestattet directes Ablesen von 0,01 mm. Die nachstehenden Fig. 5 und 6 zeigen ein neues Schraubenkaliber der Standard Tool Company in Athol, Mass. Dasselbe ist in American Machinist beschrieben und abgebildet. Bei der Construction ist besonders Werth darauf gelegt, den todten Gang zu vermeiden und den genauen Gang des Instrumentes zu wahren, um nötigenfalls denselben sofort wieder herstellen zu können. Zu diesem Zwecke ist der Arm der Mikrometerschraube Schlittenförmig auf dem Lineal beweglich. Die Bewegung desselben geschieht in der bei uns gebräuchlichen Weise, ebenso wird die Feststellung mittels eines federnden, durch eine Schraube nachstellbaren Schlosses in der bei besseren Messapparaten üblichen Weise bewirkt. Die eigentliche Mikrometerschraubevorrichtung ist durch Fig. 6 besonders erläutert. Der Setzstift ist mit der mit Theilung versehenen Hülse so verbunden, dass eine Nachstellung sofort dadurch bewirkt werden kann, dass ein cylindrischer, konisch ausgebohrter Ansatz, der an zwei einander gegenüberliegenden Stellen aufgeschnitten ist, von einer in den konischen Theil genau passenden Schraube C angepresst wird. Letztere wird in das hintere Ende des Setzstiftes eingeschraubt und presst die aufgespaltenen Theile gegen die cylindrische Bohrung in der Hülse. Die mit Muttergewinde versehene Büchse A ist konisch und lagert in entsprechender Bohrung des Schlitten armes. Um auch hier jede Abnutzung unschädlich zu machen, ist die Büchse A der Länge nach aufgeschnitten, der etwa verloren gegangene Schluss derselben kann dadurch erzielt werden, dass der ebenfalls mit Schraubengewinde versehene Ring B angezogen wird, und die Büchse A dadurch nach links geschoben wird. Der Setzstift hat an dem vorderen Ende durch den Ring D genaue und sichere Führung. Dieser Ring ist ebenfalls aufgeschnitten, damit durch die Druckschraube E der Setzstift nötigenfalls festgestellt werden kann, wenn das Maass fixirt werden soll. Im Gebrauche sollen sich diese Schublehren gut bewährt haben; die von der Tool Company angefertigten Grössen sind für 4 und 6 Zoll gewählt. Textabbildung Bd. 289, S. 50Fig. 3.Mikrometerschraube von Sautter und Messner.Textabbildung Bd. 289, S. 50Fig. 4.Mikrometerschraube von Sautter und Messner.Eine Schublehre mit selbsthätiger Feststellung ist E. J. Kölle in Esslingen durch D. R. P. Nr. 61533 vom 10. April 1891 patentirt worden. Bei derselben geschieht, wie Fig. 7 und 8 zeigen, die selbsthätige Feststellung des verschiebbaren Schenkels c durch einen quer im Kasten a lagernden, mittels Druckes auf den Knopf h lösbaren Keil g, welcher von der in die Nuth f eingreifenden Feder e gegen den Schenkel c gedrückt (angezogen) wird und zur Sicherung gegen unbeabsichtigtes Verstellen mit der Mutterscheibe i ausgerüstet ist. Textabbildung Bd. 289, S. 50Schublehre der Standard Tool Co.Textabbildung Bd. 289, S. 50Kölle's Schublehre. Die Schublehre der Billings and Spencer Company in Hartford, Conn., welche vom American Machinist, Bd. 12 Nr. 30, mitgetheilt wird, zeichnet sich besonders durch die Einrichtung des Lineals aus. Dasselbe besteht aus zwei Stahldrähten von 3,16 Zoll Durchmesser, von welchen eine Flachschiene gesäumt wird (Fig. 9 und 10). Um eine gute Befestigung zu erzielen, wird in die Drähte eine Nuth gefräst. Das Lineal wird durchaus genau ausgerichtet, widersteht in Folge seiner Form den Beanspruchungen und zeichnet sich durch geringes Gewicht aus. Die übrigen Theile sind in gebräuchlicher Anordnung ausgeführt und ist ihre Form aus der Zeichnung zu ersehen. Textabbildung Bd. 289, S. 50Schublehre der Billings and Spencer Company.Russon's Schublehre (Fig. 11 und 12) wird, wie American Machinist berichtet, von C. H. Russon in Brooklyn, N. Y., angefertigt. Innerhalb der Büchse B ist die Mutter J genau anschliessend eingepasst und an dem einen Ende mit der Mutter H befestigt. Die geschlitzte Büchse B wird durch diese Mutter zum genauen Schluss mit dem Gewinde gebracht, ebenso erhält dadurch auch das Stück B gegen A genaue Führung. Die Nachstellung der Schraube G wird in der gewöhnlichen Weise bewirkt. Mit Hilfe der gehärteten Spitzen g und d lässt sich die Schublehre auch als Stichmaass benutzen. Ein stellbares Stichmaass mit Maasschraube ist Theodor Esser in Mülheim am Rhein durch das D. R. P. Nr. 60558 vom 22. April 1891 geschützt worden. Dasselbe ist in Fig. 13 bis 16 dargestellt und besteht aus der Metallhülse a, dem Theilkolbenzeiger b mit Schraube c und der Reibungsmutter d. An einem Ende der Metallhülse ist eine gehärtete Körnerspitze unwandelbar befestigt. Das andere Ende der Hülse ist zur Mutter ausgebildet und nimmt die Schraubenspindel c mit der anderen gehärteten Körnerspitze auf. Das Gewinde von c ist eingängig und hat eine Steigung von 1 mm. Textabbildung Bd. 289, S. 51Russon's Schublehre.Textabbildung Bd. 289, S. 51Esser's Stichmaass. Die Mutter der Hülse ist aufgeschnitten und hat ausser dem inneren Gewinde noch ein äusseres, welches in einen Kegel ausläuft und worüber sich die Reibungsmutter d windet. Beim Aufschrauben wird also die Mutter d die innere Mutter zusammendrücken; diese wird dann die Schraubenspindel c centriren und unverrückbar feststellen. Der Theilkolbenzeiger b ist auf dem äusseren Umfang in 100 gleiche Theile eingetheilt und lässt an der gerade laufenden Schnittkante e der Hülse a 0,01 mm ablesen, da ja bei einer Umdrehung der Schraubenspindel sich der Kolben in der Längsrichtung um nur 1 mm bewegt. Der Kolben ist auf die Schraubenspindel c, welche an diesem Ende ebenfalls aufgeschnitten ist, aufgeschraubt und wird nach genauer Einstellung durch die innere kegelförmige Schraube f festgestellt. An der Schnittkante e der Hülse a ist eine Eintheilung in Millimeter angebracht, welche jedoch nicht ganz genau zu sein braucht, da ja die Stellung des Theilkolbens das genaue Maass zeigt. Beim Maassnehmen wird die Reibungsmutter gelöst, die Schraubenspindel auf das zu nehmende Maass gesetzt und hierauf durch ein Festschrauben der Mutter d gesichert. Der Theilkolbenzeiger lässt nun das gewünschte Maass ganz genau ablesen, und so lange die Reibungsmutter nicht gelöst wird, bleibt das genommene Maass mit Sicherheit bestehen. Textabbildung Bd. 289, S. 51Fig. 17.Stichmaasse von Sautter und Messner. Bei etwaigem Verschleiss der Körnerspitzen wird die innere Schraube f am Theilkolben gelöst, der Kolben festgehalten, die Schraubenspindel herausgeschraubt, bis das Maass wieder mit dem Originalkaliber stimmt, und hierauf wird der Zeigerkolben wieder mit der inneren kegelförmigen Schraube f festgestellt. An der festen Körnerspitze des Sicherheitshohlmaasses ist ein Gewinde angebracht zur Aufnahme von angemessenen Verlängerungsstücken, wodurch man im Stande ist, mit einem einzigen Hohlmaass und den gehörigen Verlängerungsstücken jedes vorkommende Hohlmaass genau zu nehmen. Bei Anwendung von gemessenen Verlängerungsstücken ist nur zu beachten, dass bei etwaigem Verschleiss bei allen Stücken das Maass g mit dem jeweiligen Maass h des Hohlmaasses gleich ist, was leicht zu bewerkstelligen ist, da die einzelnen Körnerspitzen mit Gewinde eingeschraubt sind und sich durch eine Gegenmutter sichern lassen. Textabbildung Bd. 289, S. 51Stichmaasse von Sautter und Messner. Die Ausführung vorstehenden Stichmaasses ist der Firma H. Hommel in Mainz übertragen worden, welche zu dem Hauptkörper, der zum Messen von 90 bis 120 mm dient, Verlängerungsstücke von 125, 250, 500 und 1000 mm liefert, so dass eine ganze Länge zum Messen von 2330 mm hergestellt werden kann. Stichmaasse für denselben Zweck liefert auch die vorhin erwähnte Firma Sautter und Messner. Die äussere Form derselben wird durch Fig. 17 bis 19 erläutert. Von 200 mm aufwärts erhalten diese Maasse einen Bügel mit Feder zum Feststellen der Schraube. Die durch Fig. 17 und 18 dargestellten Ausführungsformen gehen von 50 bis 500 mm Länge. Fig. 19 ist zum Schieben und mit Mikrometerschraube eingerichtet. Ihre Länge reicht von 200 bis zu 2500 mm. Zum Messen kleiner Gegenstände, insbesondere von Gegenständen der Uhrmacherei, von Platten, Rädern, Steinlöchern, sowie der Dicke von Edelsteinen, Blech, Draht, Glas, Papier, Leder und ähnlichen Körpern, ferner zur Bestimmung von Entfernungen und leeren Räumen bei mechanischen Gegenständen und zum Ausmessen von Vertiefungen, kleinen Bohrlöchern, Ausdrehungen, Ausfräsungen u.s.w. dient Fr. Schlatter's (Biel) Präcisionsmetermaasslehre, die von E. J. Hoffmann in Zürich angefertigt wird. Textabbildung Bd. 289, S. 52Fig. 20.Schlatter's Präcisionsmetermaasslehre.Fig. 20 zeigt die äussere Form der Lehre und bedeutet A einen Drücker, durch den beim Messen die Lehre eingestellt wird, B eine Schraube, welche auf der Rückseite des Zifferblattes etwas vorsteht, G einen Stift auf der Rückseite der Lehre, D einen mit Riffeln versehenen Glasring, E die Maassöffnung, G ist der Schieber, der gegen den zu messenden Gegenstand vorgeschoben wird, H der Zeiger, welcher auf dem Zifferblatt die Dicke des gemessenen Gegenstandes angibt; Kein Transporteur, welcher den Zeiger nach erfolger Messung in die Nullstellung zurückbringt. L ist eine Controlnadel, welche bei der Messung von Massengegenständen benutzt wird, und M eine zur Regulirung dienende Stellschraube. Man hält bei Messungen den Apparat wagerecht mit der rechten Hand, legt den Zeigefinger an den Drücker A, den Mittelfinger an die Schraube B, den vierten Finger auf den Stift C und endlich den Daumen auf den Glasring D. Man führt den zu messenden Gegenstand lose und senkrecht in die Oeffnung E ein (ohne dass derselbe die Wand F berührt), drückt mit dem Zeigefinger auf den Knopf A, bis der Schieber G den zu messenden Gegenstand leicht einklemmt. Der Zeiger H gibt auf dem Zifferblatt das gesuchte Maass an und bleibt in dieser Stellung stehen, bis ihn durch einen zweiten Druck auf den Knopf A der Transporteur K auf Null zurückführt. Das Zifferblatt ist in 100 Theile eingetheilt, welche Zehntelmillimetern entsprechen. Man kann demnach bis auf 0,01 mm genaue Messungen ausführen. Will man den Apparat zum Nachmessen einer grösseren Anzahl von Gegenständen gleicher Dicke, beispielsweise Bleche von 1 mm, benutzen, so nimmt man die an dem Glasringe D befestigte Controlnadel L zu Hilfe, stellt diese auf die Zahl 10 ein und beginnt dann die Messungen. Je nachdem der Zeiger H rechts oder links von der Controlnadel stehen bleibt, ist das gemessene Blech dicker oder dünner als 1 mm. Fallen Zeiger und Controlnadel zusammen, so hat das Blech die verlangte Stärke. Zur Bestimmung von Entfernungen und leeren Räumen bei mechanischen Gegenständen, sowie zum Ausmessen von Vertiefungen u.s.w. sind der Schieber G und die Stellschraube M seitlich durchbohrt; so dass man in diese Löcher verschiedene Hilfsvorrichtungen in Form von Spitzen, Schneiden oder Körnern einsetzen kann.