Titel: Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation.
Fundstelle: Band 289, Jahrgang 1893, S. 91
Download: XML
Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation. Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation. I. Rohmaterialien und Malz. In Ergänzung des vorjährigen Preisausschreibens für die Herstellung des besten Malzes hat der Verein der Spiritusfabrikanten in Deutschland ein neues Preisausschreiben erlassen, jedoch mit der Maassgabe, dass den einzelnen Bewerbern je zwei Gersten zur Bearbeitung zugesandt werden sollen, eine leichte gesunde Brennereigerste und eine schwere Braugerste. Es soll also durch Verarbeitung des gleichen Materials bei allen Versuchsanstellern festgestellt werden, welchen Einfluss die Art der Malzführung auf die Beschaffenheit des Malzes hat und ob sich ein bestimmtes Verfahren feststellen lässt, welches als das beste und geeignetste für die Herstellung eines guten Brennereimalzes zu bezeichnen ist. Die näheren Bedingungen für die Preisbewerbung theilt die Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 15 S. 327 und 383, mit. II. Dämpfen und Maischen. Eine Beobachtung aus der Praxis über das Mandl'sche Verfahren, über welches wir ausführlich 1893 288 68 berichtet haben, theilt Titus Hatieg in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 15 S. 344, mit. Das Durchschnittsresultat aus 17 Arbeitstagen war folgendes. Es wurden täglich 6100 k Getreide (Mais und Gerstenmalz) verarbeitet. Das Material war von verschiedener Qualität, nämlich 1) warm gewordener, dumpfiger, demnach defecter Mais, 2) mittelguter, gemischter Mais, sogen. Bauerwaare, 3) besserer, gesunder, sogen. Mercantilmais. Aus je 100 k Getreide wurden nach dem Mandl'schen Verfahren erzielt: 1) aus defectem Mais 70 Zuckerprocente und 34,50 Literprocent Ausbeute = 49,3 Literprocent aus einem vergohrenen Zuckerprocent, 2) aus mittelgutem Mais 71,4 Zuckerprocent und 35,2 Literprocent Ausbeute =49,5 Literprocent aus einem vergohrenen Zuckerprocent, 3) aus besserem Mais 72,1 Zuckerprocent und 36,11 Literprocent = 50 Literprocent aus einem vergohrenen Zuckerprocent. Nach dem früheren Verfahren betrug die Ausbeute: aus defectem Mais 32, aus mittelgutem 33,25 und aus besserem 33,75 Literprocent. Nach dem Mandl'schen Verfahren wurde also für 100 k Getreide eine Mehrausbeute von 2,27 Literprocent erzielt. Die dabei gewonnene Schlampe war vorzüglich. Das Verfahren gelangt zur Einführung und der Verfasser erwartet bei vollem Betriebe, wo sich manche Mängel noch beseitigen lassen werden, eine noch günstigere Ausbeute. III. Gährung und Hefe. Ueber Versuche mit Reinhefe liegen zahlreiche Mittheilungen in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 15 S. 319, 343, 353, 360, 400, 409, 417, vor, denen wir das Folgende entnehmen. Die Thätigkeit der Hefezuchtanstalt soll fortdauernd darin beruhen, immer neue Heferassen aus der grossen Anzahl vorhandener Rassen zu züchten, um durch fortgesetzte, im Verein mit der Praxis angestellte Versuche schliesslich die beste Hefe zu finden oder eine Anzahl von Heferassen ausfindig zu machen, die für bestimmte Zwecke besonders geeignet sind, z.B. geeignete Hefe für Presshefefabriken, für Melassebrennereien, für dünnere oder concentrirtere Maischen. Weitergehend wird vielleicht auch die Darstellung von Reinhefen solcher Rassen in Angriff genommen werden können, welche einen bestimmten Einfluss auf die Qualität der gewonnenen Producte ausüben. Ebenso kann auch die Herstellung von Mischhefen, um die Eigenschaften mehrerer Rassen zu vereinigen, versucht werden. Von diesen Gesichtspunkten ausgehend, sind inzwischen zwei neue Rassen, III und IV, hergestellt, und es liegen auch bereits zahlreiche Mittheilungen über dieselben aus der Praxis vor. Die Rasse III stammt aus einer Hefe, welche in den Laboratoriumsversuchen der Stammhefe der Rasse II, welche unter allen untersuchten Hefen die energischste und ausdauerndste Gährung zeigte, am nächsten stand, aber doch etwas weniger gährkräftig war. Dieser Unterschied ist nun auch bei den Versuchen in der Praxis in auffallender Weise hervorgetreten, denn die Rasse III wird zwar auch als eine vorzügliche Hefe hingestellt, welche jedoch nicht ganz der Rasse II gleichkommt. Auch bei dieser Hefe ist mehrfach Schaumgährung aufgetreten, jedoch glaubt man auf Grund der Berichte ebenso wie bei Rasse II auch hier annehmen zu dürfen, dass die Hefe nicht die unmittelbare Ursache der Schaumgährung ist, sondern dass vielmehr bei der Gegenwart anderer, die Schaumgährung begünstigender Umstände die beiden Reinheferassen, wie vielleicht jede sehr gährkräftige Hefe, diese Erscheinung nur befördern. In der überwiegenden Mehrzahl lauten die Berichte über die Rasse III sehr günstig, in einzelnen Fällen jedoch befriedigten die Ergebnisse auch nicht, und namentlich ist es die mitunter sehr stark auftretende Schaumgährung, welche für die Beurtheilung der Hefe nachtheilig wirkt. Die Rasse IV, welche nach den Laboratoriumsversuchen auch für die Zwecke der Praxis sehr geeignet zu sein schien, hat sich nach den bis jetzt vorliegenden Berichten nicht bewährt, jedenfalls ist dieselbe, allein gebraucht, nicht zu verwenden, da sie eine zu langsame Gährwirkung zeigt und den Rassen II und III bedeutend nachsteht. Schaumgährung ist bei dieser Hefe nicht aufgetreten. In einem Bericht wird die Vermuthung ausgesprochen, dass die Rasse IV mit II oder III gemischt sehr gute Resultate liefern wird. In einem anderen Bericht wird die Rasse IV für alle Brennereien, welche Schaumgährung haben, empfohlen. Nachdem nach allen Beobachtungen sich die Rasse II als eine ganz vorzügliche und unter den geprüften entschieden als die beste erwiesen hat, wird bis auf Weiteres nur diese Rasse allein von der Hefezuchtanstalt für den Verkauf als Anstellhefe hergestellt werden. Grundlagen für ein Preisausschreiben zur Lösung der Schaumgährungsfrage veröffentlicht Delbrück in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 15 S. 409. Die Schaumbedingungen können zunächst hervorgerufen werden durch die besondere Beschaffenheit des Rohmaterials und des Malzes. In diesem Falle kann der Schaum beseitigt werden durch Wechsel im Rohmaterial oder durch ein verändertes Dämpf- und Maisch verfahren. Die Versuche mit den Reinhefen haben aber ferner gezeigt, dass die Schaumerzeugung eine besondere Eigenschaft der starken Hefen ist. Gute Hefen schäumen auch. Es wird also darauf ankommen, die Bedingungen zu erforschen, unter denen die stärkeren Hefen, und besonders die Reinhefe II, auch bei zum Schaum neigendem Material verwendet werden können. Abgesehen von der Beschaffenheit des Rohmaterials, dem Dämpf- und Maisch verfahren und den Rasseeigenthümlichkeiten der Hefe kann nun die Schaumgährung hervorgerufen werden 1) durch eine Infection der Brennereien mit einem Schaumgährung erzeugenden Spaltpilz, 2) durch die Führung der Kunsthefe. Im ersteren Falle wäre die Schaumgährung zu vermeiden durch Anwendung von spaltpilzfreier Reinhefe, durch hohe Maischtemperatur, durch Anwärmen des Hefeguts, durch Einhaltung grösster Sauberkeit und Benutzung nur gekochten oder desinficirten Wassers zur Maischbereitung. Die Führung der Kunsthefe unter Anwendung von Rasse II als Saathefe derart, dass Schaumgährung vermieden wird, sollte Gegenstand eines Preisausschreibens sein, und Delbrück stellt folgende, durch das Preisausschreiben zu prüfende Behauptung auf: „Die Gährungsform, insbesondere die Schaumgährung, hängt ab von dem physiologischen Zustande, in welchem sich die Hefezellen beim Anstellen der Maische mit Hefe befinden, sie ist eine Folge der Hefeführung.“ Beobachtungen über Schaumgährung theilt auch Wittelshöfer in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 15 S. 343, mit. Als die möglichen Ursachen führt er die folgenden an: 1) über die Verarbeitung sehr stärkereicher Kartoffeln liegt mehrfach die Mittheilung vor, dass dieselben sich schlecht dämpfen, und dass bei ihnen die Beseitigung des Schaumes durch langes, anhaltendes, starkes Dämpfen erreicht werden kann; auch soll mit Malz nicht gespart werden; 2) bei stärkearmen Kartoffeln ist die Vermuthung gerechtfertigt, dass sie nicht genügend ausgereift sind, dass sich ein grosser Theil der stickstoffhaltigen Bestandtheile noch in löslicher Form befindet, und dass dadurch zu viel Hefenährstoffe der Maische zugeführt werden, welche eine plötzliche starke Hefevermehrung hervorrufen, und unter solchen Verhältnissen wird namentlich bei Verwendung einer sehr starken, gährkräftigen Heferasse, wie dies gerade Rasse II ist, leicht Schaum gebildet werden können. Man versuche es in solchen Fällen mit kräftigem, wiederholtem Ablassen des Fruchtwassers; mit demselben wird ein grosser Theil der Hefenährstoffe entfernt werden und dadurch vielleicht eine Bedingung der Schaumgährung beseitigt werden können. Auch eine geringe Säuremenge im Hefegut soll mehrfach zur Bekämpfung der Schaumgährung von Einfluss gewesen sein, was vielleicht mit dem vielfach in dieser Campagne beobachteten hohen Säuregehalt in der süssen Maische in Zusammenhang zu bringen ist. Als Mittel zur Unterdrückung des Schaumes wird in der genannten Zeitschrift, S. 417, an Stelle des lange für diesen Zweck verwendeten Erdöls das Schweineschmalz empfohlen, welches in den Hefefabriken mit bestem Erfolg angewendet wird. Man erwärmt das Schmalz, bis es flüssig, aber noch nicht durchsichtig geworden ist und gibt 2 bis 3 Löffel davon für den Bottich. Ueber das Auffrischen der Hefe schreibt Wittelshöfer in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 15 S. 343: Wo es möglich ist, das Hefegut in seiner Zusammensetzung immer gleichmässig zu halten, wo es möglich ist, fortwährend reine Säuerung zu erzielen, wo also auch die Gährung der Hefe immer gleichmässig verläuft, wird man ganz gut ein Auffrischen der Hefe durch neue Presshefe entbehren können. Wo dagegen die Bedingungen zu einem derartig gleichmässigen Betriebe nicht gegeben sind, besonders auch, wo die örtlichen Verhältnisse die Erhaltung eines gleichmässig guten Hefegutes nicht gestatten, wird das Auffrischen von Erfolg sein, und zwar wird hierzu die Reinhefe II ganz besonders zu empfehlen sein, bei welcher, da sie gleich bei den ersten Bottichen eine sehr gute Vergährung gezeigt hat, auch ein Rückschlag in der Vergährung, wie man ihn sonst oft bei Verwendung frischer Presshefe zum Auffrischen zu befürchten hat, nicht eintreten dürfte. IV. Destillation und Rectification. V. Schlämpe. Eine Vorschrift zur Herstellung von Kunstschlämpe oder Süssmaische gibt G. Neuhaus in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 15 S. 319. Für ein Stück Grossvieh dämpfe man im Henze 10 bis 15 k Kartoffeln, nehme aber, wenn die Suppe im Vormaischbottich durch Wasser flüssig gehalten werden kann, gar kein Malz, weil durch dieses eine Verzuckerung und Gährung und dadurch eine schlechte Bekömmlichkeit des Futters bewirkt wird. Kann die Kleisterbildung durch Wasser nicht verhindert werden, so nehme man möglichst wenig Malz. Das Futter ist thunlichst auf einer Temperatur von über 50° zu halten, damit nicht Säurebildung eintritt, wodurch das Futter erschlaffend wirkt. Die mit der Süssmaische vielfach gemachten schlechten Erfahrungen führt der Verfasser auf die Verwendung von zu viel Malz und auf die Verabreichung zu grosser Gaben zurück. Gewöhnt man jedoch die Thiere allmählich an grössere Gaben, so kann man bis 20 k Kartoffeln steigen. Zur Herstellung der Süssmaische aus Mais nehme man für das Haupt Grossvieh 2,5 bis 3 k Mais und auf 50 k Mais 80 bis 100 1 Wasser, quelle den Mais im Henzedämpfer, wenn es geht, an und dämpfe und maische wie zur Spiritusfabrikation, jedoch ebenfalls ohne Anwendung von Malz. VI. Apparate. Apparat zum Kühlen, Erwärmen und Lüften der Hefe. Von Georg Piltz, Kupfer- und Metallwaarenfabrik in Ratibor, Gebrauchsmuster Kl. 6 Nr. 7285. Nach einer Mittheilung in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 15 S. 329, ergibt der Apparat eine äusserst schnelle Kühlwirkung bei geringem Wasserverbrauch. Dabei wird die Hefe gleichzeitig gründlich durchlüftet. Auch zum Erwärmen der Hefe kann der Apparat dienen und gewährt dann gegenüber dem directen Einleiten von Dampf den Vortheil, dass ein Verbrühen an der Einmündungsstelle und eine Verunreinigung durch Condenswasser ausgeschlossen ist. Der Apparat ist leicht aus einander zu nehmen und daher leicht und gründlich zu reinigen. Zwei Kühlversuche ergaben folgende Resultate: I II Temperatur der Hefekammer 18,75° 20,63°             „      des Kühlwassers 11,25° 13,75° Wasserverbrauch in der Minute 31 l 31 l Menge des gekühlten Hefegutes 210 l 230 l Endtemperatur nah der Kühlung 15° 15° Dauer der Kühlung 29 Min. 45 Min. Ein Versuch mit Erwärmen der Hefe unter Einströmen von Dampf von 4,5 at ergab für das ausströmende Condenswasser eine Temperatur von 81,25°. Einen Gewichtsregistrirapparat für Spiritus und andere Flüssigkeiten haben A. M. Beschorner und P. Hoffmann in Wien construirt. (D. R. P. Nr. 64090 vom 21. Mai 1890.) VII. Analyse. Einen Apparat zur Bestimmung des Stärkemehls in den Kartoffeln aus dem specifischen Gewicht haben Ahme Girard und Fleurent construirt. Derselbe unterscheidet sich von den bekannten derartigen Apparaten dadurch, dass das Volumen der Kartoffeln nicht aus der Gewichtsverminderung, welche dieselben bei der Wägung unter Wasser erleiden, sondern durch Messen der durch die Kartoffeln verdrängten Wassermenge ermittelt wird. (Journal d'Agriculture pratique, 1892 Bd. 1 S. 374.) (Schluss folgt.)