Titel: Ueber die Absorption strahlender Wärme durch Flüssigkeiten und Gläser bekannter Zusammensetzung.
Autor: Richard Zsigmondy
Fundstelle: Band 289, Jahrgang 1893, S. 238
Download: XML
Ueber die Absorption strahlender Wärme durch Flüssigkeiten und Gläser bekannter Zusammensetzung. Von Richard Zsigmondy. Ueber die Absorption strahlender Wärme durch Flüssigkeiten und Gläser bekannter Zusammensetzung. In einer vor einem halben Jahre veröffentlichten Abhandlung über ein für Wärmestrahlen undurchlässiges GlasVgl. D. p. J. 1898 287 17 68 108. habe ich dargethan, dass die Fähigkeit der Glassubstanz, strahlende Wärme zu absorbiren, durch Zusetzen geringer Mengen von Eisenverbindungen bei Gegenwart von Reductionsmitteln zum Glassatze derart gesteigert werden kann, dass die von solchem Glase hindurchgelassene Wärme nur Bruchtheile derjenigen beträgt, welche von eisenfreiem Glase gleicher Dicke und Zusammensetzung hindurchgelassen wird, ja, dass durch Vermehrung des Eisenoxydulgehaltes in der Glassubstanz dieselbe für strahlende Wärme ganz undurchlässig gemacht werden kann. Ich habe für dieses Glas den Namen Wärmeschirmglas oder Schirmglas vorgeschlagen und hervorgehoben, dass dasselbe für mancherlei Zwecke der Industrie und des Haushaltes sich nützlich wird verwerthen lassen. Da in der citirten Abhandlung hauptsächlich von Eisen- und Thonerdegläsern die Rede war, so hätte es zu weit geführt, eine Anzahl Beobachtungen über die Absorption strahlender Wärme durch andere Substanzen, die ich angestellt habe und die mir des Interesses nicht ganz zu entbehren scheinen, anzuführen. In den folgenden Zeilen sollen nun die noch etwa wissenswerthen Versuchsergebnisse nachgetragen werden. Ich möchte zunächst auf die Wärmeabsorption einiger Flüssigkeiten, dann auf das Verhalten farbloser und gefärbter Gläser zu sprechen kommen, über deren Diathermanität bisher nur wenige Beobachtungen veröffentlicht wurden, Beobachtungen, bei denen überdies weder die chemische Zusammensetzung, noch das Wesen des Farbstoffes berücksichtigt worden waren. Es ist zunächst vorauszuschicken, dass die Untersuchungen über die Diathermanität der Substanzen nur relative Bedeutung haben und dass die Zahlenwerthe für Wärmequellen verschiedener Art auch verschieden ausfallen. Selbst bei Anwendung einer und derselben Wärmequelle, z.B. des Argandbrenners, ändert sich der Procentsatz der von einem Körper durchgelassenen Wärme ganz bedeutend, je nachdem man die Flamme hoch oder niedrig brennen lässt, je nachdem man die Cylinderstrahlung mehr oder weniger abblendet. Es wird durch solche Aenderungen im Allgemeinen auch das Wärmespectrum der betreffenden Flamme geändert und damit die Art der von der Substanz zu absorbirenden Wärmestrahlen. Man kann daher die Werthe einer Versuchsreihe nur dann mit einander vergleichen, wenn man unter möglichst gleichartigen Verhältnissen arbeitet. Dieser Forderung ist in der vorliegenden Arbeit Rechnung getragen worden. Als Wärmequelle diente in allen Fällen ein Argandbrenner, dessen Cylinderstrahlung nach Möglichkeit abgeblendet und dessen Flamme – soweit dies möglich – auf gleicher Höhe gehalten wurde. Den Hauptbestandtheil des Glases bildet immer die Kieselsäure. Vom Bergkrystall, der reinen Kieselsäure, ist bekannt; dass dasselbe in geschliffenen fehlerfreien Stücken die strahlende Wärme ungefähr ebenso stark absorbirt wie Spiegelglas. Es war mir nun interessant, zu erfahren, wie sich die Wärmeabsorption ändert, wenn das Silicium nicht an Sauerstoff, wie im Quarz, sondern an ein anderes Element gebunden zur Untersuchung gelangt, und meine Wahl traf das leicht rein zu erhaltende Siliciumtetrachlorid (SiCl4). Zum Vergleich wurde auch die Wärmeabsorption analog gebauter Verbindungen anderer Elemente und die des Schwefelkohlenstoffes untersucht. Die Flüssigkeiten wurden in ein Gefäss gebracht, welches dem schon 1893 287 19 beschriebenen Absorptionsgefässe ähnlich war und dessen Innenweite 9,5 mm betrug. Die Untersuchung geschah, wie dort schon geschildert, mit dem Bolometer. Es ergab sich, dass die Chloride von Silicium und Titan und ebenso der Schwefelkohlenstoff für strahlende Wärme in sehr hohem Maasse durchlässig sind. So erhielt ich für TiCl4 61 Proc., für SiCl4 57 Proc. und für CS2 60 Proc. durchgelassene WärmeFür Zinnchlorid erhielt ich einen geringeren Werth, wahrscheinlich in Folge einer beträchtlichen Trübung meines Präparates während des Einfüllens in das Absorptionsgefäss., während das Glas allein nur 56 Proc. der auffallenden Wärmestrahlen hindurchtreten liess, ein Umstand, der sich daraus erklärt, dass durch Einfüllen der Flüssigkeiten in das Glas die Reflexion an den Innenwandungen des Gefässes herabgesetzt wird. Es zeigt sich also, dass Silicium an Sauerstoff gebunden für strahlende Wärme viel weniger durchlässig ist als Siliciumchlorid, und dieses Ergebniss stimmt auch überein mit der Thatsache, dass Chloride der Leichtmetalle vollkommen diatherman sind. In der folgenden Tabelle findet sich die Diathermanität einiger Säuren und Metallsalzlösungen verzeichnet: Substanz Durchgelassene Wärme dertotalen Strahlung Schwefelsäure, concentrirt 15,7 Proc. Salzsäure, concentrirt 14,0 Mangannitrat, concentrirte Lösung 14,0 Salpetersäure, concentrirt 14,0 Aluminiumchlorid, concentrirte Lösung 12,9 Phosphorsäure, concentrirt 12,7 Alaunlösung             „   12,15 Eisenchlorid, 2,8 Proc. Fe 11,2 Wasser 12,2 Kupferchlorid (hellblau)   8,6 Eisenoxydulammoniumsulfat, 4,7 Proc.    Fe (farblos)   2,6 Lösung von Eisen in Orthophosphor-    säure, 5,6 Proc. Fe (farblos)   2,1 Eisenvitriol, angesäuerte Lös., 8,9 Proc.    Fe (beinahe farblos)     1,19 Aus den vorstehenden Zahlenangaben ist ersichtlich, dass die concentrirten Säuren die strahlende Wärme besser hindurchlassen als Wasser, eine Thatsache, die schon seit Melloni's Zeiten bekannt ist. (Es ist nicht unwahrscheinlich, dass wasserfreie Salzsäure, das Chlorid des Wasserstoffes, die Wärmestrahlen ebenso gut hindurchlassen wird, wie die Chloride der leichten Metalle.) Mangannitrat und Thonerdesalze verändern wenig die Diathermanität des Wassers, erhöhen sie sogar etwas; dagegen absorbiren Kupferoxyd- und Eisenoxydulsalzlösungen die strahlende Wärme in höherem Maasse als reines Wasser. Auf das besonders hohe Absorptionsvermögen der Eisenoxydullösungen habe ich schon in der ersten Abhandlung aufmerksam gemacht (1893 287 19). Weitere Beobachtungen über die Diathermanität schwach saurer Lösungen von Eisenchlorür und Eisenvitriol, die ich kürzlich in Wiedemann's Annalen, N. F. Bd. 49 S. 531, publicirt habe, hatten ergeben, dass man bei gleichem Gehalt der Lösungen an Eisen übereinstimmende Zahlen für die Wärmedurchlässigkeit erhält, unabhängig von dem Grade der Verdünnung und gleichgültig, an welche Säure das Eisen gebunden ist, solange es als Oxydul sich in Lösung befindet. Man kann derartige angesäuerte Eisenoxydullösungen – in geeignete Gefässe gebracht – wegen ihrer geringen Färbung ganz gut als Schirm gegen strahlende Wärme für manche Zwecke der Wissenschaft verwenden. In einer zweiten Notiz wurde an genannter Stelle (S. 535) die Durchlässigkeit der Gläser gegen strahlende Wärme behandelt, und ich möchte die dort gebrachten Resultate hier in Kürze wiederholen. Zur Untersuchung gelangten Glasplatten von Dr. O. Schott in Jena von der in der Tabelle I wiedergegebenen chemischen Zusammensetzung. Aus der Tabelle II ist die Diathermanität der betreffenden Gläser ersichtlich. Tabelle I. Bezeich-nung desGlases Na3O K2O Al2O3 SiO2 ZnO As2O5 Mn2O3 PbO 709 17 70,5 12,0 0,4 0,06 1118   16,0     67,06   3,6   0,25 0,09 13,0 161''' 26 12 64 164''' 28 17 55 694      8,5     44,23 0,3 0,07 46,9 Tabelle II. Bezeichnung desGlases Dicke des Glases Durchgelassene Wärme inProc. der totalen Strahlung.Wärmequelle: Argand-brenner mm Proc. 709 7,7 63,14 1118   7,73 62,90 Spiegelglas   7,52 62,50 161''' 8,0 62,15 164''' 7,6 58,90 694 7,5 59,45 SchweresBarytcrown III 7,6  7,67 61,0458,40 Es sind hier mit Ausnahme des schweren Barytcrownglases II nur vollkommen eisenfreie Gläser mit einander verglichen. Glas I und II sind gleich zusammengesetzt und unterscheiden sich nur durch die Färbung. Glas I erscheint vollkommen farblos, Glas II zeigt dagegen einen schwachen Stich ins Gelbliche, vermuthlich in Folge eines ganz geringen Eisengehaltes. Glas 164''' enthält kleine Verunreinigungen, Schlieren und Steinchen, die den für die Wärmedurchlässigkeit gefundenen Werth jedenfalls etwas unsicher machen. Sieht man von den beiden letzten Gläsern ab, so wird ein Blick auf die Tabelle II zeigen, dass die Diathermanität der so verschieden zusammengesetzten Glassorten sich nur wenig von der des Spiegelglases unterscheidet. Es folgt daraus, dass weder Thonerde noch Bleioxyd, Zinkoxyd, Baryt oder Borsäure, noch auch ein Ueberschuss von Alkalien oder das Fehlen eines Erdalkalis die Wärmeabsorption des Glases wesentlich beeinflussen, dass die Zusammensetzung der farblosen Glassubstanz also innerhalb bedeutender Grenzen schwanken kann, ohne dass diese Schwankungen sich bei der Prüfung des Glases auf Wärmedurchlässigkeit in beträchtlichem Maasse bemerkbar machen würden. Anders als die farblosen Gläser verhalten sich die gefärbten. Auch hier gibt es einige, welche trotz lebhafter Farbe strahlende Wärme nicht besser absorbiren, als farbloses Glas gleicher Dicke, andere aber, die für strahlende Wärme weniger durchlässig sind als Tafel- oder Spiegelglas. Dies gilt namentlich von dem blauen Kupferoxyd- und dem grünen Chromoxydglase (Nr. 14 und 17), deren Absorptionsvermögen für strahlende Wärme auch mit zunehmender Intensität der Färbung zunimmt. In der folgenden Tabelle ist nun die Wärmedurchlässigkeit von Spiegel- und Tafelglas zusammengestellt mit der Durchlässigkeit einer Reihe gefärbter Gläser und der von Schirmglas. Die Werthe sind nicht direct vergleichbar, da sie sich auf Gläser verschiedener Dicke beziehen, auch der Procentgehalt der färbenden Oxyde nicht bestimmt wurde, immerhin dürfte es ganz interessant sein, daraus wenigstens angenähert den Einfluss der färbenden Bestandtheile auf die Diathermanität zu entnehmen. Nr. Benennung des Glases Dicke desGlases Durch-gelasseneWärme dertotalenStrahlung mm Proc.   1 Silberlasurglas, intensiv gelb   1,1 64,5   2 Tafelglas, rein   2,8 63,2   3 Spiegelglas     7,52 62,5   4 Chromglas, hellgrün     3,43 61,8   5 Kupferlasurglas, hellroth   1,8 61,1   6 Tafelglas, mit einem Stich ins    Grüne   3,0 59,1   7 Helles Spathglas   2,0 57,7   8 Hellblaues Kupferoxydglas   2,7 53,0   9 Eisenoxydmanganglas, gelb   1,7 53,5 10                    „               braun   2,6 42,7 11 Kupferlasurglas, dunkelroth   2,1 51,5 12 Blaues Kobaltglas   2,3 41,0 13 Kupferoxydglas, dunkler blau   2,5 34,0 14 Chromoxydglas, grün   3,0 30,0 15 Crownglas, dick mit Stich ins    Grüne (Fe-hältig) 16,0 30,7 16 Kryolithglas, satt weiss, undurch-    sichtig     2,55 23,2 17 Chromoxydglas, sehr dunkelgrün   3,1 21,1 18 Mein Glas Nr. 21Vgl. D. p. J. 1893 287 18.   7,6 20,0 19 Schirmglas A (Glassubstanz)   2,3 13,6 20          „        B          „   2,2   9,2 21          „        A          „   8,3   0,7 22          „        B          „   8,5   0,0 23          „        C          „   8,5   0,0 Ich habe noch andere Sorten von Tafelglas untersucht und gefunden, dass die Zahlenwerthe je nach der Dicke und Reinheit schwanken zwischen 50 und 60 Proc. der totalen Strahlung; ferner wurde ein Glas geprüft, in welchem der Kalkgehalt durch Cer- und Didymoxyd theilweise ersetzt worden war; dasselbe war schwach violett gefärbt und liess die Wärme nicht viel schlechter als die Kalkgläser hindurch. Aus der Tabelle entnehmen wir zunächst, dass die Lasurgläser trotz ihrer intensiven Färbung sehr diatherman sind, dass die Absorption des Farbstoffes sich also hauptsächlich auf den sichtbaren Theil des Spectrums beschränkt, in welchem ja nur ein kleiner Theil der gesammten ausgestrahlten Wärmemenge sich vorfindet; es ist dies deshalb nicht uninteressant, weil man gewöhnlich die Elemente Silber und Kupfer als den färbenden Bestandtheil dieser Gläser ansieht. Etwas stärker absorbiren schon die Eisenoxydmangangläser und die heller gefärbten Kupferoxyd- und Chromoxydgläser, ferner das intensiver gefärbte Kobaltglas. Am wenigsten durchsichtig für strahlende Wärme erwies sich unter allen Handelsgläsern das intensiv grüne Chromoxydglas Nr. 17, worauf schon in der mehrfach erwähnten Abhandlung (D. p. J. 1893 287 21) hingewiesen wurde. Ebenso wurde darauf aufmerksam gemacht, dass auch dieses stärkst absorbirende Glas in Bezug auf Wärmeabsorption durch Eisenoxydulgläser bei weitem übertroffen wird. Bemerkenswerth ist ferner das Verhalten der beiden getrübten Gläser Nr. 7 und 16. – Das Spathglas lässt die Flamme eben noch mit röthlicher Farbe erkennen, das Kryolithglas ist ganz undurchsichtig. – Man sollte meinen, dass die strahlende Wärme durch die Trübung derart zerstreut und zurückgehalten würde, dass nur ein geringer Bruchtheil derselben durch das Glas treten könnte. Demnach gehört das Spathglas zu den durchlässigsten aller untersuchten Gläser und auch das satt weisse Kryolithglas lässt noch beträchtliche Mengen strahlender Wärme hindurchtreten. Daraus ergibt sich für den praktischen Gebrauch unmittelbar, dass Lampenschirme aus opaken Gläsern keinen genügenden Schutz für die von der Flamme ausgestrahlte Wärme gewähren können. Auch in anderer Hinsicht verdient das Resultat Beachtung: Das Kryolith- wie auch das Spathglas enthalten beträchtliche Mengen von Thonerde, wahrscheinlich an Fluor gebunden. Es zeigt sich nun, dass dieselbe, auch in dieser Form angewendet, die Wärmestrahlen nicht in beträchtlichem Maasse zurückzuhalten vermag. Ich habe die Absicht, das Verhalten der gefärbten Gläser gegen strahlende Wärme gelegentlich an vergleichbaren Probestücken noch weiter zu studiren und werde seiner Zeit über die weiteren Ergebnisse der Untersuchung Bericht erstatten. Graz, im Juli 1891. Technische Hochschule.