Titel: Neuere Hebevorrichtungen.
Fundstelle: Band 292, Jahrgang 1894, S. 275
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Neuere Hebevorrichtungen. (Fortsetzung des Berichtes S. 247 d. Bd.) Mit Abbildungen. Neuere Hebevorrichtungen. 4) Aufzüge. Otis' Personenaufzug in Hoboken, N. J. Die am rechten Ufer des Hudson liegende Stadt Hoboken in New Jersey, welche auf einem Hochland von 40 bis 50 m Höhe liegt, wird mit dem Ufer des Hudsonflusses mit einer Seilbahn verbunden, während die Hochlandsbahnen ihre Verbindung mit der Landestelle der Fährboote mittels eines 44 m hohen Aufzuges und eines 266 m langen Viaductes in Weehawken gefunden haben. Dieses, der North Hudson County Railway Company gehörige gewaltige Hebewerk wurde von Otis Brothers and Co. in Yonkers, New York, ausgeführt, während der stählerne Viaduct von den Passaic Iron Mills gebaut worden ist. Dieser Seilaufzug, welcher dem von Otis bezieh. der American Elevator Company in London im Eiffelthurm aufgestellten (vgl. D. p. J. 1889 274 * 400) in den Grundzügen gleicht, ist nach Engineering, 1891 Bd. 51 * S. 613, bezieh. Engineering News, 1891 * S. 50, in Fig. 50 bis 67 dargestellt. Textabbildung Bd. 292, S. 275Fig. 50.Otis' Personenaufzug. Im Förderthurm a (Fig. 50 und 51) sind drei lothrechte Fahrschächte für drei je 130 Personen fassende, 6550 zu 3800 mm grosse und 3050 mm hohe Fahrgehäuse vorgesehen, und während am Erdgeschoss zwei Verbund-Worthington-Dampfpumpen b von 406 bezieh. 736 mm Dampfcylinder- bezieh. 317 mm Pumpenkolbendurchmesser bei 457 mm Kolbenhub, sowie ein Saugwasserbehälter c von 45,3 cbm Inhalt, ferner die drei senkrechten Druckwassercylinder d für das dreirollige Seilflaschentriebwerk Aufstellung gefunden haben, ist am Obergeschoss der Anschluss des Thurmes an den auf sechs Pfeilern ruhenden Viaduct für zweigleisige Betriebsbahn mit Seitenwegen für die Fussgänger nebst den seitlichen Aus- und Einsteigegängen vorgesehen. Darüber sind an Diagonalen e die Seilleit- und Tragrollen angebracht, sowie unter dem Dache selbst ein Luftkessel f von 45 cbm Fassungsraum untergebracht ist, dessen Luftmenge von einer Luftpumpe im Erdgeschoss auf Spannung und Menge ergänzt wird. Die Verbindung des Windkessels f mit den drei Arbeitscylindern d vermittelt ein 381 mm weites gusseisernes Rohr, welches bei 1140 qc Querschnitt und 53 m Höhe einen Inhalt von 6040 l besitzt, der zu einer Füllung eines der drei Arbeitscylinder zureicht. Bei einem Durchmesser von 964 mm eines Arbeitscylinders d beträgt die Kolbenfläche rund 7300 qc, und da der Kolbenhub 44,2 : 6 = 7,37 m beträgt, so ist eine Cylinderfüllung 73,7 . 73 = 5380 l gross oder um 6040 – 5380 = 660 l kleiner als der Inhalt des Standrohres. Textabbildung Bd. 292, S. 276Fig. 51.Otis' Personenaufzug. Jeder dieser gusseisernen Arbeitscylinder d (Fig. 50, 52 und 53) hat 50,8 mm Wandstärke und 76 mm starke Flanschen von 1270 mm Durchmesser, zu denen je 24 Stück 44 mm starke Schrauben für die Verbindung der Cylindertheile gehören, zu deren Dichtung Asbestpappe genommen ist, während zwei 101 mm starke Ankerschrauben den Cylinderboden mit dem Grundrahmenwerk verbinden. Da jeder Aufzug nur für eine Nutzlast von 9000 k mit 1 m/Sec. Fahrgeschwindigkeit berechnet ist, so würde theoretisch jeder Arbeitskolben mit 6 . 9000 = 54000 k niedergedrückt oder jeder Cylinderkörper mit 54 t Aufdruck gehoben werden, wozu bei 7300 qc Kolbenfläche eine Spannung von 54000 : 7300 = 7,04 k/qc zureichen würde. Nun ist aber die Arbeitsspannung auf 12,0 bis 12,65 k/qc angesetzt, während das Cylindermaterial mit einer Spannung von 35 k/qc geprüft ist. Dieser Arbeitsspannung entsprechend sind die zwei 114 mm starken Kolbenstangen berechnet, welche einer grössten Zugkraft von rund 7300 . 12,5 = 91250 k widerstehen, wobei deren Material, Bessemerstahl, mit rund 5,7 k/qmm auf Zug beansprucht wird. Natürlich gehen diese Kolbenstangen durch Stopfbüchsen des oberen Cylinderdeckels, tragen aussen den Seilrollenrahmen (Fig. 55) und innen einen mit Gewichtsscheiben belasteten Doppelkolben g (Fig. 53). Textabbildung Bd. 292, S. 276Arbeitscylinder zu Otis' Aufzug.Textabbildung Bd. 292, S. 276Fig. 54.Umsteuerung zu Otis' Aufzug. Das Gewicht dieses Arbeitskolbens, sowie jenes des Rollenrahmens sind zur Gewichtsausgleichung des Fahrstuhlgehäuses unzureichend, weshalb noch ein Gegengewichtswagen in einer Ecke des Fahrschachtes vorgesehen ist, wodurch jeder der drei Fahrstühle unabhängig vom anderen wird. Da der Wasserbedarf für jede Einzelfahrt sich auf rund 5400 l in 44 Secunden erstreckt, die Leistung für einen Doppelhub jeder Pumpe 2 . 7 . 89 . 4,57 = 72 l oder rund 140 l für eine Zwillingspumpmaschine beträgt, so würde zur Lieferung von 5380 l eine Anzahl von 5380 : 140 = 38,4 Doppelhüben erforderlich sein, und weil beide Pumpkolben gleichzeitig wirken, so ist nur die Zeitdauer für die Hälfte derselben, also für 19 Doppelhübe nothwendig. Weil aber zu einer Fahrt 44 Secunden Fahrzeit angesetzt sind, so kann bei Einrechnung der Aufenthalte fast ein ununterbrochener Fahrbetrieb mit den drei Hebewerken ermöglicht werden, wenn für jede Fahrt rund 1 Minute angesetzt und eine Zwillingspumpmaschine für 19 Doppelhübe minutlich eingestellt ist. Textabbildung Bd. 292, S. 277Rahmenschlitten und Seilscheibe zu Otis' Aufzug. Da aber zwei Gruppen von Pumpmaschinen vorhanden sind, so können sogar Doppelfahrten gleichzeitig stattfinden. Jeder der drei 964 mm weiten Arbeitscylinder besteht aus drei Mittelstücken, einem Kopfstück mit Deckel und einem Bodentheil in einer Gesammtlänge von 10668 mm. Am unteren Seitenstutzen ist ein Zwischenstück angeschraubt, welcher ein Verbindungsrohr nach dem oberen Cylindertheil und das Schiebergehäuse trägt, an welchem das Zulauf- und das Wasserablaufrohr angesetzt sind. Ein Ventil im Zwischenstück stellt die Verbindung zwischen dem oberen und unteren Cylinderraum her, so dass bei geschlossenem Ein- und Auslaufrohr und offenem Ventil der Kolben durch die Ueberlast des Fahrstuhlhauses nach aufwärts gezogen, wodurch das über dem Kolben befindliche Wasser in den Cylinderraum unter dem Kolben gedrückt wird, welcher Vorgang so lange andauert, bis der Kolben in seine Höchstlage gelangt. Nun befinden sich am Obertheil, sowie am Untertheil des Arbeitskolbens g einseitige Drosselschieber h, die mit einer abnehmenden Anzahl kleiner Löcher versehen sind, wodurch sowohl der Ablauf, als auch die Zuströmung des Wassers gehemmt wird, was eine stossfreie Hubbegrenzung des Fahrstuhlgehäuses bedingt. Ist der Arbeitskolben in die Hochlage gelangt, befindet sich der Fahrstuhl in der Tief läge, so wird die Auffahrt durch Umsteuerung des Rohrschiebers k (Fig. 54) eingeleitet. Textabbildung Bd. 292, S. 277Schwungkugelregulator zu Otis' Aufzug. An dessen Schieberstange ist ein Abschlusskolben l und ein grösserer Hebekolben m angesetzt, die durch den oberen Deckel geführte Schieberstange aber an einem Hebel n angelenkt, der um eine Kurbelstange o als Stütze schwingt, sobald der Kolben m in Bewegung sich befindet. Dahingegen bleibt das Gelenk der Schieberstange m ein Stützpunkt für den Hebel n, wenn vermöge der Kurbel p die Kurbelstange o gehoben oder niedergestellt wird, wobei mittels der Nebenschiene ein Steuerkolben q bethätigt wird, in dessen Gehäuse eine Zuleitung für Presswasser angeschlossen ist. Wird nun die Kurbelwelle p durch das Seilrad p bezieh. das Steuerseil p1 derart hoch eingestellt, dass der Steuerkolben q in seine Hochlage kommt, so wird durch das Verbindungsrohr r Presswasser unter den Kolben m gelangen und denselben heben, wobei die grosse Zuleitung eröffnet und Presswasser durch das Verbindungsrohr oberhalb des Arbeitskolbens g zugeführt wird. Mit dem Kolben m wird aber auch der Verschlusskolben l sich heben, wodurch der Ablauf des unter dem Arbeitskolben g befindlichen Wassers beginnt. Um aber Stösse, sowie jede Beschleunigung der Fahrbewegung zu verhindern, wird diese Abströmung nicht nur durch die vorerwähnten Drosselschieber h, sondern noch durch die Korbbüchse bei l gehemmt. Mit der Aufwärtsbewegung des Hebekolbens m ist aber eine theilweise Niedergangsbewegung des Steuerkolbens q verbunden, was den Abschluss der Zuleitung für das Presswasser durch q zur Folge hat, während unter dem Hebekolben m beständig Presswasser aus der Hauptleitung wirkt. Die Umsteuerung für die Niederfahrt wird durch das Steuerseil p2 veranlasst, was eine Rechtsschwingung des Seilrades bezieh. eine Tiefstellung der Kurbel p, sowie eine Tieflage des Steuerkolbens q mitbedingt. Dadurch gelangt aus der Zuleitung Presswasser über den Hebekolben m, was wegen des entstehenden Ueberdruckes einen Niedergang desselben bezieh. den Abschluss der Hauptleitung durch den Rohrschieber k veranlasst. Textabbildung Bd. 292, S. 278Fahrgehäuse zu Otis' Aufzug. An den zwei Kolbenstangen g ist ein Rahmenschlitten (Fig. 55 und 56) angebolzt, in welchem um 140 mm starke Bolzen drei Seilscheiben s (Fig. 57) von 1524, 1424 und 1324 mm mittlerem Durchmesser frei umkreisen, welche in Verbindung mit den festen Seilrollen t am Fahrgerüste a (Fig. 52) und der Tragerolle u (Fig. 50 und 51) auf den oberen Diagonalen e einen umgekehrten dreifachen Flaschenzug mit sechsfacher Lastübersetzung bilden. Jedes Fahrgehäuse hängt an acht Stahldrahtseilen von 22,2 mm Durchmesser, von denen zwei für das fahrbare Gegengewicht, die sechs anderen dagegen als Tragseile für den Flaschenzug bestimmt sind. Ausserdem ist das Fahrgehäuse in ein endloses Seil eingeschaltet, welches über zwei Rollen geht, von denen eine am Boden, die andere am Dachgerüste lagert. Von dieser (Fig. 58 und 59) wird ein Schwungkugelregulator betrieben, der bei einer unbeabsichtigten Steigerung der Niedergangsgeschwindigkeit mittels excentrischer Klemmscheiben v dieses Fangseil fasst und das Fahrgehäuse zurückhält. Textabbildung Bd. 292, S. 278Seile und Fangvorrichtung zu Otis' Aufzug. Bemerkenswerth ist die Aufhängung der Fahrgehäuse (Fig. 60 bis 62) mittels der sechs Tragseile w (Fig. 63 und 64), zwischen welchen die Tragseile für die Gegengewichte liegen. Diese beiden Seile sind an den Sattelböcken y angelenkt, welche an der obersten Rahmen quer Verbindung sitzen, durch welche je drei Tragseile symmetrisch auf den Wagebalken z abgetheilt werden. Mittels Nasen dieses Wagebalkens werden wagerechte federgespannte Stäbe zurückgehalten, welche nach eingetretenem Seilbruch vorschnellen, wodurch Fangschuhe (Fig. 65 bis 67) gedreht werden, die sich an die Führungsbäume anlegen. (Schluss folgt.)