Titel: Ueber das Bernardos'sche elektrische Löthverfahren.
Fundstelle: Band 293, Jahrgang 1894, S. 213
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Ueber das Bernardos'sche elektrische Löthverfahren. Mit Abbildungen. Ueber das Bernardos'sche elektrische Löthverfahren. Die Löthung von Metallen mittels des Datschen Lichtbogens hat namentlich in letzterer Zeit einige Fortschritte gemacht, welche hoffen lassen, dass sich demselben noch ein bedeutendes Gebiet der Anwendung erschliessen wird. Es sind namentlich die Vereinigten Staaten, welche sich dieses Hilfsmittels rascher und erfolgreicher bedient haben, als das bisher in Europa geschehen ist, wo sich die Anwendung desselben noch immer auf die Ausbesserung schadhafter Stellen in Eisen- und Stahlgusswaaren beschränkt. Dies muss um so mehr auffallen, als gerade die Methode von Bernardos sich, wie keine andere, dazu eignet, Metalle zu verbinden, welche sowohl mit dem Thomson'schen, als auch dem sogen. hydroelektrischen Schweissverfahren nur mit grossen Energieverlusten zu behandeln sind. Es ist genügend bekannt, welch bedeutenden Energieaufwand die Verbindung zweier Eisenstäbe, selbst wenn deren Querschnitt nur einige Quadratcentimeter beträgt, erfordert, wenn man lediglich die im Uebergangswiderstand der Trennungsfläche frei werdende Stromwärme zu Herstellung der Schweisshitze verwendet, und wenn auch das hydroelektrische Verfahren bezüglich des Aufwandes an elektrischer Arbeit sich günstiger stellt, so gibt es doch eine grosse Anzahl wichtiger Anwendungen, bei welchen man sich fast ausschliesslich auf die Verwendung des Lichtbogens beschränkt sieht. Es entsteht nun die Frage, welches die Hindernisse sind, welche das elektrische Löthverfahren bisher in seiner Entwickelung gehemmt haben. Nachtheilig wirkt in erster Linie der Umstand, dass sich die Structur der mit dem Lichtbogen behandelten Metalltheile und der nächsten Umgebung derselben derart ändert, dass, wo früher „Sehne“ vorhanden war, mehr oder weniger „krystallinisches Gefüge“, und wo „Weichheit und Zähigkeit“ bestand, „Härte“ sich einstellt. Abgesehen von der chemischen Zusammensetzung, in welcher zunächst die Möglichkeit liegt, überhaupt eine gewisse Structur herstellen zu können, sind es fast ausschliesslich mechanische Einwirkungen (Walzen, Schmieden, Strecken), durch welche die Moleküle in jene Situation gebracht werden, welche für die Festigkeit des Materials von Werth ist. Diese werthvolle Eigenschaft geht nun zum Theil verloren, sobald das Metall bis zum Schmelzen erhitzt wird, wie es bei der hohen Temperatur des Lichtbogens in kurzer Zeit geschieht. Ein nachfolgendes Hämmern oder Walzen kann diesen Uebelstand nur zum geringsten Theil beseitigen, denn die Wärme wird der Löthstelle von der grossen, gut wärmeleitenden Masse des übrigen Metallkörpers und durch Ausstrahlung so rasch entzogen, dass der Erfolg der mechanischen Behandlung dadurch sehr bald problematisch wird. Besser ist es schon, wenn das Arbeitsstück selbst auf eine höhere Temperatur gebracht und so die Wärmeableitung von der Schweisstelle verzögert wird. Die Verminderung der in der faserigen Structur bedingten Zähigkeit zeigt sich namentlich in der starken Einbusse, welche die geschweissten Stücke erleiden. Das Gefüge war an den Bruchflächen mehr oder weniger feinkörnig, theil weise aber, und zwar bei den Proben mit grösserer Festigkeit, auch schwachsehnig, ein Zeichen, dass dort, wo die mechanische Arbeit noch wirksam sein konnte, sich in der That die Beschaffenheit des Materials wieder gebessert hatte. Die „Härte“, welche die Löthstelle erlangt, ist eine Folge der raschen Abkühlung, welche sich in derselben Weise oder sogar noch schneller vollziehen wird, wie beim Eintropfen geschmolzenen Metalls in Wasser; denn Wasser ist bekanntlich ein schlechterer Wärmeleiter als Metall, um so mehr, als sich jeder geschmolzene Tropfen im Wasser momentan mit einer wärmeconservirenden Dampfschicht umgibt. Dass die Härtung in einer Uebertragung von Kohlenstoff aus den angewendeten Kohlenspitzen in das Eisen seinen Grund habe, wurde noch nicht bestätigt gefunden, dafür aber die Ueberzeugung gewonnen, dass durch Ausglühen die ursprüngliche Weichheit (aber nicht die Zähigkeit) wieder hergestellt werden kann. Abgesehen von Eisen und Stahl, für welche allerdings das elektrische Löthverfahren die grösste Bedeutung hat, gibt es aber eine Menge anderer Metalle, bei welchen die eben erwähnten Nachtheile theils weniger ins Gewicht fallen, theils thatsächlich nicht auftreten, z.B. bei Kupfer und einigen seiner Legirungen, bei Blei, Zinn und schliesslich bei den Edelmetallen. Ein zweiter Grund, der der Einführung oder allgemeineren Verbreitung des elektrischen Löthverfahrens hindernd im Wege stand, sind die verhältnissmässig hohen Anlagekosten einer Accumulatorenbatterie. In den meisten Schweissanlagen, die nach dem Bernardos'schen Verfahren arbeiten, dienen die für diesen Zweck aufgestellten Dynamomaschinen während der Nacht ohne Lichtbetrieb, und umgekehrt kommt es vor, dass geeignete Lichtmaschinen bei Tag für den Schweisszweck adoptirt werden. Die Accumulatorenbatterie von Bernardos entspricht zwar dem Zweck des Schweissens, taugt aber in Folge ihrer geringen Capacität nur wenig zur Beleuchtung. Berücksichtigt man die Intervalle von einer Löthung zur nächsten, so wird man finden, dass die Batterie kaum 100 Stunden im Monat die Arbeit liefert, welche ihr, zuzüglich der Verluste, von der Dynamo zugeführt wurde. Ihr Zweck ist gewissermaassen der, eine automatische Strom- und Spannungsregulirung zu bewirken; dieser Zweck scheint aber mit einem unverhältnissmässigen Aufwand an Anlage- und Erhaltungskosten erkauft. Berücksichtigt man ferner, dass sich das Laden und Entladen lediglich nach dem Arbeitsbedürfniss richten muss, so ist leicht einzusehen, dass die ursprüngliche Bernardos'sche Einrichtung noch einige weitere Nachtheile im Gefolge hat. Die ohne jegliche Füllmasse, nur durch Formiren activ gemachten Platten widerstehen zwar ziemlich gut einer unregelmässigen Beanspruchung; sie sind aber dafür auch nicht fähig, grössere Energiemengen zu beherbergen. Die Folge davon ist, dass gegen Ende einer jeden Zwischenpause die Batterie einige Zeit überladen wird, was immer einen Energieverlust bedeutet. Am meisten kommt dies in Betracht, wenn die Arbeitsstelle, wie es beim Löthen von zarteren Objecten der Fall ist, nur von einem Theil der Batterie gespeist, also der Rest der Zellen fortwährend geladen wird. Die erwähnten Umstände verursachten eine Anordnung zu suchen, die durch Umgehung der Accumulatoren die besagten Nachtheile beseitigen sollte, ohne deren Vortheile preiszugeben. Die erwähnte Anordnung wurde einigen grösseren Eisenwerken, welche sich mit der Einrichtung des elektrischen Löthverfahrens befassen, in Vorschlag gebracht und sehr zufriedenstellende Mittheilungen erzielt, weshalb die Sache an dieser Stelle kurz zu besprechen ist. Bei Bernardos wird bekanntlich eine Dynamomaschine D mit einer Accumulatorenbatterie A und mit der Schweissstelle S parallel geschaltet. Die Batterie ist in einzelne Gruppen von 5 bis 10 Elementen geschieden, jede Gruppe besteht wieder, je nach der erforderlichen Stromstärke, aus einer oder mehreren Reihen. Die Pole jeder Gruppe sind durch Leitungen mit den entsprechenden Contactstücken eines Stöpselschalters verbunden, welcher die Höhe der Arbeitsspannung dem jeweiligen Bedürfniss entsprechend zu wählen gestattet. Die bezügliche Schaltung ist in Fig. 1 dargestellt. Die Anzahl Accumulatoren ist mit Ziffern bezeichnet und jede Gruppe der Einfachheit halber einreihig angenommen. Zur Hervorrufung des Lichtbogens wird einen Moment das Arbeitsstück mit der Kohle in Contact gebracht, wodurch, abgesehen von den Widerständen der Zuleitungen, die Dynamomaschine sowohl als auch die Batterie kurz geschlossen werden. Da dies nur ganz kurze Zeit dauert, erreicht der Dynamostrom nicht den Nullwerth, sondern erhebt sich bald nach der Entfernung der Kohle und Bildung des Lichtbogens auf ein Maximum, von welchem er bei steigender Spannung um so mehr herabsinkt, je mehr die Kohle sich von der Arbeit entfernt, bis schliesslich in einer gewissen Distanz der Bogen ganz erlischt und die Dynamo ihre Energie zur Aufspeicherung in den Accumulatoren verausgabt. Dieselben Wirkungen lassen sich aber auch erzielen, wenn man statt der Batterie einen geeigneten Widerstand zur Dynamo parallel schaltet, der nur aus Leitern erster Ordnung besteht und keine E. M. K. enthält, und wenn man eine Maschine oder mehrere parallel geschaltete anwendet, die den Lichtbogen mit derselben Stromstärke zu versehen vermögen, wie es im ersten Fall die Dynamo in Gemeinschaft mit der Accumulatorenbatterie that. Textabbildung Bd. 293, S. 213Fig. 1.Textabbildung Bd. 293, S. 213Fig. 2.Textabbildung Bd. 293, S. 213Fig. 3.Textabbildung Bd. 293, S. 213Fig. 4. Der Widerstand W (Fig. 2) kann aus einer Glühlampengruppe oder aus Draht bestehen und wird je nach der Beschaffenheit der Maschine für grössere oder geringere Stromstärken zu dimensioniren sein, aber so, dass der Spannungsverlust in demselben der Maschinenspannung nahezu gleichkommt. Wenn die Maschine eine vollständige Stromunterbrechung verträgt, so kann man W ganz weglassen, wodurch man auch den geringen Verlust an Energie vermeidet, der in den Zwischenpausen durch Wärmeentwickelung eintritt. Die Dynamo läuft dann, abgesehen von dem geringen Strom im Nebenschluss, leer und verbraucht, wenn der Dampfmotor gut regulirt, nur wenig Dampf. Aber selbst dann, wenn man die Stromstärke im äusseren Kreis nicht auf Null reduciren kann, ist der Kraftverbrauch in den Pausen viel geringer als der in den Accumulatoren stattfindende Verlust. Erwähnt mögen noch folgende Einrichtungen werden, durch welche erstens der Stromstoss im Moment des Kurzschlusses gemildert und zweitens der, wenn auch geringe Energieverbrauch in W während der Arbeit vermieden werden kann. Zu ersterem Zwecke dient ein inductiver Widerstand w (Fig. 3), der, aus einer Blechspirale mit Luftisolation bestehend, in den Arbeitskreis eingeschaltet ist und nebenbei zur Regulirung der Arbeitsspannung dient. Die Dynamo sei mit dem Dampfmotor nicht durch starre Mechanismen, sondern durch einen elastischen Riemen verbunden, da auch der beste Regulator immer eine gewisse Zeit braucht, um sich der jeweiligen Kraftentnahme entsprechend einzustellen. Es wäre aber irrig, zu glauben, dass die erwähnten Einrichtungen lediglich dann nöthig sind, wenn man die Accumulatoren ersparen will, denn diese sind kein Remedium gegen die Stromstösse, wie man sich in jeder Schweissanlage mit Accumulatorenbatterie überzeugen kann. Soll endlich bewirkt werden, dass im Widerstand W während der Arbeit keine Energie verzehrt werde, so hat man nur nöthig, einen automatischen Umschalter a anzuwenden, wie ein solcher in der Fig. 3 schematisch angedeutet ist. Die Wirkungsweise desselben ist ohne weiteres verständlich. In jenen Fällen, wo mehrere Schweissarbeitssteilen von einer Dynamoanlage bedient werden, wird es häufig möglich sein, die Arbeit so einzurichten; dass das Auslöschen des Lichtbogens einer Schweisstelle immer durch den Arbeitsbeginn der nächsten bewirkt wird bezieh. zeitlich damit zusammenfällt. Die Dynamo liefert dann fast continuirlich Strom, und der Widerstand W ist nur selten eingeschaltet. Eine derartige Anordnung zeigt Fig. 4. Die Wahl der Arbeitsspannung, welche bei Anwendung von Accumulatoren durch Theilung der Batterie in Gruppen erreicht wird, kann beim reinen Dynamobetrieb entweder durch Abänderung der Tourenzahl, oder besser durch einen Nebenschlussregulator geschehen, dessen Regulirbereich sich nötigenfalls auch auf einen Theil der Magnetbewickelung erstreckt. Man kann also auch ohne Accumulatoren den Zweck ebenso gut erreichen, vorausgesetzt, dass statt der Batterie eine zweite Maschine vorhanden ist, welche die Leistung derselben übernimmt, oder besser eine grössere Maschine von entsprechender Gesammtleistung. Trotz dieses Ersatzes sind, kurz wiederholt, die Vortheile des reinen Maschinenbetriebes folgende: 1) Billigere Anlage, Erhaltung und Wartung. 2) Grössere Ausnutzungsfähigkeit. 3) Geringere Energieverluste. 4) Leichtere Uebertragung an entfernte Arbeitsstellen. Die dritte und letzte Ursache der Verzögerung in dem Fortschritte der elektrischen Löthung ist nun die nachtheilige Einwirkung des intensiven Lichtes und der sich entwickelnden Dämpfe auf die Arbeiter. Für das Auge, den edelsten der menschlichen Sinne, besteht eine ständige Gefahr, wenn es einer so bedeutenden Lichtquelle ungeschützt begegnet. Selbst die Combination von farbigen Gläsern, welche angewendet wird, kann anfänglich einer heftigen Entzündung der inneren Hornhaut nicht vorbeugen, und obwohl bei längeren Arbeiten unter diesem Schutz, wenn man so sagen darf, eine Anbequemung (Accommodation) zu Stande kommt, so sind doch andererseits Fälle bekannt, in denen sich die Natur nicht so gefügig zeigte. Dieser Umstand hat aber auch einen sachlichen Nachtheil, unter dem die eigentlichen Schweissverfahren (ohne Lichtbogen) nicht leiden. Die Gläser erschweren nämlich die Beobachtung der Erscheinungen, welche an der Löthstelle vor sich gehen, und das Arbeiten selbst, wenn der Arbeiter, wie es zumeist geschieht, ausser der obligaten Brille noch das Schutzglas in der Linken hält. Auch wird das Auge durch diese Vorrichtungen nur vor den directen Strahlen geschützt, während je nach der Umgebung (namentlich beim Arbeiten auf blanken Metallflächen) seitlich reflectirtes Licht in dasselbe eintreten kann. Aus diesen Gründen scheint eine Halbmaske empfehlenswerth, die oberhalb des Mundes leicht anschliesst und mit zwei Oeffnungen versehen ist, die durch einen Druck mit den entsprechenden farbigen Gläsern verschlossen werden können. Oft ist es sogar ausführbar, die Kohle direct mit einem das Licht nicht durchlassenden Cylinder von Asbest zu umgeben. Aehnlich, wie beim Löthen des Bleies mit der Knallgasflamme, ist es auch beim elektrischen Löthen geboten, mit der Kohle gewisse Bewegungen auszuführen, wodurch die geschmolzenen Theile leichter zusammenfliessen. Durch einige Uebung gelingt es dann, den Zeitpunkt genau zu treffen, in welchem man längs der Naht weiterschreiten muss, so dass die Arbeit anstandslos von statten geht, obwohl der Ort, wo der Lichtbogen das Metall trifft, der directen Beobachtung einen Augenblick entzogen ist. (Elektr. Zeitschrift.)