Titel: Die Fortschritte der Rübenzuckerindustrie in den Jahren 1893 und 1894.
Autor: A. Stift
Fundstelle: Band 296, Jahrgang 1895, S. 163
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Die Fortschritte der Rübenzuckerindustrie in den Jahren 1893 und 1894. (Schluss des Berichtes S. 140 d. B.) Die Fortschritte der Rübenzuckerindustrie in den Jahren 1893 und 1894. Wichtige theoretische Arbeiten auf dem Gebiete der Chemie der Zuckerfabrikation, welche geeignet sind, die complicirten chemischen Vorgänge, die beim Verdampfen bezieh. Verkochen der Zuckersäfte stattfinden, aufzuklären, wurden namentlich von Herzfeld und Jesser ausgeführt. Auf die Herzfeld'schen Arbeiten wird in der Folge noch eingegangen werden. JesserOesterreichisch-ungarische Zeitschrift für Zuckerindustrie, 1893 XXII S. 239 und 661. beschäftigte sich in der Arbeit Ueber die Einwirkung von Kalk und Alkalien auf Invertzuckermit dem Studium der Frage, wie viel Nichtzucker sich aus Invertzucker beim Behandeln desselben mit Kalk und Alkalien innerhalb der Grenzen des Saturationsprocesses bildet, wobei er auch auf die enorm wichtige Rolle, welche der Invertzucker speciell bei der Rohsaftarbeit (Diffusion, Vorwärmer, Pülpefänger u.s.w.) spielt, hinweist. Jesser hat gezeigt, dass nicht vollständig zerstörter Invertzucker in alkalischen Säften bestehen kann, und dass bei der Zersetzung dieses Körpers mit Kalk Säuren gebildet werden, die 1½ Moleküle Calcium auf 2 Moleküle Glucosen neutralisiren. In „Studien über Alkalitäten“ entwickelt derselbe ForscherOesterreichisch-ungarische Zeitschrift für Zuckerindustrie, 1894 XXIII S. 275. die heute den Praktikern geläufige Ansicht über die Entstehung und das Wesen der Alkalität und zeigt, dass Reactionen, die beim Titriren von Säften unter verschiedenen Verhältnissen beobachtet werden, sich mit diesen Anschauungen über die Alkalität nicht in Uebereinstimmung bringen lassen. Die wichtige Frage der Verdampfung war Gegenstand einer Reihe von Abhandlungen und wurden zur Verbesserung derselben zahlreiche Vorschläge gemacht, von welchen allerdings nur ein verhältnissmässig kleiner Theil von praktischem Werthe ist. H. JelinekZeitschrift für Zuckerindustrie in Böhmen, 1892/93 XVII S. 183. warnt vor sanguinischen Hoffnungen in Hinsicht der Vermehrung der Anzahl der Verdampfkörper über die Zahl 5 hinaus, nachdem derartige Hoffnungen nur zur Selbsttäuschung führen können. Bei den derzeitigen Maschinen ist ein Sextuple- oder gar Octupleeffect nicht durchführbar, weil man sonst den Retourdampf, den man erspart, zum Dach hinauslassen müsste. Werthvolle Angaben hat auch derselbe Forscher, welcher schon im J. 1864 Ansichten über Scheidung und Saturation vertreten hat, die erst jetzt zu allgemeiner Anerkennung gelangen, in einer Serie von langjährigen Beobachtungen und Versuchen Ueber Verdampfapparate und VerdampfstationenDaselbst 1894/95 XIX S. 79 u. ff. niedergelegt. Vorschläge über Mehrleistung von Verdampfapparaten wurden von verschiedenen Seiten gemacht, ohne dass aber damit bewiesen worden wäre, dass diese Constructionen auch dort einen Fortschritt ermöglichen, wo schon richtig construirte und beschriebene Verdampfapparate vorhanden sind. Bezüglich der Rieselverdampfapparate liegen eine Reihe von Vorschlägen und patentirten Constructionen vor, nur muss es sich aber erst erweisen, ob einzelne derselben irgend welchen Fortschritt bedeuten. Die Verdampfungsmethode von ClaassenZeitschrift des Vereins für die Rübenzuckerindustrie, 1893 XXXXIII S. 236., „Rieselei von unten“ genannt, wird nach dem Urtheil verschiedener Fachgenossen als wirklich vortheilhaft bestens empfohlen. Der von Karlik-EhrmannZeitschrift für Zuckerindustrie in Böhmen, 1893/94 XVIII S. 311. construirte rotirende Apparat, welcher in einer Stunde 77,2 k Wasser für je 1 qm Heizfläche verdampft, hat sich bei durchgeführten Probeversuchen vor einer Commission von Fachmännern ebenfalls bewährt. Ueber die Wärmeverluste in den Dampfmaschinen stellt ClaassenZeitschrift des Vereins für die Rübenzuckerindustrie, 1893 XXXXIII S. 374 und 1060 und 1894 XXXXIV S. 80. eingehende praktische Versuche an, durch welche er zu sehr wichtigen praktischen Schlussfolgerungen gelangt, die der Zuckerfabrikant nicht nur als Techniker, sondern auch vorwiegend als Kaufmann beherzigen soll. Derselbe Forscher hat auch Tabellen zur schnellen Berechnung des Verbrauches an Dampf und Kohlen bei den verschiedenen Systemen der Verdampfung und AnwärmungZeitschrift des Vereins für die Rübenzuckerindustrie, 1894 XXXXIV S. 173. gegeben und in einer weiteren Abhandlung gezeigtDaselbst 1894 XXXXIV S. 179., dass grössere Mengen Kesselwasser (selten aber mehr als 0,5 Proc. vom Dampfgewicht) nur durch Spucken der Kessel übergerissen werden, und dass bei reinem Wasser und einigermaassen gleichmässiger Dampfentwickelung diese Erscheinung fast gar nicht eintritt. Bezüglich der Centralisation der Dampfkraft in Zuckerfabriken ist EhrendorferOesterreichisch-ungarische Zeitschrift für Zuckerindustrie, 1893 XXII S. 442. der Meinung, dass sich als Betriebsmotor für den centralen Kraftbedarf einer Zuckerfabrik eine Hochdruckverbundmaschine ohne Condensation am besten eignen würde, und dass von der Verwendung einer Condensationsmaschine abzusehen wäre. Zur automatischen Controlle der Abdampfstationen bezieh. zur Messung des specifischen Gewichtes der Säfte construirte Diviš ein Schwimmerbareoskop, welches von FričZeitschrift für Zuckerindustrie in Böhmen, 1892/93 XVII S. 98. etwas modificirt wurde, und wurden beide Modelle bereits praktisch erprobt. Zur Ueberwachung des Kornkochens und des Kochens überhaupt hat CuřinOesterreichisch-ungarische Zeitschrift für Zuckerindustrie, 1894 XXIII S. 756. einen Apparat construirt, welchen er Brasmoskop nennt und dessen Aufgabe darin besteht, die Dichte, Temperatur der siedenden Flüssigkeiten, sowie die Grösse der Luftleere gleichzeitig zu messen. Das Instrument ist im Wesentlichen aus einem Vacuummeter, Thermometer und einer Dichtigkeitsscala zusammengesetzt. Sehr verdienstvolle Studien veröffentlichte auch CuřinDaselbst 1894 XXIII S. 977. über die Controlle der Verdampfstation, welche jedenfalls zu weiteren diesbezüglichen Beobachtungen Anlass geben werden. Eine der wichtigsten Fragen der Zuckertechnik betrifft die Bestimmung der Zuckerverluste auf der Verdampf- und Vacuumstation und liegt darin das Hauptmoment für die chemische Controlle des rationellen Zuckerfabriksbetriebes. Die Frage ist durchaus nicht mehr neuen Datums, nachdem sich damit schon früher eine Reihe von Forschern sowohl theoretisch als praktisch beschäftigten, ohne dass es aber zu einer Klärung der Sachlage gekommen wäre. Die Verluste kann man in zwei Hauptkategorien eintheilen: 1) in bekannte oder bestimmbare und 2) in unbekannte oder unbestimmbare. Von Wichtigkeit für den Zuckertechniker sind diejenigen Verluste, welche in die zweite Hauptkategorie gehören, nachdem es ihm nicht schwer fällt, die zu Punkt 1) gehörigen Verluste zu bestimmen und festzustellen. HerzfeldZeitschrift des Vereins für die Zuckerindustrie, 1889 XXXIX S. 304, 1890 S. 680, 1891 S. 295 und 607, 1893 S. 173. hat mit Hilfe einer kleinen Diffusionsbatterie im Laboratorium gefunden, dass auf dieser Station keine oder nur ganz minimale unbekannte Verluste vorhanden sind. Diese Ansicht scheint aber nach den praktischen Beobachtungen von ClaassenCorrespondenzblatt akademisch gebildeter Zuckertechniker, III S. 137 u. ff., Battut,Winkler, SachsChemiker-Zeitung, 1894 XVIII S. 504. u.a. nicht allgemein zuzutreffen. Was die Zuckerverluste bei der Saturation anbetrifft, so sind dieselben viel weniger complicirt, als wie es bei der Diffusion der Fall ist. Es fragt sich nun, ob unbestimmbare Verluste chemischer Natur bei der nachfolgenden Scheidung auftreten? Wenn derartige Verluste stattfinden, so kann dies nur aus einer Zersetzung des Zuckers unter dem Einfluss des Kalkes herrühren. Aus den Untersuchungen von Herzfeld, Weissberg, Claassen, BattutOesterreichisch-ungarische Zeitschrift für Zuckerindustrie, 1894 XXIII S. 1019. ergibt sich nun, dass das Erhitzen während einer ziemlich langen Zeit auf eine Zuckerlösung ganz ohne Einfluss bleibt, in Folge dessen die unbestimmbaren Verluste chemischer Natur bei der Scheidung als Null anzusprechen sind. Ueber die Verluste chemischer Art bei der Verdampfung und beim Kochen der Säfte liegen eingehende Arbeiten von HerzfeldZeitschrift des Vereins für die Rübenzuckerindustrie, 1893 XXXXIII S. 745., ClaassenDaselbst 1893 XXXXIII S. 786. u.a. vor, wie auch Hyros, Merita, FelcmannSiehe Fussnote 60. darüber schätzenswerthe Mittheilungen gemacht haben. HerzfeldSiehe Fussnote 60. u.a. hat gezeigt, dass die Zerstörung des Zuckers durch Erhitzen alkalischer Lösungen ziemlich unabhängig ist von der Art und Menge des Alkalis, dass eine weit grössere Rolle hierbei die Concentration spielt, indem die Zerstörung in dünneren Lösungen grösser ist als in concentrirten, jedoch innerhalb gewisser Grenzen, denn bei sehr hohen Concentrationen nimmt sie wieder zu. Noch grösser als der Einfluss der Concentration ist jener der Temperatur und natürlich auch jener der Zeit. ClaassenSiehe Fussnote 62. hat auf Grund der Herzfeld'schen Versuche rechnerisch die Zucker Verluste bestimmt, wobei er zu dem Resultat kommt, dass für richtig verbundene, normale Verdampfstationen bei Apparaten mit stehenden Heizröhren und niedrigem Saftstand die Zuckerzerstörung auf Rübe berechnet selbst im ungünstigsten Fall bei der Verdampfung unter 0,01 Proc. zu liegen kommt. Es wäre nun von grösster Wichtigkeit, eine Untersuchungsmethode zu besitzen, welche es gestatten würde, diese Verluste in jedem einzelnen Falle einwurfsfrei zu bestimmen, und wurden auch von Praktikern verschiedene Vorschläge gemacht. So hat BretonBulletin de l'association des Chimistes, 1892 IX S. 210., auf den Umstand gestützt, dass das Kali beim Verdampfen und Verkochen nicht ausgeschieden wird, sondern immer in Lösung bleibt, eine Methode aufzubauen gesucht. Die Umständlichkeit, welche aber mit der Kalibestimmung verbunden ist, veranlassten Felcmann und HerlesZeitschrift für Zuckerindustrie in Böhmen, 1893/94 XVIII S. 16., auf dem von Breton anscheinend vertretenen richtigen Princip eine einfache Methode der Verlustbestimmung zu basiren, indem dieselben nicht das Kali selbst, sondern die Summe der leicht zu ermittelnden schwefelsauren Alkalien der verschiedenen Producte und ihr Verhältniss zum Zucker in demselben für die Berechnung heranziehen. WinklerDaselbst 1893/94 XVIII S. 185. hat nun schon rechnerisch auf die Mängel, welche der Felcmann-Herles'schen Methode anhaften, aufmerksam gemacht, wie auch Strohmer und StiftOesterreichisch-ungarische Zeitschrift für Zuckerindustrie, 1894 XXIII S. 937. sowohl durch Laboratoriumsversuche als auch Versuche im Betriebe nachgewiesen haben, dass die Felcmann-Herles'sche Methode wohl auf richtigem Principe beruht, in Folge aber der Unzulänglichkeit der bestehenden analytischen Untersuchungsmethoden und zum Theil wegen der Schwierigkeiten, richtige Durchschnittsproben im praktischen Betriebe zu erzielen, in den meisten Fällen zu unwahrscheinlichen Resultaten führt. Auf dem internationalen Congress für angewandte Chemie zu BrüsselOesterreichisch-ungarische Zeitschrift für Zuckerindustrie, 1894 XXIII S. 791 u. ff. vom 4. bis 9. August 1894 stand die Frage der „Bestimmung der Verluste an Zucker in sämmtlichen Phasen des Betriebes“ ebenfalls auf der Tagesordnung und wurde nach dem Antrag von Battut beschlossen, eine Commission zu ernennen, welche die Methoden zur Bestimmung der Verluste in den verschiedenen Stadien des Betriebes feststellen soll. Die Commission hat auch während des Congresses die ihr zugewiesene Aufgabe eingehend berathen und eine Anzahl von Wünschen ausgesprochen, von welchen es zu erwarten wäre, dass sie auch in der Praxis die entsprechende Würdigung finden würden. Auf demselben Congress wurden auch nach einem Referat von F. Strohmer einheitliche internationale Untersuchungsmethoden des Rohzuckers festgesetzt, wobei die Vorschläge der österreichisch-ungarischen Zucker-Chemiker mit unwesentlichen Abänderungen angenommen wurden. Was die Verarbeitung der Füllmassen mittels Sudmaischen anbetrifft, so hat dieselbe namentlich in Deutschland ziemliche Verbreitung gefunden und stehen verschiedene Systeme, wie z.B. von BockDaselbst 1894 XXXXIV S. 129. und von HuchDaselbst 1894 XXXXIV S. 40., mit zufriedenstellendem Erfolg in Anwendung. ClaassenDie deutsche Zuckerindustrie, 1894 XX S. 956. hat den Einfluss der Reinheit der Füllmassen und der Ablaufsyrupe auf die Ausbeute an Zucker studirt und empfiehlt es sich nach seinen Erfahrungen nicht, den Ablaufsyrup unter 70 bis 72 Reinheit zu bringen, da ein Sinken des Quotienten unter diese Grenze die Ausbeute nur noch sehr wenig und nicht den Mehrkosten der Anlage entsprechend erhöht. Nach den Mittheilungen von v. LippmannUeber Neuerungen in der Rübenzuckerindustrie während des Jahres 1894. Chemiker-Zeitung, 1895 XIX S. 282. erzeugen auch die meisten Fabriken in Deutschland ein oder zwei Nachproducte, die man vielfach durch Einziehen ins Vacuum, Einwerfen in die Sudmaischen o. dgl. Mittel als erstes Product mitzugewinnen und zu verkaufen trachtet. Als man daran ging, die Bodenarbeit bei den Rohzuckerfabriken durch die viel billigere und natürlichere Rohzuckererzeugung auf den Centrifugen zu ersetzen, war baldigst das Bestreben darauf gerichtet, diese Arbeit so viel als möglich zu vereinfachen. Dieses Bestreben führte zur Construction der Centrifugen mit continuirlichem Betriebe, In den letzten Jahren sind eine Reihe von derartigen Centrifugen aufgetaucht, von welchen bis jetzt aber Mittheilungen über ihre praktische Verwendbarkeit nicht vorliegen. Die meiste Beachtung hat die continuirliche Centrifuge von Sczeniowski und PiontkowskiZeitschrift des Vereins für die Rübenzuckerindustrie, 1891 XXXXI S. 783, 1892 XXXXII S. 942. D. R. P. Kl. 89 Nr. 73431 vom 12. Februar 1893 ab. gefunden, welche bereits mehrfach in die Praxis (namentlich in Russland) eingeführt wurde. Die Meinungen der Fachleute gehen aber über diese Construction noch ziemlich weit aus einander, nachdem auch weniger günstige Resultate vorliegen. Bezüglich verbesserter Construction von Osmoseapparaten ist nichts zu berichten; es sei nur die Ansicht von Jarkovský hervorgehoben, welcher sagt, dass jener Apparat der beste bleibt, welcher sich der separirten Speisung der einzelnen Rahmen nähert. Schon seit vielen Jahren ist das Bestreben der Analytiker darauf gerichtet, eine praktische Methode zu finden, um die Quantität des im krystallisirten Zustande in Füllmassen und Rohzuckern enthaltenen Zuckers feststellen zu können. Diese wichtige Frage hat nun in den letzten Jahren, nachdem in die Praxis neue Verfahren zur Darstellung von weissem Krystallzucker eingeführt wurden, an Bedeutung gewonnen und haben sich dementsprechend damit zahlreiche Chemiker beschäftigt. Die Verfahren von PochwalskiBulletin de l'association des Chimistes, 1893 X S. 375., SiderskyNeue Zeitschrift für Rübenzuckerindustrie, 1892 XXVIII S. 161., PelletListe générale des fabriques de sucre, 1894 8. 244., VivienOesterreichisch-ungarische Zeitschrift für Zuckerindustrie, 1894 XXIII S. 799. haben wenig Aussicht auf praktischen Erfolg; berücksichtigungswerth erscheint aber das Verfahren von KarcsDaselbst 1894 XXIII S. 21 und 968., bei welchem das Auswaschen der Krystalle mittels krystallisirten wasserfreien Glycerins erfolgt. Ein bestimmter Schluss über den Werth der genannten Methoden lässt sich aber nicht ziehen, nachdem dieselben noch keiner genauen Prüfung unterzogen wurden, doch ist dieselbe in Anbetracht der Wichtigkeit der vorliegenden Frage sehr wünschenswerth. Ueber das Verhalten des Rohzuckers beim Lagern hat zuletzt StrohmerDaselbst 1893 XXII S. 216. eingehende Untersuchungen angestellt, aus welchen sich ergibt, dass es für die Haltbarkeit gleichgültig ist, ob die Rohzucker mit und ohne Verwendung von Knochenkohle und ob mit schwefliger Säure oder ohne diese beiden hergestellt werden, nachdem hierbei nur die Menge der in denselben vorhandenen Alkalität maassgebend ist. Von den Neuerungen im Raffineriebetrieb hat das Soxhlet'sche VerfahrenOest.-ung. Privilegium vom 22. November 1892. (Beschreibung geheim.) D. R. P. Kl. 89 Nr. 70987 vom 5. November 1892 ab. allgemeines Interesse erregt. SoxhletChemiker-Zeitung, 1893 XVII S. 1195. benutzt zu seinen Zwecken Filterpressen, welche mit Tüchern bezogen sind, auf denen aber erst die eigentlich wirksame Schicht, der sogen. Filterpresskuchen, gebildet wird, und zwar, indem man in der Zuckerlösung eine sehr geringe Menge Kieselguhr (oder Bimssteinpulver, reines Kokspulver u. dgl.) und reines Holzschleifmehl – von jedem etwa ein Zehntel- oder einige Zehntelprocent – suspendirt und das Ganze unter massigem Druck durch die Pressen befördert. Die Säfte laufen mit Sicherheit eine entsprechende, jedesmal durch Erfahrung festzustellende Zeit lang absolut blank und mit Glanz und Feuer. Man war vielfach der Meinung, das Verfahren bezwecke und vermöge aus Rohzuckern ohne Anwendung von Knochenkohle unmittelbar weisse Waare herzustellen. Dies ist nicht der Fall, vielmehr setzt das Verfahren die Verarbeitung solcher Rohzucker voraus, die sich auf einem der verschiedenen, in der Praxis üblichen Wege so weit affiniren lassen, dass sie einer eigentlichen Entfärbung und chemischen Reinigung nicht mehr bedürfen. Wenn man aber bisher trotzdem die Lösungen affinirter Zucker über Knochenkohle filtrirte, so geschah es nicht zur Erhöhung der Reinheit, sondern darum, um vollständig klare und blanke Säfte zu erhalten, die zur Herstellung von tadellosen Broten und Würfeln nothwendig sind. Die Knochenkohle spielt in einem solchen Falle nur mehr die Rolle eines mechanischen Reinigungsmittels und war schon lange das Bestreben, sie als solches entbehrlich zu machen. Durch das Verfahren von Soxhlet ist nun ein Weg zur sicheren und vollständigen Klärung von Zuckerlösungen auf rein mechanischem Wege gefunden worden. Es wird also künftighin möglich sein, den Verbrauch an Knochenkohle, wenn auch nicht ganz zu vermeiden, so doch auf ein Minimum einzuschränken, indem man diese nur noch zur Reinigung derjenigen Producte gebraucht, welche wirklich noch einer Reinigung und auch einer Entfärbung bedürfen. Ein weiterer und grosser Vortheil des Verfahrens liegt auch darin, dass die Lösungen des affinirten Zuckers kalt bereitet und kalt filtrirt werden können, während sie bisher 12 bis 16, ja auch 18 Stunden lang behufs Auflösung, Filtration und Weiterbewegung auf hohe Temperaturen aufgewärmt werden mussten. Auf die durch letztere bewirkte Zuckerzerstörung und deren Nachtheile hat v. Lippmann schon jahrelang hingewiesen, dessen Angaben auch von Herzfeld bestätigt wurden. Das Soxhlet'sche Verfahren hat sich in der Praxis bereits bestens bewährt. Nach den Mittheilungen von v. LippmannZeitschrift des Vereins für die Rubenzuckerindustrie, 1894 XXXXIV S. 630. hat die Zuckerraffinerie Halle-Bahnhof, die fast allein Brote herstellt, das Soxhlet'sche Verfahren zuerst angewendet und die Filtration über Knochenkohle gänzlich aufgegeben; ihr Betrieb hat zuerst den Nachweis erbracht, dass die Herstellung auch von Brotwaare, und zwar unter Mitverarbeitung aller Nachproducte, ohne jede Anwendung von Knochenkohle möglich ist. Weiteren Mittheilungen aus der Praxis muss man mit Interesse entgegensehen, um so mehr als nach v. LippmannDaselbst. eine Anzahl von Rohzuckerfabriken versucht haben soll, Holzschleifmehl allein oder zusammen mit Kieselguhr auch zur mechanischen Filtration von Rübensäften zu verwenden. Zur billigen Herstellung von Krystallzucker empfiehlt ClaassenDie deutsche Zuckerindustrie, 1893 XIX S. 1116. das Vogt'sche Verfahren, um so mehr als die Anlagekosten sehr gering sind. Bezüglich des neuen Raffinations- bezieh. Würfelzuckerverfahrens von HübnerOesterreichisch-ungarische Zeitschrift für Zuckerindustrie, 1894 XXIII S. 454., welches sich durch ein rasches und einfaches Arbeiten auszeichnen soll, liegen noch keine Berichte vor. In französischen Zeitschriften wird über ein Verfahren berichtet, welches nichts weniger als eine fabriksmässige, synthetische Darstellung des Zuckers bezweckt. Der Erfinder PellegreniAmerikanisches Patent Nr. 508747. La sucrerie indigène et coloniale, 1894 29. Jahrgang S. 146. lässt durch Osmose die drei Körper Kohlensäure, Aethylen und Wasser zusammenwirken und erhält dadurch eine Zuckerlösung, die in den Raffinerien inüblicher Weise verwerthet werden kann. Dieses „Verfahren“ hat in den Kreisen der Technik bis jetzt nur Heiterkeit erregt. Bezüglich der Constructionen der Polarisationsapparate ist hervorzuheben, dass die Empfindlichkeit der modernen Apparate gegenwärtig derartig gesteigert ist, dass sie an der Empfindlichkeit des menschlichen Auges für Lichteindrücke ihre Grenze gefunden hat. Von den Neuerungen auf diesem Gebiete sind das Polarisationsinstrument mit dreitheiligem Gesichtsfeld von Schmidt und Haensch in BerlinOesterreichisch-ungarische Zeitschrift für Zuckerindustrie, 1894 XXIII S. 911., das verbesserte Polarimeter von PetersZeitschrift des Vereins für die Rübenzuckerindustrie, 1894 XXXXIV S. 221. in Berlin, sowie die vergrösserte Scala für Rübensaftpolarisationen von J. und J. FricZeitschrift für Zuckerindustrie in Böhmen, 1892/93 XVII S. 551. in Prag hervorzuheben. Die Schnittetrocknung findet in Deutschland immer grossere Verbreitung, während in Oesterreich-Ungarn bis jetzt nur drei Apparate und in Frankreich auch nicht mehr als zwei bis drei Apparate in Anwendung stehen. Die grösste Verbreitung hat bis jetzt das System Büttner-Meyer, durch welches bekanntlich die Frage der Schnittetrocknung zuerst vor 9 Jahren technisch gelöst wurde, gefunden; auch die Trockensysteme von MackensenD. R. P. Kl. 82 Nr. 64972 vom 27. Februar 1892. Oest-ung. Privilegium vom 2. Februar 1892. 42/3163., Petry-HeckingD. R. P. Kl. 82 Nr. 72425 vom 29. März 1893. und SchulzeD. R. P. Kl. 82 Nr. 62227 vom 27. Februar 1891, Kl. 82 Nr. 64978 vom 19. März 1892. haben sich mit befriedigendem Erfolg in die Praxis eingeführt. In neuester Zeit versucht man auch mit Erfolg Melasse den zu trocknenden Schnitten beizufügen, um dieses Abfallproduct durch die Fütterung verwerthen zu können. Wenn auch die Frage der Schnittetrocknung ihre technische Lösung gefunden hat, so sind doch die im Betriebe stehenden Apparate noch in manchen Punkten verbesserungsbedürftig. Es muss das Bestreben auf eine Verringerung der Anlagekosten und des Kohlenverbrauches gerichtet sein; von Wichtigkeit ist ferner die Verbesserung in der Ausnutzung der Heizgase, welche im Allgemeinen mit einer viel zu hohen Temperatur abgeführt werden. Diese Umstände bedingen, dass in vielen Fällen die Trocknungskosten für 100 k Trockenschnitte zu hoch sind und dann dem thatsächlichen Werthe der Trockenschnitte nicht entsprechen. Durch den Preisrückgang der Melasse sind verschiedene Verwerthungsweisen derselben in den Vordergrund getreten, welche, wie z.B. die Verwendung als Viehfutter, eine lohnende Perspective entwickeln. Durch diese (aber keineswegs neue) Verwendung sind viele Zuckerfabriken in der Lage, die Melassenfrage in rationeller Weise lösen zu können, und nicht gezwungen, die Melasse mit so niederen Preisen, als es jetzt der Fall ist, abgeben zu müssen. Das technische Verfahren von Franke und NycanderZeitschrift für Spiritusindustrie, 1893 Neue Folge XVI Nr. 9., welchem die Erzeugung von Presshefe aus Melasse zu Grunde liegt, dürfte vielleicht eine Zukunft haben. Zur Verwerthung von Melasse durch Verarbeitung derselben auf Lävulose hat die Chemische Fabrik auf ActienD. R. P. Kl. 89 Nr. 67087 vom 19. Juni 1892 ab. in Berlin ein Patent erworben und dasselbe auch bereits verwerthet. Neu an diesem Verfahren ist nur, dass die Erfinder die Saccharose der Melasse in Invertzucker umwandeln, denn der weitere Vorgang ist derselbe, wie ihn schon Dubrunfaut zur Darstellung von Lävulose aus Invertzucker angegeben hat. A. Stift (Wien).