Titel: Doppelmikrophon (System Nissl).
Autor: Richard Bauer
Fundstelle: Band 297, Jahrgang 1895, S. 183
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Doppelmikrophon (System Nissl). Von Richard Bauer in Wien. Mit Abbildungen. Doppelmikrophon (System Nissl). Von den zahlreichen verschiedenen Mikrophonconstructionen haben vorwiegend nur zwei Systeme im Telephonbetriebe Eingang gefunden, und zwar jenes mit Kohlenwalzen (System Adèr) und das mit Kohlenklein oder Kohlengries. Das Mikrophon mit Kohlen walzen hat gewöhnlich die Form eines kleinen Pultes; der Apparat lässt sich daher bequem reinigen und ist auch sonst für den allgemeinen Gebrauch angenehmer als die Kohlenkleinmikrophone, welche in kleinen Dosen untergebracht sind und bei denen man in einen Schalltrichter hineinsprechen muss. Mit der stetigen Zunahme der Telephoneinrichtungen will man aber auf immer weitere Entfernungen in telephonische Correspondenz treten können, und sollen dann möglichst die schon vorhandenen Telephonapparate sowohl für den Nah- als Fernverkehr benutzbar sein. Nun ist die Uebertragung der Sprache mit dem Kohlenkleinmikrophon viel kräftiger und reiner, deshalb für längere Leitungen weit geeigneter als ein Kohlenwalzenmikrophon. Dagegen hat aber das erstere den Nachtheil, dass bei längerem Gebrauche das Kohlenklein zusammenbackt, und so die Sprache stellenweise undeutlich übertragen wird. Textabbildung Bd. 297, S. 183 Doppelmikrophon (System Nissl). Um dieses Zusammenbacken des Kohlenkleins zu verhindern, sind verschiedene Vorrichtungen entstanden, die als mehr oder minder gut bezeichnet werden können. Unter diesen Vorrichtungen erscheint jene des Ingenieurs Nissl in Wien beachtenswerth. Nissl hat den vorberegten Mangel des Kohlenkleinmikrophons dadurch zu beseitigen gesucht, dass er ein Doppelt- oder Zwillingsmikrophon anwendet. Durch ein einfaches Drehen eines Knopfes wird bald das eine, bald das andere Mikrophon eingeschaltet. Hierdurch wird nicht nur das Kohlenklein des Mikrophons kräftig durch einander geschüttelt, sondern dieses Zwillingsmikrophon hat noch den Vorzug, dass der Telephonirende nicht unmittelbar denselben Schalltrichter gebrauchen muss, in den knapp vorher eine andere Person gesprochen hat. In Fig. 1 ist ein solches Doppelmikrophon dargestellt. Zwei Metallwinkel tt1 sind durch ein Hartgummistück H verbunden und bilden somit eine Gabel. Jeder Winkel tt1 ist mit einer Befestigungsschraube cc1 versehen. An dem vorderen Theil der Gabel ist die Achse a-x eingesteckt, und zwar derart, dass dieselbe mit dem Winkel t isolirt, mit t1 stromleitend verbunden ist. Auf dieser Achse sind beide Mikrophone befestigt. Die an beiden Seiten der Achse aufgeschraubten Knöpfe kk1 dienen zum Drehen der Mikrophone. Die Feder f1 (Fig. 3), welche mit ihrem Vorsprunge in die Einkerbung der Achse einschnappt, als auch die Stifte ii1n haben den Zweck, die gegebene Stellung der Mikrophone zu fixiren. Die Deckel dd1 sind mit je einem seitlich angebrachten Stift stst1 versehen, derart, dass einmal Stift st und das andere Mal bei entsprechender Drehung des Mikrophons der Stift st1 mit der Contactfeder f in Berührung kommt. Dadurch ist entweder das Mikrophon M oder M1 in den Stromkreis eingeschaltet. Um die Contactfeder f vor Beschädigung zu schützen, wird dieselbe durch das Gehäuse g (Seitenansicht Fig. 4) gedeckt. Der Stromlauf in diesem Doppelmikrophon ist, wenn z.B. auf das Mikrophon M gesprochen werden soll, folgender: Der Strom tritt zur Klemme c ein über Winkel t, Feder f, Stift st, Metalldeckel d, Membran m über das Kohlenklein, zum Kohlenblock e über Platte p, Achse a-x zu Arm t1 und tritt von hier bei Klemme c4 aus. Die ganze Construction des Mikrophons ist so gewählt, dass dasselbe auch an schon vorhandenen Telephonstationen angebracht werden kann, wie dieses aus der Seitenansicht Fig. 2 entnommen werden kann.