Titel: Sicherheitssignalwesen auf See.
Fundstelle: Band 298, Jahrgang 1895, S. 49
Download: XML
Sicherheitssignalwesen auf See.Abdruck ohne Erlaubniss des Verfassers nicht gestattet. Mit Abbildungen. Sicherheitssignalwesen auf See. 1) Feste Seezeichen. Der Augenblick, in welchem der Fahrgast nach langer Seereise das Festland erspäht und damit das Ende überstandener Mühsale gekommen weiss, bedeutet für den Schiffsführer und dessen Leute den Beginn aufmerksamster Arbeit; denn aus der weiten, offenen See bildet sich eine immer enger begrenzt werdende Fahrstrasse heraus, und Klippen und Untiefen einerseits, die Nothwendigkeit den schmalen Weg mit anderen Fahrzeugen theilen zu müssen andererseits, legen der Schiffsleitung die Pflicht zu sorgsamster Thätigkeit auf. An Stelle des Compasses als Orientirungsmittel treten feste Seezeichen, nach welchen ein genauer Kurs eingehalten werden kann. Das Bedürfniss, einzelne Punkte belebter Schiffahrtsstrassen, insbesondere an Hafeneinfahrten, weithin kenntlich zu machen, hat schon im Alterthum bestanden. Aus der vaterländischen Geschichte entnehmen wir, dass Kaiser Heinrich V. der Stadt Bremen im 12. Jahrhundert das Recht verliehen hat, Bojen und Baken anzubringen, dass zu jener Zeit Weser und Elbe mit Seezeichen versehen worden sind. Das Jahr 1541 brachte von Seiten Kaiser Karls V. die Bestätigung des der hanseatischen Kaufmannschaft verliehenen Privilegiums und 1664 erfolgte die Auslegung der Bremer „Schlüsseltonne“. Später (1684) ging England damit vor, Bojen weiter in die See hinaus zu legen, und das Jahr 1719 sah die erste Feuerbake auf Norden. Immerhin hatte die als selbstverständlich behandelte Vorstellung, die verunglückten Schiffer wären von Gott gestraft, noch mehr aber die einträgliche und deshalb festgehaltene Gewohnheit, das Strandgut als ein Geschenk des Himmels zu betrachten, den Gedanken an eine allgemeinere Einführung von Seezeichen zurückgedrängt; und nur wenige Jahrzehnte zurück datiren die ersten, von den Seestaaten getroffenen Anordnungen zur Kenntlichmachung der Beschaffenheit ihrer Ufer. Heute vermag ja der Seemann insofern mit besseren Verhältnissen zu rechnen, als wenigstens die einzelnen Staaten die Bezeichnung ihrer Wasser in einheitlichem Sinne geregelt haben; trotz der allseitig anerkannten Nothwendigkeit aber, die Einheitlichkeit zu einer internationalen zu machen, ist dieser Fortschritt noch nicht zu verzeichnen gewesen. Jedoch erst wenn dies geschehen sein wird, wird man von einer wesentlichen Entlastung der Schiffsführung reden können, an die man ja die höchsten Anforderungen in Geschicklichkeit und Geistesgegenwart stellt. Der Zweck der zur Sicherheit der Schiffahrt errichteten Seezeichen ist theils der, bei besonders engen und gefährlichen Gewässern die sichere Fahrstrasse genau festzulegen, theils auch der, einzelne zu meidende Stellen, wie Klippen, Untiefen, Wracks, kenntlich zu machen. Hinsichtlich der Ausführung der Zeichen lassen sich zwei Systeme feststellen, das eine, welchem die Farbe, das andere, dem die Gestaltung zu Grunde gelegt worden ist. Das letztere dürfte den Vorzug verdienen, sofern kräftig von einander abstechende Formen gewählt werden, welche sich überdies nach den entsprechenden Richtungen in unzweifelhafter Weise zu erkennen geben; es hat auch im Deutschen Reich Eingang gefunden. Das auf Verschiedenheit der Farbe aufgebaute System, wie es z.B. in Frankreich angenommen worden ist, kann zu Verwechselungen leichter Gelegenheit geben. Textabbildung Bd. 298, S. 49 Fig. 1.Toppzeichen a nördlich; b südlich; c östlich; d westlich von der Untiefe (dem Wrack); e über der Untiefe (dem Wrack). Es ist gebräuchlich geworden, die eigentlichen Seezeichen noch mit aus Rotationskörpern, wie Cylinder, Kugel, Kegel, bestehenden Toppzeichen zu versehen. Da es zumeist wichtig ist, die genaue Lage der Untiefe zu wissen, andererseits aber ein einzelnes Zeichen es nicht ohne weiteres ermöglicht, dieselbe zu fixiren, namentlich wenn das Hinderniss eine grosse Fläche einnimmt, so hat z.B. Deutschland das Toppzeichen benutzt, um die Stelle anzugeben, an welcher das Seezeichen in Bezug auf die Untiefe (bezieh. Wrack u. dgl.) sich befindet, d. h; ob nördlich, südlich, östlich, westlich von, oder ob gerade über derselben (Fig. 1). Wenn man von der nicht zu billigenden Gepflogenheit, Holzbalken mittels Ketten an untergesunkene Gegenstände zu befestigen und so die Lage der letzteren zu markiren, absieht, so repräsentiren die Baken die festen Seezeichen, als deren einfachstes, allerdings auch minderwerthigstes, das im Grunde eingerammte Bäumchen mit über Wasser stehender Krone (Pricke) anzusehen ist. In den Vordergrund tritt stets die Forderung, dass das Zeichen sich unter allen Umständen so deutlich vom Wasser abhebt, dass der Capitän keinen Augenblick im Zweifel über Art und Zweck desselben ist. Man sucht zuweilen billig zum Ziel zu gelangen, indem man einfache Holzbalken von 25 bis 50 cm Durchmesser einsetzt, wohl auch mehrere Pfähle zu einer Bake vereinigt. Im letzteren Falle hat man es mit sogen. Dückdalben zu thun, welche ihren Namen nach dem Erfinder Herzog von Alba (Duc d'Albe) führen. Zur Kenntlichmachung besonders kleiner Riffe o. dgl. macht man an Stelle der Holzbalken auch von den aus einem Stück hergestellten eisernen Baken Gebrauch. Diese sind zwar dauerhafter als die ersteren, aber bezüglich der Wirksamkeit auf keine höhere Stufe zu stellen. Doch muss dies mit den weit festeren und hervortretenderen mehrtheiligen Eisenbaken geschehen, welche in angenäherten Pyramidenformen mit drei- oder viereckiger Grundfläche aus einer entsprechenden Anzahl in den Boden fest eingelassener Stützen mit zugehörigen Verbänden zusammengesetzt, an dem oberen Theil mit Holz- oder Blechstreifen belegt sind und mit dem Toppzeichen etwa 10 m über Hochwasser reichen. Der verdeckte Theil, zu dem man vom Wasser aus auf eisernen Sprossen gelangt, enthält zweckmässig eine Bank, welche Schiffbrüchigen als Ruheplatz dienen kann. Textabbildung Bd. 298, S. 50 Fig. 2.Gemauerte Bake. Seit der Erfindung im Wasser rasch erhärtender Cemente hat sich der Bau gemauerter Baken verallgemeinert. Man führt dieselben vorwiegend in glatten Konen aus (Fig. 2) und lässt sie mindestens 3 m über Hochwasser ragen. Die Engländer scheinen, wohl nur zufällig, die abgestufte Form zu begünstigen. Da hier nun eine unter Umständen nothwendig werdende Unterscheidung durch Form des Seezeichens an sich nicht thunlich ist, sind verschieden gestaltete Toppzeichen als Sondermerkmale unentbehrlich. Eine Gallerie auf der Krone der Bake, sowie eine eiserne Leiter machen dies Seezeichen auch als Zufluchtsort für Schiffbrüchige geeignet. Nacht und Nebel heben natürlich die Wirkung der nur mit dem Auge wahrnehmbaren Bake auf; um diese auch als akustisches Zeichen benutzen zu können, hat man sie, wie es beispielsweise mit Erfolg im Hafen von La Rochelle geschehen ist, mit einer Glocke versehen, deren Klöppel von den Wogen bewegt werden. Bojen bilden die ausgebreitetste und auch dem Binnenländer geläufigste Kategorie der Seezeichen. Es wird dies begreiflich, wenn man in Ueberlegung zieht, was der Name Boje alles bedeutet, nämlich jeden Schwimmkörper, welcher zur Kenntlichmachung einer gefährlichen Stelle über derselben verankert ist. Hier stehen ungezählte Formen und Combinationen zu fast willkürlicher Verfügung; unterstützt wird die Mannigfaltigkeit noch durch die Farbe der Bojen, welche die Fahrstrassen, einzelne zu meidende Punkte nicht allein ihrer Lage, sondern auch ihrer Natur nach, u. dgl. m. markiren müssen. Für die deutschen Küstengewässer ist nach dieser Richtung hin durch die Bekanntmachung vom 31. Juli 1887 Einheitlichkeit geschaffen worden; auch die meisten anderen Seestaaten haben ihre gesonderten Bestimmungen. So weiss der Seemann, dass er an der einen Küste schwarze Bojen an Backbord-, rothe an Steuerbordseite der Einfahrt, in anderer Gegend ihm wieder roth-weisse zur Linken, schwarz-weisse dagegen zur Rechten den Weg zeigen. Welches System hierin das beste ist, ist zum mindesten streitig; eine Einigung zwecks allgemeiner Einführung der einen oder der anderen Vorschrift ist wohl nach dieser Richtung auch nicht angestrebt worden. Mannigfaltig sind die Formen der Schwimmkörper, welche zumeist zugleich das Seezeichen selbst bestimmen. Hier sind Seegang und Beschaffenheit der Ankerstelle einerseits, die Forderung nach einer gewissen Sichtweite andererseits für Ausführung und Anlage zu berücksichtigen. Als seetüchtig haben sich die Kegelbojen bewährt, deren im Wasser befindlicher Theil Kugelgestalt besitzt, während der über Wasser ragende konisch ist; wo die Ankerstelle tief genug ist, wird nach unten noch ein Rohr angesetzt, welches die Stabilität wesentlich erhöht, d.h. die Boje gegen zu weites Neigen bei Seegang sichert. Auch Doppelkonen mit nach oben und unten gekehrten Spitzen und zwischengeschaltetem Cylinder sind neuerdings vielfach in Gebrauch genommen worden. Stellenweise, wie im New Yorker Hafen, trifft man Spierenbojen, lange, enge Cylinder. Von geringerem Werthe sind fassförmige Tonnenbojen, Kugelbojen und die mit der Achse senkrecht schwimmenden flachen Bojen. Textabbildung Bd. 298, S. 50 Fig. 3.Pintsch'sche Boje. Wie man allerorts den augenscheinlichen Beweis am höchsten schätzt, so spielt auch auf See das sichtbare Zeichen eine ausschlaggebende Rolle. Um die Bojen zum Nachtdienst geeignet zu machen, hat man sie mit Leuchtapparaten versehen. Freilich hat es langwieriger Versuche bedurft, um ein zuverlässiges Beleuchtungsverfahren zu ermitteln. Als solches ist das von Julius Pintsch in Berlin ins Leben gerufene und bei Eisenbahnfahrzeugen seit Jahren mit Erfolg benutzte System, welches sich des Oelgases bedient, anerkannt worden. Es besteht kurz in Folgendem: Das aus flüssigen, minderwerthigen, vorzugsweise mineralischen oder vegetabilischen Fettstoffen gewonnene Oelgas wird auf etwa 10 k/qc in passenden Behältern verdichtet; diese werden zu den ausgelegten Bojen gefahren, deren Schwimmkörper als Gasbehälter dicht geschweisst sind. Es genügt dann ein einfacher Anschluss des Füllbehälters mit dem Bojenreservoir, um dieses mit Gas von 6 k/qc Spannung zu füllen. In einiger Höhe über dem letzteren befindet sich auf einem Stativ die Laterne mit einem Druckregler, zu dem das Gas von unten durch ein Zuführungsrohr gelangt. Der exact wirkende Regulator lässt das Gas nur unter einem kleinen constanten Druck zum Brenner treten, so dass eine Gasfüllung je nach Grösse des Reservoirs bezieh. der Leuchtstärke der Laterne, ein, zwei, drei und mehr Monate ausreicht. Was zunächst die Pintsch'schen Bojen als solche anbelangt, so zeigt Fig. 3 eine für flaches Wasser bestimmte Linsenboje von 8,6 cbm Fassungsraum des Gasreservoirs a. Ueber diesem ist die aus Holzlatten hergestellte, in geeigneter Weise angestrichene Tagesmarke b angeordnet, welche von der Laterne e bekrönt und von der Gaszuleitung d durchsetzt wird. An der Oese e wird die starke Ankerkette festgemacht. Eine Doppelkonusboje von 7,5 bezieh. 10 cbm Inhalt mit normalem leichtem Thurm ist in Fig. 4 dargestellt. Wo die Wassertiefe es zulässt, wird noch ein Rohr R angefügt (Stieltonne), welches einen Widerstand den von Wind und Wasser verursachten Schwankungen der Boje entgegensetzt. Bei niedrigerem Wasser muss von dieser vortheilhaften Ausführung Abstand genommen und das Rohr durch ein passendes Gegengewicht ersetzt werden. Textabbildung Bd. 298, S. 51 Fig. 4.Doppelkonusboje. Die Einrichtung der Laterne selbst, das Resultat reiflicher Ueberlegung und jahrelanger praktischer Versuche, ist aus Fig. 5 ersichtlich. Zur Erläuterung des sehr einfachen und deshalb sicher wirkenden Apparates sei bemerkt, dass das stark gespannte Gas aus dem Anschlusstutzen g in einem Rohr durch das Regulatorgehäuse i zu einem Ventil V geleitet wird, welches unter dem Einflüsse der Membran M steht, dermaassen, dass sich das Ventil um so mehr schliesst, je höher der Druck des aus dem Ventil ausgeströmten, also schon unter der Membran und vor dem Eintritt E in den Brenner a befindlichen Gases ansteigt. Eine von aussen einstellbare Blattfeder B greift gleichfalls an dem Stellwerke der Membran an, um die Wirkung der letzteren bei einem zum Betrieb des Brenners nöthigen Mindestdruck aufzuheben. Die Lichtstrahlen werden von einer Fresnel'schen Linse b gesammelt und wagerecht fortgeworfen. Kann auf diese Weise die Leuchtkraft der Laterne um ein Vielfaches gegenüber dem nackten Brenner gesteigert werden, so muss wiederum auf eine möglichst senkrechte Stellung der Boje unter allen Verhältnissen Bedacht genommen werden, widrigenfalls die Lichtebene eine solche Neigung erhalten könnte, dass die Boje selbst auf geringe Entfernung nicht wahrzunehmen sein würde. Es sind hierfür praktische Werthe gefunden, welche späterhin berührt werden sollen. Die Linse ist von Schutzgläsern c und einem messingenen Schutzkorb t umgeben, dessen Stäbe schräg gestellt sind, so dass nach keiner Seite senkrechte Schlagschattenebenen erzeugt werden können. Lufteintritt und Auslass der Abgase sind so gelegt, dass weder starker Wind, noch ein zeitweiliges Eintauchen ins Wasser die Flammen stört. Je nach der erforderlichen Leuchtstärke bedient sich Pintsch entweder eines einfachen, genau in die Mitte der Linse gesetzten Brenners, oder eines aus drei bezieh. fünf einfachen, um den Mittelpunkt im Kreis gestellten Brennern bestehenden Gasbrenners, oder endlich eines Argand-Brenners (ohne Cylinder). Für kleine Laternen wird dann ein Linsenapparat von 200 mm Durchmesser, aus sieben Ringen (Elementen) von 188 mm lichtem Durchmesser und 180 mm Höhe bestehend, für grosse ein solcher von 300 mm Durchmesser, aus neun Ringen von 283 mm lichtem Durchmesser und 265 mm Höhe bestehend, aufgesetzt. Im Suezkanal ausgeführte Versuche sollen für Bojen, deren Flammen 15 l stündlich consumirten, Sichtweiten von 7 bis 8 km ermittelt worden sein. Jedoch wurden diese auf 5 und 3,5 km herabgemindert, als man rothe bezieh. grüne Cylinder zur Erzeugung gefärbten Lichtes anwandte. Auf der Aussenjade liess sich feststellen, dass eine Laterne, deren 5-Loch-Brenner zu 7,2 H.-L. gemessen wurde, unter Benutzung eines Linsenapparates von 300 mm Durchmesser 67,2 H.-L. entwickelte; ein Argand-Brenner von 8,4 H.-L. würde unter denselben Verhältnissen 100,8 H.-L. gegeben haben. Durch Rothfärbung des Lichtes wurde die Leuchtkraft jedoch auf 31,2 H.-L., durch blaues Glas (für grünes Licht) auf 19,2 H.-L. reducirt. Textabbildung Bd. 298, S. 51 Fig. 5.Bojenlaterne a Brenner; b Fresnel'sche Linse; c Schutzgläser; d Schornstein; e Schlagfänger; f Regulator; g Anschlusstück der Rohrleitung an die Laterne; h Stellvorrichtung der Regulatorfeder; i Regulatorkübel; k Ring für den Schutzkorb; l Ring für die Linse; m Mutter zum Einstellen des Schornsteins; n und o obere Abschlussringe; p Ring zum Abdichten der Linse; q Schornsteinkappe; r Bolzen zum Befestigen der Schornsteinkappendeckel; s Mutter dazu; t Schutzkorb. Die Gasbehälter werden gewöhnlich für 5, 7,5 und 10 cbm Inhalt gebaut, jedoch hat man auch schon mit grösseren experimentirt. Ein Vorrath von 10 cbm, auf 6 k/qc comprimirt, würde eine Flamme von 20 l stündlichem Gasverbrauch während etwa 120 Tagen zu speisen im Stande sein. Es ist selbstverständlich, dass eine Gasboje Tag und Nacht und dann mit einer Füllung so lange brennt, dass sich während der Brenndauer mit Sicherheit auf ein zum Wiederfüllen geeignetes Wetter rechnen lässt. Nachdem das Trinity-House zu London im Sommer 1878 auf der Themse die ersten Experimente mit günstigen Erfolgen verzeichnet, im Jahre darauf öffentlich auf die Pintsch-Boje als annehmbares Seefahrtszeichen hingewiesen hatte, hat sich das System in einer für die Langsamkeit und Vorsicht der Schiffahrtskreise verhältnissmässig raschen Weise Eingang verschafft, und man ist dazu gekommen, die Gasboje als praktisch zuverlässiges Mittel anzusehen. In dem Wangerooger Fahrwasser muss sie die gefährlichste Stelle markiren; Frankreich hat das 17 Seemeilen vom Lande stationirt gewesene Feuerschiff Minquiers durch vier Gastonnen ersetzt. Ja es gibt eine ganze Reihe Fälle, in denen man auf die Hilfe der Gasboje angewiesen ist. Ist beispielsweise die Fahrstrasse einigem Richtungswechsel unterworfen, so sind Leuchtfeuer an Land zwecklos; Feuerschiffe aufzustellen wird dagegen des Seegangs wegen oft gefährlich, insbesondere da, wo Grundseen auf Schiffe selbst mit 6,5 m hohem hinterem Schilddeck hinaufgeworfen werden, wie dies beispielsweise bei der Einfahrt in die Wesermündung zwischen Schlüsseltonne und Rothersand des öfteren vorkommt. Man muss für die Gastonnen jedoch nach der Einhaltung der Hauptbedingungen hinarbeiten, dass sie sicheres Feuer geben, sich nicht zu schräg stellen, damit die Focalebene der Laterne thunlichst in der Beobachtungsrichtung bleibt und dass die Bewegungen in der Längsrichtung eingeschränkt bleiben, da sonst die Ankerkette leicht bricht und die Tonne vertreibt. Diesen Anforderungen scheint die Stieltonne bisher am besten entsprochen zu haben. Zur Erzielung eines Blickfeuers schaltet Pintsch zwischen Regulator und Brenner noch eine Membran und Feder ein, welche wechselweise auf die Umsteuervorrichtung eines Durchlasshahnes einwirken. Das unter die Membran strömende Gas hebt dieselbe, welche nach einer Zeit den Gaszufluss absperrt, dagegen den Auslass zum Brenner öffnet, so dass die Hellperiode eintritt. Nach einer gewissen Zeit hat aber die Feder so weit entgegengewirkt, dass Schluss des Gasaustrittes und Oeffnen des Zutrittes erfolgt, also die Dunkelperiode beginnt, während welcher nur ein Zündflämmchen verbleibt. Diese Einrichtung scheint sich als der Verbesserung erforderlich erwiesen zu haben. In den weitaus meisten Fällen wird man überhaupt in der Lage sein, auf ein unterscheidendes Blickfeuer bei Bojen zu verzichten. Vor der Anlage von Gasbojen in der Aussenjade hatte die deutsche Marine Gelegenheit genommen, speciell für diesen Fall Versuche (23. August bis 7. November 1892) mit Gasbojen von 7 und 10 cbm Inhalt auszuführen, deren Ergebnisse Capitän Mensing etwa wie folgt zusammenfasstAnn. Hydr. 18.: Gastonnen von 30 H.-L. Leuchtkraft der Laterne und 5 m FocalhöheAbstand Mitte Linse vom Wasserspiegel. sind gut, wenn sie etwa 2 Seemeilen von einander entfernt aufgestellt werden. Ebenso eignen sie sich zum Ansegeln, wenn ein Verfehlen auf 3 Seemeilen ausgeschlossen ist; soll die Sichtbarkeit selbst in schwerer See auf 5 Seemeilen erhöht werden, so würden 90 H.-L. Lichtstärke und eine Focalhöhe von 6,5 m, gleichzeitig aber eine Vergrösserung des Fassungsraumes erforderlich werden. Es ist dies übrigens nicht hinderlich; so sind in Frankreich Stieltonnen von 20 cbm Inhalt für gut befunden worden, auch werden neuerdings in der Aussenjade Bojen von 11,5 cbm Inhalt und 8 m Focalhöhe geprüft. Das comprimirte Oelgas hat sich bewährt. Doppelkonustonnen bieten auch im mittelflachen Wasser Vortheile; sie sollten gegen Abtreiben gut gesichert sein. Mensing schlägt zugleich sehr richtig vor, die Bojen so einzurichten, dass das Feuer beim Abtreiben selbsthätig erlischt, zum mindesten aber die Tonne als eine abgetriebene erkenntlich wird. Interessant ist es, aus dem Berichte des Capitäns zu entnehmen, dass die Kimmung selbst auf die Wirkung der Gasboje praktisch ohne Einfluss ist. Denn bei einer Focalhöhe von 4 m, Höhe des Beobachter-Auges von 3,5 m (Feuerschiff), berechnet sich die geographische Sichtweite bei freier Kimm zu 8,1 Seemeilen, bei einem Wellenberg von 1 m in der Kimm zu 6,95 Seemeilen, so dass nur 1,15 Seemeilen Abfall zu verzeichnen sind. Befindet sich das Beobachter-Auge in 20 m Höhe, so betragen die Sichtweiten 14,1 bezieh. 13,35 Seemeilen und ist der Abfall 0,85. Alle Werthe übersteigen aber die wirkliche Sichtweite der Boje, so dass die Veränderung unbemerkt bleibt. Dagegen bildet die mit fein vertheiltem Salzwasser geschwängerte, über dem Seespiegel befindliche Luftschicht, welche für die Lichtstrahlen absorbirend bezieh. stark beugend wirkt und gerade bei Sturm an Dichte zunimmt, eine Quelle die Sichtweite benachtheiligender Wirkung. Hagen gibt die Stärke dieser Salzluftschicht zu 2,5 m an. Unter der Annahme der von Mensing als gewöhnlich anzutreffend bezeichneten Verhältnisse, d.h. einer Wellenhöhe von 1 m und Salzluftschicht von 1,5 m, würde die zuverlässige Focalhöhe der Boje anstatt 4 m betragen 4 – 2,5 = 1,5 m und die Augenhöhe des Beobachters 3,5 – 2,5 = 1 m; in diesem Falle würde die Boje schon bei 4,64 Seemeilen unsichtbar werden. Zur Sicherstellung der Sichtweite müsste die Focalhöhe entsprechend ausgedehnt werden. Jedoch auch die Elektricität hat bereits Verwendung bei der Bojenbeleuchtung gefunden. Man kann selbstverständlich nur von der Glühlampe Gebrauch machen. Accumulatoren sind hier schlechterdings unmöglich; ebenso wird man von den nicht ernst zu nehmenden Vorschlägen Abstand nehmen müssen, in die Boje einen durch die Wasserbewegung zu treibenden Dynamo nebst Zubehör einzubauen. Der Belgier H. de LussacScient. Am., 1879. hatte 1879 mit einer elektrisch erleuchteten Boje experimentirt, anscheinend ohne dass seine Construction Anklang gefunden hätte. Ein Ruhmkorff'scher Apparat oder eine leere Kugel oder Röhre bildeten die Hauptbestandtheile der ein schwaches Licht von constanter Intensität ausstrahlenden Boje. Die aus grossen Zink- und Kohlenplatten bestehende Batterie stand im Innern der Boje mit dem Seewasser in Contact: ihr Strom ging durch einen Inductionsapparat, so dass in der Röhre Entladungsfunken gebildet wurden. Im Hafen von New York hat man sich besser der directen Zuleitung des elektrischen Stromes von Land aus mittels Kabel zu den einzelnen Seezeichen bedient. Die ersten, 1892 ausgelegten Bojen selbst sind hohle schwimm fähige Eisenbalken von 15 m Höhe, in der Mitte auf 456 mm Durchmesser ausgebaucht. Am oberen Ende eines jeden Balkens ist ein Korb mit einer Laterne von 100 Kerzen angeordnet, während das untere Ende an einem 1,5-t-Ankerklotz befestigt ist. Durch die Achse ist das Kabel geführt, welches bis zum Eintritt in den Balken 40 mm, innerhalb desselben aber nur 19 min Durchmesser besitzt.Giornale del genio civile, 1894 S. 13. Dass sieb das System bewährt, beweist der Umstand, dass 1895 zehn weitere Bojen elektrisch beleuchtet worden sind. Diejenigen von South West Spit werden mit directem Strom von 150 Volt versorgt, während die auf Gedney Channel gelegenen mit Wechselstrom gespeist werden, dessen 1000 Volt betragende primäre Spannung durch Transformatoren für jede Boje auf 100 Volt reducirt wird. Die Gesammtkabellänge zur Verbindung der Bojen mit der elektrischen Centrale auf Sandy Hook beträgt 6,18 Meilen. Ebenso legt Lenox zu seiner normal gestalteten konischen Boje ein Kabel, nur ist erstere an zwei Schwimmern befestigt und sind diese so mit je zwei Ketten verankert, dass das Kabel nicht beschädigt werden kann. Es mag die Möglichkeit, die Bojen jederzeit von Land aus bedienen zu können, Vortheile mit sich bringen; es muss aber auch Sorge dafür getragen werden, dass die Kabel sich ausser dem Bereiche schleppender Anker u. dgl. befinden, sollen nicht anders häufige Störungen vorkommen. Von den Einrichtungen, bei denen Accumulatoren in den Bojenkörper eingesetzt sind, oder ein von der Wasserbewegung betriebener Motor eine eigene elektrische Anlage innerhalb der Boje versorgt, sind von der Praxis bisher zurückgewiesen worden. Indessen ist das optische Signal im Seedienst nicht ausreichend, man ist vielmehr gezwungen, sich auch akustischer Zeichen zu bedienen. Weit schlimmer als das Dunkel der Nacht ist für den Schiffer der Nebel, welcher, meist plötzlich und sehr dicht auftretend, jeden Ausblick benimmt, jede Operation auf ein blindes Tasten zurückführt. Textabbildung Bd. 298, S. 53 Fig. 6.Pintsch'sche Boje mit Glockenthurm. Man hat deshalb die Glockenbojen eingeführt, wobei man sich durchweg auf eine bewegte See verlässt, die entweder die Glocke oder die Klöppel schwingt. Auf glatter Wasserfläche hört demnach die Wirkung auf, wie überhaupt die letztere minderwerthig ist, da der Schall bei einiger See auf schwer arbeitendem Schiff selbst vom geübten Seemannsohr nur mit Mühe in directer Nähe vernommen werden kann. Eine Pintsch'sche Doppelkonusboje für 7,5 bezieh. 10 cbm Gasinhalt mit Glockenthurm ist in Fig. 6 abgebildet. Die Glocke g ist fest, in den Rohren k rollen Stahlkugeln, welche abwechselnd gegen die Glocke schlagen. Man könnte offenbar auch, wie es thatsächlich geschehen, schwingende Klöppel benutzen. Wirksamer lassen sich die Heulbojen ausbilden, welche sich der Verticalbewegung des Wassers bedienen, um Luft zu comprimiren und diese durch Heulpfeifen zu pressen. Hier vermag man die Einrichtung so zu treffen, dass die Boje schon bei geringer Wasserbewegung arbeitet; man wird aber derjenigen Construction den Vorzug geben, bei welcher die Luft erst im Reservoir so gepresst wird, bis ein genügender Druck vorhanden ist, um einen kräftigen Ton in der Pfeife zu erzeugen. Textabbildung Bd. 298, S. 53 Fig. 7.Heulboje von Courtenay. Eine derartige gute Heulboje hat seiner Zeit der Amerikaner Courtenay gebaut und zuerst im J. 1876 auf Sandy Hook mit Erfolg ausgelegt. Seitdem ist sie mit mannigfachen Verbesserungen versehen und an vielen Küsten angebracht worden. Im Allgemeinen besteht die Courtenay'sche Boje aus dem als Luftbehälter ausgebildeten Schwimmkörper a (Fig. 7) und dem denselben durchsetzenden: Rohr b, welches durch eine wagerechte Scheidewand c getheilt ist. Der Raum unter dem Schott c steht durch Rückschlagventile und die Rohre d mit der Luft in Verbindung; andererseits führen aber auch Rohre e von den Ventilen zum Luftbehälter und von da zur Pfeife p durch Rohr f, welches von einem nur bei einem gewissen Druck im Behälter a sich öffnenden Ventil g frei gegeben wird. Der Ankerkette gegenüber ist ein Steuer h eingenietet, welches bewirkt, dass die Boje in einer Ebene senkrecht zur Wellenrichtung um den Anker nach oben und unten schwingt. Gelangt die Boje auf einen Wellenberg, so entsteht unter dem Schott c ein Unterdruck, weswegen Luft durch die Rohre d eingesaugt wird; im Wellenthal bildet sich unter dem Schott ein Ueberdruck, welcher das Durchpressen der Luft durch die Rohre e in den Behälter a zur Folge hat. Ist hier der Druck genügend angewachsen, so entweicht die Luft selbsthätig durch das Rohr f zur Pfeife p. Textabbildung Bd. 298, S. 53 Bigler's Sirenenboje. Auch James Bigler in Newbury, Nordamerika, benutzt die Wellenbewegung in der Weise, dass er die Druckdifferenz zwischen Wellenberg und -thal zum Ansaugen und Zusammendrücken der Luft verwerthet; er sieht jedoch von einem Luftaccumulator ab. Ein Rohr a (Fig. 8) hat unter der Querscheidewand b den Compressionsraum, von dem das Rohr c zur Sirene s führt. Das Einnehmen der Luft erfolgt durch das seitlich angesetzte und mit dem Rückschlagventil d versehene Rohr e, so zwar, dass, wenn die Boje auf einem Wellenberge sich befindet, das wegen des Unterdruckes im Rohr a in diesem fallende Wasser Luft in den Raum unter der Scheidewand b einsaugt. Senkt sich die Boje in ein Wellenthal, so erfolgt wegen des nunmehrigen Ueberdruckes im Rohr a eine Compression der Luft und Durchjagen derselben durch die Sirene s. Die Einrichtung des Ventils d zeigt Fig. 9. Danach tritt während des Einsaugens die Luft durch den Stutzen g, durch zwei vor und hinter der Kammer h angeordnete Kanäle unter die Ventilkugel i, welche gehoben wird, so dass die Luft weiter durch die Kanäle k zum Austrittsstutzen l gelangen kann. Würde die Luft die entgegengesetzte Bewegung anzunehmen bestrebt sein, so würde die Kugel i offenbar den Weg absperren. Die Boje ist an einem Schwimmer f beweglich verankert. Textabbildung Bd. 298, S. 54 Fig. 10.Henningsen's Boje mit Alarmpfeife. Textabbildung Bd. 298, S. 54 Fig. 11.Feuerschiff mit Pintsch'schem Beleuchtungsapparat. In abweichender Weise verwendet Peter Henningsen in Osterhusum die Wellenbewegung zum Beeinflussen eines Blasebalges (Fig. 10). Auf der mit Gewicht b beschwerten festen Ankerboje a sitzt mittels Stange c und Armen d der Kasten e, in welchem der Blasebalg m durch die mit Rückschlagklappen n versehenen Oeffnungen Luft einsaugen und diese bei seiner Compression durch die Pfeife q ausstossen kann. Nun trägt ein Schwimmer f Zahnstangen gg1, welche mit Rädern hh1 kämmen und zu verschiedenen Seiten von deren Achse sich befinden, so zwar, dass beim Heben des Schwimmers f die Stange g das Rad h, beim Senken desselben die Stange g1 das Rad h1 bewegt und dadurch ein Rad k stets in gleichem Sinne gedreht wird, welches die Stange i nach abwärts zieht und den Blasebalg aufbläht. Rad k besitzt aber kammlose Stellen, welche, wenn sie der Zahnstange i gegenüber zu stehen kommen, gestatten, dass eine starke Feder l den Blasebalg zusammendrückt und so die Pfeife q zeitweise zum Tönen bringt. Da, wo es die Verhältnisse zulassen, pflegt man an Stelle der Bojen Feuerschiffe auszulegen. Es sind dies kleine, seetüchtige Fahrzeuge, welche an Ort und Stelle fest verankert werden. Zur sicheren Verankerung ist ein sandiger Boden erforderlich, in den die schweren Anker sich bald einsenken können. Vereitelt also einerseits ein Felsengrund an sich die Aufstellung eines Feuerschiffes, so machen sie andererseits überstürzende Seen, welche Schiff und Mannschaft gleich gefährden, unthunlich. England ist im J. 1731 zuerst zur Aufstellung dieser meist auch zur Aufnahme von Lootsen bestimmten Seezeichen vorgegangen, indem es die Themsemündung für die ein- und ausfahrenden Schiffe des Londoner Hafens markirte. Schon von weitem fällt der mit geringen Ausnahmen feuerroth angestrichene Rumpf auf, der in grossen weissen Buchstaben an den Seiten den Namen trägt. An der irischen Küste haben die Schiffe schwarzen Anstrich. Tagsüber dient weiter eine grosse Holzkugel am Mast als Erkennungszeichen, des Nachts aber eine den Mast umgebende Topplaterne, welche am Tage niedergelassen wird. Mehrfach und offenbar nicht zum Nachtheil sind die Schiffe auch mit dem Pintsch'schen Beleuchtungsapparat ausgerüstet worden. Eine solche Anlage ist in grossen Zügen in Fig. 11 dargestellt, wo G den für mehrere Monate ausreichenden Gasbehälter und L die auf einem eisernen, mittels Treppe zu besteigenden Thurm aufgestellte Lampe bedeutet. (Fortsetzung folgt.)