Titel: Sicherheitssignalwesen auf See.
Fundstelle: Band 298, Jahrgang 1895, S. 97
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Sicherheitssignalwesen auf See. (Fortsetzung des Berichtes S. 73 d. Bd.) Mit Abbildungen. Sicherheitssignalwesen auf See. 2) Fahrtsignale. Bei Begegnung zweier Fahrzeuge wird an die Schiffsführung zweifellos in den meisten Fällen eine grössere Anforderung bezüglich Geschick und Geistesgegenwart gestellt, als solche lediglich für Beachtung der Seezeichen nothwendig sind. Es steht auch fest, dass gerade die Erkennung des Kurses des einen Schiffes der Leitung des anderen in den entscheidensten Fällen schwer fällt, ja unmöglich wird. Und man muss leider sagen, dass die Frage nach einem in praktischen Grenzen nicht versagenden selbsthätigen Verständigungsmittel bis zum heutigen Tage eine offene geblieben ist. Bei hellem, klarem Wetter macht es ja keine Mühe, den Lauf eines Schiffes schon von Weitem zu beobachten und danach die eigenen Manöver einzurichten. Hier wird die Befolgung der Kapitalregeln der Steuermannskunst – nämlich dass die Steuerbordseite die Ehrenseite, rechts gesichtete Dampfer also Strassenrecht haben, und dass man nie ein Schiff vor dem Bug passiren soll, wenn man seiner Nähe nicht gewiss ist – zu einer sicheren Navigation führen. Die deutsche Verordnung zur Verhütung des Zusammenstossens der Schiffe auf See stellt es deshalb den Schiffen frei, die vorschriftsmässigen Kurse noch mit der Dampfpfeife anzugeben, in welchem Falle bedeuten soll: ein kurzer Ton: „ich richte meinen Kurs nach Steuerbord“, zwei kurze Töne: „ich richte meinen Kurs nach Backbord“, drei kurze Töne: „ich gehe mit voller Kraft zurück“. Die Anwendung dieser Signale macht jedoch die Einhaltung der entsprechenden Manöver zur Pflicht. Es sind dies offenbar Warnsignale, welche eine Absicht ausdrücken, und wenn auch keine eigentliche Ruderverstellung erfolgt, so lässt sich doch bemerkbar machen, dass man nicht nach Backbord oder nicht nach Steuerbord fährt. Die Board of Trade-Committee hat dementsprechend die Warnsignale auf zwei Fülle reducirt, nämlich für die Wendung nach Steuerbord und für diejenige nach Backbord. Verwickelter ist die Sachlage, wenn der nächtliche Schleier den Bootskörper verdeckt und man seine Fahrt begegnenden Fahrzeugen mit besonderen optischen Mitteln kenntlich machen muss, als welche die Positionslichter allgemein Verwendung finden. Hierüber bestimmt Artikel 3 der Verordnung vom 7. Januar 1880 Folgendes: Ein Dampfschiff muss, wenn es in Fahrt ist, führen: a) an oder vor dem Fockmast, in einer Höhe von nicht weniger als 6 m über dem Schiffsrumpf, und, wenn die Breite des Schiffes 6 m übersteigt, dann in einer Höhe von nicht weniger als der Schiffsbreite über dem Schiffsrumpf, ein helles weisses Licht, so eingerichtet und angebracht, dass es ein gleich massiges und ununterbrochenes Licht über einen Bogen des Horizonts von 20 Compassstrichen wirft, und zwar zehn Strich nach jeder Seite, von recht voraus bis zu zwei Strich hinter die Richtung quer ab (zwei Strich achterlicher als dwars) auf jeder Seite, und von solcher Lichtstärke, dass es in dunkler Nacht bei klarer Luft auf eine Entfernung von mindestens fünf Seemeilen sichtbar ist; b) an der Steuerbordseite ein grünes Licht, so eingerichtet und angebracht, dass es ein gleichmässiges und ununterbrochenes Licht über einen Bogen des Horizonts von zehn Compasstrichen wirft, und zwar von recht voraus bis zu zwei Strich hinter die Richtung quer ab (zwei Strich achterlicher als dwars) an Steuerbord, und von solcher Lichtstärke, dass es in dunkler Nacht bei klarer Luft auf eine Entfernung von mindestens zwei Seemeilen sichtbar ist; c) an der Backbordseite ein rothes Licht, so eingerichtet und angebracht, dass es ein gleichmässiges und ununterbrochenes Licht über einen Bogen des Horizonts von zehn Compasstrichen wirft, und zwar von recht voraus bis zu zwei Strich hinter die Richtung quer ab (zwei Strich achterlicher als dwars) an Backbord, und von solcher Lichtstärke, dass es in dunkler Nacht bei klarer Luft auf eine Entfernung von mindestens zwei Seemeilen sichtbar ist; d) die Laternen dieser grünen und rothen Seitenlichter müssen an der Binnenbordseite mit Schirmen versehen sein, welche mindestens 1 m vor dem Lichte vorausragen, und zwar derart, dass die Lichter nicht über den Bug hinweg von der anderen Seite her gesehen werden können. Für Segelschiffe fällt das weisse Licht fort. Zieht man nun in Betracht, dass ein Dampfschiff einem Segler auszuweichen hat, und alle an Steuerbordseite gesichteten Dampfer Strassenrecht besitzen, so ergibt sich zunächst die anscheinend leichte Regel: „Gleiche Lichter an einander gebracht, führen frei vorbei.“ Bei Uebertragung der Vorschrift in die Praxis ergeben sich jedoch Unbestimmtheiten, welche, abgesehen vom System, genaue Schätzungen der Stellung eines Schiffes von vornherein ausschliessen. Für das Topplicht ist ja zwar die Lage annähernd festgesetzt, nicht aber für die Positionslichter, denen die ganzen Seiten von vorn nach hinten frei stehen. Bemerkens werth erscheint hier die vom italienischen Capitän N. CanevaroRivista marittima, Januar 1879. zur Erreichung der Einheitlichkeit gemachte, aber nicht genügend beachtete Angabe, dass Topp- und Seitenlichter in einer zur Kielrichtung senkrechten Verticalebene und ausserdem in den drei Spitzen eines gleichseitigen Dreiecks anzubringen sind. Das geübte Seemannsauge wird dann leicht von dem Verhältniss der Höhe des Topplichtes zu dem Abstande des gesichteten Seitenlichtes von der Senkrechten durch das Topplicht auf die Lage des gesichteten Fahrzeugs schliessen. Gibt auch die Aufstellung abgeblendeter farbiger Seitenlichter im Verein mit dem weissen Focklicht die Möglichkeit, den Kurs eines gesichteten Dampfers annähernd abzuwägen, so wird diese offenbar nahezu behoben, wenn das eine Bordlicht verschwindet, da das übrig bleibende nur anzugeben vermag, nach welcher Seite, ob rechts oder links von der Peilungslinie (Verbindungslinie zwischen gesehenem Dampfer und Beobachter), der Kurs des betreffenden Dampfers abfällt; ersterer selbst wird unbemerkt vom Beobachter innerhalb eines Winkels von etwa 110° schwanken können. Zweifelsohne ist dies ein Mangel des herrschenden Systems, dem abzuhelfen dringend geboten und für welches mancher praktisch durchführbare Ersatz entwickelt worden ist. Textabbildung Bd. 298, S. 98 Hopfgartner's Signallicht. Einfach würde sich die Anordnung von F. HopfgartnerMitth. Seew., 1881 S. 275. durchführen lassen, ohne dass wesentliche Aenderungen im gegenwärtigen Verfahren erforderlich würden. Nach Hopfgartner werden die beiden Seitenlichter in dieselbe Horizontalebene mit dem Focklicht gesetzt (Fig. 20) und zwar so, dass die drei Lichter ein gleichschenkliges Dreieck bilden, dessen Spitze dem Bug zugekehrt ist. Dabei wird zu beachten sein, dass die Lichter in ihrer ganzen Wirkungssphäre nicht vom Segel werk, der Takelung, dem Schornstein u.s.w. beeinträchtigt werden. Es ist dies beispielsweise zu bewerkstelligen, wenn das weisse Licht am Vormars oder Vorstängestag in Höhe der Fockrahe gehisst wird und die farbigen Positionslichter auf der Fockrahe selbst oder einem entsprechenden Ersatz ihren Platz erhalten. Der Scheitelwinkel des von den drei Lichtern gebildeten Dreiecks soll zweckmässig 67½° betragen und jedes der farbigen Lichter noch um 34° über den Bug hinaus nach der anderen Seite leuchten. Unter diesen Bedingungen ergeben sich Stellungen der Lichter zu einander, welche die hauptsächlichsten Kurse sehr scharf markiren. Nach Stellung (Fig. 20) befindet sich der Schiffslauf offenbar in der Peillinie; decken sich Roth und Weiss (Fig. 21), so fällt das gesichtete Schiff unter 33¾° (drei Strich) zur Peillinie nach Backbord ab. Aber auch Schiffsstellungen, bei denen bisher nur ein farbiges Licht zu erblicken möglieb, würden geschätzt werden können. Beispielsweise ergibt das scheinbare Verhältniss der Strecken Weiss-Roth zu Weiss-Grün (= 1 : 8) (Fig. 22), dass das begegnende Schiff unter 56 V zur Peillinie läuft. Das Erkennen der Kursrichtung des gesichteten Schiffes soll ebenfalls durch das von J. Schellander vorgeschlagene Buglicht wesentlich erleichtert werden, dessen Princip darin besteht, dass vom Bug zwei Strich sowohl nach Steuerbord als auch nach Backbord weiss, die übrigen acht Striche dagegen grün bezieh. roth beleuchtet sind. Danach hat die gleichem Zwecke dienende Jacob Holm'sche Laterne eine erheblich andere und wirksamere Einrichtung, welche im Allgemeinen in Fig. 23 dargestellt ist. Textabbildung Bd. 298, S. 98 Fig. 23.Holm'sche Laterne. Der üblichen Topplaterne ähnlich, besitzt sie nach den Seiten, nach welchen die Flamme f die Lichtstrahlen werfen soll, runde oder prismatische Seitenwände, während sie nach hinten durch eine Blechwand a abgedeckt ist. Radial gestellte und bis dicht zur Flamme reichende Scheidewände s theilen das Innere der Laterne in fünf Felder, von denen das mittlere durch einen Blechschirm m abgeblendet ist, während die Felder w mit weissem, das Feld r mit rothem und g mit grünem Glase versehen sind. Die Laterne wird, mit der Rückwand a nach hinten und der Blechwand m gerade nach vorn gekehrt, einige Fuss unter die vorgeschriebene Topplaterne gehängt. Die Grösse des von dem Blechschirm m überdeckten Bogens wird so bemessen, dass man die Laterne bei Fahrt gerade aus überhaupt nicht gewahrt, und erst nach gewisser Drehung des gesichteten Dampfers, bei welcher das eine oder das andere Seitenlicht verschwindet, das entsprechende farbige Licht r oder g vom Holm'schen Apparate erscheint, das seinerseits nach weiterer Wendung des Dampfers, also wenn dieser dem Beobachter seine Breitseite zuzuwenden beginnt, eines der weissen Lichter w zu erkennen gibt. Textabbildung Bd. 298, S. 98 Fig. 24.Laternenanordnung von Marquardt. Friedrich Marquardt in Soest hat folgende Laternenanordnung vorgeschlagen, welche es ermöglichen soll, dass zwei sich begegnende Schiffe nach der kürzeren Strecke ausweichen (Fig. 24). Vorn im Schiff ist auf einem etwa 1 m über Bord ragenden Stempel die Laterne L aufgehängt, deren farbige Lichter co und oc durch eine bei 0,13 m Scheibenbreite etwa 0,78 m lange Scheidewand a getrennt werden, während seitliche, verschiebbare Blenden b die Leuchtfelder der Laternen nach Bedarf begrenzen, wie aus der Skizze ersichtlich ist. Hier ist angenommen, dass zwei Schiffe sich in grosser Nähe zur rechten Hand begegnen, so dass beide Roth sehen und nach links ausweichen. Es erinnert diese Ausführung an den Artikel 9 des britischen Reglements vom Jahre 1863, welcher dem Artikel 7 der deutschen Verordnung vom 7. Januar 1880 entspricht und lautet: „Offene Fischerboote und andere offene Boote brauchen keine Seitenlichter wie andere Schiffe zu führen, doch müssen sie für den Fall, dass sie solche Lichter nicht besitzen, eine Laterne führen, welche auf der einen Seite einen grünen, auf der anderen Seite einen rothen Schieber hat. „Bei Annäherung anderer Schiffe hat diese Laterne zu rechter Zeit ausgesetzt zu werden, um Zusammenstoss zu verhindern, und zwar derart, dass das grüne Licht nicht an der Backbordseite und das rothe Licht nicht an der Steuerbordseite gesehen werden kann....“ Die steten Veränderungen unterworfene Lage der Seitenlichter zum Focklicht erklärt die Schwierigkeit, aus den Lichtern den Kurs eines Schiffes abzuleiten. Erschwerend tritt noch der Umstand zu, dass die Aufstellung der Seitenlichter nicht auf allen Schiffen gleichmässig erfolgt; während beispielsweise die Engländer die Lichter vor dem Fockmast aufstellen, bringen sie Packetschiffe mittschiffs, andere wieder (Franzosen) sehr weit achter an. Aber selbst, wenn eine kaum schwer zu erlangende Einheitlichkeit in dieser Hinsicht zu erzielen sein würde, müssen diejenigen Vorsichtsmaassregeln beim Steuern zur Vermeidung von Schiffszusammenstössen praktisch gerade in den entscheidenden Momenten als wenig zuverlässig angesehen werden, welche aus der Stellung der Positionslichter zu einander abgeleitet worden sind. Sicherer erscheinen demgegenüber Steuerregeln, welche von der gemeinschaftlichen Peilung ausgehen, wenn auch hier die erwünschte Einfachheit nicht geboten ist, abgesehen davon, dass bei Ausübung der Peilung meist ohne stichhaltigen Grund ein erhebliches Abweichen vom Kurs herbeigeführt wird. Der französische Marineofficier Jules Vavin hatte deshalb seiner Zeit vorgeschlagenRevue maritime et coloniale, October 1873., vor dem Bug eines jeden Schiffes durch geeignete Laternen eine sogen. „gefährliche Zone“ zu markiren, welche zu meiden das gefährdete Schiff trachten müsste. Es ist auch ersichtlich, dass der Zweck erreicht würde, wenn die Zone sich auch nur je einen Strich zu jeder Seite des Bugs erstrecken würde. Die Erhellung des Kielwassers in ähnlicher Weise müsste ein Schiff auch gegen Ueberlaufenwerden sichern. Textabbildung Bd. 298, S. 99 Fig. 25.Viscovich's Schiffspositionslichter. Den Gedanken der Zonenbildung vor dem Schiff hat 1886 Capitän Conte F. ViscovichMitth. Seew., 1887 S. 104. weiter ausgebildet. Sein System von Schiffspositionslichtern würde die bestehenden internationalen Ausweichregeln in keiner Weise berühren, dagegen Fahrtrichtung und Kursänderung eines begegnenden Schiffes in praktisch ausreichender Weise derart bezeichnen, dass der wachthabende Officier feststellen kann, ob er sich in der 1) sehr gefährlichen, 2) gefährlichen, 3) minder gefährlichen oder 4) gefahrlosen Zone befindet. Viscovich setzt 1 m über jedes farbige Licht ab ein weisses cd, welches ein Feld von 67° bestreicht (Fig. 25), so zwar, dass die Strahlen des Steuerbordlichtes um 22° auf Backbord-Bugseite und die des Backbordlichtes um ebenso viel auf Steuerbordseite fallen, d.h. die Lichtfelder sich an dieser Stelle überdecken. Die Maximalentfernung der weissen Laternen cd über Wasser soll 5 m betragen. Es ergeben sich nun folgende vier Fälle: 1) Vier Lichter – zwei weisse, ein rothes, ein grünes – die Schiffe fahren direct gegen einander – sehr gefährliche Zone. 2) Drei Lichter – zwei weisse, ein farbiges – Kurse der Schiffe schneiden sich unter einem Winkel von 0 bis 22° – gefährliche Zone. 3) Zwei Lichter – ein weisses, ein farbiges – Kurse der Schiffe schneiden sich unter einem Winkel von 22 bis 45° – minder gefährliche Zone. 4) Ein Licht – ein farbiges – Kurse der Schiffe schneiden sich unter einem Winkel von mehr als 45° – gefahrlose Zone. Textabbildung Bd. 298, S. 99 Fig. 26.Buglicht der Board of Trade. Auch in der letzten Washingtoner maritimen Conferenz wurde die Frage eingehend erörtert, ob es nicht besser wäre, die Lichter vor dem Bug sich kreuzen zu lassen, d.h. die inneren Blendschirme nicht so anzuordnen, dass man jedes Licht vorn nur bis zum Bug hin sehen könnte, sondern so, dass die Strahlen des einen Seitenlichtes noch über den Bug auf die andere Seite des Schiffes fielen. Der deutsche Abgeordnete, Capitän MensingHansa, 1894 S. 91., hatte ½ Strich in Vorschlag gebracht und damit wohl das ganze Kreuzungsfeld zu beiden Seiten der Schiffslängsachse gemeint. Allerdings ist dieser Vorschlag von der Conferenz dahin aufgefasst worden, dass diese Grösse als Winkel zwischen Kiel und den Strahlen eines Lichtes gelten solle. Die Board of Trade setzt nun 1/1 Strich (2,8°) für den letzteren Winkel fest; es ist dies vollständig ausreichend, während ½ Strich für ein halbes Feld zweifellos zu gross ist. Nimmt man einen Winkel von 4° für den Ausschlag nach einer Seite an (Fig. 26), so kreuzen sich die Strahlen bei einer Schiffsbreite von 10 m in einer Entfernung von 70 m vor den Lichtern und es ergibt sich auf 1 Seemeile Entfernung vom Kreuzungspunkt ein Sector von 2 × 130 = 260 m für das von beiden Lichtern bestrichene Feld. Bei einer Wahl von 2° wird dieser Sector auf 130 m, also eine ausreichende Grösse ermässigt, dagegen allerdings der Kreuzungspunkt auf 140 m vor die Lichter verschoben. Eine weitere Verkleinerung des Winkels müsste vermieden werden, da sonst der Bug wieder auf zu weite Entfernung hin verdunkelt würde. Trotzdem wurde noch neuerdings in englischen Schifffahrtskammern der Wunsch nach kleinerem Winkel als 2° geäussert, um eine Uebereinstimmung mit Tagessignalen zu erzielen. Ein allgemeines Vorgehen in dem oben entwickelten Sinne ist aber bis heute nicht eingetreten, man ist vielmehr bei dem ursprünglichen, nicht ausreichenden System stehen geblieben. Auch die neuesten Schnelldampfer des Norddeutschen Lloyd in Bremen und der Hamburg-Amerikanischen Packetfahrt-Actien-Gesellschaft führen die Positionslichter am Ende der Back zu beiden Seiten. Die Laternen sind in festen eisernen Leuchtthürmen untergebracht, zu denen man von den darunter liegenden Laternenkammern gelangt. Ebenso ist für die Topplaterne oben am Mast ein festes eisernes Gehäuse vorgesehen nach oben geführte Leitungen ermöglichen den Ersatz untauglich gewordener Lampen. Zu einer Garnitur gehören drei Satz von der Seewarte in Hamburg geprüfter Positionslaternen, von denen ein Satz nur in den festen Thürmen zu verwendende Apparate für elektrische Beleuchtung eingerichtet sind. Die Topplaternen mit elektrischem Licht zu speisen, hat sich als eine Nothwendigkeit herausgebildet, weil mit der rasch gewachsenen Geschwindigkeit auch die Lichtweite hat im Schritt gehalten werden müssen. Es bleibt ja zu berücksichtigen, dass eine Wegstrecke von 1 Seemeile, d. i. von ¼ deutschen Meile, in etwa 3 Minuten zurückgelegt wird. Die Stärke der Signallichter ist naturgemäss so zu bemessen, dass deren Wirkung eine rechtzeitige ist. Zwei einander begegnende Schnelldampfer müssen ihre gegenseitige Lage auf so weite Entfernungen zu erkennen vermögen, dass jedes Ausweichmanöver noch bequem und sicher ausgeführt werden kann. Für die Leuchtweite ist nicht allein die Stärke der Lichtquelle, sondern auch die scheinbare Farbe des Lichtes wesentlich, da gerade die letztere die Sichtbarkeit beeinflusst. Wir haben es hier mit weissem, grünem und rothem Licht zu thun. Nach Prof. Weber's (Kiel) im J. 1891 durchgeführten Versuchen soll als zulässiges Minimum gelten: für vveisses Topplicht 20 Kerzen, für grünes Licht 25 und für rothes 15 Kerzen. Im Nebel erscheint bekanntlich das Roth noch röther, weil rothe Lichtstrahlen nicht absorbirt werden. Das Grün dagegen, welches Spuren von Roth und Gelb enthält, wird gelblich, weil nach Absorption der blauen Strahlen die nach dem Roth zu liegenden hervortreten, wie ja auch das weisse Licht im Nebel sich röthet. Es wird deshalb nicht erforderlich sein, die rein rothen Laternen nach ihrer Farben Wirkung zu prüfen, wohl aber ist man hierzu in Bezug auf die grünen gezwungen. Um Verwechselungen des grünen Seitenlichtes mit dem weissen Topplicht oder gar mit der rothen Positionslaterne zu verhindern, wird man ein Grün wählen, dessen Strahlen im Spectrum thunlichst weit ab von den rothen Linien des letzteren liegen. Doch ist auch hierin eine Grenze gezogen, weil durch die starke Aufsaugung der Strahlen im Nebel die Sichtweite an sich beeinträchtigt würde. Weber will das Spectrum des Steuerbordlichtes nur bis zur gelben Natriumlinie des Sonnenspectrums (Wellenlänge 0,000589 mm) zulassen. Um die Farben sehr lebhaft zu machen, hatte der im Dienste des Königs von Siam stehende hydrographische Capitän Loftus für die Laternen zusammengesetzte Linsen benutzt, welche aus zwei Lagen 6,5 mm dicker Glasplatten bestanden; zwischen letzteren war entsprechend gefärbtes Glycerin eingefüllt. Diese unter dem Namen Loftus' patent glycerine-lens ship sidelights eingeführten Laternen wurden 1891 in Shoeburyness Versuchen unterzogen; man fand Sichtweite der grünen Laterne zu 5486 m, die der rothen zu 8230 m. Erst kürzlich sind die Resultate anderer, für die Installation der Signallaternen wichtiger Experimente allgemein bekannt geworden. So wurden 1890 von deutscher Seite 3000 an Bord befindliche Lichter, von denen beiläufig etwa zwei Drittel als mangelhaft bezeichnet werden mussten, auf ihre Leistungen geprüft, wobei sich ergab, dass 1 Kerze weissen Lichtes bei dunkler klarer Nacht im Mittel 1,4 Seemeilen, bei regnerischem Wetter aber 1 Seemeile sichtbar war. Der International Maritime Congress stellte 1889 fest, dass bei sehr klarem Wetter ein Licht von 1 Kerze gut auf 1 Seemeile, das von 3 Kerzen ebenso auf 2 Seemeilen wahrnehmbar wäre; 10 Kerzen konnten mit gewöhnlichem Glas 4 Seemeilen und 29 Kerzen schwach, 33 Kerzen dagegen ohne Schwierigkeit 5 Seemeilen gesehen werden. An einem anderen ausnahmsweise klaren Abend waren 3,2 Kerzen auf 3 Seemeilen, 5,6 4 17,2 5 kenntlich. Demgegenüber stehen aber wieder die Angaben der holländischen Regierung, welche durch ihre Amsterdamer Experimente Sichtweiten für weisses Licht bei 1 Kerze zu 1 Seemeile, bei 3,5 Kerzen zu 2 Seemeilen und bei 16 Kerzen zu 5 Seemeilen, für grüne jedoch bei 1 Kerze zu 0,8 Seemeilen gelangt war. Um das grüne Licht auf 1 bezieh. 2, 3, 4 Seemeilen wirksam zu machen, musste man mit Lichtstärken von 2 bezieh. 15, 51, 106 Kerzen arbeiten. Es ist hieraus für das Grün eine sehr rasche Abnahme abzuleiten, welche sich noch mehr bei Regenwetter bemerkbar macht, an dem Weiss noch sehr wenig verliert. Wichtig ist deshalb, für das Glas eine Farbe zu wählen, welche der Intensität des Lichtes so wenig wie möglich Abbruch thut; empfohlen wird hierzu ein klares Blaugrün. Dagegen werden Gelbgrün und Grasgrün schon auf kurze Entfernung von Weiss nicht unterscheidbar. Dem rothen Backbordlicht sind allerdings weitere Grenzen gezogen, wenn auch ein intensives Kupferroth am geeignetsten befunden worden ist. Die Positionslichter sollen es ermöglichen, Lage und Kurs eines gesichteten Schiffes festzustellen. Dass dies bei dem herrschenden Signalsystem in wenig genauer Weise möglich ist, steht ausser Zweifel. Nur ganz annähernd lässt sich aus dem scheinbaren Abstand der beiden Lichter bezieh. aus der Aenderung derselben der Weg eines Dampfers annehmen. Jedoch auch diese Möglichkeit entfällt in dem Augenblick, in dem nur ein Seitenlicht sich dem Beobachter zeigt. Das Ausweichen der Schiffe bestimmt die bereits citirte Verordnung zur Verhütung des Zusammenstossens der Schiffe auf See vom 7. Januar 1880; aus dieser ergibt sich im Grossen und Ganzen, dass dem auf Steuerbordseite gesichteten Dampfer das Strassenrecht zukommt, dass der manövrirfähigere Dampfer dem vom Winde abhängigen Segelboot gegenüber die geeigneten Maassregeln zu ergreifen hat; vorausgesetzt wird aber immer, dass die üblichen Positionslaternen für die Bestimmung des Kurses ausreichend seien. Man verlässt sich hier immerhin einer gewissen Uebung der Schiffsleitung, welche jedoch oft in entscheidenden Fällen dank der Unvollkommenheit des jetzigen Systems versagt hat. (Schluss folgt.)