Titel: Die Fortschritte der Zuckerindustrie in dem letzten Viertel 1895.
Fundstelle: Band 299, Jahrgang 1896, S. 113
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Die Fortschritte der Zuckerindustrie in dem letzten Viertel 1895. (Fortsetzung des Berichtes S. 91 d. Bd.) Die Fortschritte der Zuckerindustrie in dem letzten Viertel 1895. III. Zuckerfabrikation. Zum Abmessen der in der Kalkmilch enthaltenen Kalkmenge steht seit vorigem Jahr ein neues Kalkmilchmessgefäss, Patent H. Štolc, Modell 1895Oesterreichisch-ungarische Zeitschrift für Zuckerindustrie und Landwirthschaft, 1895 XXIV S. 821. in Anwendung. Dieses Messgefäss ist derartig construirt, dass man damit eine gewisse bestimmte Kalkmenge in Kalkmilchform abmessen kann, ohne dass der Dichtigkeitsgrad der Kalkmilch irgend welche Rolle spielt. Der einfache Apparat, der als eine hydrostatische Wage (Messgefäss mit einem einzigen Schwimmer) angesehen werden muss, soll sich in der Praxis bereits bestens bewährt haben. Vor der BenutzungZeitschrift für Zuckerindustrie in Böhmen, 1895 XX 8. 115. muss der Apparat geprüft werden, ob er richtig arbeitet, und geschieht dies mittels normaler Kalklösung von 22° Bé. Das Messgefäss fungirt bis auf kleine Differenzen von ½ bis 1 l von der ganzen Cubatur richtig, wenn alle Momente der Berechnung berücksichtigt worden sind, Für den Erfolg der Arbeit ist die Kalkmilchzugabe von grosser Wichtigkeit und man kann bei richtigem Functioniren des Messgefässes Ersparnisse erzielen, da man von der Kalkmilch nur so viel zugibt, als zur Saftreinigung nöthig ist, was das Messgefäss unter allen Umständen bewirkt. J. SlaskiGazeta Zukrownicza, 1894/95 I S. 27, durch Zeitschrift für Zuckerindustrie in Böhmen, 1895 XX S. 208. befürwortet in einem Beitrag zur Controle der Saftreinigung die Einführung der von Wizbek empfohlenen Bezeichnung der Saftreinigung in Procenten des aus den Säften entfernten Nichtzuckers auf 100 Proc. des im Zucker ursprünglich enthaltenen Nichtzuckers. Dadurch wird ein anschaulicheres Bild gegeben, als durch die bisherige Bezeichnung der Saftreinheit durch den Quotienten, wie z.B. folgendes Beispiel zeigt: Aus 100 Th. des im ursprünglichen Rübensafte enthaltenen Nichtzuckers wurden durch Diffusion 14,3 Proc. Saturation 32,2 Filtration 0,8 also zusammen 47,3 Proc. entfernt. Die französischen Chemiker sind noch weiter gegangen, indem sie die Nichtzuckerstoffe in organische und anorganische theilen und deren Entfernung gesondert ausweisen, wodurch man namentlich ein klares Bild über die Entfernung des organischen Nichtzuckers bei der Saftreinigung gewinnt. Das Rollfilter (Filter mit zusammengerolltem Filterbeutel), System Bride und LachaumeJournal des fabricants de sucre, 1895 Bd. 36 Nr. 45. (D. R. P. Kl. 89 Nr. 79614 vom 13. Februar 1894 ab), hat in Frankreich wegen der mannigfachen Vortheile eine ziemliche Verbreitung gefunden. G. Bureau gibt nun eine Beschreibung der Arbeitsweise in der Zuckerfabrik Noyon, welche das Rollfilter zur Filtration von Dünnsäften, Dicksäften und Centrifugenabläufen verwendet, und heben wir von der Beschreibung jenen Theil hervor, der sich mit dem Rollfilter beschäftigt. Für die Dünnsäfte verwendet man in Noyon, welche Fabrik täglich etwa 200 t Rüben verarbeitet, ein Filter von zwölf Elementen, jedes von 5 qm Oberfläche. Diese Elemente sind in einen eisernen Kasten eingeschlossen, welcher in mehrere Abtheilungen eingetheilt ist und mit seinem Zubehör, wie Röhrenleitung und Ventile, zum Füllen und Entleeren einen Raum von 3,650 m Länge, 1,700 m Breite und 1 m Höhe einnimmt. Jedes Element besitzt sein Zuführungs- und Ablassventil und kann jederzeit entfernt bezieh. ersetzt werden. Die Einrichtung des Rollfilters ist höchst einfach. Jedes Filterelement besteht aus einer Tasche in Form eines Sackes, welchen man zugleich mit einem Gerüst von biegsamem Gitterwerk aufrollt, wie man etwa eine Reisedecke zusammenrollt; das äusserste, offene Ende der Tasche wird über ein Eintrittsrohr für den Saft festgebunden. Für die Reinigung genügt es, den filtrirenden Apparat zu entrollen und das filtrirende Gewebe wird dann ohne jede Reibung gänzlich frei, so dass keine Beschädigung eintreten kann. Das Filter functionirt ohne Druck; der Niveauunterschied beträgt kaum 10 cm. Die filtrirten Dünnsäfte waren klar und von einem bemerkenswerthen Feuer und Glanz. Der Apparat ist von äusserst einfacher Construction, beansprucht ausserdem keine Unterhaltungskosten und stellt sich, wie es scheint, 50 Proc. billiger als die meisten mechanischen Filter. In Folge der Billigkeit kann der Apparat in ausgedehntem Maasse verwendet werden, dazu kommt noch, dass man in Folge der Filtration ohne Druck unter den besten Bedingungen suspendirte feste Theile und zähflüssige Substanzen abfiltriren kann. In Noyon wird der Dicksaft durch einen Bride-Lachaume'schen Apparat filtrirt, welcher vier Abtheilungen besitzt und einen Raum von 2,8 m Länge, 1,6 m Breite und 0,85 m Höhe einnimmt. Dieser Apparat besteht aus acht filtrirenden Elementen von je 5 qm und arbeitet gleichfalls ohne Druck. Auch hier sind die Syrupe von grosser Schönheit, von Glanz und Leichtflüssigkeit. Da die Rollfilter eine der wichtigsten Operationen der Fabrikation mit absoluter Vollendung und einem Minimum von Kosten ausführen, so sind sie einer ernsten Beachtung würdig. E. SiegertDie deutsche Zuckerindustrie, 1895 XX S. 1703. beobachtete bei der Filtration von Bubendicksaft über Holzwolle einen Alkalitätsverlust. Am ersten Tage filtrirte der Dicksaft ziemlich klar, am nächsten Tage schwammen kleine Flocken herum, der Saft sah hell und milchig aus und zeigte neutrale Reaction, die schweres Kochen verursachte. Der wässerige Extract der Holzwolle zeigte neutrale Reaction. Aus den Analysen geht hervor, dass die Holzwolle, vermuthlich indem sie salzbildende Stoffe in Lösung gehen lässt, die Eigenschaft haben muss, bedeutende Alkalitätsmengen abzustumpfen. Da eine gut präparirte Holzwolle Alkali nicht neutralisiren soll, so ist bei Verwendung Vorsicht nöthig. Die Schaumkrystallisation nach G. Heydecke. O. KöhlerDie deutsche Zuckerindustrie, 1895 XX S. 1374. hebt hervor, dass es verschiedene Verfahren gibt (Bock, Greiner-Degener), welche den Zweck haben, die gebildeten Zuckerkrystalle immer von Neuem mit übersättigtem Syrup zusammenzubringen, um sie auf diese Weise wachsen zu lassen. Dieser Zweck wird auch erreicht, aber mit zu grossen Kosten, bei sehr schlechten Nachproducten. In schöner und billiger Weise wird aber diese Aufgabe gelöst durch die „Schaumkrystallisation“ von G. Heydecke (D. R. P. Kl. 89 Nr. 77205 vom 7. August 1892 ab, identisch mit dem österreichisch-ungarischen Privilegium Nr. 43/3408 vom 13. April 1893), welches Verfahren in einer deutschen Zuckerfabrik mehrere Campagnen hindurch einer Prüfung unterzogen wurde. Die Versuche wurden mit erstem und zweitem Product durchgeführt und ergab sich aus denselben, dass bei Anwendung der Schaumkrystallisation die Ausbeute bedeutend höher und der Quotient des Ablaufes niedriger ausfiel als nach der alten Art des Einkochens. Indem bei vorliegendem Verfahren die Füllmassen mit Luft behandelt werden, wird eine Masse gebildet, welche aus einem Gemenge von Syruptheilchen besteht, zwischen denen sich unzählige kleine Luftbläschen befinden. Die Luftbläschen verhindern ein Untersinken der Krystalle und dieselben können von der sie umgebenden Nährflüssigkeit wachsen. Jeder Krystall hat demnach eine bestimmte Menge Nährflüssigkeit zur Verfügung und nützt diese vollständig aus, wodurch schöne gleichmässige Krystalle entstehen. Neben der besseren Ausbeute an Zucker hat die Schaumkrystallisation gegenüber der alten Methode (Blankkochen und Stehenlassen der Füllmasse) noch andere Vortheile. Es fällt vor allem das schmierige und lästige Ausbringen der Füllmassen fort. Vom Vacuum bis zu den Centrifugen ist keine Handarbeit nöthig; die Masse bleibt homogen, dickflüssig und lässt sich leicht durch mechanische Hilfsmittel, wie Schnecke, geneigte Rinnen, Füllmassepumpe u.s.w., fortbringen, ohne dass sie vorher ausgekocht zu werden und durch ein Brechwerk zu gehen braucht. Weiters werden die Massen schneller reif als früher, so dass sie früher ausgebracht werden können und hierdurch eine Ersparniss an Zinsen und Zeit erhalten wird. Das Schleudern der Producte geht leicht von statten, da die ganze Füllmasse aus gleichmässigem Mittelkorn besteht. Der erhaltene Zucker hat ein schönes Aussehen und hohe Polarisation bei hohem Rendement. Zum Schluss sind noch die geringen Anlagekosten zu erwähnen. Ueber die Neuheit des Manoury'schen Verfahrens „Zucker und Melasse“ hat sich in verschiedenen deutschen und französischen Fachzeitschriften eine rege Polemik entsponnen und hat das Verfahren namentlich von deutscher Seite mit Recht eine strenge Kritik gefunden, indem hervorgehoben wird, dass dieses Verfahren nicht neu, sondern identisch mit dem vielfach angewendeten Patent Kuthe (D. R. P. Kl. 89 Nr. 59115 vom 30. Juli 1890 ab) ist, welches wiederum mit den Wullf'schen Patenten Aehnlichkeit besitzt. Ueber die praktische Anwendung des Manoury'schen Verfahrens äussert sich zuerst E. LégierLa Sucrerie indigène et coloniale, 1895 Bd. 46 S. 437., welcher eine Beschreibung der Anwendung in der Zuckerfabrik Gonesse gibt. Das Verfahren bezweckt nämlich, in einer einzigen Operation aus der Füllmasse ersten Products allen extrahirbaren Zucker im Zustand weissen Zuckers ersten Products und Melasse zu erhalten, aus welcher man nach der in Zuckerfabriken üblichen Weise durch Verkochung keinen Zucker mehr erhält. Gonesse erzeugt nur weissen Zucker mit einem Rendement von mehr als 99 Proc. und Melasse. Das Verkochen beginnt wie gewöhnlich mit dem im Dreikörperapparat auf 25° Be. eingedickten Rübensaft. Wenn der Apparat zu zwei Drittel angefüllt ist, so hört man vollständig mit dem Einziehen des Dicksaftes auf und setzt das Verkochen mit dem zuckerreichen Centrifugenablauf (siehe unten) fort. Das Einziehen dieses Ablaufes wird so lange fortgesetzt, bis derselbe aufgebraucht ist; ist man bis zu diesem Punkt gekommen, so zieht man den auf 60° C. erhitzten zuckerarmen Ablauf oder Melasse nach, und zwar so lange, bis der Apparat angefüllt ist. Hierauf dickt man die Füllmasse bis auf ungefähr 6 Proc. Wasser ein und lässt sie dann ab. Der Sud fällt in eine wagerechte Maische mit Schaufeln und mit wagerechter Achse. Diese Maische, welche in der Form einer Rübenwäsche ähnlich ist, besitzt einen Mantel zur Circulation des zur Abkühlung der Füllmasse dienenden Wassers. Sobald der ganze Sud herausgefallen ist, setzt man das Rührwerk mit einer Geschwindigkeit von 12 bis 15 Touren in Bewegung und fügt eine wechselnde Menge eines Klärsels von 35° Bé. zu, welche je nach dem Concentrationsgrade und dem Reinheitscoëfficienten schwankt. Das Klärsel wird aus dem zuckerarmen Ablauf einer vorhergehenden Operation dargestellt und hat die Temperatur des Centrifugenraumes. Unbedingt nothwendig ist es, zwei Maischen zu haben (in Gonesse war dies nicht der Fall), damit die Füllmasse langsam auskühlt, Man verfährt dann in der Weise, dass man das Klärsel in verschiedenen Zeiträumen zulässt. Wenn zum Beispiel die Füllmasse 65° C. hat, so fügt man die erste Klärselgabe zu, kühlt die Maische und setzt das Rührwerk in Bewegung. Sobald die Temperatur auf 55° C. gesunken ist, fügt man wieder Klärsel zu und setzt die Operation so lange fort, bis die Temperatur von 40° C. erreicht ist. Alsdann beginnt man mit dem Schleudern, während das Maischen 3 bis 4 Stunden fortgesetzt wird. Die auf diese Weise aufgerührte Masse schleudert sich sehr gut. Die Vertheilung in den Centrifugen geht mit Hilfe des Transporteurs und der Füllmassenkutsche, System Moret, vollkommen vor sich. Der Centrifugenablauf wird in zwei Theile getheilt, in den ersten Ablauf, der zuckerärmer ist und in einem besonderen Gefäss gesammelt wird (es ist dies die Melasse), und in den zweiten, zuckerreicheren Ablauf, der von der Einwirkung des Klärsels, des Wassers und des Dampfes auf den Zucker herrührt und der wieder zum Kochen eingezogen wird. Légier gibt nun aus dem Betrieb folgende Zahlen: Der Diffusionssaft enthält beim Beginn der Verarbeitung 15 Proc. Zucker vom Rübengewicht und man erhält 12,28 Proc. weissen Zucker mit einem Rendement von 99 Proc., welches 11,98 Proc. an raffinirtem Zucker entspricht. Der Verlust ist also nur ungefähr 2,78 Proc. Da keine gewöhnlichen Rohzucker hergestellt werden, so wird die Menge der Melasse mehr als die Durchschnittsmenge betragen. Man wird daher in Folge der Entlastung einen Gewinn von 14 Proc. besitzen. Ausserdem vermeidet man wenigstens zwei Nachproducte und dadurch auch unbekannte Verluste bei der Verarbeitung der Nachproducte. Auch die Ersparniss an Brennmaterial ist bemerkenswerth und berechnet sich dieselbe auf 20 k für 1 t Rüben. Die Vortheile des Verfahrens sind noch von grösserer Wichtigkeit für die Raffinerien, da durch dasselbe die unmittelbare Abscheidung des gesammten, von der Melasse befreiten Zuckers ermöglicht wird, wobei sich folgende Vortheile ergeben: 1) Beseitigung des grössten Theiles der Knochenkohle; 2) bedeutend höhere Ausbeute an raffinirtem Zucker durch Vermeidung der Bildung von Caramel und Glukose, da die Nachproductenarbeit wegfällt; 3) unmittelbare Realisirung der Nachproducte; 4) beträchtliche Ersparniss an Feuerungsmaterial und Handarbeit; 5) besondere Vortheile in der Raffination der Colonialzucker, nachdem eine reinere Melasse erhalten wird, die durch den Consum höheren Anwerth findet. Légier ist der Meinung, dass das Manoury'sche Verfahren eine grosse Zukunft zu haben scheint. Zum Schluss gibt er einige Analysenresultate von Füllmasse, zuckerreichem Ablauf und Melasse, welche dem Laboratoriumsjournal entnommen wurden. Diese Analysen geben F. SachsLa Sucrerie belge, 1895 Bd. 17 S. 95.Anlass zu einigen Bemerkungen, indem er hervorhebt, dass man aus denselben nicht klug wird, in Folge dessen anzunehmen ist, dass sie schlecht ausgeführt worden sind. LégierLa Sucrerie indigène et coloniale, 1895 Bd. 46 S. 624. bemerkt dagegen, dass diese Analysen nicht von ihm herrühren, sondern von der Fabrik Gonesse, die daher auch verantwortlich ist. Auf die früher erwähnten Angriffe deutscher Fachzeitschriften antwortet auch ManouryJournal des fabricants de sucre, 1895 Bd. 36 Nr. 45., indem er die Unterschiede zwischen seinem Verfahren und dem Verfahren von Kuthe hervorhebt. Es ergeben sich hierbei die folgenden Differenzen: Kuthe führt bei der Herstellung der Füllmasse am Ende des Verkochens eine ganz bestimmte Menge Melasse ein, während Manoury eine wechselnde Menge einführt, die durch den Nichtzuckergehalt der Dicksäfte bestimmt wird. Diese Arbeit ermöglicht Mutterlaugen von derselben Zusammensetzung wie die der Melasse zu geben, was das Kuthe'sche Verfahren nicht liefern kann. Die Behandlung der Füllmasse ist bei beiden Verfahren eine verschiedene, nachdem bei dem Kuthe'schen Verfahren die Füllmasse heiss, nach Manoury aber kalt behandelt wird. Manoury behauptet ferner, dass das Hinderniss für die Ausbreitung des Kuthe'schen Verfahrens darin liegt, dass dasselbe nicht halten konnte, was es versprach. Im Uebrigen muss aber Manoury eingestehen, dass das deutsche Patentamt seine Ansicht nicht getheilt und sein Patentgesuch abgelehnt hat. In einem späteren ArtikelLa Sucrerie indigène et coloniale, 1895 Bd. 46 S. 584. verspricht er, demnächst ausführlichere Zahlen über sein Verfahren zu geben, doch wird er in seiner Polemik derart persönlich (z.B. in Deutschland tadle man Verfahren schon deshalb, weil sie französischen Ursprunges sind), dass er seiner Sache in dem Auge eines unbefangenen Kritikers mehr schadet als nützt. Zum Schluss seien noch die Ausführungen Herzfeld'sZeitschrift des Vereins für die Rübenzuckerindustrie des Deutschen Reiches, 1895 XXXXV S. 908. hervorgehoben, welcher sich ebenfalls in dieser Frage äussert. Herzfeld meint, dass, wenn man in der Praxis die unter Syrupzusatz erhaltene Füllmasse wirklich auf einen Schlag in weissen Zucker und Melasse zerlegen könnte, Manoury mit der Behauptung über die Neuheit seines Verfahrens Recht hätte. In Wirklichkeit erhält man aber im regelmässigen Turnus beim Arbeiten nach Kuthe alsbald Abläufe von der Beschaffenheit der von Manoury verwandten. Eine solche Wiederverwendung ist aber in Deutschland seit mehreren Jahren gang und gäbe. Man kühlt dabei ab, soweit es irgend möglich ist, häufig auch bis 40° C. Das ist aber nicht immer ausführbar, ebenso wie es nicht möglich ist oder doch höchst unrationell wäre, nach dem Verfahren sämmtliche im Lauf der Campagne erzeugten Abläufe in die erste Füllmasse zurückzubringen. Man wird auch in Gonesse schliesslich in der laufenden Campagne einen Theil der Schleudersyrupe ganz regulär auf Nachproducte verkochen. Aus allem geht aber hervor, dass man auch in Frankreich nunmehr gleichfalls die Vortheile einer rationellen Sudmaischenarbeit einzusehen beginnt. J. PokornyZeitschrift für Zuckerindustrie in Böhmen, 1895 XX S. 1. berichtet über Kochversuche am Vacuum, wobei etwas höhere Transmissionscoëfficienten erhalten wurden, als sie H. Jelinek bei seinen Versuchen erhielt. Das eiserne Vacuum ist ein cylindrisch geformtes und aufrecht stehendes Gefäss, den unteren Theil bildet ein abgestutzter Kegel. Das Heizsystem besteht aus vier Kupferschlangen von 80 mm innerem Durchmesser und von etwa 3 mm Wandstärke und wird dasselbe mit directem Dampf geheizt. Die Schlangen, welche mit stellbaren Klappen versehen sind, münden in Centralautomaten, wohin sämmtliche Kochgefässe ihre Retourwässer ausgiessen. Die Transmissionscoëfficienten für Rohzuckerfüllmassen stellen sich folgendermaassen: Beim Kochversuch Jelinek Bei des Verfassers zwei ersten Ver-suchen im Durchschnitt Beim dritten Kochversuch In der I. Periode 12,35 W.-E. (bis 80,85° Blg.)       24,2 W.-E. (bis 83,9° Blg.) 24,65 W.-E. (bis 83,6° Blg.) „   „   II.     „ 10,50    „     (  „   90,71°   „  )       10,24   „    (  „   91,0°   „   ) 16,07    „     (  „   90,6°   „  ) „   „  III.     „   3,65    „     (  „   96,16°   „  )         5,59   „    (  „   95,5°   „   )   6,17    „     (  „   93,9°   „  ) Die Unterschiede in der II. Periode erklärt sich Verfasser dadurch, dass während der Krystallisationsperiode bei den ersten zwei Versuchen stärkere Säfte eingezogen wurden und die Dampfventile somit weniger offen waren als beim dritten Versuch. Die Transmissionscoëfficienten sind darum höher ausgefallen als bei Jelinek, weil die Arbeit am Vacuum mehr forcirt werden musste, da die Vacuumstation im Verhältniss zu den Leistungen einer anderen Fabrik sehr knapp war. Die Kochversuche am Vacuum wurden während der Osmose nochmals wiederholt. Aus sämmtlichen Versuchen ergibt sich, dass beim Vacuum des alten Systems (Schlangen) die Totalheizfläche während der ganzen Dauer des Sudes nie ganz activ, d.h. nie zur Genüge mit Dampf gefüllt ist; wie sich die Verhältnisse bei Verdampfapparaten und modernen Vacuums gestalten, muss erst durch Versuche festgestellt werden. Von J. HudecZeitschrift für Zuckerindustrie in Böhmen, 1895 XX S. 167 und 174. liegen Betrachtungen über die Verdampfung und die Berieselungsverdampfapparate, sowie über die Frage: Wie viel Dünnsaft gelangt zur Verdampfstation? vor, doch muss diesbezüglich auf die Originalabhandlungen verwiesen werden. Ueber sein neues Verfahren zur Gewinnung und Trennung von Rohrzucker und anderen Zucker arten aus unreinen, fremde Stoffe enthaltenden Zuckerlösungen, wie z.B. aus Melasse, Pflanzensäften u. dgl., hat G. Kassner in D. p. J. 1895 298 65 in einer längeren Abhandlung berichtet. Zu den Ausführungen Kassner's macht A. WohlScheibler's Neue Zeitschrift für Rübenzuckerindustrie, 1895 Bd. 35 S. 174. bezüglich der Patentanmeldung und den Prioritätsansprüchen einige Bemerkungen, indem er ausführt, dass das Datum der Auslegung des Patentes für die Priorität der Erfindung entscheidend sei. Ferner theilt er mit, dass er das Bleisaccharatverfahren weiter bearbeitet hat und dass die Ergebnisse in einer Reihe von Zusätzen und Hauptanmeldungen abgeschlossen vorliegen, die demnächst ausgelegt werden. Auch die seit längerer Zeit in ziemlich grossem Maasstabe durchgeführten Betriebsversuche sind im Wesentlichen zum Abschluss gebracht, worüber seinerzeit berichtet werden wird. Diesen Mittheilungen Wohl's ist mit Interesse entgegenzusehen. Es wird sich allerdings darum handeln, ob es auch wirklich gelingt, das Blei vollständig aus den Säften zu entfernen, und darin liegt für die Praxis der Schwerpunkt der Frage. Allerdings spielt auch die Kostenberechnung eine grosse Rolle und können darüber nur Versuche im Grossen bezieh. im Betrieb entscheiden. Von Beachtung ist aber für vorliegende Frage eine Mittheilung von AltschulPharmaceutische Centralhalle für Deutschland, 1895 XVI S. 707.: über die Möglichkeit eines Bleigehaltes im Rübenzucker. Bei der gegenwärtigen darniederliegenden Lage der colonialen Zuckerindustrie ist es erklärlich, dass man in den Colonien versucht, den Rübenzucker im Gegensatz zu dem Rohrzucker als minderwerthiges Product hinzustellen, ja ihm womöglich schädliche Eigenschaften zuzuschreiben. In einem diesbezüglichen Artikel soll nun behauptet worden sein, dass der Rübenzucker Blei enthalte und dass man daher vor seiner Benutzung warnen müsse. Altschul hat nun die Ueberzeugung gewonnen, dass diese Warnung thatsächlich sehr beachtet worden ist und dass man wirklich ein Misstrauen gegen die Reinheit z.B. des deutschen Rübenzuckers hegt. Derartige tendenziöse Ausstreuungen sind aber nicht gleichgültig aufzunehmen, um so mehr, wenn das Kassner'sche Verfahren in die Praxis übergehen sollte. Auch Altschul ist der Meinung, dass noch der Beweis zu liefern sei, ob nach dem Kassner'schen Verfahren die vollständige Abscheidung des Bleies im Grossbetriebe und bei verschiedener Zusammensetzung des Rohzuckers gelingt. Er glaubt daher, dass es angezeigt wäre, in das Arzneibuch eine Prüfung des Zuckers auf Bleigehalt bezieh. Metallgehalt aufzunehmen, um wenigstens auf pharmaceutischem Gebiete jede Möglichkeit auszuschliessen, dass die Befürchtung eines Bleigehaltes im Rübenzucker einen Anschein von Berechtigung erlangen könnte. Eine neue ununterbrochen arbeitende Centrifuge, System Kron-Schmerker, beschreibt F. GertychGazeta Zukrownicza, 1894/95 I S. 186, durch Zeitschrift für Zuckerindustrie in Böhmen, 1895 XX S. 210. und soll dieselbe selbst ein unerwachsener Arbeiter zu bedienen im Stande sein. Die Hauptneuigkeit der Construction besteht darin, dass die obere leere Trommelachse auf Druck eingerichtet ist und dass sich innerhalb der Trommel eine tellerförmige Vorrichtung befindet, an welche mittels Stützen die Trommeldecke und ein oben geschlossener, die Hauptwelle umgebender Cylinder befestigt ist; alle Theile sind untereinander fest verbunden und werden gleichzeitig mit der Trommel in Bewegung gesetzt. In dem Untertheile des Centrifugenpanzers ist – ähnlich wie bei der Centrifuge von Ssceniowski-Piatkowski – eine Oeffnung, durch welche der Zucker in die Transportvorrichtung entleert wird. Der Arbeitsgang ist folgender: Die Füllmasse wird durch das trichterförmige Einlassrohr in die Centrifuge eingebracht; der abfliessende Syrup wird in der üblichen Weise fortgeführt. Sobald der Zucker ausgeschleudert ist, wird ein Druckventil geöffnet, worauf der Druck durch die innere Wellenachse bis zu der freien oberen Trommelachse gelangt, wo er auf den Cylinder drückt, an welchem der bis zum Centrifugenboden reichende Teller befestigt ist. Der Teller wird mitsammt dem auf demselben angehäuften Zucker, sowie mit der Trommeldecke gehoben, worauf der gehobene Teller den Zucker in die Entleerungsöffnung schleudert. Hierauf wird der Druckhahn geschlossen, und der Teller mit der Decke und dem die Achse umgebenden Cylinder nimmt wieder die vorige Lage ein, so dass die Centrifuge von Neuem gefüllt werden kann. Das Princip scheint gut zu sein, doch kann sich Gertych mit der complicirten Einrichtung nicht befreunden. So soll namentlich das Heben des Tellers sammt Zucker und Cylinder mittels Druck zu theuer kommen; ausserdem müssen die dünnen Liderungen ausgezeichnet durchgeführt sein, um die Centrifugalkraft überwinden zu können. Die Entleerung und die Füllung sind aber recht vortheilhaft, da die Energie der Centrifuge durch das Bremsen beim Einhalten nicht verloren geht. Das Syndicat der französischen Zuckerfabrikanten hat der Association des chimistes de sucrerie et de distillerie de France einen Preis von 500 Francs für die beste Bearbeitung der Frage: „Ueber die unbestimmbaren Verluste in der Zuckerfabrikation und die Mittel, sie zu vermindern“ gewidmet. In der ausgeschriebenen Zeit ist nur eine einzige Arbeit eingelaufen, welche H. PelletBulletin de l'Association des chimistes de sucrerie et de distillerie de France, 1895 Bd. 13 S. 236. Vgl. auch die wörtliche Uebersetzung in Scheibler's Neue Zeitschrift für Rübenzuckerindustrie, 1895 XXXV S. 200 u. f. zum Verfasser hat. Die umfangreiche Arbeit, betitelt: Die unbestimmbaren Verluste in der Zuckerfabrikation, ist aber, wie auch Pellet zugesteht, nicht vollständig und in manchen Punkten nicht einwurfsfrei. So gibt zum Beispiel Pellet keine Einzelheiten über die Verluste beim Verdampfen und Verkochen. Es konnte deshalb der Arbeit nicht der volle ausgesetzte Preis zugesprochen werden, und wurden ihr nur 300 Francs zuerkannt. Auf die Einzelheiten der umfangreichen Arbeit kann hier nicht näher eingegangen und muss diesbezüglich auf das Original verwiesen werden. Pellet unterzieht in seiner Arbeit alle Stationen, eine nach der anderen, wo Zucker verloren gehen kann, einer strengen Controle und kommt hierbei zu folgenden allgemeinen Schlussfolgerungen: 1) Wenn man in der von ihm angegebenen Weise eine chemische Controle bei der Fabrikation, namentlich bei der Bestimmung des in dem Betriebe eingehenden Zuckers ausübt, so sind Verluste von 1 bis 1,20 Proc. nicht möglich; dieselben werden weit geringer sein. 2) Aber auch von dieser geringen Zahl der unbestimmbaren Verluste kann ein wichtiger Theil bestimmt werden, welcher herrührt a) von der Einwirkung des Kalkes beim Eintritt und Austritt des gereinigten Saftes bei der wässerigen Polarisation, b) von den Zuckerverlusten bei den verschiedenen Stationen in der Fabrikation, namentlich in den Tüchern der Filterpressen und der mechanischen Filter für Säfte und Syrupe, von dem in den Säcken im Ueberschuss vorhandenen Zucker und von der Zersetzung des Zuckers während seiner Concentration. 3) Die Ziffer der wirklich unbestimmbaren Zuckerverluste wird auf 0,10 oder 0,20 herabgemindert, welche nicht allein mit der Zahl des während der Verdampfung mitgerissenen Zuckers übereinstimmt, den man durch geeignete Einrichtungen direct bestimmen kann, sondern auch mit allem in den verschiedenen Manipulationen der Säfte, der Syrupe, der Füllmassen und dem Schlamme mechanisch verloren gegangenen Zucker gleichwertig ist. Diese mechanischen Verluste sind schwer zu bestimmen; zu ihnen gehören auch noch die Mengen von Zucker, die in Form verschiedener, gewöhnlich nicht analysirter und nicht gewogener Rückstände weggeführt oder als Waschwasser weggegossen werden, nachdem diese Niederschläge mit Substanzen behandelt worden sind, durch welche sie gelöst werden. Im Anhang behandelt Pellet kurz die Verhältnisse bei der Rohrzuckerfabrikation, die aber mit denen der Rübenzuckerfabrikation eine grosse Aehnlichkeit besitzen. Ueber die sogen. Graufärbung der Rohzucker, die in verschiedenen Zuckerfabriken beobachtet wurde, liegen weitere Arbeiten vor. O. KöhlerDie deutsche Zuckerindustrie, 1895 XX S. 864. weist nach, dass die rothe Farbe, die manche Rohzucker aufweisen, auf die Gegenwart von Eisensalzen zurückzuführen ist, und dass die Farbe nach der Zerlegung dieser Eisensalze in die entsprechenden Kalksalze verschwinden. Diese Umsetzung geht jedoch durch Kochen mit Kalkhydrat allein nicht vollständig vor sich, sondern erst durch sorgfältiges Behandeln mit Kohlensäure, wobei Eisen als Carbonat gefällt wird. Die Fällung des letzteren wieder gelingt nur bei Gegenwart von Kalk und nicht mittels blossen Durchleitens von Kohlensäure durch die Zuckerlösung. J. MunierIbid. S. 1743. hat bei einem mit Trockenfäule zu verarbeitenden Rübenmaterial die Beobachtung gemacht, dass dasselbe einen vollständig grauen Zucker lieferte. Es wurde nun in dem Safte die Anwesenheit von Schwefelalkalien nachgewiesen. Da nun in dem Safte immer Eisen Verbindungen enthalten sind, oder Gelegenheit da ist, solche aufzunehmen, so ist die Bedingung vorhanden zur Bildung eines Sulfosalzes von Schwefeleisen-Schwefelkalium, dessen Analogon Schwefeleisen-Schwefelnatrium schon lange in der Sodaindustrie als sehr unangenehmer Körper von grossem Färbevermögen bekannt ist. Nach der Mittheilung von Lunge färbt letztere Verbindung schon in der Menge von einigen Millionsteln blassgrün bis schwarzgrün oder braun, je nach der Concentration. Eine schwarzgrüne Farbe muss aber mit der natürlichen gelblichen Farbe des Rohzuckers eine graue Farbe geben. Uebergiesst man solchen grauen Zucker mit verdünnter Essigsäure, so tritt, nachdem das Sulfosalz zerstört ist, die natürliche gelbe Farbe des Rohzuckers auf. Das Sulfosalz ist in alkalischen Säften löslich und scheidet sich bei der Saturation theilweise, aber nie vollständig aus, nachdem selbst bei neutraler Reaction ein Theil gelöst bleibt. Das Sulfosalz konnte nun aus Eiweisszersetzungen oder aber auch aus schwefelwasserstoffhaltiger Kohlensäure herstammen. Im Rohsaft liess sich kein Schwefelwasserstoff nachweisen, dagegen reagirte der Saft immer alkalisch (auch von nicht faulen Rüben). Trotz der Erwärmung des Saftes auf 80° C. konnten daher die Eiweisstoffe nur theilweise zur Abscheidung gelangen und waren selbst noch in den Schaumdecken, die sich in den Sudmaischen bilden, nachweisbar. Setzt man zu solchem erwärmten Rohsaft Kalkmilch oder ungelöschten Kalk, so erhält man je nach der Länge der Einwirkung oder der Menge des Kalkes im Filtrat mit Bleiessig eine deutliche Braunfärbung, welche die Anwesenheit von Schwefelalkalien anzeigt. Alle Umstände, welche die Ausfällung des Eiweisses vor dem Kalkzusatze beeinträchtigen, wie alkalische Rohsäfte, schlecht functionirende Vorwärmer (auch bei normalen Säften) oder zu niedrige Temperatur in der Diffusion, ferner sehr grosse Kalkmengen oder eine unrationelle Anwendung der Trockenscheidung, können eine graue Farbe des Rohzuckers bedingen. Das Sulfosalz kann aber sehr leicht mittels eines durch den warmen Saft der ersten Saturation gepressten Luftstromes zersetzt werden. Hat man Kohlensäure von etwa 20 bis 29 Proc., der etwa 6 bis 10 Proc. Sauerstoff beigemengt sind, so wird diese Sauerstoffmenge wahrscheinlich schon zur Zerstörung des Sulfosalzes ausreichen. (Fortsetzung folgt.)