Titel: Neuere Umsteuerungsvorrichtungen für Dampfmaschinen.
Autor: Fr.
Fundstelle: Band 300, Jahrgang 1896, S. 218
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Neuere Umsteuerungsvorrichtungen für Dampfmaschinen. Mit Abbildungen. Neuere Umsteuerungsvorrichtungen für Dampfmaschinen. Eine Umsteuerung, insbesondere für solche Maschinen, deren Kanäle durch Ventile oder Drehschieber gesteuert werden, gibt Karl Lausmann in Jurjew (Russland) an. Wie Fig. 1 ersichtlich, sind die beiden Zahnräder Z1Z2 lose drehbar, jedoch unverschiebbar auf die Kurbelwelle L gesetzt und stehen mit einem auf der Welle a befestigten Zahnrade Z3 in beständigem Eingriff. Die Welle a bewegt direct den Drehschieber oder unter Vermittelung passender Zwischenorgane die sonstigen Steuerungsmechanismen der Cylinder. Zwischen den beiden losen Zahnrädern Z1Z2 sitzt ein mittels Gabel g verschiebbarer Kuppelungsmuff k, der beiderseitig mit je einer Nase n versehen ist, die je nach dem gewünschten Verdrehungswinkel (im vorliegenden Falle um 180°) versetzt sind. In jedem der Zahnräder ist eine den Nasen n entsprechende Vertiefung angebracht, so dass, wenn bei Verschiebung des Muffes h die eine Nase in die zugehörige Vertiefung eines Zahnrades eingreift, dieses sich mit der Welle L dreht. Textabbildung Bd. 300, S. 217 Fig. 1.Umsteuerung von Lausmann. In Fig. 1 ist zum Beispiel k mit Z1 in Eingriff und bewegt sich mit der Triebwelle L in Richtung des voll gezeichneten Pfeiles; hieraus folgt, dass sich Z3 und auch a im Sinne der dabei eingezeichneten Pfeile dreht, während bei einer Verschiebung des Muffes nach links derart, dass die linke Nase n in den Einschnitt des Zahnrades Z2 kommt, die Maschine sofort rückwärts läuft, da die Steuerorgane nunmehr in Folge Verdrehung der Nasen n auf dem Muffe k in Bezug auf die Kurbel der Welle L für den Rückwärtsgang eingestellt sind. Die Welle L dreht sich daher, wie durch die punktirten Pfeile angegeben, wohingegen die Drehrichtung der Räder Z1Z2Z3 dieselbe bleibt, nur ist jetzt Z2 treibend, während Z1 lose auf L durch Z3 getrieben wird. Die Drehrichtung von a bleibt in beiden Stellungen des Muffes dieselbe. Kommt der Muff in seine Mittellage zu liegen, so bleibt das Zahnrad Z3 und damit auch die Welle a mit den Steuerungsorganen sofort stehen. Ein Steuerungsgetriebe zur Veränderung des Füllungsgrades und der Umdrehungsrichtung von Dampfmaschinen wurde ferner Kajetan Moscicki in Warschau unter Nr. 82154 vom 11. December 1894 in Deutschland patentirt. Auf der von der Maschine in Bewegung gesetzten Welle A (Fig. 2 und 3) ist das Zahnrad B fest aufgekeilt und setzt zwei andere Räder C und D in Bewegung, deren Achsen c1 und d1 in einem Hebel E, welcher in gewissen Grenzen eine Drehung um die Welle A vollführen kann, gelagert sind. Der Durchmesser der Räder C und D ist von den Wirkungsbedingungen der Maschine abhängig. Soll nämlich das Excenter gerade so viel Umdrehungen als die Maschine machen, so muss der Durchmesser der genannten Räder gleich dem Durchmesser des Rades B sein; soll aber eine Umdrehung des Excenters zweien Umdrehungen der Welle entsprechen, wie z.B. bei den Gasmotoren, so muss dieser Durchmesser zweimal grösser sein. Auf den Rädern C und D sind noch zwei andere Zapfen d1 und d2 angebracht, welche durch den Arm F verbunden werden. In der Mitte des Armes ist der Zapfen f1 befestigt, der die Bewegung der Schieberstange bewirkt. Hieraus ist ersichtlich, dass der Zapfen f1 um die Welle einen Kreis von einem Halbmesser beschreibt, der gleich ist demjenigen c1c2. Wird der Hebel E auf einen gewissen Winkel eingestellt, so werden die von den Rädern C und D bei ihren gleichen Durchmessern mit B beschriebenen Winkel zweimal grösser, folglich beschreibt das Excenter f1 den gleichen Winkel. Da alle möglichen und erforderlichen Lagen des Schiebers bei einer Drehung des Excenters auf 180° erlangt werden, darf der Hebel eine Drehung von nur 90° zulassen. Damit ferner bei der Drehung die Welle keiner Reibung ausgesetzt sei, ist die Achse des Hebels in einem besonderen Lager H, dessen Achse mit der der Maschinenwelle zusammenfällt, gelagert. Die Drehung des Hebels kann man beliebig mit der Hand oder mit dem Regulator bewirken. Textabbildung Bd. 300, S. 217 Steuerungsgetriebe von Moscicki. Der beschriebene Mechanismus ist nur dann anwendbar, wenn er am Ende der Welle befestigt sein kann. Ist dieses nicht möglich, sondern geht die Welle, wie in vielen Fällen, durch das Excenter, so wird, anstatt die Schieberstange durch den Zapfen f1 an den Arm F anzuschliessen, dieselbe mit einem Ringe von solchem Durchmesser versehen, dass die Welle die Bewegung des Ringes nicht hindert. Bei Zweischiebersteuerungen ist der Mechanismus für jeden der beiden Schieber anzuordnen; ist jedoch eine Veränderung der Umdrehungsrichtung der Maschine nicht erforderlich, so genügt ein einzelner Apparat. Textabbildung Bd. 300, S. 218 Fig. 4.Umsteuerung von Teige. Um namentlich bei Schiffsmaschinen und Locomotiven mit einem einzigen Hauptschieber veränderliche Expansionen und auch eine Umsteuerung der Maschine zu erzielen, schlägt G. A. J. Telge in Oldenburg die nachstehend beschriebene Einrichtung vor. Der Schieber a (Fig. 4) des Maschinencylinders ist durch eine in Stopfbüchsen geführte Stange mit dem Kolben c des Steuerungscylinders b verbunden; letzterer besitzt zwei Schieberkästen, von denen der eine, in welchem sich der Schieber d bewegt, wie bei jeder Dampfmaschine beschaffen ist, während der andere Schieberkasten zwei Kanäle e und e1 an den Enden, ausserdem noch zwei Kanäle f und f1 besitzt, welche, von der Schieberfläche ausgehend, derart in den Cylinder einmünden, das zwischen ihnen so viel Raum bleibt, als der Kolbenkörper stark ist. Die Kanäle e und f bezieh. e1 und f1 werden je durch einen Schieber g bezieh. g1 verdeckt, die, mit einander verkuppelt, ebenso wie auch der Schieber d in irgend welcher Weise, z.B. mittels Excenters, von der Maschinen welle oder einer von dieser betriebenen Steuerwelle aus bethätigt werden. Der Schieber d wird gegebenen Falles durch Anstossen des Kreuzkopfbolzens derart bewegt, dass der Kanal i geöffnet ist; der Dampf treibt alsdann den Kolben c und dadurch den Hauptschieber a so vorwärts, dass der Kanal h des Hauptcylinders für die Dampfeinströmung sofort vollständig geöffnet wird und gleichzeitig der Abdampf auf der anderen Kolbenseite dieses Cylinders voll ausströmen kann. Bewegt sich nun der Schieber d unter dem Einflüsse seines Antriebsmittels derart, dass er die Kanäle ii1i2 verschliesst, und öffnet der Schieber g1 den Kanal e1, während der Schieber g alle Kanäle efk verschliesst, so treibt der Dampf den Kolben c nach links; nachdem der letztere bei dieser Bewegung den Kanal f1 passirt hat, entweicht der Dampf durch die Schieberhöhlung, sowie den Auspuffkanal k1 und der Druck hört auf. Da die Kanäle ii1i2 und efk alle verschlossen sind, kann, wenn die Grösse des Steuerungscylinders im richtigen Verhältniss zur Reibung des Dampfmaschinenschiebers, Stopfbüchsenreibung und Reibung des Steuerungskolbens gewählt wurde, der Kolben sich nicht mehr weiter bewegen, d.h. er bleibt in der Mitte des Cylinders stehen. Der Schieber a verschliesst alsdann alle Kanäle hh1h2 des Maschinencylinders, und die Expansionsperiode beginnt. Kurz nachdem der Steuerungskolben in der Mittellage angekommen und der ihn dort hintreibende Dampf auf dem genannten Wege ausgepufft ist, verschliesst der Schieber g1 wieder alle Kanäle e1f1g1. Hierauf öffnet der Schieber d den Kanal i1 und verbindet den Kanal i mit dem Auspuffkanale i2, so dass der Steuerungskolben c und mit ihm der Hauptschieber a in ihre äusserste linke Lage gebracht werden; der Schieber a öffnet hierbei den Kanal h1 und verbindet den Kanal h mit dem Auspuffkanale h2 des Maschinencylinders. Der Schieber d verschliesst nun wieder alle Kanäle ii1i2, während der Schieber g den Kanal e öffnet, so dass der Dampf den Kolben c nach rechts treibt. Nachdem dieser den durch die Schieberhöhlung mit dem Auspuffkanale k verbundenen Kanal f passirt hat, pufft der Dampf aus und der Kolben c bleibt wieder in der Mitte stehen. Der Schieber a verschliesst hierbei wieder alle Kanäle hh1h1, so dass die zweite Expansionsperiode im Maschinencylinder beginnt. Alsdann verschliesst der Schieber g sämmtliche Kanäle efk, während der Schieber d den Kanal öffnet und den Kanal i1 mit dem Auspuffkanale i2 verbindet, so dass der Kolben c und mit ihm der Schieber a in ihre äusserste Stellung getrieben werden. Der Schieber a öffnet hierbei wieder den Kanal h und verbindet den Kanal h1 mit dem Auspuffkanale h2. Textabbildung Bd. 300, S. 218 Umsteuerung von Prolhac Fils. Hierauf wiederholt sich das Spiel von Neuem. Es ist leicht erklärlich, dass es durch Stellung des antreibenden Theiles des einen oder anderen der beiden Schieber g und g1 möglich ist, jeden Augenblick einen beliebigen Expansionsgrad herzustellen; bei jeder Umdrehung ist der Hauptschieber für volle Ein- und Ausströmung des Dampfes sofort geöffnet. Hierdurch fallen von selbst die Umsteuerungsmechanismen bei Schiffsmaschinen und Locomotiven fort, da diese Steuerung durch Verschiebung des Expansionsantriebes nach beiden Umdrehungen arbeitet und daher besonders leicht an solchen Maschinen anzubringen ist. Auch bei Ventil- und Schiebersteuerungen jeder Art lässt sich die Steuerung vortheilhaft verwenden, da durch dieselbe alle Expansionsschiebersteuerungen in Wegfall kommen. Eine Umsteuerung für Maschinen mit Drehschiebersteuerung von Adrien Prolhac Fils in Allègre (Frankreich) zeigen Fig. 5 bis 7. Bei der mittels Zugstange U bewirkten vorderen Grenzlage des Hebels T hat die Scheibe P in der Kammer I eine schwingende Bewegung von vor- nach rückwärts, d.h. von rechts nach links ausgeführt, so dass die in ihrem Stege Q angebrachte mittlere Oeffnung S genau mit demjenigen Theile der Oeffnung F zusammenfällt, welcher nach der Kammer I des Kastens E offen ist. Andererseits hat gleichzeitig durch die Verlängerung U2 der Stange U, Hebel V, Welle V1, Zahnbogensegmente V2W und Welle O die Bewegung der Scheibe P1 in der Kammer I1 im umgekehrten Sinne stattgefunden, d.h. von rück- nach vorwärts oder von links nach rechts, so dass bei der Grenzlage dieser Scheibe ihre Oeffnung S1 genau mit dem Theile der Oeffnung F1 übereinstimmt, welcher sich nach derselben Kammer I1 des Kastens E öffnet. Die Fig. 5 bis 7 ersichtliche Stellung der Theile entspricht dem Vorwärtsgange der Maschine. Der durch den Stutzen A1 des Gehäuses A mit ständig umlaufendem Drehschieber einströmende Dampf gelangt durch die Kammer M, sowie die Rohre LNK in die Kammer I des Kastens E und durch die Oeffnung S der Scheibe P, sowie die Oeffnung F des Kastens E und die Kanäle C und D des Cylinders B hinter den Kolben W1 des letzteren. Der im Cylinder wirksam gewesene Dampf strömt inzwischen von der Vorderseite des Arbeitskolbens durch den Kanal D1, die Oeffnungen F und S1 des Kastens E bezieh. der Scheibe P1, die Kammer I1, die Rohre K1N1L1 und die Kammer M1 in das Auspuffrohr A2. Um den Rückgang der Maschine zu bewirken, genügt es, den Hebel T in seine Hubgrenze nach rückwärts zu bringen, womit in Bezug auf die vordem betrachtete Stellung ein umgekehrter Weg für den Dampf sowohl bezüglich des Einlasses wie des Auspuffes und demnach ein Rücklauf der Maschine geschaffen wird. Nachdem die Umsteuerung des Dampfweges geschehen, erfolgt die Dampfvertheilung in der angegebenen Weise, d.h. es vermitteln die Kammern MM1 des Kastens A und die in den Kammern II1 des Kastens E untergebrachten, nach der Wand H zu mit Stegen Q bezieh. Q1 von entsprechender Form versehenen Scheiben PP1 durch ihre Verbindung unter einander, sowie diejenige ihrer Organe die Dampfeinströmung und den Auspuff des Abdampfes für jede Kolbenseite. Die für Maschinen untergeordneter Bedeutung, z.B. für Kleinbahnlocomotiven, geeignete Umsteuerungsvorrichtung von Luigi de Maio in Turin veranschaulicht Fig. 8 an einer Locomotive mit zwei gekuppelten Achsen. K ist die Kuppelstange der beiden Achsen N; sie ist über die vordere Achse N ein Stück hinausgeführt und trägt hier eine Coulisse S, die jedoch mittels eines besonderen Verlängerungsstückes auch von einer dritten Kurbel gehalten werden kann, deren Länge gleich derjenigen M N ist. P ist die Pleuelstange und R die Kolbenstange. Mit D ist der zwischen Schienen E gleitende Kreuzkopfzapfen bezeichnet. IH und GH sind die beiden Glieder eines Kniegelenkes, welches mittels eines Gestänges LH ausgestreckt und in gleichem Maasse, wie gezeichnet, nach unten durchgebogen werden kann. Die Streckung des Kniegelenkes und überhaupt die Senk- und Hebbewegung des Punktes H wird mittels einer Schraube b bewirkt, die durch eine Gabel c mit dem Gleitsteine G lose drehbar verbunden ist. Ausserdem ist die Spindel b aber um ihre Achse in der Gabel c drehbar. Durch zwei Universalgelenke de ist die Spindel b mit einem Gleitkopfe f verbunden, welcher, wenn die Locomotive in Bewegung, ohne sich drehen zu können, in einem Gehäuse g auf und nieder gleitet; letzteres wird seinerseits durch zwei Zahnräder hi von Hand gedreht, wenn die Umsteuerung der Maschine stattfinden soll. Eine eigentliche Coulissensteuerung braucht die betreffende Maschine nicht zu haben, sie kann vielmehr für den Vorwärts- und Rückwärtsgang mit einem losen Excenter für jeden Cylinder fahren, oder aber der Vertheilungsschieber kann vom Kreuzkopfe aus durch Anschläge bewegt werden. Textabbildung Bd. 300, S. 219 Fig. 8.Umsteuerungsvorrichtung von de Maio. Nehmen wir letzteres bei der Fig. 8 für den Vorwärtsgang gezeichneten Locomotive an, in welcher Stellung der Dampf bei geöffnetem Regulator gegen die hintere Kolbenfläche drücken und den Kolben in der auf der Abbildung angedeuteten Pfeilrichtung verschieben würde, so ist für den Rückwärtsgang die Schraube b mittels der Zahnräder hi zu drehen. Der Punkt L senkt sich dann und es gelangen Punkt G, sowie der Kreuzkopfzapfen D allmählich in die in Fig. 8 durch Punktirung angedeutete rechte Endlage. Der Kreuzkopf steuert während dieser Bewegung, ohne dass also eine Kurbeldrehung stattgefunden hätte, den Vertheilungsschieber um und geht, wenn man nun durch weitere Drehung der Schraube b den Punkt L weiter senkt und damit auch das Kniegelenk IH, GH ganz nach unten durchdrückt, in die ursprüngliche Lage zurück. Da die gezeichnete linke Maschinenseite mit senkrechter Kurbel steht, während sich die rechte Maschinenseite im todten Punkte befindet, braucht auch nur die linke Maschinenseite umgesteuert zu werden. Wird jetzt durch Oeffnen des Regulators Dampf in die Maschine eingelassen, so tritt er auf der rechten Maschinenseite ohne weiteres hinter die richtige Kolbenseite, während er auf der linken Maschinenseite zwischen Kolben und vorderen Cylinderdeckel strömt und dementsprechend den Kolben entgegen der Pfeilrichtung in Fig. 8 nach rückwärts drückt. In weiterer Folge werden also auch, da der Punkt G fest gegen das linke Ende der Coulisse S anliegt, die Stangen a und K nach links verschoben, die Kurbeln NM links herumgedreht, so dass die Maschine rückwärts fährt. Anstatt eine Coulisse S zu verwenden, kann man auch den Kreuzkopf zweitheilig machen und jedem der beiden Theile einen Zapfen geben, die durch ein von der Schraube b bethätigtes Kniegelenk mit einander verbunden sind. Die Gabel c greift dann ebenfalls wieder an dem Zapfen des einen oder anderen Kreuzkopftheiles an. Fr.