Titel: Neuere Locomotiven.
Fundstelle: Band 301, Jahrgang 1896, S. 254
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Neuere Locomotiven. Mit Abbildungen. Neuere Locomotiven. 1) Gewöhnliche Locomotiven für Personen- und Güterzüge. In immer grösserem Maasse macht sich in Folge gesteigerter Verkehrsverhältnisse in Verbindung mit erhöhter Fahrgeschwindigkeit, namentlich der Schnellzüge, auf den Eisenbahnen Deutschlands und der übrigen Culturländer das Bedürfniss nach Einstellung leistungsfähigerer Locomotiven bemerkbar. Dies gilt insbesondere auch für Neben- und Localeisenbahnen (Schmalspurbahnen) mit starken Steigungen, scharfen Curven und einem zumeist leichten Ober- und Unterbau. Neben vergrösserter Zugkraft wird eine genügende Curvenbeweglichkeit angestrebt. Wir berichteten bereits mehrfach über neuere, den jetzigen veränderten Verkehrsverhältnissen angepasste Locomotivconstructionen (1891 282 * 25, 1894 293 * 28, 1896 299 * 76) und wollen nachstehend weitere Vervollkommnungen an derartigen Locomotiven in Betracht ziehen; u.a. eine Anzahl neuerer zur Einführung gelangter Locomotivgattungen, die sich behufs Erzielung grösserer Betriebsökonomie zumeist auch durch vortheilhafte Dampfausnutzung auszeichnen und unter denen die wieder auftauchenden ungekuppelten Locomotiven von besonderem Interesse sind, besprechen. Wie hinlänglich bekannt, sind seit einigen Jahren auf den Eisenbahnen Deutschlands zum Zwecke rascherer Personenbeförderung vierachsige Personen- bezieh. Schnellzuglocomotiven in Dienst gestellt, die sich vermöge ihres grösseren Kessels gegenüber den früheren dreiachsigen Maschinen ungleich besser für grössere Geschwindigkeiten eignen. Des Mehrgewichtes wegen war jedoch die Anlage der vierten Achse nothwendig. Mit diesen Maschinen können Geschwindigkeiten bis 80 und 90 km wohl bewältigt werden; hierin dürfte jedoch die äusserste Grenze auch dann erreicht sein, wenn eine Steigerung der Dampferzeugung noch möglich wäre. Durch die Arbeit der aussenliegenden Cylinder am Hebelarm des Kurbelzapfens und der halben Achse werden ungünstige Bewegungen auf den Gang der Maschine ausgeübt, wie auch hieraus eine auf den Rahmen im wagerechten Sinne biegende Kraft hervorgeht. Indem nun beim Fahren die Locomotive, soweit dieselbe auf den Federn ruht, auf und nieder spielt, wird den aussen consolartig heraushängenden Cylindern eine auf die Rahmenplatten vermindert wirkende Kraft mitgetheilt, welche durch das Eigengewicht ersterer ohnehin schon besteht. Dieser Kraft kann nur durch sehr steife Rahmenverbindungen begegnet werden, weshalb den aussenliegenden Cylindern zu Liebe eine unangenehme Gewichtsvermehrung in Kauf zu nehmen ist. Da aber trotzdem Nietlockerungen und Brüche vorgekommen sind, dürfte es sich, falls eine noch weitergehende Steigerung der Geschwindigkeiten eintreten soll, empfehlen, die Cylinder, wie es in England zumeist geschieht, zwischen die Rahmen anzuordnen, wobei dann auch der vordere Rahmenbau genügend steif und leicht ausfällt. Eine derartige vierachsige zweifach gekuppelte Schnellzuglocomotive der Grossherzoglich Badischen Staatsbahnen veranschaulichen die in dem Organ für die Fortschritte des Eisenbahnwesens, 1896 Heft 5, veröffentlichten Abbildungen. Die nach den Entwürfen des Directors A. G. de Glehn der Elsässischen Maschinenbauanstalt in Mülhausen erbaute Locomotive hat innenliegende Cylinder. Für die besonders kräftig entworfene Kurbelachse aus Tiegelgusstahl ist eine Laufstrecke von 300000 km durch die Bauanstalt gewährleistet. Das Vordergestell ist drehbar und seitlich verschiebbar. Der Mittelspurzapfen ruht auf einer Rothgusscheibe von grossem Durchmesser; diese Stützplatte kann sich seitlich verstellen und wird durch eine doppelte Feder eingestellt, welche in Folge ihrer besonderen Anordnung das Vordergestell stets in die mittlere Lage zu bringen sucht. Die Rahmen liegen innerhalb, der Räder. Die Steuerung ist nach Heusinger von Waldegg eingerichtet. Die Schieberkasten haben eine vollkommen zugängliche Lage, der Auspuff erfolgt möglichst unmittelbar. Alle beweglichen Theile sind zu Folge der Höhenlage des Kessels und der Anordnung des Laufbrettes vollkommen übersichtlich und zugänglich. Hauptabmessungen: Locomotive: Cylinderdurchmesser 460 mm Kolbenhub 600 mm Laufkreisdurchmesser der Triebräder 2100 mm                  „                   „   Laufräder 990 mm Achsstand des Vordergestelles 2000 mm         „        zwischen Treib- und Kuppelrad 2550 mm         „        gesammter 6850 mm Rostfläche 1,99 qm                                          FeuerbüchseFeuerberührte Heizfläche Siederohre                                         im Ganzen 9,25104113,25 qmqmqm Dampfüberdruck 12 at Leergewicht 41 t Dienstgewicht 45 t Reibungsnutzgewicht 29 t Dreiachsiger Tender: Gesammter Achsstand 3500 mm Kohlen 5000 k Wasser 13500 k Leergewicht 14,8 t Dienstgewicht 83,8 t Die Locomotiven haben sich seit nunmehr zweijährigem Betriebe gut bewährt, so dass sie auch fernerhin für den Schnellzugsdienst der Hauptbahn Mannheim-Basel beibehalten werden. Sie fahren anstandslos schwere Züge – nach dem Nachweise des Jahres 1893 durchschnittlich 30 Achsen – mit der grössten zulässigen Geschwindigkeit, wobei der Gang noch sehr ruhig ist, so dass sie als wirklich schnell gehende Locomotive unbedenklich bis zu 120 km Verwendung finden könnte. Ganz besonders hat sich das Vordergestell als vorzüglich bewährt. Gegenüber demjenigen mit einfachen Kugeldrehzapfen weist es eine nach der bis zum ersten Abdrehen der Radreifen verflossenen Zeit bemessene Güteziffer von 82 zu 55 auf. Auch auf belgischen Eisenbahnen ist eine Anzahl im J. 1892 in England gebauter Locomotiven mit inneren Cylindern im Betriebe. Der Kessel besteht nach Glaser's Annalen vom 15. December 1895 in seinem cylindrischen Theil aus drei Schüssen, welche vorn mittels Winkeleisen an der überstehenden Rauchkammerrohrwand befestigt sind; letztere ist ebenso wie die Rauchkammerstirnwand mit den Cylindern direct verschraubt. Die Stiefelknechtplatte ist oben geschlossen, so dass die seitliche Ueberlappung in Fortfall kommt. Von den senkrechten Deckenankern sind die zwei vorderen Reihen als sogen. „lose“ ausgeführt, während die hintere Stirnwand mit vier Längsankern gehalten ist. Die kupferne Feuerbüchse enthält ein Chamottegewölbe und ist der Zutritt kalter Luft durch einen an der Feuerthür angebrachten Luftschirm von den Siederohren abgelenkt. Der auf runden Trägern gelagerte Rost besteht aus zwei gleichen Lagen und ist nach vorn geneigt. Wegen der Kuppelachse ist der mit zwei vergitterten Zugklappen versehene Aschenkasten hinten etwas eingezogen. Der Rahmen besteht im Wesentlichen aus zwei gegenseitig gehörig abgesteiften Plattenpaaren, welche vorn durch die Cylinder, ferner durch den Halter der Kreuzkopfführungen und hinten durch den Kuppelkasten mit einander verbunden sind; ausserdem sitzt noch eine schwächere Verbindung vor dem Feuerkasten. Der Bufferbalken ist von Holz, der zugleich als Schieberführung dienende Halter der Kreuzkopfführungen aus Stahlfaçonguss; aus eben diesem Material sind die geschlossenen Gleitbacken von Treib- und Kuppelachse, alle übrigen Theile des Rahmenbaues aus Schmiedeeisen hergestellt. Lauf- und Kuppelachse sind im äusseren, die Treibachse in diesem und auch in dem inneren Rahmen gelagert; sie besitzt demzufolge vier Federn, von denen diejenigen der inneren Lager unterhalb, diejenigen der äusseren Lager oberhalb angebracht sind. Ebendaselbst sind die Federn von Kuppel- und Laufachse angeordnet; letztere ist mit ihren Achsbüchsen in den Führungen seitlich um 13 mm verschiebbar. Alle Gehänge der Federn sind für sich am Rahmen befestigt, so dass die Maschine in sechs Punkten unterstützt ist. Vor der Treibachse ist ein Theil des zwischen den Rahmen liegenden Raumes als Sandkasten ausgenutzt; dieser wird vom Führerstande aus mittels Zug in Thätigkeit gesetzt. Zwischen den Cylindern befindet sich der gemeinschaftliche Schieberkasten, welcher vorn durch Deckel geschlossen ist, in denen sich je eine Führung der durchgehenden, kurz hinter dem Schieber nach aussen gekröpften, in dem Linealträger geführten Schieberkasten befindet. Der Kreuzkopf ist ein doppelter, so dass der Pleuelstangenkopf nach oben frei liegt. Die Steuerung ist nach dem System Stephenson mit offenen Excenterstangen ausgeführt. Steuerwelle mit Gegengewicht und Zug liegen unterhalb, und zwar letzterer auf der linken Maschinenseite. Treib- und Kuppelachse werden einseitig mittels Westinghouse-Bremse gebremst, deren Bremscylinder unterhalb des Kuppelkastens liegt. Die mit dem Tender verbindende Kuppelstange ist bis kurz hinter die Feuerbüchse in den Kuppelkasten eingeführt, was für den Gang der Maschine in Curven nur von Vortheil sein kann. Die Bolzen der beiden Nothkuppelungen sind weiter hinten eingesetzt. Unter dem Kuppelkasten liegt auch das Bremsreservoir, während der Führerstand mit einem federnden Podium belegt ist. Die Hauptverhältnisse der Locomotive sind folgende: Kesseldruck 12 at Rostfläche 2,36 qm Heizfläche der Feuerbüchse 8,8 qm        „           „   Siederohre 103,4 qm        „         total 112,2 qm Anzahl der Siederohre 220 Aeusserer Durchmesser derselben 45 mm Cylinderdurchmesser 457 mm Kolbenhub 660 mm Treib- und Kuppelraddurchmesser 2134 mm Laufraddurchmesser 1220 mm Hub der Aussenkurbel 610 mm Zugkraft \frac{D^2\,h\,.\,p}{200\,D}= 3870 k Was die eingangs erwähnte vierachsige Schnellzuglocomotive der preussischen Staatseisenbahnen anbelangt, so entspricht dieselbe zwar im Allgemeinen den gestellten Anforderungen, doch besitzt sie einige constructive Unvollkommenheiten, die namentlich die Bauart des Drehgestelles, die Vertheilung der Achslast und die Anordnung der Steuerung betreffen. Der Drehzapfen dieser Locomotive ist als Kugelzapfen ausgebildet, der in einem stählernen, in einer sogen. Wiege aufgehängten Lager ruht, und zwar ist die Einrichtung so getroffen, dass der Zapfen mit dem Rahmen, das Lager mit dem Drehgestell verbunden ist. Diese Bauart ist jedoch nach einem Bericht des Eisenbahnbauinspectors Wittfeld in Glaser's Annalen für Gewerbe und Bauwesen vom 1. Februar 1895 S. 41 einigermaassen schwerfällig und ziemlich kostspielig; auch hat sich gezeigt, dass die Verwendung von Stahl für das Zapfenlager nicht selten zum Fressen des Zapfens Anlass gibt, dem nur durch sehr reichliche Schmierung vorgebeugt werden kann. Besser halten sich versuchsweise angewandte Lager mit Weissmetalleinguss. Auch die Lastvertheilung ist insofern ungünstig, als die Treibachse zu viel, die Kuppelachse zu wenig belastet ist; ferner gibt die Anordnung der Steuerung zu Ausstellungen Anlass, indem nicht nur die Dampfvertheilung, sondern auch die Zugänglichkeit zu wünschen übrig lässt. Da inzwischen die Vorzüge der Verbundanordnung hinsichtlich der Ausnutzung des Dampfes mit Sicherheit festgestellt worden waren, fand eine Umarbeitung der Zeichnungen der Locomotive statt, bei welcher die angedeuteten Unvollkommenheiten beseitigt wurden, während gleichzeitig die Verbundwirkung zur Anwendung gelangte. Das Drehgestell wurde nach der in Amerika gebräuchlichen Bauart mit völlig entlastetem, gegen die hintere Laufachse verschobenem Drehzapfen und zwar zunächst ohne seitliche Verschiebbarkeit ausgeführt. Eine Abart des Drehgestelles, die sogen. Grafenstadener Bauart, bei welcher zur Uebertragung der Belastung vom Kessel auf das Drehgestell ein Paar kreisförmiger Platten angeordnet ist, kam gleichzeitig Versuchsweise zur Anwendung. Beide Formen haben sich als zweckmässig erwiesen. – Eine bessere Lastvertheilung wurde durch einige Constructionsänderungen am Rahmen u.s.w. erzielt. Endlich wurde statt der bei der ursprünglichen Construction vorhandenen Allan-Steuerung die Steuerung von Heusinger angeordnet, wodurch sich bei durchaus befriedigender Dampfvertheilung leichte Zugänglichkeit aller Steuerungstheile ergab. Die in dieser Weise verbesserte Locomotive hat sich durchaus bewährt; dieselbe kann thatsächlich als eine der besten überhaupt bestehenden Locomotivformen bezeichnet werden. Neuerdings haben sich indessen noch einige Abänderungen als wünschenswerth gezeigt. Der Drehzapfen hat demgemäss seitliche Verschiebbarkeit erhalten. Zur Zurückführung des Drehgestelles in die Mittellage wurden zuerst Schraubenfedern und nur bei einigen Locomotiven nach dem Vorschlage der Schwartzkopf'schen Fabrik Blattfedern verwendet. Bei der neuesten Beschaffung wird der Drehzapfen genau in der Mitte zwischen den beiden Drehgestellachsen angebracht werden und zur Zurückstellung Blattfedern erhalten, welche eine weniger starke Drucksteigerung bei seitlicher Verschiebung des Drehzapfens ergeben als die aus räumlichen Rücksichten ziemlich kurzen Schraubenfedern. Ferner wird in Zukunft für die Schnellzuglocomotive nicht wie bisher die selbsthätige v. Borries'sche Anfahrvorrichtung zur Anwendung kommen, da dieser Apparat trotz sorgfältigster Durchbildung dennoch nicht ganz selten durch Versagen zu unliebsamen Störungen Anlass gegeben hat. Statt dessen wird vielmehr ein sogen. Wechselventil angeordnet werden, welches die Möglichkeit bietet, zwecks Erhöhung der Zugkraft beim Anfahren zeitweise mit Zwillingswirkung zu arbeiten. Bis auf weiteres ist in Aussicht genommen, eine durch die gemeinsame Arbeit von Maltet und v. Borries entstandene Ventilconstruction zu verwenden, die sich bei einer Anzahl von Probeausführungen als zuverlässig erwiesen hat. Als wirthschaftlich vortheilhaft und in hohem Grade brauchbar hat sich die 4/4 gekuppelte Güterzuglocomotive der preussischen Staatseisenbahnen erwiesen; namentlich hat sich gezeigt, dass dieselbe alle vorkommenden Bahnkrümmungen über Erwarten gut befahren kann. Auch bei dieser Locomotive wird, wie bereits 1896 299 97 ausführlicher beschrieben, statt der bisher ausgeführten Zwillingsanordnung das Verbundsystem zur Anwendung gelangen. Bei der normalen 3/3 gekuppelten Tenderlocomotive mit nominell 7 t Raddruck derselben Verwaltung überschreitet in Wirklichkeit die Belastung der Achsen die zulässige Höchstgrenze. Da überdies zur Erhöhung der Verwendbarkeit dieser Locomotivgattung eine Vermehrung des Wasservorraths anzustreben war, trat die Nothwendigkeit ein, eine vierte Achse, die als verschiebbare Adams-Webb-Achse ausgebildet wurde, anzubringen. Die zuerst ausgeführten Locomotiven dieser Bauart unterscheiden sich durch die Lage der Laufachse; bei der einen Gattung liegt letztere unter der Rauchkammer, bei der anderen unter dem Führerstande. Beide Formen haben sich sowohl für den schweren Rangirdienst, namentlich auf Zechenanschlüssen, als auch zur Beförderung schwerer Personenzüge geeignet gezeigt. Neuerdings wird jedoch zur Verminderung der Anzahl der Locomotivformen wegen der leichteren Zugänglichkeit des laufenden Werkes nur noch diejenige Bauart, bei welcher die Laufachse unter dem Führerstande liegt, ausgeführt. Einen aussergewöhnlich gestalteten Kessel mit gemauerter Feuerbüchse hat die Locomotive Nr. 8822 der k. k. österreichischen Staatsbahnen, welche seit April 1894 in dauerndem Betriebe ist, erhalten. Der Anordnung des Kessels lag in erster Linie die Absicht zu Grunde, die höchstmögliche Sicherheit gegen Explosionsgefahr zu erreichen. Der cylindrische Langkessel mit anschliessender Rohrwand bietet nach dem Organ für die Fortschritte des Eisenbahnwesens zunächst nichts Bemerkenswerthes. Der Stehkessel ist gänzlich verworfen. An dessen Stelle ragt eine kegelförmige Trommel in den Feuerraum vor, in deren Boden die Siederohre eingezogen sind. Diese Trommel liegt, soweit sie von den Feuergasen berührt wird, unter dem Niederwasserspiegel. Die unterste Leitlinie der kegelförmigen Mantelfläche ist wagerecht, demnach die oberste Leitlinie um den doppelten Kegelwinkel geneigt. An Stelle eines Dampfdomes ist ein wagerechtes Dampfsammelrohr angebracht, welches mittels eines Kreuzstückes den Dampf aus dem Bereiche der stärksten Dampfentwickelung entnimmt, nach rückwärts in das Schutzhaus hineinragt und im Abschlussboden den Anschlusskopf aufnimmt, während sich vorne der Dampfregler anschliesst. An den eigentlichen Kessel schliesst sich die gemauerte Feuerbüchse an. Diese ist nach oben durch ein vollständig halbkreisförmiges Tonnengewölbe abgeschlossen, welches mit seinem vorderen Rande die Rohrwandtrommel umschliesst. Das Gewölbe ruht unabhängig von der übrigen Mauerung beiderseits auf Leisten, welche mit dem die Feuerbüchse zunächst umschliessenden Blechrahmen verbunden sind. Die Ausmauerung der Seitenwände, sowie der Stirnwände ruht auf einem gusseisernen, nach innen offenen Rahmen, welcher gegen den Feuerraum durch Eisenblechplatten abgeschlossen ist. Vorne springen zwei Ziegelscharen so weit vor, als nöthig, um die Rohrwandtrommel in ihrem untersten Theile vor dem unmittelbaren Anprallen der Stichflammen zu schützen. In die rückwärtige Stirnwand ist ein rechteckiger Feuerrahmen eingelassen, welcher von einem Schieber überdeckt wird, dessen lothrechte Bewegung durch einen Lemniscoidenlenker freigegeben ist; Schieber und Lenkergestänge sind durch ein Gegengewicht ausgeglichen. Rostanordnung, Aschenkasten, Luftzuführung und die Blechverschalung der Feuerbüchse bieten nichts Neues. Der Kessel wurde im J. 1893 von der Maschinenfabrik der Alpinen Montangesellschaft in Klagenfurt gebaut; die Hauptverhältnisse im Vergleiche zu denen eines gewöhnlichen Kessels sind folgende: Kessel Neuer Gewöhnlicher Durchmesser des Langkessels 1090 1090 mm Anzahl der Feuerrohre 99 99 Durchmesser der Feuerrohre 46/41 5¼6 mm Länge der Feuerrohre 3690 3200 mm Rohrheizfläche 47,0 45,8 qm Gesammtheizfläche 48,26 48,8 qm Kesselüberdruck 12 12 at Nach einjähriger Dienstzeit ergab sich im Vergleich mit den Schwesterlocomotiven zu Gunsten des Versuchskessels ein Minderverbrauch an Kohlen, der sich für ein Locomotivkilometer, sowie auch für 1000 Brutto-Tonnenkilometer auf 11,5 Proc. beziffert. Diese Ersparniss ist an und für sich nicht unerheblich zu nennen, besonders wenn in Betracht gezogen wird, dass fast ausschliesslich eine minderwerthige Braunkohle mit einer theoretischen Wärmeleistung von nur 3080 W.-E. zur Verwendung gelangte, welche also für Erzielung grosser Ersparnisse ungünstig war. Ueber Wahrnehmungen im Betriebe ist noch folgendes Wesentliche anzuführen: Das Anheizen des völlig erkalteten Kessels erforderte, wie vorauszusehen war, nur ½ bis ¾ Stunden mehr Zeit als ein gewöhnlicher Locomotivkessel, dagegen erhält sich die Dampfspannung nach dem Abstellen noch über 12 Stunden, so dass die Locomotive innerhalb dieses Zeitraumes in wenigen Minuten vollen Dampf geben kann. Die Dampfentwickelung geht rasch vor sich und hoher Wasserstand kann auch bei der schärfsten Anstrengung des Kessels spielend erhalten werden. – Dass in der That vorwiegend mit vollem Glase gefahren wird, geht aus der bei der Untersuchung gefundenen Hochlage der Wasserlinie im Inneren des Kessels hervor. Im Zusammenhang damit steht der sehr bemerkenswerthe Umstand, dass der Kessel niemals spukt. Die Anordnung des Dampfsammlers muss demnach als eine glückliche und die Erzeugung von trockenem Dampfe fördernde bezeichnet werden. Die Anwendung dieser Bauart auf gewöhnliche Locomotivkessel an Stelle der unschönen und auch wegen der weiten Ausschnitte am Langkessel gefährlichen lothrechten Dampfdome wäre daher der ernstlichen Erwägung werth. The Engineer vom 12. April 1895 gibt die Construction der von Neilson and Co., Hyde Park Locomotive Works in Glasgow für die dänischen Staatsbahnen nach Plänen des Oberingenieurs Otto Busse der genannten Bahnen gebauten Personenzuglocomotiven wieder. Zur Bethätigung der Trick'schen Vertheilungsschieber beider Cylinder dienen leicht zugängliche, vor den Pleuel- und Kuppelstangen liegende, auf Gegenkurbeln aus Tiegelgusstahl befestigte Excenter; auch in anderen Theilen weichen diese Locomotiven von denjenigen deutscher Eisenbahnverwaltungen ab. O. Busse hatte ursprünglich, um behufs grösserer Brennmaterialersparniss und Erzielung eines ruhigen Ganges einen möglichst langen Kessel und grossen Tenderradstand zu erhalten, eine gegenüber der Ausführung um etwa ½ m grössere totale Länge der Locomotive in Vorschlag gebracht, doch erlaubten dies die Verhältnisse der Schuppen und Drehscheiben nicht. Die Hauptverhältnisse der Locomotive sind folgende: Durchmesser der Cylinder 430 mm Kolbenhub 610 mm Durchmesser der Treibräder 1846 mm           „            „   Laufräder 914 mm Länge der eisernen Rohre 3430 mm Durchmesser der eisernen Rohre 48 mm Heizfläche der Rohre 88,24 qm      „             „   Feuerbüchse 9,36 qm      „           total 97,60 qm Rostfläche 1,784 qm Wasserinhalt des Tenders 10 cbm Durchmesser der Räder des Tenders 1100 mm Der vordere Theil der Maschine ruht mittels federnden Zwischenstückes auf einem zweiachsigen Drehgestell. Maschine und Tender sind mit der selbsthätigen Vacuumbremse ausgerüstet; die Einzeltheile derselben sind derart dimensionirt, dass gleiche Drücke auf die verschiedenen Räder ausgeübt werden. Hervorzuheben ist noch, dass die Buffer zwischen Maschine und Tender zur Verhütung seitlicher, bei dem kurzen Radstand des Tenders unvermeidlicher Bewegungen von der Längsachse der Maschine um einen Winkel von 45° abweichen. Die Lastvertheilung der Locomotive ist nachstehend angegeben: Dienstgewicht Leergewicht Druckgestell 16,00 14,18 t Treibachse 13,00 12,01 t Kuppelachse 13,00 12,01 t Total 42,00 39,00 t Tender 27,60 13,10 t Einen bei Locomotiven vielfach verwendeten entlasteten Schieber, mit welchem befriedigende Resultate erzielt sein sollen, beschreiben Industries and Iron vom 13. December 1895 nach Engineering News. Der Schieber besitzt, wie Fig. 1 und 2 ersichtlichen, grosse Aehnlichkeit mit der Hälfte eines der Länge nach zerschnittenen Kolbenschiebers, nur dass er auf der flachen Seite anstatt auf dem runden Theile gleitet. B ist das verstärkte Ende der Schieberspindel, welche, durch eine Bohrung des Schiebers tretend, durch die mittels Keiles gehaltene Scheibe D mit dem letzteren verbunden ist. Die unteren Gleitflächen des Schiebers werden durch 13 mm starke Rippen zusammengehalten. Der Schieberdeckel H bildet einen Halbcylinder, der durch schwache Keile C, welche zwischen ihm und dem Deckel des Schieberkastens eingelegt sind, gegen Längsverschiebungen gesichert ist. Auf dem Rücken des Schieberdeckels sind zwei schmale Nuthen angebracht, welche das Oel nach den Enden des Deckels führen. Der Schieber ist von Dichtungsringen umgeben, welche durch kleine, in den Aussparungen F liegende Federn gegen den Deckel gepresst werden. Zwischen diesen Ringen sind niedrige Aussparungen A angeordnet, welche behufs Druckausgleichung durch Oeffnungen G mit den Dampfkanälen des Cylinders in Verbindung stehen. Hierdurch werden Abnutzungen auf einen geringen Betrag zurückgeführt. Textabbildung Bd. 301, S. 257 Locomotivschieber. Bei der Ausführung werden die beiden Hälften des Schiebers für sich gegossen und nachdem ihre Flächen abgehobelt und auf einander gelegt, wird die Aussenfläche des Schiebers abgedreht. In gleicher Weise verfährt man bei der Anfertigung der gusseisernen Schieberdeckel. Die Wirkung des Schiebers ist dieselbe wie diejenige eines gewöhnlichen D-Schiebers ohne Hilfskanal. Ueber eine Reihe ungekuppelter englischer Schnellzuglocomotiven berichtet Le Génie civil vom 15. Februar 1896. Die ersten für den Personenzugdienst bestimmten Locomotiven hatten drei ungekuppelte Achsen, von denen die Treibachse in der Mitte lag. Als sich die Traingewichte im Laufe der Zeit immer mehr erhöhten und der Oberbau schliesslich eine weitere Steigerung des Dienstgewichtes der Triebräder nicht mehr zuliess, sah man sich veranlasst, eine zweite Achse zu kuppeln, um damit ein genügendes Adhäsionsgewicht zu erhalten, und es entstand als Type der normalen Personenzuglocomotive diejenige mit vier gekuppelten Rädern. Man erkannte sehr bald, dass die Locomotive mit ungekuppelten Achsen derjenigen mit gekuppelten Achsen gegenüber verschiedene Vorzüge aufweist, als welche das mechanische Güteverhältniss, die Unterhaltungskosten u.s.w. besonders hervorzuheben sind. Dies war die Veranlassung, dass seitens einzelner Eisenbahnverwaltungen, namentlich in England und Frankreich, die ungekuppelten Locomotiven innerhalb gewisser Grenzen für die schnellsten Züge zunächst beibehalten wurden. In England bevorzugte man die Maschinen mit Treibachse in der Mitte, während in Frankreich vielfach die nach dem Erfinder benannten Crampton-Maschinen mit hinteren Treibrädern von 2,1 bis 2,3 m Durchmesser Eingang fanden. Diese seiner Zeit auch in Deutschland auf einigen Strecken mit günstigen Steigungsverhältnissen in Dienst gestellten Maschinen sind jedoch von den Linien der grösseren Eisenbahngesellschaften Frankreichs nach und nach verschwunden, während in England zur Beförderung von Schnellzügen auf den Strecken einiger Eisenbahnverwaltungen noch jetzt vorzugsweise ungekuppelte Locomotiven laufen, die wegen der auch in diesem Lande gegen früher erheblich gesteigerten Verkehrsverhältnisse den Anforderungen schliesslich ebenfalls nicht mehr genügt haben würden, wenn nicht sie durch Schaffung eines schwereren Oberbaues, welcher grössere Achsbelastungen als bisher gestattet, zu neuem Aufschwünge gelangt wären. So wurden im J. 1870 von Stirling für die Great-Northern-Eisenbahn ungekuppelte Locomotiven construirt, welche in derselben Bauart, wenigstens ohne wesentliche Aenderungen erfahren zu haben, zur Beförderung der Expresszüge nach Ecose dienen. Diese Maschinen, deren Abbildung Fig. 3 gegeben ist, ersetzten die von Sturrock wenige Jahre zuvor in Dienst gestellten Locomotiven mit vier gekuppelten Rädern vollständig. Textabbildung Bd. 301, S. 257 Fig. 3.Locomotive von Stirling. Die Hauptabmessungen dieser Locomotive sind folgende: Rostfläche 1,70 qm Heizfläche 97,10 qm Durchmesser des Cylinders 460 mm Kolbenhub 710 mm Durchmesser der Treibräder 2477 mm Kesselspannung 12,3 at Dienstgewicht 45,20 t Im J. 1876 führte Stroudley, Chefingenieur der London-Brighton-Eisenbahn, ungekuppelte dreiachsige Locomotiven mit inneren Cylindern ein, die noch heutigen Tages als äusserst kräftige Maschinen ihren Dienst in ausgezeichneter Weise verrichten; ganz gleiche Locomotiven wurden für die North-British-Eisenbahn erbaut. In demselben Jahre stellte auch die Great-Western-Eisenbahn eine grosse Anzahl von ungekuppelten Locomotiven ein, die bis heute, allerdings mit erhöhter Leistungsfähigkeit, ihren Dienst verrichten. In den folgenden Jahren wurden in den Werkstätten derselben Gesellschaft zu Swindon weitere derartige Locomotiven erbaut, die erst im J. 1893 zum Zwecke der Beförderung sehr schwerer Expresszüge durch kräftigere Maschinen mit Drehgestell, aber ebenfalls mit ungekuppelten Achsen ersetzt wurden. Textabbildung Bd. 301, S. 258 Fig. 4.Great-Western-Schnellzuglocomotive. Im J. 1880 führte Bromley auf der Great-Eastern-Eisenbahn eine den Locomotiven der Great-Northern-Eisenbahn ähnliche Maschine mit einer einzigen Treibachse und Drehgestell ein und im J. 1886 kamen gleiche Maschinen, jedoch ohne bewegliches Truckgestell, auf der Manchester-Sheffield-Eisenbahn in Dienst. Im Laufe des Jahres 1887 verwarf die Midland-Eisenbahngesellschaft, welche eine grosse Anzahl von alten ungekuppelten Locomotiven besitzt, einen zum Zwecke des Baues von Maschinen mit vier gekuppelten Rädern aufgestellten Entwurf und construirte eine neue Type von ungekuppelten Locomotiven mit vorderem zweiachsigem Drehgestell und hinterer Laufachse, denen bald solche derselben Bauart, aber von grösserem Durchmesser der beiden Treibräder (2,286 m) folgten. Eine derartige Locomotive mit Cylindern von 470 mm Durchmesser für 660 mm Kolbenhub war in Paris 1889 ausgestellt und erregte dort allseitige Bewunderung. Die Maschinen dienen jetzt zur Beförderung sämmtlicher Schnellzüge auf den Linien der Midland-Eisenbahn; ihr Dienstgewicht beträgt 43,7 t, die Kesselspannung 12,25 at, die Rostfläche 1,82 und die Heizfläche 115,40 qm. Zu derselben Zeit stellte Worsdell nach und nach auf den Linien der North-Eastern-Eisenbahn zwei Typen ungekuppelter Verbundlocomotiven mit Treibrädern von grossem Durchmesser in Dienst, welche zu den schwersten Locomotiven der Jetztzeit gehören. Etwas später construirte Holden, Chefingenieur der Great-Eastern-Eisenbahn, ungekuppelte Locomotiven, welche von den anderen Expresszugmaschinen derselben Gesellschaft sich nur dadurch unterscheiden, dass die gekuppelte Hinterachse durch eine Tragachse ersetzt ist. Als endlich im J. 1893 die Great-Western-Eisenbahngesellschaft die Leistungsfähigkeit ihrer ungekuppelten Schnellzuglocomotiven in Folge gesteigerter Verkehrsverhältnisse erhöhen musste, geschah dies nicht durch Kuppelung einer zweiten Achse, sondern in der Weise, dass die Belastung der Treibachse, das Volumen der Cylinder, sowie Rost- und Heizfläche vergrössert wurden. Die so umgebauten, Fig. 4 ersichtlichen Locomotiven befördern die Schnellzüge auf den grossen, allerdings nur wenig ansteigenden Strecken der Gesellschaft und ersetzen äusserst vortheilhaft die vordem verwendeten Locomotiven mit vier gekuppelten Rädern. Die Hauptverhältnisse dieser Locomotiven sind nachstehend angegeben: Rostfläche 1,93 qm Heizfläche 136,10 qm Kesselspannung 11,25 at Durchmesser der Cylinder 480 mm Kolbenhub 610 mm Durchmesser der Treibräder 2340 mm Dienstgewicht 49,50 t Auch in Amerika ist man vor Kurzem dazu übergegangen, ungekuppelte Locomotiven in Dienst zu stellen. So hat die Philadelphia- und Reading-Eisenbahngesellschaft nach dem Entwurf von Vauclain (1894 292 157) bei der Baldwin'schen Locomotivbauanstalt eine ungekuppelte Verbundschnellzuglocomotive mit vorderem zweiachsigem Drehgestell bauen lassen, welche einen sehr hochgelegenen Kessel mit Wootten'scher Feuerkiste für feine geringwerthige Anthracitkohle besitzt und Fig. 5 dargestellt ist. Textabbildung Bd. 301, S. 258 Fig. 5.Locomotive von Vauclain. Das Führerhaus ist vor der Feuerkiste angeordnet; der Dampfdom liegt hinter dem Führerhause auf der Feuerkiste, an seinen Seiten befinden sich Sicherheitsventil und Dampfpfeife. Durch diese Anordnung ist dem an der Langseite des Kessels stehenden Führer freie Aussicht gesichert. Die Roststäbe sind zum Theil Wasserrohre; vor dem Roste befindet sich eine mit Feuerbrücke versehene Verbrennungskammer. Die Hauptabmessungen der Locomotive sind folgende: Durchmesser des Hochdruckcylinders 330 mm          „             „   Niederdruckcylinders 559 mm Kolbenhub 660 mm Durchmesser der Treibräder 2140 mm          „             „   Drehgestellräder 914 mm          „             „   hinteren Laufräder 1378 mm Fester Achsstand der Locomotive 2134 mm Gesammter Achsstand der Locomotive 6934 mm         „                 „     von Locomotive und Tender 15240 mm Höhe der Schornsteinmündung über S.-O. 4343 mm Dampfüberdruck 14 at Anzahl der Siederohre 324 Länge    „          „ 3124 mm Durchmesser der Siederohre 38 mm Heizfläche 135,6 qm Lichte Länge der Feuerkiste 2896 mm     „     Breite   „       „ 2438 mm Tenderfüllung 18,16 cbm Schienendruck durch die Treibachse 21,773 t            „               „      „   Drehgestellachsen 17,690 t            „               „      „   hintere Laufachse 12,701 t Dienstgewicht der Locomotive 52,164 t Die Locomotive ist mit der Westinghouse-Luftdruckbremse ausgerüstet, welche auf die Treib-, hinteren Lauf- und die Tenderräder wirkt. Der vierachsige Tender ist mit Ramsbottom'scher Einrichtung zum Wassernehmen während der Fahrt versehen. Die Locomotive hält gut Dampf und befördert in dem Royal Blue-Zuge zwischen Philadelphia und New York 4 bis 7 Wagen anstandslos. In einem Falle wurde ein aus 5 Wagen bestehender Zug auf 29 km langer Strecke mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 110 km in der Stunde befördert. (Fortsetzung folgt.)