Titel: Ueber Fortschritte auf dem Gebiete der Gerberei.
Autor: Johannes Pässler
Fundstelle: Band 301, Jahrgang 1896, S. 259
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Ueber Fortschritte auf dem Gebiete der Gerberei. Von Dr. Johannes Pässler in Freiberg in Sachsen. (Fortsetzung des Berichtes S. 235 d. Bd.) Ueber Fortschritte auf dem Gebiete der Gerberei. EitnerDer Gerber, 1895 S. 195. äussert sich in einem Artikel über neue Mimosenrinden (Wattlerinden), die jetzt aus Südafrika, besonders aus Natal und Transvaal, vielfach auf unseren Markt gelangen; diese afrikanischen Mimosenrinden zeigen ähnliche hohe Gerbstoffgehalte (27 bis 35 Proc.) wie die bisher ausschliesslich aus Australien exportirten Mimosenrinden und liefern bei massig warmer Auslaugung helle Brühen ohne rothen Ton, welcher erst bei stärkerem Kochen hervortritt; die Farbe des damit hergestellten Leders ist fast rein ledergelb. Es können somit die afrikanischen Mimosenrinden, welche im Preise auch nicht höher sind, vollständig mit den australischen Provenienzen concurriren. In Südafrika hat man jetzt zur Gewinnung dieser gerbstoffreichen Rinden grosse Strecken mit Wattlebäumen bepflanzt. Eitner untersuchte auch amerikanische Mimosenrinden und eine Mimosenrinde von der Insel Java. Die ersteren, die aus Californien stammten, waren ziemlich gerbstoffhaltig, sind aber sonst ohne Interesse für uns, da sie von den dortigen Gerbereien aufgebraucht werden; die Rinde von Java hatte nur 12,7 Proc. und kann deswegen für den Import nach Europa kaum in Betracht kommen. EitnerDer Gerber, 1895 S. 61. führt an, dass seit einiger Zeit in Folge der gesteigerten Nachfrage nach Trillo (die richtigere Schreibweise soll Drilo sein) dieser Theil der Valoneen auf künstlichem Wege hergestellt und in dieser Form dem natürlichen Trillo oder den Valoneen beigemischt wird. Das Kunstproduct wird in der Weise erzeugt, dass Ausschuss von Valoneen (sogen. Skart oder Refuso), Eicheln und dünne Zweige auf einer Mühle mittelgrob vermählen werden, so dass das Product ungefähr die Grösse der natürlichen Valoneenschuppen erhält. Dasselbe kann nicht direct als Trillo verkauft werden, weil es an dem Aussehen sofort erkenntlich wäre, aber es dient als Beimischung zu wirklichem Trillo oder als Einschlag zu Valoneen, um den Anschein zu erwecken, dass dieselben einen hohen Procentsatz an gerbstoffreichem Trillo enthalten. Eitner fand in einem derartigen Producte im unvermischten Zustande nur 11,36 Proc. Gerbstoff und in einem Gemisch mit echtem Trillo 24,62 Proc., während reiner Trillo stets 35 bis 45 Proc., zuweilen noch mehr Gerbstoff enthält. Es wird also angezeigt sein, bei Ankauf von Trillo vorsichtig zu sein und denselben auf Gerbstoffgehalt untersuchen zu lassen. Der gefälschte Trillo lässt sich nach Eitner auch daran erkennen, dass man den Trillo auf Papier in dünner Schicht ausbreitet und genau durchsieht; findet man darin zahlreiche Schalen der Eicheln und viele abgerundete Stücke von Eichelsamen, so ist der Nachweis einer Verfälschung schon ziemlich sicher erbracht. Im Anschluss an den obigen Artikel theilt Eitner mit, dass gegenwärtig in Bosnien ein neues Productionsgebiet für Eichenrinde erschlossen worden ist; die bisher von ihm untersuchten Spiegelrinden dieser Provenienz erwiesen sich durchweg gerbstoffreicher (Gerbstoffgehalt: 9 bis 13 Proc.) als die meisten ungarischen Rinden; sie mahlten sich pulverig, nicht so faserig wie die ungarischen und laugten sich bei der Verwendung gut aus. Der Berichterstatter hat im letzten Jahre wiederholt Gelegenheit gehabt, bosnische Eichenrinden, welche jetzt auch auf den deutschen Markt kommen, zu untersuchen, und hat dabei stets ähnliche günstige Resultate gefunden. Im vergangenen Jahre ist EitnerDer Gerber, 1895 S. 109. von verschiedenen Seiten ein Gerbextract zugesandt worden, der aus den Holzabfällen einer elsässischen Fournir- und Parquettenfabrik hergestellt sein soll; das betreffende Holz soll vermuthlich aus Ostindien stammen. Bei der Untersuchung dieses Extractes fand Eitner, dass derselbe stark mit Holztheilchen verunreinigt ist und 30 bis 43 Proc. Gerbstoffe, je nach Gehalt an mechanisch beigemengten Verunreinigungen, enthält, wobei er das Katechin, welches zwar von der thierischen Haut aufgenommen wird, nicht als Gerbstoff rechnet, sondern für sich aufführt. Er bemängelt hierbei eine Analyse von Schroeder's, welcher in einem derartigen Extracte, und zwar in einem holzfreien Extracte, rund 70 Proc. gerbende Substanzen gefunden hatte. Eitner führt aus, dass man das Katechin, welches von der thierischen Haut aufgenommen werde, aber nicht gerbend wirke, nicht als Gerbstoff rechnen dürfe, wie dies von Schroeder gethan habe. Bisher sind als gerbende Substanzen immer diejenigen Körper bezeichnet worden, die von der Haut aufgenommen wurden; da dies beim Katechin der Fall ist, so muss man mithin dasselbe zu dieser Gruppe rechnen. In meinem früheren Berichte habe ich bereits des Mitscherlich'schen Patentes ErwähnungD. p. J. 1895 297 43; D. R. P. Nr. 72161. gethan. Nach diesem sollte es möglich sein, aus der Sulfitcelluloseabfallauge durch besondere Reinigungsprocesse gehaltreiche Gerbextracte herzustellen. Ich habe bereits damals meine Bedenken, die ich gegen dieses Product hatte, ausgesprochen und angerathen, erst die Gerberesultate abzuwarten, bevor man ein endgültiges Urtheil fällt. Eitner theilt nun im GerberDer Gerber, 1895 S. 121. mit, dass er im letzten Jahre wiederholt Gerbextracte zugeschickt erhalten habe, über deren Herkunft und Darstellung die Einsender immer ein geheimnissvolles Dunkel bewahrten. Bei genauerer Untersuchung wurden diese Producte als Mitscherlich'sche Extracte erkannt. Dieselben lösten sich vollkommen klar, zeigten einen starken Geruch nach Essigsäure und gaben bei der Analyse folgendes Resultat: 23,85 Proc. von Haut aufnehmbare Substanz 15,54 von Haut nicht aufnehmbare Substanz 0,24 freie Schwefelsäure 5,58 freie Essigsäure 53,53 Wasser 1,26 Asche 0,00 Unlösliches –––––––––––––– 100,00 Proc. Bei dieser Analyse ist vor allem der hohe Gehalt an freier Essigsäure auffallend. Derselbe ist nach Eitner erst dem fertigen Extract beigebracht worden, um diesem eine hellere Farbe zu geben. Bei Gerbversuchen, die Eitner mit diesem Extract ausführt, stellte sich heraus, dass die Blössen sich hoben und durchfärbten; der Schnitt wurde nach und nach gleichmässig dunkel. Es zeigte sich aber bereits, dass die Haut nicht den Griff des Leders annahm, sondern den einer geschwellten Blösse behielt. Nach der vermeintlichen vollständigen Durchgerbung wurde die Haut getrocknet, wobei aber kein Leder, sondern ein Product erhalten wurde, welches weder getrockneter Haut noch Leder ähnelte. Diese von Eitner constatirte Thatsache würde allerdings ein Beweis dafür sein, dass ein Körper von thierischer Haut absorbirt werden kann, ohne im eigentlichen Sinne gerbend zu wirken. Eitner setzte seine Gerb versuche mit diesem Extracte weiter fort und kam schliesslich zu dem Endresultate, dass sich die Mitscherlich'schen Extracte weder für sich allein angewendet, noch in Combination mit anderen Gerbextracten zur Benutzung in der Gerberei eignen. Nach dem Opl'schen PatentD. R. P. Nr. 75351. gewonnene Gerbextracte sind Eitner noch nicht eingesandt worden; derselbe hat sich aber einen solchen selbst hergestellt und ebenfalls Gerbversuche damit ausgeführt. Hierbei ergab sich, dass diese Gerbung keine andere ist als die, welche durch Metallsalze, wie Alaun und Kochsalz, hervorgerufen wird; die organische Substanz aus der Sulfitlauge wirkt hierbei auch nur als Färbemittel. Derartiges Leder muss wie Alaunleder aufgestollt werden, um weich zu werden, und kann durch Behandlung mit Wasser wieder entgerbt werden. Ueber ein neues Gerbmaterial, den Palmettoextract, schreibt SchnizerChem.-Ztg., 1895, S. 167.. Dieser Extract wird aus den Blättern eines in den südlichen Staaten Nordamerikas heimischen strauchartigen Palmengewächses, der sogen. „Sägepalmetto“, gewonnen. Im Ursprungslande werden die zerkleinerten Blätter heiss ausgelaugt und diese Lösungen direct zum Gerben verwendet, während sie für den Versand einer weiteren Concentration unterworfen werden. Die ausgelaugten Blätter werden alsdann weiter verarbeitet und man gewinnt aus denselben schliesslich einen tadellosen, handelsfähigen Faserstoff. Der Gerbstoffgehalt der Palmettoblätter soll 11,5 bis 12 Proc. betragen; es wird sich demnach dieses Product nicht für den Export nach Europa eignen, wohl aber der Extract, über dessen Gerbstoffgehalt keine Angaben gemacht worden sind. Da der Preis dieser Palmettoblätter für 100 k ab südamerikanischem Hafenplatz nur 2 M. beträgt, so ist anzunehmen, dass ein an Ort und Stelle hergestellter Extract für einen annehmbaren Preis bei uns importirt werden könnte. Nach den im Original gemachten Mittheilungen ist die Qualität des mit Palmetto gegerbten Leders dem mit Eichenrinde gegerbten ebenbürtig und dasselbe ebenso dauerhaft wie dieses. Auf den deutschen Markt ist der Palmettoextract bis jetzt unter diesem Namen noch nicht gekommen. Ueber die Erlnüsse als Gerbstoff macht KlempDeutsche Gerberzeitung, 1895 Nr. 108 und 110. einige interessante Mittheilungen. Die Früchte der Erle werden nach diesen Angaben in Siebenbürgen sehr häufig zum Gerben der schwarzen Corduanleder verwendet. Klemp beschreibt zunächst die daselbst angewandte Gerbmethode, führt alsdann die Reactionen des Erlnussgerbstoffes, sowie zwei Analysen von Erlnüssen an; hiernach ergab sich in dem einen Falle 15,59 Proc., in dem anderen 12,80 Proc. Die aus Erlnüssen hergestellten Gerbebrühen sind dunkel und ertheilen auch dem Leder eine dunkle Farbe, weswegen man dieselben in Siebenbürgen nur für schwarze Leder verwendet. Die in den Vereinigten Staaten von Nordamerika gebräuchlichen Gerbstoffextractionsmethoden beschreibt AndreaschDer Gerber, 1895 S. 86, 89, 111, 123 und 135. in mehreren Artikeln ausführlich. Derselbe AutorDer Gerber, 1895 S. 193, 205, 220, 230, 254, 267, 279; 1896 S. 3, 15, 27. veröffentlicht in der gleichen Fachschrift seine umfänglichen Untersuchungen über Gährungserscheinungen in Gerbebrühen und die von ihm aus Gerbebrühen isolierten Mikroorganismen. Bei der in der Weissgerberei neuerdings als vortheilhafter Alaunersatz verwendeten schwefelsauren Thonerde ist es nothwendig, dass dieselbe möglichst frei von ungebundener Schwefelsäure ist. Ein Mittel, um den Gehalt derselben schnell zu bestimmen, wird deswegen sehr werthvoll sein. SchreiberChem.-Ztg., 1895 S. 262. schlägt für diesen Zweck vor, eine abgewogene Menge schwefelsaurer Thonerde in Wasser zu lösen, mit einigen Tropfen alkoholischer Hämatoxylinlösung zu versetzen und mit 1/10-Normallauge zu titriren, bis ein Farbenumschlag aus Gelb in Blau erfolgt. Auf dem Gebiete der Untersuchung der Fette, die in der Gerberei theils als Gerbmaterialien, theils zum Geschmeidigmachen der bereits gegerbten Leder verwendet werden, sind mehrere Arbeiten veröffentlicht worden. WeissDer Gerber, 1894 S. 122. schlägt einige Abänderungen bei der Degrasanalyse vor; derselbe rügt zunächst, dass hinsichtlich der Untersuchungsverfahren von gerberischen Hilfsstoffen niemals Vorschläge zur Verbesserung und Vereinfachung von anderer Seite als von der Wiener Gerbereiversuchsstation ausgingen und dass gewissermaassen dieses Institut allein bahnbrechend auf dem Gebiete der Gerbereichemie wirke; der Autor führt weiter an, dass es stets der genannten Anstalt überlassen bliebe, vorhandene Mängel aufzudecken. Es muss hierzu bemerkt werden, dass sich der obige Autor in einem grossen Irrthume befindet, der nur auf vollständig ungenügende Kenntniss der Fachliteratur oder auf absichtliche Ignorirung derselben zurückzuführen ist. Was hier im speciellen Falle die Untersuchung des Degras anbelangt, so hat FahrionZeitschrift für angewandte Chemie, 1891 S. 172. vor einigen Jahren eine sehr wesentliche Vereinfachung der Simand'schen Methode der Wasserbestimmung im Degras vorgeschlagen, die in der kürzesten Zeit auszuführen ist und an Genauigkeit nichts zu wünschen übrig lässt. Weiss schliesst an seine Rüge, die entschieden zurückgewiesen werden muss, die Beschreibung einer neuen Wasserbestimmungsmethode im Degras an, die aber viel umständlicher als die Fahrion'sche Methode ist und wohl ihre Berechtigung bei Ausführung von Analysen für wissenschaftliche Zwecke haben mag, aber sich für rasch auszuführende Bestimmungen nicht so gut eignet wie das Fahrion'sche Verfahren. Hierauf gibt Weiss eine wirkliche Verbesserung der Bestimmung des Mineralöles im Degras an. Bisher lag die Schwierigkeit der Bestimmung des Mineralöles im Degras daran, dass die meisten Degrassorten auch Wollschweissfett enthalten und dieses letztere bei der Analyse zum Theil als Unverseifbares wie das Mineralöl selbst bestimmt wird. Um das Mineralöl für sich quantitativ zu bestimmen, macht Weiss folgenden beachtenswerten Vorschlag: Man nimmt etwa 10 g Degras, entwässert denselben, löst das wasserfreie Fett in Aether, filtrirt, wenn dies überhaupt nothwendig ist, und versetzt die ätherische Fettlösung in einer geräumigen Glasschale mit höchstens 10 cc 95procentigem Alkohol, wobei darauf zu achten ist, dass durch den Alkohol keine Trübung durch ausfallendes Cholesterin, dem einen Bestandtheile des Wollschweissfettes, entsteht; falls dies geschieht, so ist derselbe durch Aether wieder in Lösung zu bringen. Man fügt hierauf ein kleines Stück reines metallisches Natrium (0,5 bis 1 g) zu und lässt mit einem Uhrglas bedeckt stehen, bis die Wasserstoffentwickelung aufgehört hat. Man verdunstet hierauf bei gelinder Wärme Alkohol und Aether vollständig, extrahirt den Rückstand (bestehend aus trockener Seife, Mineralöl u.s.w.) im Soxhlet'schen Extractionsapparat mit Petroläther, indem man nur drei- oder viermal ablaufen lässt. Zur Entfernung geringer Mengen gelöster Seife schüttelt man den Petroläther zwei- oder dreimal im Scheidetrichter mit stark verdünntem Alkohol aus, dunstet den Petroläther ab und wiegt den aus Mineralöl bestehenden Rückstand. Ueber einen in den Fachzeitungen vielfach empfohlenen Degrasersatz, welcher unter der Bezeichnung Corroïne (Degrasessenz) angepriesen wird, macht EitnerDer Gerber, 1895 S. 85. einige Mittheilungen. Nach den vom Fabrikanten mitgetheilten Analysen besteht dieses Degrassurrogat aus 95 Proc. reinem Fett und 5 Proc. Wasser, ist aber vollständig frei von sonstigen Verunreinigungen. Im Gegensatz hierzu stellt Eitner fest, dass Corroïne sich im Wesentlichen aus 8 Proc. Wasser, 60 Proc. Wollfett und 30 Proc. eines leichten Mineralöles zusammensetzt. Wenn auch diese Stoffe nicht nachtheilig auf das Leder einwirken, sondern demselben sogar ganz günstige Eigenschaften ertheilen können, so muss doch gegen eine derartige Reclame, wie sie mit dem genannten Producte durchgeführt wird, protestirt werden, da man die angeführten Bestandtheile des Schmiermittels im Originalzustande wohlfeiler zu kaufen erhält. EitnerDer Gerber, 1894 S. 121. macht ferner auf die Bedeutung des raffinirten Fischtalges als brauchbares Mittel zur Bereitung von Lederschmieren aufmerksam. Unter „Fischtalg“ versteht man diejenigen festen Fette, welche sich aus manchen Thransorten, namentlich bei niederer Temperatur, ausscheiden und alsdann durch Absetzenlassen und Abpressen aus diesen gewonnen werden. Am meisten Fischtalg setzen die Walthrane und der Japanthran ab, ferner auch der Delphinthran, dann die Härings- und die Sardellenthrane; für die Qualität ist es nicht gleichgültig, aus welchem Material der Fischtalg hergestellt worden ist. Der aus Walthran gewonnene Talg lässt sich direct verwenden, während der aus Häringsthran und japanischem Thran gewonnene Fischtalg einen leimartigen Körper (richtiger einen harzartigen Körper) enthält, welcher die Veranlassung dazu ist, dass dieses Product schwer vom Leder aufgenommen wird. Zur Beseitigung dieses Uebelstandes wird dieser Fischtalg jetzt raffinirt; derselbe ist dann in diesem Zustande vollständig frei von dem harzartigen Körper und schmilzt bei 42° C. Bei der Verwendung des raffinirten Fischtalges zum Schmieren von Ledern zieht derselbe rasch in das Leder ein, hinterlässt wenig Abstossfett und gibt einen guten vollen Griff, sowie eine helle Farbe. Eitner gibt an, dass der raffinirte Fischtalg sich sehr gut als Ersatz des Rindstalges eignet, besonders da der Preis desselben wesentlich niedriger als der des Rindstalges ist. Einen Beitrag zur Untersuchung der Lederfette liefert Schmitz-DumontD. p. J. 1895 296 210, 233 und 259., welcher am Anfange seiner Publication zunächst die von ihm angewandten Untersuchungsmethoden nebst einer kritischen Besprechung derselben zusammenstellt; hieran reihen sich die übersichtlich angeordneten Analysenresultate, welche er bei der Untersuchung einer grossen Anzahl verschiedener in der Gerberei benutzten Fette (Rindstalg, Hammeltalg, Pferdefett, Wollfett, einiger Pflanzenfette, Thrane, Degras, Mineralfette, Harzöl u.s.w.) erhalten hat, sowie deren ausführliche Besprechung. Bei der Zusammenstellung der Analysenresultate wendet der Verfasser ein bestimmtes Schema an und schlägt vor, da es sich im Verkehr mit Producenten und Consumenten als praktisch erwiesen hat, dasselbe allgemein anzunehmen. Dieses Schema lautet: Proc. Wasser Asche Nichtfett (d. i. in Petroläther unlösliche  organische Substanz) Fett (d. i. in Petroläther  lösliche organische  Substanz) UnverseifbaresVerseifbares –––––– 100,00 Oxyfettsäuren (Degrasbildner) Proc. Cholesterin Proc. Säurezahl Verseifungszahl Jodzahl Schmelzpunkt des Fettes           „            der Fettsäuren Schmitz-Dumont fand bei seinen Untersuchungen, dass die von vielen Seiten als unerreicht bezeichneten französischen Degras, von welchen er eine grössere Anzahl analysirte, mit einer einzigen Ausnahme mit Mineralöl oder Wollfett versetzt waren. Eitner hat auf diese Zusätze bei den französischen Degrassorten bereits früher hingewiesen. Schweitzer und LungwitzJourn. Chem. Ind., 14 S. 130. untersuchten verschiedene Walfischthrane und geben als Ergebniss ihrer Untersuchungen an, dass die Jodzahl von gereinigten Walthranen 120 bis 130, die Verseifungszahl 190 bis 200, das spec. Gew. 0,921 bis 0,923 betragen und der Schmelzpunkt nicht höher als 20° C. liegen soll. VedrödiChem.-Ztg. 1895 S.: 600. erhielt von einer Gerberei einen Fischthran zur Untersuchung eingesandt, mit dem Bemerken, dass derselbe zum Schmieren von Leder untauglich sei, weil er es nicht weich mache. Bei der Untersuchung zeigte derselbe den abnorm hohen Gehalt von 27,80 Proc. an unverseifbaren Substanzen; zum besseren Vergleiche analysirte der Verfasser eine grössere Anzahl von Thranen verschiedener Provenienz, wobei er zu folgendem Ergebniss gelangte: „Alle Fischthrane, selbst die ausschliesslich medicinischen Zwecken dienenden Leberthrane enthalten freie Säure und harzige Stoffe (d. i. Unverseifbares); diese Stoffe sind in den reineren Sorten in geringerer, in den unreineren hingegen in grösserer Menge vorhanden“ (Vedrödi fand in einigen derselben 51,3, 49,4 und 82,0 Proc. Unverseifbares). Der obige Autor schlägt schliesslich vor, beim Einkaufe von Fischthran für Gerbzwecke die Garantie zu verlangen, dass derselbe nicht mehr als 15 Proc. freie Säure und nicht mehr als 3 bis 4 Proc. Unverseifbares enthalten darf; ob höhere Procentsätze an letzterem Bestandtheil auf betrügerischen Zusatz zurückzuführen sind oder nicht, will er nicht entscheiden. Hierzu ist zu bemerken, dass die von Vedrödi festgesetzten Grenzen etwa mit denen von anderen Seiten, wie Fahrion, Schmitz-Dumont, aufgestellten zusammenfallen; dass die von ihm gefundenen hohen Gehalte an Unverseifbarem durch Zusatz von Mineralölen, Harzölen u.s.w. hervorgerufen sind, steht ausser Zweifel. In neuerer Zeit findet das Wollfett in der Lederindustrie zum Schmieren von Leder eine ausgedehntere Verwendung, nachdem dasselbe jetzt unter mannigfachen Bezeichnungen, wie Neutralwollfett u.s.w., in viel reinerem Zustande in den Handel gelangt, als dies früher der Fall war; diese gereinigten Wollfette zeichnen sich vor den rohen Producten durch eine bedeutend hellere Farbe, einen wesentlich geringeren Geruch und durch fast vollständiges Fehlen der freien Fettsäuren aus. In dieser Form sind die Wollfette sehr geeignet zur Verwendung als Lederschmiermittel. Auf die Reinigung von rohem Wollfett hat BusseD. R. P. Nr. 79131; Zeitschrift für angewandte Chemie, 1895 S. 150. ein Patent erhalten; nach diesem werden die im rohen Wollfett vorhandenen freien Fettsäuren zunächst an Alkalien gebunden, worauf eine Trennung des Fettes und der Seifen durch Essigäther erfolgt. Nach einem englischen Patent Nr. 20639 werden aus dem rohen Wollfett die Fettsäuren und das Cholesterin abgeschieden und alsdann jedes für sich gewonnen. Auf die Verwendung des letzteren als Lederschmiermittel ist ein deutsches PatentD. R. P. Nr. 74882. ertheilt worden. Werthvolle Beiträge zur Untersuchung des Wollfettes haben v. Cochenhausen und HerbigD. p. J. 1895 297 135, 160; 298 118; 1896 299 233, 256 und 257; Pharm. Ztg., 1895 S. 343. geliefert; dieselben weisen bei dieser Gelegenheit die von LifschützPharm. Ztg., 1895 S. 643 und 694. erhobenen Angriffe gegen die von den genannten Autoren angewandten Untersuchungsmethoden als unrichtig zurück. In den letzten Jahren erfreut sich die Chromgerberei, wie wir in diesem Berichte noch ausführlicher kennen lernen werden, einer allgemeineren Aufnahme, da die dabei erzielten Producte von recht beachtenswerther Qualität sind. Die bei dem Schultz'schen Chromgerbeverfahren, dem sogen. „Zweibadsystem“, erforderlichen Brühen haben Heal und ProcterThe analysis of used liquors in chrome tannage, Journ. Soc. Chem. Ind., 1895 Nr. 3, Referat: Der Gerber, 1895 S. 197. genauer untersucht. Auf Grund der von ihnen angestellten Versuche geben dieselben die Bedingungen an, unter welchen bei der Chromgerbung gute Resultate erhalten werden können; ferner haben sie das Verhalten und die Wirkungsweise der freien Chromsäure geprüft. Zur Bestimmung des Gehaltes derselben in Chrombrühen haben sie die Reaction von Mc. Culloch benutzt, nach welcher die geringste Menge freier Chromsäure bei Gegenwart von Wasserstoffsuperoxyd Aether blau färbt. Auf die Einzelheiten kann hier nicht eingegangen werden, weswegen auf die Original arbeit verwiesen werden muss. Vorbereitung der Haut für den Gerbprocess (Weiche, Schwitze, Aescher und Beize). Zur Vermeidung von Fäulniss der Häute im Aescher und dem damit verbundenen Verlust an Hautsubstanz empfiehlt EitnerDer Gerber, 1895 S. 15., denselben Aescher nicht zu häufig zu verwenden (höchstens dreimal), bei jeder Benutzung die zugesetzte Kalkmenge zu erhöben und die Aescherzeit abzukürzen, so dass also die Häute in einem Aescher, der nach entsprechendem Kalkzusatz zum dritten Male benutzt wird, nur kürzere Zeit verbleiben dürfen als in einem frisch gestellten. An anderer Stelle macht EitnerDer Gerber, 1895 S. 157 und 169. Mittheilungen über die Verluste an Hautsubstanz beim Aeschern. Für seine diesbezüglichen Untersuchungen verwendete er eine Stierhaut, deren vier Viertel in vier verschiedene Aescher gebracht wurden, und zwar Nr. 1 in einen frisch gestellten Kalkäscher, Nr. 2 in einen frisch gestellten, mit Schwefel-natrium angeschärften Kalkäscher, Nr. 3 in einen gebrauchten Kalkäscher, Nr. 4 in einen gebrauchten, mit Schwefelnatriumangeschärften Kalkäscher. Die Hautviertel der zwei ersten Versuche kamen bis zur Enthaarung in den sogen. Haaräscher und im enthaarten Zustande noch auf einige Tage in den sogen. Schwelläscher. Hierauf wurden dieselben Versuche mit einer Kuhhaut wiederholt. Nach erfolgter Aescherung wurden in den einzelnen Aescherflüssigkeiten folgende Bestandtheile der Menge nach bestimmt: Substanz a: an Kalk gebundene lösliche Hautsubstanz, b: kalkfreie lösliche Hautsubstanz, c: zersetzte Hautsubstanz in Form von Peptonen. Gelöste Hautsubstanz-menge für 1 lAescherflüssigkeit Aescher Nr. 1 Aescher Nr. 2 AescherNr. 3 AescherNr. 4 Haar-äscher Schwell-äscher Haar-äscher Schwell-äscher Haar-äscher Haar-äscher Substanz a        „      b        „      c g1,0680,3242,370 g2,7640,5403,624 g0,8520,1721,816 g1,2400,5143,846 g0,8681,3183,856 g0,9281,1983,004 Summe: 3,762 6,928 2,840 5,600 5,542 5,130 Gelöste Hautsub-  stanzmenge, aus-  gedrückt in Pro-  centen des trocke-  nen Blössenge-  wichtes Proc.2,35 Proc.4,14 Proc.1,75 Proc.3,36 Proc.4,33 Proc.3,83 Bei Wiederholung  des Versuches:  Gelöste Hautsub-  stanzmenge 4,30 5,94 2,96 4,87 8,29 5,03 Substanz a wird mittels Fällen mit Kohlensäure, b durch Fällen mit Essigsäure und c nach der Methode von Hopkins durch Fällung als Quecksilberpeptonat oder nach der Eitner'schen Methode durch Fällen mittels unterchloriger Säure bestimmt. Die Untersuchungsresultate ergeben sich aus vorstehender tabellarischen Uebersicht. Diese Versuche bewiesen ferner, dass nicht alle Häute derselben Gattung unter gleichen Umständen so gleich massig geäschert werden, dass sie sich gleichzeitig gleich gut haaren lassen. Aus den Zahlen ist das interessante Resultat ersichtlich, dass in einem mit Schwefelnatrium angeschärften Aescher, bei kürzerer Aescherdauer als im reinen Kalkäscher, ein geringerer Verlust an Hautsubstanz stattfindet als in diesem. Eitner kommt am Schlusse seiner Betrachtungen zu dem Resultat, dass im Ganzen die Verluste, welche die Haut an Substanz bei rationell geleitetem reinem Haaräscher in der Unterlederfabrikation erleidet, gar nicht so bedeutend sind als man sich gewöhnlich vorstellt; doch können sie bedeutend werden, wenn die Fermentwirkung im Aescher zu intensiv und die Aescherzeit unnöthig verlängert wird. Viel bedeutender stellen sich naturgemäss die Aescherverluste bei Material, welches für Oberleder bestimmt ist und deswegen länger geäschert werden muss. Versuche nach dieser Richtung hin ergaben, dass bei Kalbfellen in einem Falle 17,61 Proc., in einem anderen 15,51 Proc. des Blössentrockengewichtes im Aescher gelöst worden waren. Diese Verluste, die von Eitner bestimmt worden sind, erscheinen auf den ersten Blick sehr hoch; man muss aber hierbei berücksichtigen, dass an diesen Verlusten, namentlich beim Haaräscher, nicht nur die Lederhaut, sondern vor allen Dingen die der Aescherflüssigkeit am meisten zugängliche Oberhaut, die Unterhaut und das noch anhaftende Fleisch betheiligt sind. Würde man eine Methode besitzen, um die lediglich aus der Lederhaut stammenden Antheile der Aescherflüssigkeit quantitativ zu bestimmen, so würde man aller Wahrscheinlichkeit nach zu noch wesentlich niedrigeren Verlustprocenten gelangen. Um die Wirkung des Aeschers zu beschleunigen und den Aescherprocess abzukürzen, ist von verschiedenen Seiten vorgeschlagen worden, die Aescherflüssigkeit von Zeit zu Zeit aufzurühren oder durch irgendwelche maschinelle Vorrichtung zeitweise in Bewegung zu halten. Diehl, welcher auf seine „Einrichtung an Bottichen zum Aeschern von Häuten“ ein PatentD. R. P. Nr. 76920. genommen hat, verfährt zur Erreichung einer zeitweiligen Bewegung in der Weise, dass er am Boden des Aeschers unterhalb eines Lattenbodens ein Rührwerk anbringt, welches seinen Antrieb von oben mittels einer senkrechten Achse erhält und welches die Flüssigkeit in einer rotirenden und zugleich aufwärts steigenden Bewegung erhält, so dass die im Aescher befindlichen Häute gleichmässig und kräftig umspült werden. Denselben Zweck sucht Thomann durch einen anderen, ihm patentirten ApparatD. R. P. Nr. 81305. zu erreichen, welcher dadurch gekennzeichnet ist, dass am Boden des Aeschergefässes eine mit Schaufeln versehene wagerechte Welle eingelagert ist, deren Antriebsscheibe durch Ketten mit der Transmission verbunden ist. Dieser Apparat kann auch bei der Brühengerbung zur Beschleunigung des Gerbprocesses verwendet werden; es muss aber dann der Gerbraum von dem Raume, in welchem sich die Antriebsscheibe befindet, durch eine senkrechte Scheidewand getrennt sein. Derartige Rührwerke für Aescher haben sich in der Praxis meist nur dann bewährt, wenn es sich um die Aescherung von Oberleder handelt, während Häute, die für Sohlleder oder Riemenleder bestimmt sind, durch die häufige Bewegung zu locker und zu lose werden. Ein Patent auf eine Fellenthaarungsmaschine ist der Firma C. et E. Chapal frères et Co.D. R. P. Nr. 75800. ertheilt worden. Zum Entkalken (Beizen) und Schwellen sind als Ersatz für bisher angewandte Mittel mehrere neue Producte vorgeschlagen worden. HauffD. R. P. Nr. 85933. liess sich ein Verfahren zum Entkalken (Beizen) und Schwellen aller Arten von Fellen und Häuten patentiren, welches in einer Behandlung derselben mit den Sulfosäuren des Phenols und der Kresole oder mit Gemischen derselben in geeigneter wässeriger Lösung besteht. Diese Sulfosäuren kommen unter der Bezeichnung „Anticalcium“ in den Handel. Dieses Product hat den Vorzug, nicht nur kalklösend, sondern zugleich auch antiseptisch zu wirken. Schmeltzer und AschmannD. R. P. Nr. 86334. verwenden zu gleichem Zwecke, besonders aber zum Schwellen von Häuten, die für Sohlleder bestimmt sind, Glycerinschwefelsäure mit oder ohne Zusatz eines Gemisches von Aethyl- und Methylschwefelsäure. Durch dieses Schwellmittel, welches erst vor ganz kurzer Zeit auf den Markt gelangte, sollen auch diejenigen Häute, welche sonst nur schwierig schwellen, schnell und vollständig geschwellt werden. Dieses patentirte Säuregemisch führt den Namen „Malattinsäure“. Fortwährend erscheinen neue Mittel, um den in der Gerberei zum Entkalken benutzten Hunde-, Hühner- oder Taubenkoth zu verdrängen; oft sind jedoch diese Ersatzmittel werthlos und können eben die Rolle des Kothes nicht vertreten. Vor Kurzem ist Popp und BeckerD. R. P. Nr. 86335. ein Verfahren zur Herstellung einer Beize für zu gerbende Hautblössen mittels Verbreitung der im Kothe, insbesondere im Hundekothe, befindlichen Bakterien patentirt worden, welches entschieden alle Beachtung verdient. Die Erfinder dieses Verfahrens gehen von der wohl richtigen Ansicht aus, dass die Wirkung der Kothbeize keine rein chemische, also keine wirklich kalklösende ist, sondern darauf zurückzuführen ist, dass die Blösse durch die Einwirkung der Kothbeize bezieh. durch die in derselben vorhandenen Substanzen in einen Zustand der Schlaffheit versetzt wird, in welchem sich aus der Haut durch mechanische Arbeiten, wie durchstreichen, die kalkhaltigen Verunreinigungen entfernen lassen. Die Erfinder haben weiter festgestellt, dass bei der Bildung derjenigen Substanzen, welche die Blössen in diesen gewünschten Zustand versetzen, Bakterien eine grosse Rolle spielen. Bei der nun folgenden bakteriologischen Untersuchung der Kothbrühen stellte sich heraus, dass dieselben sehr reich an verschiedenen Bakterien arten waren und dass von diesen einige (drei Arten) den Beizprocess beförderten, während andere schädlichen Einfluss hatten. Das Studium der Lebensweise dieser Mikroorganismen lehrte weiter, dass die schädlichen nicht gut weder in sauren noch in alkalischen Flüssigkeiten vegetiren können. Auf diesen Thatsachen fussten die Erfinder und stellten sich entweder Reinculturen der den Beizprocess befördernden Bakterien dar oder sie verwendeten einen Aufguss von Bakterien, in welchem durch Zusatz von Säure die Vermehrung der nützlichen Bakterien begünstigt und die der schädlichen zurückgehalten wurde. Das letztere Verfahren hat vor dem ersteren den Vorzug, dass es auch von demjenigen, der nicht bakteriologisch gebildet ist, ausgeführt werden kann. Erfahrungen, die mit dieser neuesten patentirten Beizmethode gemacht worden sind, sind bis jetzt noch nicht an die Oeffentlichkeit gelangt. (Schluss folgt.)