Titel: Ueber die Kohlenstoffernährung der Sprosshefe.
Autor: Th. Bokorny
Fundstelle: Band 303, Jahrgang 1897, S. 116
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Ueber die Kohlenstoffernährung der Sprosshefe. Von Dr. Th. Bokorny. Ueber die Kohlenstoffernährung der Sprosshefe. Dass die Hefe aus verschiedenartigen Kohlenstoffverbindungen ihren Kohlenstoffbedarf decken kann, ist schon seit längerer Zeit bekannt; sie gleicht darin den übrigen Pilzen, Spaltpilzen, Schimmelpilzen u.s.w. Doch schien es mir nicht unnütz, diese Frage weiter zu verfolgen, da von einer nur relativ kleinen Anzahl organischer Körper bisher das Verhalten gegen Sprosshefe untersucht ist und die Beziehung der Nährkraft zur chemischen Constitution hier noch wenig erörtert worden ist. v. Naegeli hat bekanntlich zuerst im Verein mit O. Loew die Frage von dem Ernährungschemismus der niederen Pilze aufgegriffen„Ernährungschemismus der niederen Pilze“, Sitz.-Ber. d. math.-phys. Kl. München, 5. Juli 1879. und für einige Stoffe gezeigt, wie sie sich zur Hefe verhalten, ferner zu Spaltpilzen und Schimmelpilzen. Er hat gefunden, dass schon ganz einfache organische Stoffe, wie die Essigsäure, im Stande sind, dem Hefepilz die nöthige Kohlenstoffnahrung zu gewähren. O. Loew hat später gefunden, dass sogar Formaldehyd, dargeboten als formaldehydschwefligsaures Natron, für eine gewisse Spaltpilzart als Kohlenstoffquelle brauchbar ist, wiewohl der freie Formaldehyd zu den stärksten Giften gezählt werden muss. Formaldehyd aber ist eine der einfachsten organischen Substanzen, sie enthält bloss 1 Kohlenstoffatom im Molekül (CH2O). Dass complicirte Verbindungen zur Ernährung dienen können, ist schon länger bekannt. A. Mayer hat schon vor Naegeli zur Kohlenstoffernährung der Sprosshefe Zucker, Pasteur Zucker und Weinsäure vorgeschlagen und selbst angewendet. Pasteur gibt (Ann. Chim. Phys., Bd. 58 S. 342) zum Beispiel folgende Vorschrift zur Herstellung einer gährenden Flüssigkeit: 100 cc Wasser, 10 g Zucker, Asche von 1 g Hefe, 0,1 g weinsaures Ammon (zugleich Kohlenstoff- undStickstoffquelle). A. Mayer nimmt zur Hefenernährung z.B. (Lehrb. d. Gährungschemie, 1874): 20 cc 15procentige Zuckerlösung, 0,1 g saures phosphorsaures Kalium, 0,05 g krystallisirtes schwefelsaures Magnesium, 0,05 bis 0,15 g Pepsin (als Stickstoffnahrung und wohl auchKohlenstoffnahrung). In Folgendem soll eine (unvollständige) Uebersicht gegeben werden über die Kohlenstoffverbindungen, mit welchen bis jetzt Hefenernährung versucht wurde: Textabbildung Bd. 303, S. 116 Name der Substanz; Chemische Formel; Brauchbarkeit; Autor; Publicationsort; Citronensäure (neutralisirt); Gute Kohlenstoffquelle für Sprosspilze; Pasteur, Naegeli u. Loew; Études sur la bière, 1868. Sitz.-Ber. d. math.-phys. Kl. München, 5. Juli 1879. (Ernährungschemismus d. niederen Pilze), S. 307.; Essigsäure (mit Ammoniak neutralisirt); Ziemlich gute Kohlenstoffquelle für Sprosspilze; Naegeli u. Loew; Ebenda S. 307.; Weinsäure (mit Ammoniak neutralisirt); Desgl.; Pasteur, Naegeli u. Loew; Études sur la bière, 1868. Sitz.-Ber. d. math.-phys. Kl. München, 5. Juli 1879, S. 311.; Rohrzucker; Vorzügliche Kohlenstoff- quelle für Sprosspilze; Naegeli u.a.; Sitz.-Ber. d. math.-phys. Kl. München, 5. Juli 1879.; Asparagin; Sehr gute Kohlenstoffnahrung für Sprosshefe; Birner; Zeitschr. f. Spiritusindustrie, 1882 S. 95.; Glycerin; Vorzügliche Kohlenstoffnahrung für Sprosshefe; Naegeli u. Loew; Sitz.-Ber. d. math.-phys. Kl. München, 5. Juli 1879.; Pepton; Vorzügliche Kohlenstoff- quelle für Sprosshefe; O. Loew; Sitz.-Ber. d. math.-phys. Kl. München, 5. Juli 1879, S. 329.; Phenol; Brenzkatechin; Die Phenole sind um so weniger giftig für Hefe, je höher sie hydroxylirt sind.; K. Yabe; College of agrie. Bull., S. 73 bis 75 (Tokio, Komaba).; Resorcin; Hydrochinon; Pyrogallol; Phloroglucin; Salicylsäure; Giftig für Hefe; Donath; Ber. d. d. chem. Ges., 1892.; Benzoesäure; Desgl.; Donath; Ebenda.; Zimmtsäure; Desgl.; Donath; Ebenda.; Maltose; Ernährt Hefe unter Glykogenbildung; E. Laurent; Annales de soc. belg. de mikroskope, Tome XIV 1890.; Mannit; Wird assimilirt; E. Laurent; Ebenda. Säuren, Alkohole, Kohlehydrate, Säureamide, den Eiweisstoffen nahestehende Körper sind also im Stande, die Hefe mit Kohlenstoff zu versehen. Letztere kann aus ihnen ihre Eiweissubstanzen, ihr Glykogen u.s.w. bilden auf einem bis jetzt nicht genau bekannten Wege. Nach O. LoewDie chem. Kraftquelle im leb. Protopl., Loew und Bokorny, München 1882. wird aus allen diesen Stoffen zuerst eine einfache Atomgruppe (CH2O) abgespalten und diese dann zu höher zusammengesetzten Kohlenstoffverbindungen aufgebaut. Die in folgendem Aufsatze aufgeführten Versuche sollen dazu beitragen, unsere Kenntnisse über die Kohlenstoffernährung der Hefepilze etwas zu erweitern. Wie aus der einschlägigen Litteratur hervorgeht, ist dieselbe noch ziemlich lückenhaft und dürfte also ein Beitrag in dieser Richtung nicht ganz unerwünscht sein. Um die Hefe zu ernähren, muss man ihr Kohlenstoff, Stickstoff, Schwefel, Phosphor, Kalium, Magnesium in genügender Menge und geeigneter Form zuführen. Der Kohlenstoff kann als Kohlenstoffverbindung verschiedener Art und Complicirtheit zugeführt werden; die Kohlensäure allerdings, welche grünen Pflanzen als Nahrung dient, ist hier ausgeschlossen, sie kann nicht assimilirt werden. Aber schon die so einfache Essigsäure dient als Kohlenstoffnahrung, ferner höher zusammengesetzte Verbindungen. Der Stickstoff kann in Form von Ammoniaksalz oder als Amidoverbindung zugeführt werden; der Schwefel als schwefelsaures Salz, der Phosphor und das Kalium als Kaliumphosphat, das Magnesium als Bittersalz u.s.w. Diese Stoffe werden in Wasser aufgelöst; die Salze in einer 0,2 Proc. nicht übersteigenden Menge, die organischen Stoffe oft in grösserer Quantität. Die Reaction der Lösung soll schwach sauer oder neutral sein, nicht alkalisch, weil sonst leicht Spaltpilze sich einstellen. Die günstigste Temperatur zum Gedeihen der Hefe ist 25 bis 30°. Meine Versuche wurden also meist im Brütkasten bei dieser Temperatur aufgestellt. Es sollen hier auch Fragen über den Zusammenhang der chemischen Constitution der Stoffe mit ihrer Ernährungsfähigkeit berührt werden, z.B. die Frage, ob mit der Zahl der Kohlenstoffatome im Molekül die Ernährungsfähigkeit steigt oder abnimmt, ob gewisse Atomgruppen, wie die Hydroxylgruppen oder Amidogruppen, günstig sind u.s.w. Als vorzügliche Hefenahrung ist seit langer Zeit der Rohrzucker und Traubenzucker bekannt; von ersterem gibt Naegeli („Ernährungschemismus der niederen Pilze“, Sitz.-Ber. d. math.-phys. Kl. München, 5. Juli 1879) an, dass die Sprosshefe darin binnen 4 Tagen sich auf das 4 fache ihres Gewichtes vermehren könne; im Brütkasten und bei reichlichem Luftzutritt hatte bei einem der Versuche die Bierhefe sogar binnen 64 Stunden das 12 fache ihres Einsatzgewichtes erreicht (neben Zucker wurde hier als organische Nahrung noch weinsaures Ammoniak zugesetzt). Die Zuckerarten enthalten aber bekanntlich viele Hydroxylgruppen als Alkoholgruppe CHOH in ihren Molekülen, so dass schon hiermit ein Fingerzeig gegeben ist. In Folgendem sollen zunächst die 1- und mehrwerthigen Alkohole und im Anschluss die Phenole betrachtet werden; hierauf andere Körperklassen der organischen Chemie. I. Alkohole und Phenole. Methylalkohol, CH3 . OH, ist eine ziemlich gute C-Quelle für Spaltpilze; wenigstens schlugen mir Ernährungsversuche, bei welchen es dem Zufalle überlassen wurde, welche Spaltpilzarten in die Lösungen gelangten, nie fehl; bald stellte sich Spaltpilzvegetation ein, welche bei concentrirteren Lösungen von Methylalkohol (1 Proc. bis 1 pro Mille) oft sehr mächtig wurde. Bei einem Versuch im Warmhaus (in Wasserculturgläsern mit schwarzer Hülle) blieb eine Lösung, welche 1 Proc. Methylalkohol und ausserdem die nöthigen Mineralsubstanzen enthielt, ein paar Wochen klar; nach 4 Wochen aber hatte sich eine mächtige Spaltpilzvegetation eingestellt, theils als dicke Haut an der Oberfläche, theils als starker Bodensatz; nach 7 Wochen erreichte der Bodensatz bei einer Breite von etwa 8 cm 2 mm Höhe (natürlich wasserhaltig). Eine zweite Lösung, welche nur 0,5 Proc. Methylalkohol enthielt, trübte sich schon nach 4 Tagen und setzte allmählich bedeutende Spaltpilzmassen ab; nach 4 Wochen hatte die Neubildung von Spaltpilzen vollständig aufgehört, die Flüssigkeit klärte sich, der Bodensatz hatte eine schwärzliche Farbe angenommen (Plattenculturen zeigten mir, dass zweierlei Spaltpilzarten vorhanden waren, gelatineverflüssigende kleine, lebhaft bewegliche Stäbchen und nichtverflüssigende ziemlich dicke, auch bewegliche Stäbchen, welche in grösseren Massen braune Farbe zeigten). Eine dritte Lösung mit nur 0,1 Proc. Methylalkohol trübte sich schon nach 3 Tagen, die Trübung und der Absatz schritten einige Wochen fort, um dann aufzuhören. Eine vierte Lösung mit 0,01 Proc. Methylalkohol trübte sich auch schon nach 4 Tagen; nach 8 Tagen hatte sich an der Oberfläche, besonders an der Glaswand, eine ziemlich starke Vegetation von Spaltpilzen gebildet, welche sich aber nicht weiter vermehrte. Hingegen scheint Methylalkohol für Sprosshefe keine Kohlenstoffnahrung zu sein, denn in 0,2procentiger, mit einer Spur frischer Presshefe versetzter Lösung entstand binnen mehreren Tagen im Brütofen keine Hefen-, sondern eine Bakterienvegetation; die Bakterien, welche in der Presshefe oder in dem zur Lösung des Methylalkohols angewandten Wasser enthalten waren, gaben offenbar Veranlassung zu dieser Vegetation. Aethylalkohol, C2H5 . OH, der gewöhnliche Alkohol, ist für alle Organismen nur ein schwaches Gift. „Selbst die so empfindlichen Infusorien ertragen 1procentige Lösungen längere Zeit, manche Arten sogar mehrere Tage. Algen ertragen eine 2procentige Lösung bis 24 Stunden, nicht mehr aber eine von 4 Proc. während Schimmelvegetationen auch diese Concentrationen noch ertragen, allerdings unter Hemmungserscheinungen. Nach Manasseïn wirken erst 10 Proc. Alkohol zur Nährlösung gesetzt bedeutend schädigend auf Schimmelpilze. Dass Bierhefe auch diese Concentration noch erträgt, ist bekannt.“ (O. Loew, Giftwirkungen, S. 26.) Auch in Aethylalkohol konnte ich keine Hefen Vegetation erhalten. Die 0,2procentige Lösung trübte sich nach 4 tägigem Aufenthalte im Brütofen und es stellte sich eine Schimmelpilzvegetation ein (Aspergillus); nach kurzer Zeit gelangten die Aspergillusfäden zur Fructification, es bildeten sich die bekannten lufthaltigen, an der Oberfläche schwimmenden Sporenhäufchen. Die Lösung enthielt sonst alles Nöthige, 0,02 Proc. schwefelsaures Ammoniak; 0,02 Proc. schwefelsaure Magnesia, 0,05 Proc. Monokaliumphosphat. Wenn also Hefe trotzdem nicht wuchs, so ist das eben darauf zurückzuführen, dass Alkohol keine Kohlenstoffnahrung für dieselbe ist. Amylalkohol, C5H9 . OH, wurde in 0,2procentiger Lösung angewendet. In dieser entstand mit einer Spur Presshefe keine Hefen-, sondern eine schwache Bakterienvegetation; die Lösung trübte sich im Brütofen binnen 4 Tagen. Für Hefe scheint dieser stark riechende Alkohol giftig zu sein oder doch keine Kohlenstoffquelle. Auch mit Propylalkohol, C3H7 . OH, misslangen die Ernährungsversuche. Es wurden Lösungen hergestellt, welche 0,2 Proc. Propylalkohol, 0,02 Proc. Ammoniumsulfat, 0,02 Proc. Magnesiumsulfat und 0,05 Proc. Monokaliumphosphat enthielten, und mit einer Spur frischer Presshefe versetzt. Nach 6 tägigem Aufenthalt im Brütofen hatte sich eine Pilzvegetation gebildet; aber diese bestand aus Spaltpilzhäuten, welche die Oberfläche einnahmen und sich dann zu Boden setzten. Propylalkohol ist also eine Kohlenstoffquelle für Spaltpilze, nicht aber für Hefe. In Benzylalkohollösung, C6H5 . CH2OH, von 0,2 Proc. welche mit den nöthigen Mineralstoffen versetzt war und 8 Tage lang im Brütofen bei 27° aufgestellt wurde, trat keine Spur einer Pilzvegetation hervor; der Benzylalkohol kann also weder Hefepilzen noch Spaltpilzen oder Schimmelpilzen als Kohlenstoffnahrung dienen. Von mehrwerthigen Alkoholen wurden geprüft: das Aethylenglycol und das Glycerin. Aethylenglycol, CH2OH . CH2OH, ist eine dicke farblose Flüssigkeit, welche sich leicht in Wasser auflöst. Ich stellte mir eine 0,2procentige Auflösung her, versetzte dieselbe mit den nöthigen Mineralsalzen und einer Spur reiner Hefe (aus Presshefe gezüchtet). Nach 14 tägigem Stehen bei 28° war noch keine Hefen Vegetation entstanden. Da jedoch ein gleichzeitig aufgestellter Versuch mit Bakterien auch keine deutliche Bakterienvegetation ergab und Glycol nach meinen früheren Versuchen Bakterien ernährt, so ist das negative Resultat vielleicht auf eine giftige Verunreinigung zu schieben. Glycerin, CH2OH . CHOH . CH2OH, wurde schon von Naegeli als gute Kohlenstoffnahrung für Hefe erkannt (Sitz.-Ber. d. Münchner Ak. d. Wiss., 5. Juli 1879). Bei einem von mir aufgestellten Versuche ergab sich, dass binnen wenigen Tagen in 0,2procentiger Glycerinlösung auf Zusatz einer Spur Presshefe eine Pilzvegetation eintritt, welche sich unter dem Mikroskop als zusammengesetzt erweist aus zahlreichen Sprossverbänden von Saccbaromyces; daneben allerdings traten auch Fadenpilze (Schimmel) auf, weil die Presshefe keine reine Hefenpilzmasse darstellt und das Lösungswasser nicht sterilisirt wurde. Der Stickstoff wurde als schwefelsaures Ammoniak, die Phosphorsäure als Monokaliumphosphat zugegeben. Von den aromatischen Hydroxylverbindungen wurden untersucht das Phenol (Carbolsäure), Pyrogallol, Resorcin, Brenzkatechin, Phloroglucin, Hydrochinon, das Tannin und die Gallussäure. Phenol, C6H5 . OH, ergab in 0,05procentiger Auflösung, welcher auch die nöthigen Mineralstoffe zugesetzt waren, bei 8 tägigem Aufenthalt im Brütofen keinerlei Pilzvegetation; weder Hefe, noch Spaltpilze oder Schimmelpilze entwickelten sich, wiewohl anfangs eine Spur frischer Presshefe hineingebracht und das zur Lösung dienende Wasser nicht sterilisirt worden war. Phenol ist offenbar keine brauchbare Kohlenstoffnahrung für Sprosshefe. Brenzkatechin, C6H4(OH)2 (1,2), scheint ebenfalls nicht als Kohlenstoffquelle für Hefe brauchbar zu sein. Denn bei 8 tägigem Stehen einer 0,05procentigen, mit mineralischer Nahrung versehenen Auflösung im Brütofen kam nur eine schwache Trübung zum Vorschein, und diese erwies sich unter dem Mikroskop als hervorgerufen durch Bakterien. Desgleichen erhielt ich mit Resorcin, C6H4(OH)2 (1,3), keine Hefen Vegetation bei gleicher Versuchsanstellung wie vorhin. In einer Auflösung, welche 0,05 Proc. Gallussäure, C6H2(OH)3 . CO2H, und die nöthigen Mineralstoffe enthielt, wuchs die Hefe ebenfalls nicht, dagegen in geringer Menge ein Schimmelpilz. Man darf hier nicht glauben, dass etwa die saure Reaction der Flüssigkeit das Wachsthum der Hefe verhindert habe, denn bei der Verdünnung 0,05 Proc. ist die saure Reaction der Gallussäure so schwach, dass die Hefe hierdurch nicht geschädigt wird. Die Gallussäure ist keine Kohlenstoffnahrung für Hefe. Pyrogallussäure, C6H3(OH)3 (1, 2, 3), von 0,05 Proc. liess ebenfalls keine Hefenvegetation aufkommen. 0,05procentige Lösung von Tannin (Digallussäure), mit Mineralsalzen versetzt, blieb 8 Tage lang im Brütofen völlig steril, trotzdem anfangs eine Spur Presshefe hinzugesetzt worden war. Hingegen wuchs in einer 0,05procentigen Lösung von Hydrochinon, C6H4(OH)2 (1,4), binnen 8 Tagen eine ziemlich kräftige Schimmelpilzvegetation heran, aber keine Hefe. Die Lösungen der vorgenannten Stoffe, vom Phenol angefangen, wurden sehr verdünnt, zu 0,05 Proc. genommen, weil mir bekannt war, dass diese Stoffe eine giftige Wirkung haben schon bei wenig stärkerer Concentration, wie 0,2 Proc. Trotz dieser grossen Verdünnung wuchsen in einigen der Lösungen, wie erwähnt, Bakterien oder Schimmelpilze. Für Hefe ist keiner der genannten Stoffe aus der aromatischen Reihe eine Kohlenstoffquelle. Es stimmt das überein mit der Angabe von K. Yabe (College of agric. Bull, S. 73 bis 75, Tokio-Komaba), wonach die von ihm geprüften Phenole, das eigentliche Phenol, ferner Brenzkatechin, Resorcin, Hydrochinon, Pyrogallol, Phloroglucin, giftig sind für Hefe und also nicht zur Ernährung dienen können. Die aromatischen Hydroxylverbindungen sind also zur Kohlenstoffernährung viel weniger günstig als die der Fettreihe, wo wenigstens die mehrwerthigen Alkohole (Hydroxylverbindungen mit mehreren Hydroxylgruppen) als gute Kohlenstoffnahrung für Hefe angesehen werden müssen. Nur die so zerspaltungs- und oxydationstüchtigen Spaltpilze vermögen einige derselben als Nahrung zu verwenden; Sprosshefe vermag nichts damit anzufangen, ihr Protoplasma kann offenbar den festen Kohlenstoffring dieser Verbindungen nicht sprengen, denn auch bei einer Verdünnung, wo die giftige Wirkung wohl aufhören dürfte, dienen sie nicht zur Ernährung. Die Sprosshefe scheint in ihrer Kohlenstoffnahrung überhaupt viel enger begrenzt zu sein als die Bakterien; relativ wenige Verbindungen scheinen brauchbar zu sein. Auch mit Kresol und Xylenol, die ich noch nachträglich prüfte, erhielt ich negatives Resultat. Orthoxylenol, C6H3(CH3)2 . OH, eine weisse krystallinische Substanz, wurde zuerst zu 0,5 g in 1 cc Alkohol abs. gelöst und dann mit Wasser bis zu 500 cc verdünnt; desgleichen die Paraverbindung. Diese 0,1procentigen Lösungen erwiesen sich als giftig, denn die sämmtlichen hineingebrachten niederen Organismen, Hefe, Algen und niederen Thiere, starben darin binnen 24 Stunden ab. In einer 0,01procentigen Auflösung der Substanzen blieben die Algen und niederen Thiere 24 Stunden lang unbeschädigt. Bei dieser hohen Verdünnung ist also die Substanz unschädlich, eine ernährende Wirkung ist natürlich nicht zu erwarten. Ein Unterschied zwischen der Para- und der Orthoverbindung liess sich nicht erkennen. Tabellarische Uebersicht der Alkohole und Phenole; ihr Verhalten gegen Hefe. Name der Substanz Chemische Formel Brauchbarkeit Autor Publicationsort Methylalkohol (0,2 Proc.) CH3 . OH Keine Kohlenstoffnahrungfür Hefe Bokorny Diese Abhandlung Aethylalkohol (0,2 Proc.) C2H5 . OH Desgl. Amylalkohol (0,2 Proc.) C5H9 . OH Desgl. Propylalkohol C3H7 . OH Desgl. Benzylalkohol (0,2 Proc.) C6H5 . CH2 (OH) Keine Spur von Pilz-vegetation Aethylenglycol CH2OH . CH2OH Zweifelhaft Glycerin (0,2 Proc.) CH2OH . CHOH . CH2OH Hefe wächst darin reichlich Phenol (0,05 Proc.) C6H5 . OH Keine Kohlenstoffnahrungfür Hefe Brenzkatechin (0,05 Proc) C6H4(OH)2 (1,2) Desgl.(nur schwache Bakterien-vegetation) Resorein (0,05 Proc.) C6H4(OH)2 (1, 2) Keine Nahrung für Hefe Gallussäure (0,05 Proc.) C6H2(OH)3 . CO2H Desgl. Tannin, d. i. Digallussäure(0,05 Proc.) Desgl. Pyrogallussäure (0,05 Proc.) C6H3(OH)3 (1, 2, 3) Desgl. Hydrochinon (0,05 Proc.) C6H4(OH)2(1, 4) Desgl.(dagegen wohl f. Schimmel) Orthoxylenol C6H3(CH3)2 . OH Giftig Kresol (Ortho- und Para-) C6H4(CH3) . OH Giftig Kresol, C6H4(CH3) . OH, sowohl die Ortho- als die Paraverbindung, wurde zu 0,5 g in 1 cc Alkohol gelöst und in 500 cc Wasser gegossen. Die so hergestellten 0,1procentigen Lösungen erwiesen sich als giftig für Hefe, Algen und Infusorien; denn nach 24 stündigem Aufenthalt in der Lösung waren die Organismen abgestorben. Als die Lösungen noch auf das 10fache, d. i. bis 0,01 Proc., verdünnt wurden, erwiesen sie sich als unschädlich, denn die Organismen blieben darin 24 Stunden lang völlig intact. Ein Unterschied zwischen der Para- und Orthoverbindung scheint hier nicht zu bestehen. Selbstverständlich ist an eine ernährende Eigenschaft des Kresols nicht zu denken, da es erst bei gewaltiger Verdünnung (0,01 Proc.) nicht mehr giftig ist. In einer 0,1procentigen Lösung von Orthokresol (unter Zusatz der nöthigen Mineralstoffe) vermehrte sich die Hefe nicht im geringsten; auch kein anderer Pilz wuchs. (Fortsetzung folgt.)